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Veröffentlicht am 04.09.2022

Mysteriöse Handlung zwischen Halluzination und Wirklichkeit

SCHNEE
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Im btb Verlag erscheint Yrsa Sigurdardóttirs Thriller "Schnee".

In Island herrscht tiefster Winter, zwei befreundete Ehepaare unternehmen eine Wanderung im Schnee des Hochlandes. Sie sind der Dunkelheit ...

Im btb Verlag erscheint Yrsa Sigurdardóttirs Thriller "Schnee".

In Island herrscht tiefster Winter, zwei befreundete Ehepaare unternehmen eine Wanderung im Schnee des Hochlandes. Sie sind der Dunkelheit und Schneestürmen ausgesetzt und ihre Unternehmung gestaltet sich zunehmends gefährlicher. Ein Rettungsteam wird in die Gegend geschickt, um sie zu suchen, sie stossen auf eine unbekleidete Leiche. Wieso haben sie ihre wärmende Hütte verlassen? Gleichzeitig geschehen an der einsam gelegenen Radarstation Stokksnes merkwürdige Vorgänge. Und ein einzelner Kinderschuh gibt zusätzlich Rätsel auf, als er nach Jahrzehnten wiedergefunden wird.

Der Thriller startet mit einem packenden Prolog, dann folgen drei nebeneinander laufende Handlungsstränge, die sich irgendwann verknüpfen und ganz am Ende eine tragische Geschichte enthüllen, die ich aber durch die mysteriösen Vorkommnisse nicht real und überzeugend fand.

Bei diesem Buch herrscht durchgängig eine kalte und dunkle Atmosphäre, die man mit einem Winter in Island verbindet. Soweit so gut, die geeignete Voraussetzung für einen düsteren Thriller. Doch leider entwickelt sich durch mysteriöse Vorkommnisse eine merkwürdige Handlung fernab der Realität, zu der ich keinen direkten und glaubwürdigen Zugang gefunden habe. Alles bleibt diffus und übernatürlich und klare und objektive Erkenntnisse konnte ich leider nicht daraus ziehen.

Für mich müssen Thriller zwar gruselig, aber mit logischen Vorgängen erzählt werden und wenn dann die Imagination Überhand gewinnt, kann ich mich dafür nicht erwärmen. Das war hier leider der Fall und die Figuren agierten in einem undurchsichtigen Spiel, dass sich zuweit von der Wirklichkeit entfernte. Und auch das Ende ließ mich mit großen Fragezeichen im Kopf zurück.

Konnte mich weder packen noch überzeugen, zuviel Mystery statt logischer Thrillerhandlung. Wer Mystery-Romane mag, kann es lesen, alle anderen sollten es lieber lassen.

Veröffentlicht am 02.04.2022

Schöne Idee, aber leider eine langatmige Umsetzung

Das Fundbüro der verlorenen Träume
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Der Roman "Das Fundbüro der verlorenen Träume" von Helen Frances Paris erscheint bei DTV.

Dot hat sich nach einem erschütternden Verlust von der Außenwelt zurückgezogen. Bei ihrer Arbeit im Londoner ...

Der Roman "Das Fundbüro der verlorenen Träume" von Helen Frances Paris erscheint bei DTV.

Dot hat sich nach einem erschütternden Verlust von der Außenwelt zurückgezogen. Bei ihrer Arbeit im Londoner Fundbüro lebt sie in ihrer eigenen Welt und ihre größte Freude besteht darin, verlorene Gegenstände wieder ihren Besitzern auszuhändigen. Auch wenn sie sich abweisend gibt, sie hat ein großes Herz und so setzt sie auch alles dran, die Tasche des alten Mr. Appleby wiederzufinden.

Dieses Buch wurde mit einer großen Aussetz-Aktion verschiedener Blogger regelrecht gehypt und der Inhalt weckte sofort mein Interesse. Zufälligerweise hatte jemand diesen Roman in meinem Urlaubshotel ausgesetzt und ich freute mich über die neue, unverhoffte Lektüre, die laut Daily Express "witzig, klug und warm" beschrieben wird. Das kann ich leider überhaupt nicht bestätigen.

