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Veröffentlicht am 07.04.2022

Beschaulich und etwas verwirrend

Kaiserstuhl
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Das Cover ist wunderschön und passt gut zum Inhalt des Buches. Eine romantische, beschauliche Szenerie hoch oben über den Weinbergen, eine Frau mit ärmelloser Bluse und Stirnband sitze am Wegesrand / ...

Das Cover ist wunderschön und passt gut zum Inhalt des Buches. Eine romantische, beschauliche Szenerie hoch oben über den Weinbergen, eine Frau mit ärmelloser Bluse und Stirnband sitze am Wegesrand / Straßenrand und macht ein kleines Picknick. Sie wirkt jung, schlank, konzentriert, dem Beobachter abgewandt, schält sie gerade einen Apfel. Neben ihr, lässig geparkt ein sehr kleines türkisfarbenes Auto mit einem Koffer hinten auf ein Gestänge geschnallt. Eine Isetta? Das Bild versetzt einen sofort in die 50er / 60er Jahre, in denen der Roman spielt.

Für mich ist es das erste Buch von Brigitte Glaser, das ich gelesen habe, und ich hatte viele sehr positive Kritiken über ihre vorangegangenen Bücher gelesen.

Kaiserstuhl spielt auf verschiedenen Zeitebenen und wird aus der Sicht unterschiedlicher Personen dargestellt – ein Stil, den ich sehr mag und der ein Buch oft sehr lebendig und spannend macht.

Hier allerdings ist es mir etwas schwer gefallen, mich hinein zu finden. Für mich zu viele Personen auf einmal eingeführt, deren Verbindungen erst nach und nach erkennbar werden. Danke für den Stammbaum am Schluss der Buches; den fand ich sehr hilfreich, aber er beinhaltet natürlich nur einen kleinen – den familiären – Teil der Verflechtungen.

Gut gefallen hat mir die gemächlich – beschauliche Schreibweise. Sie passt für mich gut in die Zeit der 50er, 60er Jahre und auch in das verwirrende Innenleben der Personen.

Sehr schön finde ich die politischen Geschehnisse eingewoben, auch diese aus der Sicht der diversen agierenden Charaktere betrachtet.

Toll zu lesen die Landschaftsbeschreibungen; man ist stets dabei, sei es in sommerlicher Idylle oder im eiskalten Schneetreiben.

Die Charaktere der Personen werden langsam, aber gut entwickelt und konturiert; das Buch nimmt nach den ersten 100 Seiten deutlich an Spannung auf, alles „rundet“ sich.

Insgesamt: Leseempfehlung!

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.01.2022

Nordische Spannung

Meeressarg (Ein Fabian-Risk-Krimi 6)
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Bereits das Cover ist toll - das Meer zeigt sich von einer sehr bedrohlichen Seite, die Felsen sind gezackt, scharfkantig, kalt, grau, der Himmel hängt tief. Das Wasser sieht kalt aus und trägt gefährliche ...

Bereits das Cover ist toll - das Meer zeigt sich von einer sehr bedrohlichen Seite, die Felsen sind gezackt, scharfkantig, kalt, grau, der Himmel hängt tief. Das Wasser sieht kalt aus und trägt gefährliche Wellen. Scheinbar heimelig duckt sich ein Häuschen im typischen schwedischen Rot auf der Klippe, ein Licht brennt, wirkt einladend – aber ich würde mich nicht hinein trauen…

Das Buch startet mit einem superspannenden Anfang, einem Paar in der Krise in gefährlicher Situation auf dem Wasser. Die Situation scheint fast auf einen Mord zuzulaufen – und ich habe noch sehr lange darauf gewartet, dass der Handlungsstrang noch weiter geführt wird...

Es ist das erste Buch der Fabian-Risk-Reihe, das ich gelesen habe. Ich hatte am Anfang, ehrlich gesagt, schon Probleme, mich in die Personen hinein zu finden. Mir fehlen die Vorgeschichten, sprich die Bände vorher. Die Informationen, auch die zu Sleizner, kommen nur in kleinen Portionen, das machte es mir als Nicht-Insiderin nicht leichter.

