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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.10.2022

Nette Unterhaltung für Zwischendurch

Was nicht war, kann ja noch werden
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"Was nicht war, kann ja noch werden" erzählt vom Erwachsenwerden und der Zerrissenheit zwischen Verantwortung und der unbeschwerten Jugend.

Als Freya von der Schwangerschaft ihrer besten Freundin erfährt, ...

"Was nicht war, kann ja noch werden" erzählt vom Erwachsenwerden und der Zerrissenheit zwischen Verantwortung und der unbeschwerten Jugend.

Als Freya von der Schwangerschaft ihrer besten Freundin erfährt, wird ihr schmerzlich bewusst, dass sie in ihrem Leben feststeckt. Statt sich damit auseinanderzusetzten, flüchtet sie in das Zuhause ihrer Kindheit und sucht Trost in ihren Abi-Erinnerungen, als das Leben noch aufregend und zwanglos war. Als sie ihre Jugendliebe Chris zufällig begegnet, bahnen sich alte Gefühle ihren Weg und sie will die guten Zeiten wieder aufleben lassen, um sich besser zu fühlen. Abgesehen von ein paar Kapitel, in denen der 19-jährige Vergangenheits-Chris die Ich-Perspektive einnimmt, erzählt Freya die Geschichte mit Rückblenden, die elf Jahre zurückliegen. Freya ist eine durchaus anstrengende Hauptfigur mit viel Entwicklungspotential. Sei es das naiv überdrehte Vergangenheits-Ich oder die gegenwärtige „Meisterin der Ablenkung“, die aus egoistischen Motiven handelt und begreifen muss, das die schöngefärbte Jugendzeit vorbei ist und sie sich nun der Wahrheit stellen muss. Gerade der Anfang war sehr erheiternd geschrieben, das lässt aber leider mit der Zeit nach und es fehlt an lockerem Humor. Es ist eine Liebesgeschichte, die fast nebenbei geschieht. Entscheidend ist die Weiterentwicklung der Hauptfigur und die Konfrontation mit sich selbst, um die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen. Nach einer überraschenden Wende war der Schluss zwar absehbar, aber mündet dennoch in einem kitschfreiem Finale mit schöner Botschaft.

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Veröffentlicht am 19.09.2022

Für Fans von historischen Literaturgeschichten

Die Buchhändlerin von Paris
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"Die Buchhändlerin von Paris" ist ein hervorragend recherchierter biografischer Roman, der in vier Teilen über die Amerikanerin Sylvia Beach und ihre literaturgeschichtlich bekannte Buchhandlung „Shakespeare ...

"Die Buchhändlerin von Paris" ist ein hervorragend recherchierter biografischer Roman, der in vier Teilen über die Amerikanerin Sylvia Beach und ihre literaturgeschichtlich bekannte Buchhandlung „Shakespeare and Company“ erzählt. Eine Geschichte voller historisch relevanter Details, ohne in die Weltgeschichte abzudriften, bekannten Persönlichkeiten wie Hemingway oder Gide, und einer Liebesgeschichte zweier starker Frauen in den zwanziger Jahren. Kerri Maher schreibt wunderbar flüssig und zeigt ein historisch authentisches Bild der Figuren, geprägt von politischen Ungerechtigkeiten und Diskriminierung, den Einschränkungen der Pressefreiheit und den Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung des umstrittenen Romans Ulysses - ein Thema das im Fokus steht.
Historisches Hintergrundwissen ist vorteilhaft bei der Lektüre, aber keine Bedingung. Im Verlauf der Handlung nimmt die Spannung ab und große emotionale Chancen werden einfach verpasst. Außerdem gibt es keine tiefe Einblicke in die Gefühlswelt von Sylvia oder Adrienne, insgesamt bleibt die Geschichte hier oberflächlich. Die Schilderungen über die Buchhandlung und ihre berühmten Besucher lässt jedoch Leseherzen schneller schlagen. Auch der wunderschöne Schauplatz Paris begeistert mit der Atmosphäre dieser Zeit und macht das Buch in diesem Punkt zu einem Vergnügen.