Diese Geschichte hat mich einfach nicht gepackt. Dot ist keineswegs unsympathisch, aber für ihre Person konnte ich mich nicht erwärmen. Die Idee hinter der Story wurde leider in keinster Weise so spannend umgesetzt, wie ich es mir erhofft hatte. Da nützen auch die bis ins kleinste Detail auserzählten Lebenssituationen Dots und die Szenerie der Gegenstände etwas. Das Einzige was mich bei diesem Buch interessiert hat, war die Demenz-Geschichte von Dots Mutter, die für meinen Geschmack zu sehr mit den Fundgeschichten unterbrochen wurde.

Der Erzählstil ist eigentlich gut zu lesen, allerdings geht die Autorin zu sehr ins Detail einzelner verlorener Gegenstände, die mir auf Dauer sehr abschweifend erschienen und sie beschreibt die Protagonistin insgesamt zu ausführlich und bei unwesentlichen Situationen und solchen, die emotionale Tiefpunkte aufzeigen.

Dot legt zu jedem Fundstück eine Akte an und damit beginnen jeweils die Kapitel. Doch während man auf die Zusammenführung der Fundstücke mit den Besitzern hofft, schweift die Autorin in Dots Leben ab und lässt damit die Geschichte ausufern. Die Familiengeschichte war an und für sich schon durch die Erkrankung der Mutter ein Schicksalsschlag, der gefühlsmäßig für Emotionen sorgt, aber die ständigen Wechsel haben einfach genervt und darunter litt die gesamte Stimmung des Buches.
Ich musste sehr an mich halten, um das Buch nicht abzubrechen und leider konnte mich das Ende auch nicht versöhnen.


Leider hat mich diese Geschichte nicht gepackt, sondern wirklich ziemlich gelangweilt.

Veröffentlicht am 14.05.2021

Konnte mich leider nicht packen

Schweinekrieg
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Der Kriminalroman "Schweinekrieg" von Guido Seyerle erschien bereits 2007, die Neuausgabe erscheint 2021 im Gmeiner Verlag.

1983: Landwirt Heinrich Bauer setzt sich für die Erhaltung der vom Aussterben ...

Der Kriminalroman "Schweinekrieg" von Guido Seyerle erschien bereits 2007, die Neuausgabe erscheint 2021 im Gmeiner Verlag.

1983: Landwirt Heinrich Bauer setzt sich für die Erhaltung der vom Aussterben bedrohten Schwäbisch-Hällischen Landschweine ein und züchtet die Rasse. Das passt aber den ortsansässigen Schweinezüchtern überhaupt nicht und sie gehen dagegen an. Es gibt eine regelrechte Schlammschlacht um den Schweinehandel. Als sogar ein Mensch zu Tode kommt, muss Bauer nicht nur um seine Landschweine fürchten, sondern sogar um sein eigenes Leben.


Dieser Krimi spielt in den 80er Jahren, aus der Sicht des Journalisten Chris Schranz wird das Thema Schweinezucht und Fleischhandel näher beleuchtet. Es gab Bauern, die die Schweinehaltung als Billigproduktion aus Profitgier betrieben, aber auch Schweinehalter, denen die Qualität des Fleisches und die Züchtung alter Rassen am Herzen lagen. Der Begriff "Schweinekrieg" ist passend zu den Auseinandersetzungen äußerst treffend gewählt.

Gleich zu Beginn des Buches gibt es ein Treffen von Schweinezüchtern im Hohenloher Land, bei dem sich zeigt, dass Züchter und Politiker zum Teil unterschiedliche Interessen vertreten und einige nur hohe Produktionszahlen im Blick haben. Der Schweinehandel zwischen Ost- und West-Deutschland spielte zu dieser Zeit ebenfalls noch eine besondere Rolle. Als Grundidee finde ich das Thema durchaus wichtig, allerdings hat sich seitdem mit Bio-Produkten und artgerechter Haltung auch schon einiges getan.

Wer sich im Hohenloher Land auskennt, wird die regionalen Schauplätze und erwähnten Tageszeitungen wahrnehmen. Leider kenne ich die Gegend nicht näher und hatte ein wenig mehr bildhaften Lokalkolorit erwartet, um mir alles besser vorstellen zu können.

