„Ich bin eine Perle, die sich vor irgendwelche Säue wirft“
Morgen kann kommenEine Frau findet im Papierkorb eines Fotoautomaten ein zerrissenes Foto. Was sie dort sieht, lässt sie Hals über Kopf aufbrechen, zurück an einen Ort ihrer Vergangenheit, zurück zu einer Person aus ihrer ...
Eine Frau findet im Papierkorb eines Fotoautomaten ein zerrissenes Foto. Was sie dort sieht, lässt sie Hals über Kopf aufbrechen, zurück an einen Ort ihrer Vergangenheit, zurück zu einer Person aus ihrer Vergangenheit.
Es ist eine Ansammlung ungewöhnlicher Menschen, die dort in der Villa im Ohnsorgweg aufeinandertrifft: Zwei Schwestern, deren Wege sich vor vielen Jahren nach einem entsetzlichen Verrat getrennt hatten. Die Frage ist nur, wer in Wirklichkeit wen verraten hat? Und da sind noch Rudi, der gute Sozi mit dem bösartigen Hirntumor, Erdal mit seiner unerschütterlichen Selbstliebe sowie dessen Cousine Fatma mit dem geheimnisvollen Kermit als Freund.
Die Geschichte beginnt überstürzt und scheinbar verworren, nimmt sich dann aber Zeit, um diese gar so unterschiedlichen Charaktere einander begegnen zu lassen, miteinander reden und miteinander tanzen zu lassen, Ansichten auszutauschen oder auch einmal aufeinanderprallen zu lassen. Dies zu lesen, war eine wahre Freude, und auch die ganz wunderbaren Illustrationen im Buch lassen die Ereignisse nur weniger Tage bunt und voller Leben erscheinen. In diesem Roman tummeln sich starke Frauen mit starker Haltung, aber auch opferwillige, unterwürfige mit schwachem Selbstwertgefühl, und so manche stellt sich früher oder auch sehr spät die Frage: Ist mein Partner gut genug für mich oder habe ich mich als Perle wieder einmal vor irgendwelche Säue geworfen? Da prallen Welten und Ansichten aufeinander und so manche stellt fest, dass sie anstelle des sittsamen Veilchens aus dem Poesiealbum lieber doch zur stolzen Rose erblühen würde. Gewürzt ist diese Mischung nicht zuletzt dank des unvergleichlichen Erdal mit einer ordentlichen Prise Humor. Vor allem geht es immer wieder um die Solidarität unter Frauen, die allzu gern einmal am geringeren Gewicht des Gegenübers scheitern will. Mit Klischees wird gespielt, aber die Charaktere bleiben keineswegs eindimensional, sondern zutiefst menschlich und teilweise innerlich unsicher und zerrissen, und so wachsen sie einem beim Lesen dieses wunderbaren Romans rasch ans Herz.
Letztendlich werden überraschende Zusammenhänge auf einmal klar, fügen sich vermeintlich lose Enden plötzlich zusammen, Lügen werden enttarnt und der Lügner bestraft. Am Ende wird ein Bett ordentlich gemacht, und Morgen kann kommen.