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Veröffentlicht am 04.04.2022

Sybille Thalheim

Der 7. Tag
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Eine erfolgreiche Karriere, eine glückliche Ehe und nun noch guter Hoffnung. So scheint Sybille Thalheims Leben perfekt zu laufen, aber – eines Freitag abends verschwindet ihr Ehemann Michael spurlos. ...

Eine erfolgreiche Karriere, eine glückliche Ehe und nun noch guter Hoffnung. So scheint Sybille Thalheims Leben perfekt zu laufen, aber – eines Freitag abends verschwindet ihr Ehemann Michael spurlos. Als dieser knapp zwei Jahre später erstochen in einem Hotel aufgefunden wird, deuten alle Spuren auf eine blutverschmierte Sybille, die sich an nichts mehr erinnern kann. Vor Gericht vertritt sie Freund Ulli, gleichzeitig ehemaliger Anwaltspartner von Michael. Seine Ausführungen sind sehr geschickt gestaltet, sodass Sybille mit keiner langdauernden Haftstrafe rechnen muss. Während sie all den Zeugen zuhört, trifft sie am siebenten Tag eine erschütternde Erkenntnis.
Geschickt in mehrere Teile gegliedert, schildert Nika Lubitsch erst den Prozess und das bisherige Leben von Sybille, darauf die Tat aus Sybilles Sicht und schlussendlich eine nicht ganz überraschende, aber dennoch nicht minder passende Auflösung. Die einzelnen Szenen sind gekonnt miteinander verwoben, kurze Kapitel und flott dahingleitende Sätze wandeln diesen Kriminalroman schnell in ein wahres Lesevergnügen. Auch wenn ein und dieselbe Geschichte mehrfach präsentiert wird, so geht es doch um die unterschiedlichen Blickwinkel, die andere Herangehensweise zur Aufarbeitung des Mordfalles, und genau das ist es, was schlussendlich den Reiz dieses Falles bewirkt.
Die Autorin versteht es, in kurzen Andeutungen Lösungsmöglichkeiten beim Leser durchs Gehirn rattern zu lassen. Diesmal war ich schon recht früh dem Mörder auf der Spur, aber dennoch bleibt das Gefühl, dass es ja wiederum eine Finte sein könnte und tatsächlich alles ganz anders. Sybilles Geistesgegenwart reißt letztendlich das Ruder der Verteidigung herum und verblüfft – nicht nur den Leser.
Pointiert, raffiniert und in gewohnter Kürze unterhält Nika Lubitsch wieder einmal köstlich. Erfrischend anders – für all jene eine Leseempfehlung, die eine Abwechslung zu „herkömmlichen Krimis“ suchen!

Titel Der 7. Tag
Autor Nika Lubitsch
ISBN 978-3-86882-447-6
Sprache Deutsch
Ausgabe Flexibler Einband, 192 Seiten
ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch
Erscheinungsdatum 23. Oktober 2017
Reihe Ein Sybille Thalheim-Krimi, Band 1
Verlag mvg

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Veröffentlicht am 04.04.2022

Lesenswerter Auftakt zur Südtirol-Saga

Das Land, von dem wir träumen
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„Eine Nacht mag noch so trostlos und finster sein, am nächsten Morgen geht doch die Sonne wieder auf.“ (kindle, Pos. 3583)

Franni, Franziska Bruggmoser, ist eben erst von ihrer Ausbildung zur Lehrerin ...