Wir lernen hauptsächlich den detailliert aufgeführten Berufsalltag des Reporters Chris Schranz kennen, ein wenig Privatleben des Singles Schranz wird aber auch sichtbar, der zwischen der neuen Bekannten Lilian oder seiner Flamme Veronika schwankt. Er wurde mir nicht sonderlich sympathisch, etwas mehr Charaktertiefe hätte ihm gut getan.

Mit diesem Buch macht man eine Zeitreise in die Vorwende-Zeit. In heutiger Zeit die Begriffe der damaligen Zeit zu hören, war schon merkwürdig. So ist im Buch noch die Rede von der damaligen Währung der Deutschen Mark, von BRD und DDR oder von Karl-Marx-Stadt und Kolchosen. Wer diese Zeit noch bewusst miterlebt hat, wird mit den Begriffen mehr anfangen können, als jemand, der erst nach dieser Zeit geboren wurde.

Die Krimihandlung verläuft nicht spannend, neben den Zeitungsdingen und den Auseinandersetzungen in der Schweine Mafia kommt es nicht zu einer packenden Täterverfolgung.

Was mich aber am meisten gestört hat, ist der recht einfache Erzählstil, der mit eigenartigen Formulierungen daherkommt und kein flüssiges Lesen möglich machte.

Das Thema Massentierhaltung wird in diesem Buch deutlich gemacht, aber wir haben jetzt nicht mehr die 80er Jahre und da hätte man das Buch auch nicht noch einmal neu auflegen müssen. Es ist leider kein Krimi, den man lesen muss.

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Veröffentlicht am 15.04.2021

Einfach nicht mein Buch

Wie man die Zeit anhält
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"Wie man die Zeit anhält" von Matt Haig erscheint im DTV.

In diesem Roman geht es um den Einzelgänger Tom Hazard, der aussieht wie Anfang 40, aber wegen einer besonderen Veranlagung, welche sich Anagerie ...

"Wie man die Zeit anhält" von Matt Haig erscheint im DTV.

In diesem Roman geht es um den Einzelgänger Tom Hazard, der aussieht wie Anfang 40, aber wegen einer besonderen Veranlagung, welche sich Anagerie nennt, nur sehr langsam altert. In Wahrheit ist er um die 400 Jahre alt. Alle acht Jahre ändert er seinen Aufenthaltsort, aktuell arbeitet er in London als Geschichtslehrer, dieser Job passt perfekt, schliesslich hat er viele Ereignisse selbst miterlebt. Tom gefällt es in London und mag auch seine Kollegin, die Französischlehrerin Camille sehr. Damit ändert sich sein Leben gewaltig.

"Die Menschen, die du liebst, sterben nie." Zitat Seite 331

Toms Leben ist kein Glücksfall, sondern eher ein Fluch, denn um ihn herum sterben alle geliebten Menschen, nur er überlebt und sein Leben verläuft recht einsam.

Dieser Roman ist anders als ich es erwartet habe. Rein vom Sprachstil her lässt er sich flüssig lesen und einige Botschaften sind schön formuliert. Echte angekündigte philosophische Sätze habe ich aber nicht entdecken können und auch die Handlung konnte mich nicht packen. Die Liebesgeschichte mit Rose war für mich der einzige Aspekt, den ich gern gelesen habe. Sie wagt den Schritt, gemeinsam mit Tom diese ungewöhnliche Beziehung zu gehen. Sie bekommen ein Kind und werden ständig von den Blicken anderer Menschen verfolgt. Als Rose stirbt, beschliesst Tom, nie wieder Gefühle für einen anderen Menschen zuzulassen. Doch dann taucht Camille auf.

Eigentlich hätte die Erzählung durch die Zeitwechsel recht spannend werden können, schliesslich springt Matt Haig ständig in eine andere zeitliche Epoche der letzten 450 Jahre und wir sehen von Kapitel zu Kapitel verschiedene historische Ereignisse und Persönlichkeiten wie William Shakespeare oder F. Scott Fitzgerald an uns vorbeiziehen. Doch so richtig tief wird leider nicht auf auf den Zeitgeist oder das Lebensgefühl eingegangen, die Eindrücke sind recht oberflächlich und hangeln sich an Toms Leben und seinem Selbstmitleid entlang. Das wirkt auf mich nicht überzeugend, es deprimiert und zieht sich leider von Szene zu Szene durch das ganze Buch.


