Anne Freytags neuestes Werk „Nicht weg und nicht da“ erschien im Heyne fliegt Verlag und umfasst 480 mitreißende Seiten.
Der Verlust ihres Bruders steckt Luise noch immer in der Seele fest und sie möchte dieses Gefühl nicht loslassen, aus Angst ihn dann vergessen zu können. Doch Kristopher ist immer an ihrer Seite und schickt ihr E-Mails, die ihr zeigen sollen, wie lebenswert es ist sie zu sein. Auch das Schicksal scheint seine Pläne mit ihr zu haben, denn Jacob läuft ihr über den Weg – und mitten in ihr gebrochenes Herz hinein.
Ich weiß, dass Anne Freytags Bücher immer wieder einen kleinen Teil meiner Seele in sich aufnehmen. Man muss sich einfach ihnen hingeben, denn die Geschichten berühren jeden Winkel in einem. So fühlte ich auch beim Lesen ihres neusten Werkes.
Unsere beiden Protagonisten Luise und Jacob sind im ersten Moment absolut verschieden. Sie, die kleine, schüchterne mit dem abrasierten Kopf und er, der gut aussehende junge Mann, nachdem jedes Mädchen sich verzehrt. Doch einen zweiten Blick zu riskieren bringt Gemeinsamkeiten ans Licht, die beide miteinander verbinden und helfen werden.
Luise begegnete ich in einem düsteren Zustand, der sich lange Zeit nicht ablegen wollte und einfach zu ihrer Gesamtsituation gehörte. Denn wer möchte schon glücklich und froh wirken, wenn der eigene Bruder sich aus dem Leben verabschiedet hat – niemand! Als Protagonistin lässt sie dem Leser sehr nah an ihre Gefühlswelt heran und dennoch gibt sie erst nach und nach all die dunklen Kapitel ihres jungen Lebens preis. Was wohl ohne die E-Mails von ihrem Bruder Kristopher nicht möglich gewesen wäre.
Jacob kommt genau im rechten Moment, denn auch ihm begleitet diese dunkle Wolke des Trübsal überall hin. Durch die immer wieder umschwenkenden Sichtwechsel hat man als Leser aber einen besseren Blick auf seine Gedankenwelt, die dennoch nicht all zu offen ist, als die von Luise. Eigentlich denkt man, dass einem die trübe Stimmung, zwischen den anfänglichen Seiten, mit hinunterziehen könnte, doch es gehörte dazu und so lässt sich auch die Steigerung der Handlung immer deutlicher erkennen.
Wo Luise viel von sich und ihrem Umfeld offen legt, ist Jacob sehr im Hier und Jetzt. Auch das Übermorgen mag er nicht in seine Gedankenwelt hineinlassen, ist es doch ein zu großer Schritt für ihn, den man wohl selbst sehr gut nachvollziehen kann, wenn man ihn immer mehr kennenlernt. Aber die Vergangenheit ist für beide ein heikles Thema, das vor allem für Jacob tief sitzt und sich dort verfestigen konnte. Doch die Hilfe, die er Luise angedeihen lässt, um ihren Kummer zu verarbeiten, den bekommt er tausendfach, ohne es zu bemerken, von allen zurück.
Aber ein Hauptaugenmerk liegt hier wohl auf den E-Mails von Kristopher. Man kann Luises Reaktionen wahrlich fühlen, während sie diese liest und sehnlichst auf neue wartet. Sie sind so ehrlich verfasst und rühren sogar zu Tränen, sodass man mit der Protagonistin beginnt zu heilen.
Anne Freytag berührt mit ihren Erzählungen den Leser sehr tief und spricht Themen an, die wichtig und es wert sind offen angesprochen zu werden. Denn jedem begegnet im Leben nicht nur die erste Liebe, sondern auch der Verlust eines geliebten Menschen. Es gilt viele Tränen zu vergießen – seien sie vor Glück oder aus Leid entstanden. Denn Gefühle bewegen alle Lebewesen und Anne Freytag versteht es meisterlich, sie in Worte zu fassen!
„Nicht weg und nicht da“ ist eine gefühlvolle Geschichte über die Zeit des Trauerns und des Aufbauens neuer Wege.
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