Profilbild von Miss_Page-Turner

Miss_Page-Turner

Lesejury Star
offline

Miss_Page-Turner ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Miss_Page-Turner über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.01.2018

Habe ich das nicht schonmal gelesen?

Schnee wie Asche
0

Auf dieses Buch hatte ich richtig Lust es zu lesen. Kein Wunder, bei diesem schönen Cover. Doch wo das Cover aus der Masse heraussticht und mich begeistert, da schwächelt leider der Inhalt und mal wieder ...

Auf dieses Buch hatte ich richtig Lust es zu lesen. Kein Wunder, bei diesem schönen Cover. Doch wo das Cover aus der Masse heraussticht und mich begeistert, da schwächelt leider der Inhalt und mal wieder bin ich leider nicht ganz so begeistert wie der Großteil der anderen Leser.

Die grobe Handlung von Schnee wie Ache ist schnell erzählt. Wir befinden uns in Primoria, dass unterteilt ist in 4 Jahreszeiten Königreiche, in denen jeweils nur eine Jahreszeit herrscht, da sie sich auf einem Quell von Magie befinden und 4 Rhythmus Königreiche, die weiter abseits liegen und dadurch alle Jahreszeiten im Jahr durchlaufen. Protagonistin Meira ist Winterianerin. Ihr Heimatland ist vom tyrannischen König von Frühling eingenommen worden und Meira, plus ein paar weitere Flüchtlinge zu denen auch der Thronerbe gehört, kämpfen darum ihr Königreich zurück zu erobern.

Das Spiel mit den Jahreszeiten ist beliebt in der Jugendbuch/Fantasy Szene. Die Idee, dass es magische Länder gibt, in denen jeweils eine Jahreszeit herrscht ist ebenfalls recht bekannt. Das allein ist ja noch nichts Schlimmes. Man kann ja das Rad nicht neu erfinden und es kommt auf die Umsetzung an. Doch leider haben wir es hier zusätzlich mit einem recht gängigen Plot zu tun: Die Protagonistin fühlt sich rastlos und unvollständig, einen bösen Tyrann gilt es zu bekämpfen, dazu muss ein magischer Gegenstand gefunden werden. Am Ende stellt sich natürlich heraus, dass die Protagonistin natürlich etwas ganz Besonderes ist. Fühlte sich alles nach „Schon mal gelesen“ an.

Diese absolute Durchschnittlichkeit setzt sich auch in den Charakteren fort, die praktisch alle gängigen Fantasy Klischees erfüllen.

1. Das Waisenmädchen
Meira ist ein Waisenmädchen, fühlt sich unvollständig und will unbedingt ihren Wert beweisen. Im laufe der Handlung stellt sich raus, dass sie ja eine sooo special snowflake ist (hihi, schlechter Wortwitz). Das nervige daran ist, dass man als Leser bereits nach drei Kapitel weiß was mit ihr ist, sie selbst es aber erst ganz am Ende rausbekommt. Die Autorin gibt hier keine subtilen Hinweise, sondern winkt gleich mit dem ganzen Zaun. Nebenbei, fällt keinem anderen auf, wie dämlich Meiras Waffe ist? Sie benutzt ein Chakram, eine Art metallene Frisbeescheibe die als Wurfwaffe dient. Da hat wohl jemand zu viel Xena, die Kriegerprinzessin geschaut. Diese Waffe gibt es zwar in Indien wirklich, aber so wie sie hier beschrieben wird macht sie gar keinen Sinn. Denn das Ding ist kreisrund messerscharf geschärft und Meira packt es einfach und wirft es? Wie zum Teufel soll das funktionieren ohne sich die Hand aufzuschlitzen?

2. Der General
Klassischer Fall von harte Schale, weicher Kern. Der typische grimmige Mentor. Mehr gibt e zu ihm nicht zu sagen.

3. Prinz/König Nr.1 aka Love Interest 1
Zukünftiger König, hat an der Last der Verantwortung zu kämpfen. Liebt das Waisenmädchen aber darf natürlich nicht mit ihr zusammen sein.

4. Prinz Nr.2 aka Love Interest 2
Der gutmütige Prinz, der lieber dem Palast entfliehen würde und insgeheim total dichterisch und verträumt veranlagt ist, doch von seinem Daddy zum König erzogen wird und sich eingeengt fühlt.