„Eine Nacht mag noch so trostlos und finster sein, am nächsten Morgen geht doch die Sonne wieder auf.“ (kindle, Pos. 3583)

Franni, Franziska Bruggmoser, ist eben erst von ihrer Ausbildung zur Lehrerin aus Innsbruck auf den Familienhof nahe Meran zurückgekehrt, da mehren sich die Anzeichen, dass Südtirol sich anpassen muss. Familie Bruggmoser hat ab sofort den Namen Ponte zu tragen, Schulunterricht findet auf Italienisch statt, Deutsch oder gar Ladinisch werden generell immer weniger akzeptiert. Somit darf Franziska nicht unterrichten. Der Erste Weltkrieg hat aber nicht nur diese Veränderungen hervorgerufen, nein, auf den Bruggmoser-Hof sind zwei Söhne gar nicht mehr zurückgekehrt aus dem Krieg, von den anderen beiden möchte einer Ingenieur werden, der Älteste verliert sich im Alkohol. Während Familienvater Ludwig möglichst nicht auffallen will und beginnt, sich zu fügen, sträuben sich Franziska und der Knecht Wilhelm gegen die Zwänge. Die jahrhundertealte Tradition der Viehwirtschaft auf dem Bauernhof droht dem Ende zuzugehen.

Mit frühlingshaften weißen Kirschblüten, dem Plätschern der Passer und in der Nase kitzelnden Sonnenstrahlen beginnt Anna Thaler sehr harmonisch diesen wunderbaren Roman. Leider ist die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg nicht ganz so friedvoll und leichtfüßig wie die Natur, so meint es das Schicksal nicht so gut mit der Familie Bruggmoser.

Flüssig und mit vielen Landschaftsbildern dekoriert schildert die Autorin auf etwa 350 kurzweiligen Seiten das Leben Franziskas und dem ihrer Gefährten am bewährten Hof, beschreibt eingängig die überschaubare Schar an Figuren (die zusätzlich sehr übersichtlich in einer eigenen Auflistung genannt werden) und versetzt den Leser in die Jahre 1925 – 1928 zurück. Durch detailreiche Recherche wird die Zeit des damaligen Südtirol in verschiedensten Facetten wieder lebendig, werden unbeschwerte Momente ebenso erwähnt wie die Schwierigkeiten der Juden und der strikten Kontrollen des deutschsprachigen Volkes durch die unerbittlichen Carabinieri. Auch wenn die Handlung oftmals ausschweifend ist oder nur ruhig dahingleitet, so wird dieser Roman dennoch niemals langweilig, durch viele liebevolle Details lernen wir Land und Leute sehr genau kennen, stellen uns vielleicht vor, wie wir selbst in der ein oder anderen Situation reagiert hätten und fühlen Verständnis, wenn uns eine Vorgehensweise komisch vorkommt.

Dieser erste Band ist jedenfalls absolut gelungen und lässt mit Spannung auf die baldige Fortsetzung mit „Der Duft von Erde nach dem Regen“ hoffen. Leseempfehlung!



Titel Das Land, von dem wir träumen

Autor Anna Thaler

ISBN 978-3-426-52783-2

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 352 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 1. April 2022

Reihe Die Südtirol-Saga, Band 1

Verlag Knaur

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Veröffentlicht am 04.04.2022

Voller Liebe

Für immer und noch ein bisschen länger
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Nach schweren Schicksalsschlägen muss Anna nun auch noch ihre Wohnung verlassen, mit der sie wunderschöne Zeiten verbindet – der Vermieter hat Eigenbedarf angemeldet. Allein, es ist fast unmöglich, in ...

Nach schweren Schicksalsschlägen muss Anna nun auch noch ihre Wohnung verlassen, mit der sie wunderschöne Zeiten verbindet – der Vermieter hat Eigenbedarf angemeldet. Allein, es ist fast unmöglich, in München eine leistbare Zwei-Zimmer-Altbauwohnung zu finden, und eine WG ist bestimmt auch nicht das Wahre? Kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist muss Anna allerdings eine Entscheidung treffen.

