Eine gelungene und facettenreiche Protagonistin!
Das Damengambit"And what did being women have to do with it? She was better than any male player in America. She remembered the Life interviewer and the questions about her being a woman in a man’s world. To hell with ...
"And what did being women have to do with it? She was better than any male player in America. She remembered the Life interviewer and the questions about her being a woman in a man’s world. To hell with her; it wouldn’t be a man’s world when she finished with it.“ (S. 185)
Mit „The Queen’s Gambit“ hat Walter Tevis ein kraftvolles und nachwirkendes Buch geschaffen. Obwohl ich zwar mit den Regeln und Spielfiguren des Schachspiels vertraut bin, so spiele ich es nicht und beschäftige mich im Alltag nicht wirklich mit dieser Disziplin. Doch der Autor hat es gekonnt geschafft, die Partien packend und anschaulich zu gestalten.
Das Cover: Die englische Ausgabe hat die Schachfelder auf einem roten Untergrund aufgegriffen und auf diesen die wichtigen Elemente der Geschichte abgebildet. Doch auch das alternative Cover, auf welchem Anna Taylor-Joy vor einem Schachfeld sitzt und die betrachtende Person eindringlich und auffordernd ansieht, ist gelungen.
Die Handlung: Mit acht Jahren kommt Beth in ein Waisenhaus, nachdem ihre Mutter bei einem Autounfall verunglückte. In der Schule unterfordert, ruhig gestellt mit grünen Pillen von den Mitarbeitenden, entdeckt sie eines Tages in ihrem recht tristen Alltag im Keller einen Mitarbeiter, der stetig vor einem ihr noch nie zuvor gesehenen Spielbrett sitzt und Figuren hin und her bewegt. Ihre Neugier wird geweckt und die nächsten Jahre wird ihr immenses Talent auch international entdeckt. Doch Schicksalsschläge und der Druck von außen werden ihr langsam zum Verhängnis…
Meine Meinung: Jedes Mal aufs Neue wurde ich positiv überrascht, wie packend diese Geschichte erzählt wird, obwohl überwiegend Schachpartien und Strategien besprochen werden. Walter Tevis schafft den perfekten Spagat zwischen Schach und alltäglichen Problemen, mit welchen Beth zu kämpfen hat, auch wenn es gegen Ende etwas repetitiv wurde. Die erste Hälfte des Buches war in meinen Augen deutlich stärker, doch das ist nur mein Empfinden. Die Portionierung der Themen ist ansonsten sehr ausgeglichen und regt zum Nachdenken an. In einer Sportart, die von Männern dominiert wurde, musste Beth nicht nur auf ein dreifaches ihr Talent unter Beweis stellen, sondern sich auch tagtäglich den Vorurteilen stellen. Bei Interviews ständig auf ihr Geschlecht reduziert, bekommt sie wenig Fragen zu ihrer eigentlichen Leidenschaft gestellt, im Gegensatz zu ihren männlichen Gegnern. Das Buch hatte viele feministische Handlungsstränge, die mir sehr gut gefallen haben. Gleichzeitig merkt man jedoch an manchen Stellen, dass das Buch bereits einige Jahre alt ist (Erscheinungsjahr: 1983), aufgrund der Nutzung des N-Wortes. In einer Szene beleidigt Beth in jungen Jahren Jolene – eine Woman of Colour - im Waisenhaus mit eben diesem Wort. Auch gibt es eine übergriffige Szene, die jedoch wenig bis gar nicht kritisiert wird.
Die Charaktere: Beth war eine vielschichtige und authentische Protagonistin. Ihren Werdegang zu beobachten, die Hürden und Tiefpunkte – alles gehörte mit dazu und brachte sie mir nur näher. Ihre Willensstärke und der unzerstörbare Ehrgeiz haben sie wirklich sehr sympathisch gemacht. Eine gelungene Protagonistin!
Fazit: Aufgrund repetitiver Handlungsstränge in der zweiten Hälfte, vergebe ich hier 4/5 Sternen. Die Geschichte und besonders Beth haben mir zugesagt, weswegen ich hier eine Leseempfehlung ausspreche. Nun werde ich definitiv die Serie anfangen!