Dennoch hat mich die Handlung gepackt. Die Protagonisten sind gut geschildert, besonders Fabian und Dunja in ihrer starken emotionalen Betroffenheit konnte ich sehr gut begleiten. Die Sprache ist kraftvoll, die Dialoge sind kurzweilig und prägnant. Die Beziehungsgeflechte und -probleme der beteiligten Charaktere sind gut fließend eingewoben und gehen über einen reinen Krimi hinaus.

Ich empfehle das Buch weiter, allerdings nicht, wenn man das erste Mal Fabian Risk begegnet. Man sollte m.E. zumindest einen Teil der vorherigen Bände gelesen haben.

Besonderer Tipp: ich habe auch einmal kurz in das Hörbuch reingeschnuppert. David Nathan hat eine tolle Stimme (auch!) für skandinavische Krimis, scheinbar distanziert, dunkel, eindringlich. Passt perfekt zur Geschichte.

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Veröffentlicht am 03.01.2022

Betroffenheit und Hoffnung

Mit dem Rücken zur Wand
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Ich kannte Hera Lind bisher hauptsächlich aus ihren heiteren Frauenromanen mit viel Witz und Ironie aus den Neunzigern, die damals auch voll meinem Lebensgefühl entsprachen. „Mit dem Rücken zur Wand“ ist ...

Ich kannte Hera Lind bisher hauptsächlich aus ihren heiteren Frauenromanen mit viel Witz und Ironie aus den Neunzigern, die damals auch voll meinem Lebensgefühl entsprachen. „Mit dem Rücken zur Wand“ ist der erste ihrer Romane nach wahren Geschichten, den ich gelesen habe.
Das Cover finde ich sehr ansprechend, eine jüngere Frau, hübsch und blond, im roten Kleid, die bei zugezogenen Vorhängen an einem Fenster lehnt und zu Boden schaut. Traurig, eingeschüchtert, Kontrast zum blauen Himmel draußen und zwei spielenden Kindern mit Hund im Garten. Das Nachbarhaus ist nur etwas verschwommen zu sehen, scheint im Nebel zu liegen. - Passt sehr gut zu dem Inhalt des Buches.
Ich habe mir am Anfang etwas schwer getan, mich in den Stil hinein zu lesen. Sehr anders als der Stil von Hera Lind von vor 25 / 30 Jahren. Ernster, ausführlicher, ohne jede Ironie. Anfangs hat es mich ein wenig gestört, WIE ausführlich alles berichtet wird, viele Dialoge, Gespräche um Kleinigkeiten, Detailbeschreibungen. Das nimmt dem Geschehen etwas die Spannung. Aber es ist ja auch kein fiktiver Roman, bei dem es um Spritzigkeit geht, sondern eine wahre und sehr tragische Geschichte.
Später im Buch wird auch erwähnt, dass die Protagonistin von ihrem Anwalt aufgefordert wird, alles im Detail aufzuschreiben, was passiert ist, weil die Dokumentation für das Gericht wichtig ist.
Und Hera Lind selbst äußert sich dazu, dass ihre Real-Erzählerin auf vielen Details um der Genauigkeit willen bestanden hat. Was ich verstehen kann, was aber dem Buch und der Spannung m.E. etwas schadet. Aber das ist auch eine Frage der Zielsetzung.
Die Geschichte selbst ist ungeheuerlich und doch so realistisch und weit verbreitet.
Sehr gut beschrieben finde ich die permanent vorhandene Angst vor neuer Gewalt, neuen Schlägen und Brutalität ohne wirklichen Grund. Auch dass die Tochter sich verzweifelt einen „guten“ Vater und Opa für ihre Kinder wünscht. Weniger verständlich, aber wohl genauso häufig ist das Verhalten der Lebensgefährtin, die sich trotz allem nicht von dem Mann wirklich lossagen kann.
Ich finde, es ist ein sehr wichtiges Buch, weil dieses Thema – Gewalt in der Familie und in Partnerschaften – immer noch zuviel unter den Tisch gekehrt wird, der Justiz aber auch oft wirklich die Hände gebunden sind, weil die Opfer aus Angst vor noch schlimmeren Übergriffen schweigen und Nachbarn, Freunde, Familie, die vielleicht etwas mit bekommen, ebenfalls aus Angst oder einfach Feigheit oder Gleichgültigkeit weg schauen.
Macht betroffen, macht aber auch Mut. Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 09.12.2021