Einfühlsam und liebevoll fängt Barbara Leciejewski Annas Schicksal ein. Satz für Satz, Seite um Seite erfährt der Leser teils über Erinnerungen und Rückblenden von deren bisherigem Leben, ein wenig schwingt Trauer mit, dennoch vermag die Autorin glückliche Momente einzufangen. Erinnerungen beim Anblick des massiven Esstisches und beim Hören liebgewonnener Klavierstücke, die erwachende Natur und hübsche Wolken am Himmel. Jeder Tag kann das Glück bringen, wenn man bereit ist hinzusehen. Vielleicht ist es Zufall, dass Anna mit Nachnamen Trost heißt? Das Buch selber ist jedenfalls ein Trost, nicht nur für Anna und alle anderen Figuren, die uns hier begegnen, sondern vielleicht auch für den Leser selbst?

Wortgewaltig, bildreich und voll mit positiven Stimmungen beschreibt die Autorin einige Monate aus Annas Leben. Die Begegnungen mit netten Menschen, die eben so sind, wie sie sind, locken die junge Protagonistin aus ihrer Reserve und aus ihrer Lethargie. Einschränkungen wegen eines Virus zeigen ihr auf, dass man sich nicht nur in der Arbeit vergraben kann. Leciejewski eröffnet Wege aus der Trauer und der Einsamkeit, berührt mit ihren Szenen ohne jedoch Mitleid zu erwecken und erfreut uns zusätzlich mit einem flüssigen Schreibstil. Ihre Figuren sind authentisch und glaubwürdig, sodass man schnell eintaucht ins Geschehen und stets mehr erfahren will. So fliegen trotz des gemächlichen Inhalts die Seiten nur so dahin bis zum überaus passenden und zufriedenstellenden Ende. Schön, dass es noch Menschen gibt, die einander ausreichend Freiraum gewähren, aber trotzdem immer ein offenes Ohr haben für ihre Umwelt, ab und zu einen Anstoß zur Veränderung geben oder einfach nur helfen, in sich selbst hineinzuhören.

Ein ruhiger, besonnener Roman voller Liebe und Zuversicht, den ich ebenso gerne empfehle wie „Fritz und Emma“.



Titel Für immer und noch ein bisschen länger

Autor Barbara Leciejewski

ISBN 978-3-86493-174-1

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 432 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 10. März 2022

Verlag Ullstein

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Veröffentlicht am 21.03.2022

Verschwunden

Der Buchhändler
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Aus einem sehr persönlichen Grund übersiedelt Erik ins bayrische Neukirchen und übernimmt eine etablierte Buchhandlung. Rasch kommt er mit Kunden und Nachbarn in Kontakt, schließt sich der Volleyballmannschaft ...

Aus einem sehr persönlichen Grund übersiedelt Erik ins bayrische Neukirchen und übernimmt eine etablierte Buchhandlung. Rasch kommt er mit Kunden und Nachbarn in Kontakt, schließt sich der Volleyballmannschaft an und schließt Freundschaften. Jäh endet jedoch die Freude über den Neuanfang, als die Tochter eines seiner neuen Freunde spurlos verschwindet.

Während der Thriller mit einem blutigen Prolog beginnt, bringt in den anschließenden drei Teilen eher psychologische Spannung Knistern und Sog ins Geschehen. Teilweise erzählt Erik aus der Ich-Perspektive im Präsens, die Ermittlungen werden aus der Sicht des neutralen Erzählers im Präteritum geschildert. Sehr detailreich und genau baut Petra Johann die Handlung auf, ohne jemals auch nur im Ansatz langatmig zu werden. Im Gegenteil, sind sowohl die Figuren als auch die Geschehnisse sehr eindrücklich und lebendig dargestellt, sodass man bald mit den Kommissarinnen grübelt, wer mit dem Verschwinden der Neunjährigen zu tun haben könnte.

Geschickt aufgebaut und inhaltlich logisch verknüpft, setzen sich allmählich alle Puzzlesteine zusammen und führen zu einem ganz und gar nicht vermuteten Ende, das perfekt zu diesem stimmigen Thriller passt. Auch der flüssige Schreibstil trägt wesentlich zum absoluten Lesevergnügen bei.