Fazit: Wunderbar zu lesender Roman, der stimmungsvoll und lebendig mit literarischer Atmosphäre und historischem Hintergrund überzeugt, während gefühlvolle Chancen und Spannung auf der Strecke blieben.

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Veröffentlicht am 19.08.2022

Spannende mediale Inszenierung in kleinem Kreis

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. (Die Emer-Murphy-Serie 1)
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Poppy ist ein Kinderstar auf Instagram. Ihre Eltern profitieren von der Berühmtheit ihrer Tochter durch Werbedeals und veröffentlichen ihre Kindheit schonungslos im Internet. Dabei gibt es auch Kritik, ...

Poppy ist ein Kinderstar auf Instagram. Ihre Eltern profitieren von der Berühmtheit ihrer Tochter durch Werbedeals und veröffentlichen ihre Kindheit schonungslos im Internet. Dabei gibt es auch Kritik, dass Poppy nicht normal und sicher aufwachsen kann. Erst als ein Stalker in ihr Leben tritt und Poppy entführt wird, tun sich Abgründe auf, die zuvor verborgen waren und ihre Mutter Lotte, muss sich ihre Vergangenheit stellen.

Erzählt wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der Ermittlerin Emer Murphy, Poppys Mutter Lotte Wiig und deren Schwiegermutter Marie Wiig. Der Entführungsfall entwickelt sich langsam und bleibt bis zum Schluss unvorhersehbar. Gut platzierte Hinweise und Ermittlungserfolge, ergeben ein stimmiges Bild. Das ganze wird abgerundet mit Kommentaren auf dem Blog und im Pädophilenforum. Private Details der Figuren machen die Story langatmig, besonders wenn es um den Schicksalsschlag und die Medikamenteneinnahme von Emer Murphy geht. Das strapazierte meine Geduld, die aber schlussendlich mit einigen überraschenden Wendungen und einem überzeugendem Ende belohnt wurde.

Fazit: Eine entwicklungsreiche Story, die Geheimnisse und Traumata entblättert, während die Gefahren medialer Präsenz von Kindern, die keine Chance haben, sich dagegen zu entscheiden, aufgezeigt werden. Entwickelt sich langsam, überzeugt aber mit wendungsreichem Finale.

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Veröffentlicht am 19.08.2022

Charakterstudie eines Paares

Sanfte Einführung ins Chaos
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Marta und Daniel sind seit zwei Jahren ein Paar und teilen sich seit zwölf Monaten eine Wohnung in Barcelona. Ihre noch junge Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt, als Marta ungewollt schwanger ...

Marta und Daniel sind seit zwei Jahren ein Paar und teilen sich seit zwölf Monaten eine Wohnung in Barcelona. Ihre noch junge Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt, als Marta ungewollt schwanger wird und einen Schwangerschaftsabbruch plant.

Der Roman begleitet Daniel und Marta sechs Tage und gewährt detaillierte Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt, geprägt von Erinnerungen und Vorstellungen, Reaktionen von Freunden und Familie. Die spanische Autorin Marta Orriols schafft es, trotz distanzierter Schreibweise, eine zarte Tiefe entstehen zu lassen, ohne sich im Chaos der aufwühlenden Situation zu verlieren. Sie zeichnet ein stimmungsvolles Bild einer starken Frau, die für eine Generation der Selbstbestimmung steht und auch ihre Ängste einfängt.