Wie man sieht beleibt also auch das obligatorische Liebesdreieck nicht aus und es bietet alles was Liebesdreiecke zu unausstehlich machen: Die Herren fechten einen kindischen Eifersuchtsstreit aus, Die Prota will ja das alle gar nicht und es ist ja ach voll schrecklich, dass ich zwei Prinzen um sie kloppen. Entscheiden kann sie sich selbstverständlich nicht. Beide sind ja so super heiß und voll lieb.
Alles in allem bietet kein Charakter wirklich Spannung oder einen interessanten Charakterentwurf. Sie sind zwar weder schlecht, noch nervig, aber eben so durchschnittlich, dass sie mir nur ein müdes Gähnen entlocken konnten.

So harsch sich meine bisherigen Worte auch anhören. Bis hier hin hätte ich noch ganz gut Gefallen an dem Buch gefunden und wahrscheinlich 4 Dreiecke vergeben, wenn die Handlung wenigstens spannend gewesen wäre.

Das ist sie jedoch nur mäßig. Wie bereist erwähnt ist vieles vorhersehbar und die großen geheimnisse hat man schnell raus, während sich deren Aufdeckung im Buch zieht wie Sirup.
An vielen Stellen ist die Handlung leider auch unlogisch. Oft greift die Autorin vor, macht seltsame Sprünge und lässt Meira zu Erkenntnissen kommen, die sie mit ihren derzeitigen Informationen gar nicht haben dürfte. Auch geht vieles einfach zu glatt. Ein General der feindlichen Armee durchsucht seine Gefangene nicht auf Waffen und setzt sie einfach auf ein Pferd? Noch dazu packt er den Gegenstand den er unbedingt schützen soll einfach so in seine Satteltasche? Und ein König plaudert Wildfremden Leuten nebenbei all seine Pläne und Ziele aus. Vieles wird sich so zurechtgebogen wie es halt gerade gebraucht wird, ohne Rücksicht auf Logikfehler oder unrealistisches Verhalten.

Die Autorin erwähnt in ihrer Widmung, dass sie den ersten Entwurf mit zwölf geschrieben hat. Ehrlich gesagt wirkt das ganze Buch so, als sei es seitdem nur unwesentlich überarbeitet. Ich hatte an vielen Stellen das Gefühl etwas überlesen zu haben und es wirkte auf mich einfach unausgereift.

Fazit:
Die drei Dreiecke gibt es noch, weil Leser, die im Fantasybereich noch nicht so bewandert, sind sicher ihren Spaß mit diesem Buch haben werden. Für routinierte Leser dieses Genre, wie mich, kann ich es aufgrund seiner Vorhersehbarkeit, den flachen Klischeecharakteren und der Unausgereiftheit an vielen Stellen, nicht empfehlen.

Veröffentlicht am 22.04.2023

Zerschnippelte Antigone

Die Unheimlichen: Antigone
0

Im Januar 2022 las ich ja die Antigone Adaption aus der Mythen der Antike Reihe und war schwer begeistert. Daher war ich sehr neugierig, als ich diese weitere Comicadaption der Tragödie entdeckte und war ...

Im Januar 2022 las ich ja die Antigone Adaption aus der Mythen der Antike Reihe und war schwer begeistert. Daher war ich sehr neugierig, als ich diese weitere Comicadaption der Tragödie entdeckte und war gespannt, wie jemand anderes den Stoff adaptiert.

Die Märtyrerin und der Tyrann
Antigone gegen Kreon. Die heldenhafte und edle Märtyrerin gegen den bösen bösen Mann, äh, Tyrann, äh ach egal, wird hier sowieso beides gleichgestellt. Das ist im Grunde die gesamte Zusammenfassung dieser Adaption. Auf den gerade mal 64 kleinformatigen Seiten ist jedoch nicht viel Platz, um dieser Tragödie den nötigen Raum zu bieten, daher wird gnadenlos gekürzt. Das Erste, was dem Rotstift zum Opfer fällt, ist das Ende, pff wer braucht das auch schon. Lieber einfach genau da aufhören, wo man den größten (Blut)Schocker schildern kann, das muss reichen. So, wo können wir noch kürzen? Ah ja, die Einsicht Kreon, dass er falsch lag. Männer Tyrannen sind pööse, die sehen gar nichts ein, also weg damit.

