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Veröffentlicht am 16.04.2022

Westernromanze im Schnee

Verratenes Vertrauen
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Als Linda-Castillo-Fan der ersten Stunde habe ich mich riesig auf diesen Roman gefreut, der in den Staaten bereits 2002 vorliegt, doch erst jetzt übersetzt wurde.

Nicht ohne Grund, wie sich herausstellte: ...

Als Linda-Castillo-Fan der ersten Stunde habe ich mich riesig auf diesen Roman gefreut, der in den Staaten bereits 2002 vorliegt, doch erst jetzt übersetzt wurde.

Nicht ohne Grund, wie sich herausstellte: Von der Kate-Burkholder-Reihe bin ich daran gewöhnt, dass es nicht gerade zimperlich zur Sache geht, nein, in der Regel sind es recht brutale Morde, die die Ermittlerin aufzuklären hat und in der Regel haben sie mit den Amish zu tun, die in Burkholders Bezirk die Mehrheit der Einwohner stellen. Man erfährt also auch Interessantes aus deren Umfeld und es ist trotz aller Brutalität immer ein sehr atmosphärisches Setting.

Nicht so in diesem Frühwerk, das außerhalb der Reihe steht und in der Sheriff Jake Madigan die aus dem Gefängnis entflohene, wegen Mordes einsitzende Abigail Nichols stellen und zurückbringen muss. Dies alles geschieht in einer einzigen Nacht (und dem darauffolgenden Tag) in der winterlichen Bergwelt von Colorado und erinnert ganz klar an einen Western - wohlgemerkt an einen Film.

Die überschaubare Handlung beinhaltet eine gemeinsame Nacht, in der Abigail, aus ihrer Sicht unschuldig verurteilt, dem Sheriff ihre Geschichte erzählt: sie wurde - das beinhaltet bereits der Buchtitel - verraten, ihr Vertrauen mißbraucht und nun hat sie die Schuld eines anderen abzutragen.

Die gemeinsam verbrachte Zeit beinhaltet auch mehrere Fluchtversuche Abigails. Ich für meinen Teil konnte während der Lektüre nicht fassen, in welchen Situationen beide Protagonisten, vor allem jedoch Jake, von erotischen Gefühlen, ja von Wollust übermannt wurden. Hier geht es um Leben und Tod und dennoch steht ständig eine erotische Anspannung zwischen den beiden Protagonisten, die über weite Strecken auch die einzigen Akteure überhaupt sind, im Raum. Aus meiner Sicht nimmt dies viel zu viel Raum ein und raubt der Geschichte eine Menge ihrer Spannung. Der eigentlich spannungsreiche Stoff verkommt zu einem Lore-Roman. Das hat Linda Castillo definitiv nicht verdient und ich hoffe sehr, dass weitere Frühwerke in ähnlicher Qualität nicht übersetzt werden - falls dies nicht bereits geschehen ist. Diese zeigen die Autorin nämlich leider nicht von ihrer besten Seite und werfen ein schiefes Licht auf sie!

Veröffentlicht am 16.04.2022

Ein Leben mit Korrekturmodus

Nie mehr zurück
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Ein Leben mit Korrekturmodus habe ich mir schon öfter
gewünscht, wenn mal was gründlich schief gegangen ist, ob aus eigenem
oder fremden Verschulden: einfach die Zeit nochmal ablaufen lassen und
alles ...

Ein Leben mit Korrekturmodus habe ich mir schon öfter
gewünscht, wenn mal was gründlich schief gegangen ist, ob aus eigenem
oder fremden Verschulden: einfach die Zeit nochmal ablaufen lassen und
alles anders und damit besser machen.

Die fünfzehnjährige Zoe,
ein Mädchen, das nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens steht, hat
diese Möglichkeit: sie kann Ereignisse zurücklaufen und nochmal neu
geschehen lassen, allerdings nicht uneingeschränkt. Im Gegenteil: ihr
bleiben nur 23 Minuten Zeit, in denen alles anders gemacht werden kann
und diese können 10x wiederholt werden. Und außerdem kann dies nur im
unmittelbaren Anschluss an das jeweilige Ereignis geschehen - schnelles
Handeln ist also angesagt.

Im vorliegenden Buch gerät Zoe in eine
Situation, in der ihre Gabe über Leben und Tod anderer entscheiden
kann: sie ist Zeugin eines Banküberfalles, bei dem ein junger Mann
erschossen wird. Dies nun gilt es zu verhindern, doch bei den ersten
Durchläufen wird es immer noch schlimmer, noch verheerender. Zoe ist
also gezwungen, im Schnellverfahren zu reifen, zu wachsen und
Verantwortung für die größte Sache überhaupt, nämlich für das Leben
anderer zu übernehmen.