Marta macht sich die Entscheidung nicht leicht, aber zeigt Entschlusskraft. Sie wünscht sich eine Karriere in Berlin und bringt weitere nachvollziehbare Argumente, die aktuell gegen ein Baby sprechen. Dabei spielt die Autorin mit egoistischen Motiven und gesellschaftlichen Konventionen. Mutter zu sein, kann sie sich nicht vorstellen, sie hat Angst und Schuldgefühle. Marta entscheidet mit dem Kopf, während Daniel die Situation emotional betrachtet und mit Wehmut an seine Kindheit und den Verlust des Vaters denkt. Es fällt beiden schwer in Worte zu fassen, was sie umtreibt, worin für mich die Schwäche des Romans liegt. Das Ende ist passend und obwohl es keine nennenswerte Höhepunkte gibt, bleibt man bis zum Ende dran. Das liegt sicherlich am niveauvollen Schreibstil, der treffsicher, klug und einfühlsam ist.

Ein minimalistisches Werk, das sich hingebungsvoll einem aktuellem Thema widmet und die Auseinandersetzung mit einer ungewollten Schwangerschaft darleget und das Gefühl einer ganzen Generation einfängt.

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Veröffentlicht am 16.04.2022

Mehr Fiktion als Tatsachenbericht über die Bootsfahrt

Der Flussregenpfeifer
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"Der Flussregenpfeifer" greift eine wahre Geschichte auf: 1932 beginnt der Abenteurer Oskar Speck seine unglaubliche siebenjährige Reise in einem Faltboot. Ein Roman über das Scheitern, ungebrochenen Ehrgeiz ...

"Der Flussregenpfeifer" greift eine wahre Geschichte auf: 1932 beginnt der Abenteurer Oskar Speck seine unglaubliche siebenjährige Reise in einem Faltboot. Ein Roman über das Scheitern, ungebrochenen Ehrgeiz und große Herausforderungen, der ein paar wahre Begebenheiten mit viel Fiktion vermischt. Zu Beginn erfahren wir auch, wie Oskar sich auf diese Tour vorbereitet, Eckdaten seiner Unternehmung festlegt und was ihn überhaupt dazu bewogen hat, sich dieser Herausforderung zu stellen. "Je weiter ich komme, desto weiter möchte ich.“ 
Die Gestaltung des Buch ist sehr ansprechend: handschriftlicher Tagebucheintrag, kunstvolle Illustrationen, Routenplan, Fotos und ein abenteuerliches Cover, das möglicherweise zu trügerische Vorannahmen verleitet. "Der Flussregenpfeifer“ ist kein Tatsachenbericht - wenn auch umfangreich recherchiert -, sondern eine Geschichte, die Oskar Specks Reise zwar aufgreift, aber zur Nebenhandlung degradiert, Geschichten darum herum spinnt und sich kreative Freiheiten nimmt. Dabei fordert Tobias Friedrich die volle Aufmerksamkeit seiner Leser*innen, denn mehrere Erzählstränge, teils wahre Nebenfiguren, Dialoge, Zeitsprünge und der ständige Ortswechsel vordern einem einiges ab, um nicht völlig verwirrt auf der Strecke zu bleiben. Der Schreibstil ist flüssig und die Schrift angenehm groß. Gut zu Wissen für alle, die bei dicken Wälzern eher abgeschreckt sind, sich aber durchaus für das Buch interessieren.
Wie man nun vermuten könnte, ist Oskar als Held der Geschichte zu oberflächlich geraten. Man erfährt einfach zu wenig über die Hauptfigur und seine Gefühlswelt. Ich hätte mir einen stärkeren Fokus auf die Bootsfahrt gewünscht, wie es Klappentext und Cover vermuten ließen, um seine Abenteuerlust und Faszination tiefgreifender nachvollziehen zu können. Mich hätte beispielsweise interessiert, wie er mit Herausforderungen umgegangen ist und sich unterwegs versorgen konnte. Spannende Fragen, die nicht aufgegriffen werden. Das Ende hatte seine Höhepunkte und auch im Verlauf der Geschichte gibt es spannende und inspirierende Textstellen, die mir gefallen haben.
Insgesamt ein durchschnittlicher Roman, beim dem man zwar seinen Fokus verschieben muss, um unvoreingenommen den Unterhaltungswert genießen zu können, der aber handwerklich und gestalterisch auch überzeugen kann.