Interessante Fragestellungen rund um unser gesellschaftliches Zusammenleben, kombiniert mit zwei authentischen Ermittlerinnen und steter unterschwelliger Spannung ohne viel Blutrünstigkeit ergeben einen tollen Thriller und machen Lust auf mehr von Petra Johann.



Titel Der Buchhändler

Autor Petra Johann

ISBN 978-3-352-00969-3

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 431 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 18. März 2022

Verlag Rütten & Loening Berlin

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Veröffentlicht am 14.03.2022

Band 2

Die Schokoladenfabrik – Das Geheimnis der Erfinderin
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Einige Jahre sind vergangen, die nächste Generation im Hause Stollwerck ist am Zug. Immer mehr lösen Maschinen bestehende Handarbeit ab, die Konkurrenz lauert und der deutsch-französische Krieg verändert ...

Einige Jahre sind vergangen, die nächste Generation im Hause Stollwerck ist am Zug. Immer mehr lösen Maschinen bestehende Handarbeit ab, die Konkurrenz lauert und der deutsch-französische Krieg verändert so manches in Köln. Eine spannende Fortsetzung folgt mit einer technik-begabten Apollonia Krusius, welche den Versuch wagt, sich gegen die Männerwelt zu behaupten.

Sorgfältige Recherche trifft auf unterhaltsame freie Dichtung – so stellt sich auch die weitere Betrachtung der Familie Stollwerck für den Leser dar. Nach Anna-Sophia in Band Eins steht nun Apollonia im Mittelpunkt der kurzweiligen Erzählung und bringt uns das Leben ab dem Jahre 1862 näher. Viele historische Details finden Eingang in diesen dicken Schmöker mit seinen mehr als 600 Seiten. Aufgrund der abwechslungsreichen Kapitel und unterschiedlichen Blickwinkel ist die Handlung jedoch stets faszinierend. Insbesondere das Wiedersehen mit Kaspar Rockstroh und seine Schiffsreisen ins ferne Afrika zeigen die weniger ansprechenden Seiten der Schokoladeverarbeitung, waren es doch Sklaven, die für die Ernte und Verschiffung der Kakaobohnen schuften mussten. Von Bonbons zu feiner Schokolade, von einfachen Verpackungen zu durchdachten Werbemaßnahmen, von jung und agil zu alt und gebrechlich führt uns dieser feinfühlig erzählte Roman durch einige Jahre im Leben der Stollwercks. Nicht nur Köln, sondern auch interessante Kapitel über Afrika und Amerika finden Platz in der Geschichte, zeigen wie unterschiedliche Gesellschaftsstrukturen die bewegte damalige Zeit geprägt haben.

Autorin Rebekka Eder versteht es, nicht nur einzelne Persönlichkeiten klar und eindrücklich zu charakterisieren, sondern auch das Lebensgefühl ganzer Bevölkerungsgruppen spürbar zu vermitteln, der Platz der Frau in der Gesellschaft, das Leid der Sklaven, die Euphorie der Auswanderer, sämtliche Beschreibungen sind so authentisch dargestellt, als wäre man selbst an jedem einzelnen Ort und mitten im Geschehen. Der Bezug zur Realität wird umso größer, als viele Straßenzüge und Gebäude das damalige Köln vor unserem geistigen Auge lebendig werden lassen.

Fazit: eine außerordentlich gut gelungene Melange zwischen Wahrheit und Phantasie, welche durch den sehr angenehmen Schreibstil umso mehr eine Leseempfehlung verdient!



Titel Die Schokoladenfabrik - Das Geheimnis der Erfinderin

Autor Rebekka Eder

ISBN 978-3-7466-1489-2

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 630 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Reihe Die Schokoladenfabrik, Teil 2

Erscheinungsdatum 14. März 2022

Verlag Aufbau TB