Obwohl ich den Erzählstil und die Botschaft mit der sinnvoll zu nutzenden Zeit mochte, war das einfach nicht mein Buch.

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Veröffentlicht am 17.08.2020

Wird man lieben oder hassen

Omama
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"Omama" ist der Roman von Lisa Eckhart, einer östereichischen Kabarettistin, das Buch erscheint im Zsolnay Verlag.


"Helga, schnell, die Russen kommen!" 1945 ist Oma Helga in der Pubertät und kämpft mit ...

"Omama" ist der Roman von Lisa Eckhart, einer östereichischen Kabarettistin, das Buch erscheint im Zsolnay Verlag.


"Helga, schnell, die Russen kommen!" 1945 ist Oma Helga in der Pubertät und kämpft mit ihrer schönen Schwester Inge um die Gunst der Besatzer. Was Helga in dieser Zeit alles erlebt, wie sich ihr Leben entwickelt und wie die Beziehung zur ihrer Enkelin Lisa aussieht, davon handelt dieses Buch. Mit spitzer Zunge erzählt auf einer Kreuzfahrt anstellt, davon handelt sie

"Dass jeder Mensch zwei Großmütter hat, ist kein geringeres Übel denn die fatalste Doppelbesetzung der Natur. Die Liebe der Großmutter für ihre Enkel ist unteilbar und absolut." Zitat Seite 9

Ich mag amüsante Bücher mit Wortwitz und einer amüsanten Handlung. Mein gewähltes Zitat mit seinen weiteren Ausführungen ist ein Beispiel für gelungenen Humor. Warum hat mir dann dieses Buch nicht besser gefallen?



Die Sprache ist in diesem Buch ein Problem, auch wenn Frau Eckhart durchaus sehr geschickt damit umgehen kann. Aber viele Begriffe finde ich zu negativ in der Wirkung ("fäkales Wochenbett") und der eingebaute Dialekt liest sich sperrig und nicht sehr angenehm, der Tonfall ist dauerhaft biestig und fabulierend, was ich sehr ermüdend empfinde. Vor lauter Konzentration auf die sprachlichen Ergüsse geht hier das Interesse für die Handlung, also die Geschichte um die Großmutter, fast gänzlich verloren. Dabei bietet gerade diese Figur viel Potential und einzelne Szenen geben einen Eindruck aus der Besatzungszeit, ihrem Dorfleben und dem nicht einfachem Lebensweg dieser Frau wieder. Über allem wird die Hassliebe mit ihrer Enkelin Lisa spürbar. Doch das geht im Geplänkel leider immer wieder unter.

Die Charaktere entsprechen einer Gruppe von ländlichen Bewohnern, die man aufgrund ihrer negativen Titulierung am untersten Level der Gesellschaft eingruppiert. Fast alle Frauen gelten als Dorfschlampen, dazu gesellen sich die Dorfdeppen und Trinker und der Dorfpfarrer ist gleichzeitig der Dorfarzt und somit immer im Bilde über die Sünden seiner Schäfchen. Das macht mir die Figuren nicht gerade sympathisch.

Als markige Aussagen mit Knalleffekt mögen manche Szenen dieses Buches durchaus für den kabarettistischen Gebrauch für Lacher sorgen. Sie lesen sich auch ganz witzig, allerdings sorgt in diesem Buch die Aneinanderreihung dieser oft derben Verballhornungen mit überwiegend fiesem und bissigen Unterton einfach nur Verdruß beim Lesen. Es ist zuviel Biss und beim Lesen verliert sich die Handlung im Fabulieren und die vielen Szenen um die Dorfmatratzen finde ich ziemlich nervig. Das Ganze ist wohl besser für den Kabarettabend geeignet.


"Omama" ist ein polarisierendes Buch. Fans der Kabarettistin werden es sicherlich mögen. Kann man lesen, muss man aber nicht.

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