Zynismus vom Feinsten

Salonfähig
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Ich hatte eigentlich keinen Roman erwartet, sondern so eine Art modernen, etwas ironischen „Knigge“, war umso überraschter über die Genre-Bezeichnung auf dem Cover. Kommt davon, wenn man die Beschreibung ...

Ich hatte eigentlich keinen Roman erwartet, sondern so eine Art modernen, etwas ironischen „Knigge“, war umso überraschter über die Genre-Bezeichnung auf dem Cover. Kommt davon, wenn man die Beschreibung nicht so genau liest….

Das Cover stimmt ein auf einen narzisstischen „schönen“? Mann, smart und „gebügelt“, ein wenig so, wie ich mir Dorian Gray immer vorgestellt habe. Glatte Haut, sinnliche feucht glänzende Lippen, dunkler Anzug mit weißem Hemd, strenger Kragen mit perfekt gebundener Krawatte, die linke Hand elegant angewinkelt, die rechte lässig in der Hosentasche. Schwarz, Weiß, ein wenig Gelb, gerade, sehr ordentliche strenge Print-Buchstaben, nichts, aber auch gar nichts Geschnörkeltes…

Beim Lesen des Buches wird deutlich, WIE viel Zeit auf dieses perfekte Äußere verwendet wird und auf WIE groteske Weise es gepflegt, betrachtet und gehandelt wird.

Ich habe das Buch verschlungen und war hin- und hergerissen zwischen Gruseln, Lachen und Heulen. NATÜRLICH ist das bitterste Satire, habe aber auch ein paar Seiten gebraucht, um es zu merken, und ich finde sie GRANDIOS umgesetzt.

SO lächerlich ist, wie der Protagonist mit seiner fast hündischen (Pardon, ich möchte keine Hunde beleidigen!) Anbetung und Imitation seines Vorbildes Julius sich macht, indem er seinen Aufgaben wie Blumengießen und Kaffeeholen einen Vertrauensbonus anklebt. SO ironisch, wie er in allen Äußerlichkeiten versucht, Julius Varga zu imitieren. SO zynisch die Szene mit dem Bettler…

Ich weiß nicht SO viel über die „Innereien“ der österreichischen Politik, außer dem, was man bei uns in den Medien, Nachrichten, Politsendungen so mitkriegt. Aber ich glaube, dass auch die geschilderten „Feinheiten“ NICHT sehr überzeichnet sind. Die Anspielungen auf großer Linie sind ohnehin überdeutlich. Und was solche Dinge wie die perfekte Formulierung für die angedachten Adressaten betrifft, ist wahrscheinlich so manche Partei in anderen europäischen Ländern genauso.

Mir fiel beim Lesen zum Protagonisten mehrfach das Wort "Roboter" ein. Seine Handlungsabfolgen erscheinen rein mechanisch, quasi "programmiert". Gruselig auch, wie er sich mit Frauen verhält, auch hier wird ein Programm abgespult, Buchrezensionen runter gebetet etc. ohne den kleinsten Funken Empathie.

In seiner mehr als perfekt technisierten Wohnung kennt er sich nicht aus, kommt er nicht zurecht, fast als ob es nicht seine wäre. Was sich dann auch als Wahrheit heraus stellt.

Wundervoll und SO böse die hoch gespielten Gespräche / Streitereien unter den Parteigenossen um völlig Unwichtiges, wie z.B. die Frage, in welches Lokal man jetzt zum Essen geht.

Der reale Hintergrund zum Akademikerball hat sich für mich als Nicht-Österreicherin erst später erschlossen..