Ich muss gestehen, dass ich dieses - für
ältere Jugendliche gedachte - Buch nur mäßig interessant fand und das
lag vor allem am Erzählstil der Autorin. Die wieder und wieder
heruntergenudelten Ereignisse empfand ich trotz der prekären Situation
bald nur noch als langweilig und meine Bereitschaft, mich in die Lage
des Mädchens hineinzuversetzen, sank extrem. Aus meiner Sicht hat die
Autorin längst nicht das Optimum aus der Geschichte rausgeholt, im
Gegenteil: Stellenweise ist es unglaublich langweilig und träge. Ja, das
Mädchen durchläuft einen Reifungsprozess und man erfährt auch nach und
nach das ein oder andere aus ihrem Leben, aber all das wird unglaublich
öde und vollkommen ohne Pep dargestellt. Finde ich und rate deswegen
Krimi- und Thrillerfreunden von dieser aus meiner Sicht unspannenden und
unspektakulären Lektüre ab.

Veröffentlicht am 16.04.2022

Enttäuschend

Die Eleganz des Igels
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Ich brannte darauf, dieses Buch zu lesen & war dann ziemlich enttäuscht: vor allem die Protagonistin ist bei mir überhaupt nicht angekommen!

Ich brannte darauf, dieses Buch zu lesen & war dann ziemlich enttäuscht: vor allem die Protagonistin ist bei mir überhaupt nicht angekommen!

Veröffentlicht am 16.04.2022

Ich male mir eine neue Welt

Der Platz an der Sonne
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so wie sie mir gerade nicht gefällt.

Christian Torkler hat es gewagt, die Verhältnisse der Welt für seinen Roman "Der Platz an der Sonne" neu aufzustellen. Dieser befindet sich nun nämlich dort, wo die ...

so wie sie mir gerade nicht gefällt.

Christian Torkler hat es gewagt, die Verhältnisse der Welt für seinen Roman "Der Platz an der Sonne" neu aufzustellen. Dieser befindet sich nun nämlich dort, wo die Sonne wirklich stets scheint, nämlich in Afrika.

Deutschland hingegen findet sich als Entwicklungland wieder, denn es hat nach dem Zweiten einen weiteren, einen Dritten Weltkrieg gegeben, in dem die Bedingungen und Gegebenheiten ganz neu aufgestellt wurden.

Leider wird nicht ganz klar, wer welche Rolle spielt, wir erfahren lediglich, dass Afrika das Ziel aller Träume ist und Deutschland - wie auch andere europäische Länder wie bspw. Russland, Polen und die Niederlande längst zu Entwicklungsländern verkommen sind, die man nicht so einfach verlassen kann.

Bewohnern, die fort wollen, bleibt also nur die Flucht. In dieser Situation findet sich auch Joshua Brenner wieder, ein noch recht junger Typ aus Berlin, der es eigentlich gar nicht so schlecht getroffen hatte - bis er sich von einem auf den anderen Tag im freien Fall wiederfand und ihm aus seiner Sicht nichts als die Flucht blieb.

Eine mühsame und langwierige Odysee mit vielen, vielen Rückschlägen!

Kennen wir das nicht von irgendwoher? Nun, es ist eigentlich die tragische Geschichte der Menschen aus Syrien, Äthiopien, Afghanistan und anderen Ländern - nur umgedreht.

Ich hätte es spannend gefunden, wenn der Autor Christian Torkler hier ein völlig neues Weltgefüge konstruiert und als Rahmen benutzt hätte. Hat er aber nicht - man erfährt bspw. nicht. wo die USA, China und Südostasien jetzt stehen, sondern nur, dass Europa - bzw. große Teile davon - ganz unten und viele Länder Afrikas ganz oben stehen. Und dieselben Restriktionen für die Einreise der Flüchtlinge auffahren, wie es seit Jahren umgekehrt der Fall ist.

Möglicherweise will der Autor dem Leser einen Spiegel vorhalten, aber meiner Ansicht nach ist der über die Situation bereits im Detail informiert, sonst hätte er kein Interesse an diesem Buch. Ein desinteressierter oder gar politisch rechts orientierter Mensch wird ganz sicher nicht zu diesem Buch greifen und so diese Botschaft gar nicht erst empfangen.

Mich hat der Roman sehr an das Buch "Gott ist nicht schüchtern" von Olga Grjasnowa erinnert, in dem es um das Schicksal syrischer Flüchtlinge geht - die Seiten wurden einfach gewechselt, was mich persönlich sehr enttäuscht hat. Von mir gibt es definitiv keine Leseempfehlung für diesen Roman, in dem aus einer guten Idee zu wenig gemacht wurde.