Die ganze Groteske ist sehr gut beschrieben. Der Zynismus steigert sich immer weiter, viele Szenen sind regelrecht comedyreif bösartig.

Gegen Ende driftet unser Protagonist bzw. die Handlung langsam, aber sicher in völlige Verrücktheit ab. Surreal?

Für mich ist es Zynismus vom Feinsten.

Wenn man sich mit der Thematik beschäftigen mag - absolut lesenswert.





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Veröffentlicht am 19.11.2021

Sensibles Grau

Wer wird denn da gleich schwarzsehen
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Das Cover ist frech und witzig, kontrastreiche Farben, passenderweise schwarz und weiß, ein wenig gelb, grau und beige. Ein Mann, der gleichwohl nachdenklich wie verschmitzt in eine imaginäre Ecke schaut, ...

Das Cover ist frech und witzig, kontrastreiche Farben, passenderweise schwarz und weiß, ein wenig gelb, grau und beige. Ein Mann, der gleichwohl nachdenklich wie verschmitzt in eine imaginäre Ecke schaut, lässig die Hände in den Taschen. Es sieht nicht nach tierischem Ernst aus.

Man bekommt Lust, mit ihm zu diskutieren...

Ich war sehr angenehm überrascht von diesem Buch..

Ich hatte mir - ohne mir dessen selbst so recht bewusst zu sein - eher eine etwas klamaukige, satirische Herangehensweise an das Thema vorgestellt.

Statt dessen kommt Marius Jung mit viel Sachlichkeit, einer guten Gliederung, vielen Fragestellungen und vor allem zahlreichen Beispielen, die das Ganze sehr anschaulich und lebendig machen.

Besonders gelungen finde ich, wie er - unaufdringlich, aber mit einer nicht allzu distanzierten Ironie - Anschauungsmaterial aus einem eigenen Leben einfließen lässt.

Es wird in keiner Weise langweilig oder oberflächlich, wie Marius Jung mit dem Thema Rassismus umgeht. Er spricht viel über sich selbst, seine persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse, aber auch Fehler, die er selbst diesbezüglich gemacht hat.

Die Gliederung des Buches ist gut und beleuchtet das Thema immer wieder unter anderen Aspekten.

Ich gestehe, ich musste mir auch selbst ab und zu an die eigene Nase greifen. Wieviel man doch mit Gedankenlosigkeit verletzen kann...

Die S. 151, die in gewisser Weise das Thema "übertreiben oder nicht" zusammen fasst, hat mir sehr gut gefallen. Ebenso der Gang durch das "House of Gender".

Eigentlich hatte ich gehofft, in diesem Buch Antworten zu finden auf Fragen, die ich mir im Zusammenhang mit der rassistischen Thematik immer wieder stelle, auch daruf, wie ich mich denn nun wirklich „korrekt“ verhalte oder ausdrücke. Solche pauschalen Antworten gibt es nicht, aber viele Anregungen, Denkanstöße, und die Grundaussagen, dass sich das alles entwickelt und verändert und dass das eben ein Prozess ist, der nicht von heute auf morgen geht. Und dass es letztlich mehr auf die Gesinnnung und Denkweise des Einzelnen ankommt als auf eine Ausdrucksweise, an der sich wirklich NIEMAND mehr stört.

Das letzte Stück des Buches bringt noch einmal viele konkrete Beispiele über „so ja, so nicht“ oder „früher okay, heute anstössig“ und auch darüber, wie manche Umbenennungen konkret umgesetzt wurden.

Besonders hilfreich fand ich die allerletzten Kapitel „Was tun? Und was nicht?“ und „Was ich mir für meine Tochter wünsche“.

Insgesamt hat mir das Buch nicht wie erhofft, einen klaren Leitfaden über „korrrektes nicht-rassistisches Verhalten und Sprechen“ geliefert, aber viele Informationen, Möglichkeiten und Denkanstöße. Und ein – weiteres – Stück Sensibilisierung.

Insofern meine Leseempfehlung für alle, die sich einfach ein Stück mit dem Thema beschäftigen möchten, ohne einen „Fahrplan“ zu erwarten.


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