Und so geht es immer weiter. Sophokles Werk wird gestaucht, zusammen geschnippelt, gekürt und vor allem vereinfacht. Was im Original ein Konflikt auf mehrere Ebenen ist, nämlich göttliches Recht gegen weltliches Recht, Verpflichtung gegenüber dem Blut gegen Verpflichtung gegenüber dem Staat/der Gemeinschaft, Rebellion gegen Gesetz, weiblicher Widerstand gegen männliche Herrschaftsansprüche, wird in dieser Comicadaption lediglich auf letzteres reduziert. Kreon wird zum absoluten Feindbild erklärt, Antigone hingegen verklärt. Das vereinfach das Ganze meine Meinung nach viel zu sehr und raubt dem Stück auch den Charakter einer Tragödie.

Versteht mich nicht falsch, ich finde es durchaus ok, klassische Stücke zu modernisieren und den Fokus auf die weibliche Perspektive zu legen finde ich sogar richtig klasse, trotzdem muss man sich meiner Meinung nach mit dem Original beschäftigen und diese Auseinandersetzung hat in meinen Augen hier nicht stattgefunden. Als Beispiel, was ich genau meine, könnte man kurz Madeline Miller betrachten. Sie stellt auch weibliche Figuren der Mythologie in ein neues Licht und hinterfragt patriarchale Strukturen, aber nicht, indem sie einfach die Hälfte des Stücks/des Mythos ignoriert, sondern indem sie Vorhandenes weiterdenkt und vertieft. Sie erweitert die Handlung, statt sie herunterzubrechen, wie es bei dieser Adaption geschehen ist.

Was mir gut gefallen hat, um diese Rezension auch mit was Positivem zu beenden, war die grafische Ausarbeitung des Comics. Besonders der gezielte Einsatz von rot in dem ansonsten schwarzweiß gehaltenen Comic war sehr stimmig und auch die Figuren mochte ich, da sie trotz des recht einfachen Stils überraschend ausdrucksstark wirkten.

Fazit:


Die Adaption von Sophokles Antigone konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen. Die Tragödie wird drastisch gekürzt, die verschiedenen Ebenen des Konflikts auf eine plumpe Art runtergebrochen und auf “Männer sind böse Tyrannen” reduziert. Einen Punkt gibt es noch, weil prinzipiell die feministische Interpretation des Mythos eine völlig legitime und gerechtfertigte Betrachtung ist, wenngleich sie hier mangelhaft ausgeführt wurde und den anderen gibt es für die die doch stimmige visuelle Darstellung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.04.2022

Nicht sehr subtiler Versuch eines "tiefgründigen" Werkes

Sandburg
0

Dieser Comic wanderte auf meine Leseliste, weil ich den Trailer von dem Film OLD gesehen hatte, und dieser mich sehr neugierig machte. Und ganz getreu dem obersten Gebot für Bookies: “The book comes first!”, ...

Dieser Comic wanderte auf meine Leseliste, weil ich den Trailer von dem Film OLD gesehen hatte, und dieser mich sehr neugierig machte. Und ganz getreu dem obersten Gebot für Bookies: “The book comes first!”, wollte ich mir natürlich erstmal diese literarische Vorlage zu Gemüte führen. Tja hätte ich es mal nicht getan, denn jetzt im Nachhinein bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob ich den Film schauen will.

Memento Mori, oder so ähnlich
Zuerst einmal hatte ich offenbar die völlig falschen Erwartungen an den Comic. Ich dachte, ich bekomme einen Horrorthriller mit etwas Mystery, sowas, wie eben auch der Filmtrailer suggerierte. Stattdessen bekam ich, ja was eigentlich? Irgendwas zwischen Kammerspiel, Psychothriller und dem Versuch irgendwas ach so metaphysisches zu erschaffen. Der Strand und sein Geheimnis sind nur Kulisse, damit das Autorenduo a) zeigen kann, dass auch in einer Kriese Menschen nur Menschen sind, die oft egoistisch handeln und b) den/die Leser/in ganz in barocker Tradition an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern können. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, warum die Kritiker das so feiern. Beides erscheinen mir wenig innovative Gedankenansätze und die Art wie sie vermittelt werden wirkte auf mich doch eher plump. Es gibt keine raffinierten Dialoge, die die Abgründe der zwischenmenschlichen Beziehungen aufzeigen oder Plottwists, die den/die Leser/in wirklich den Hauch der Vergänglichkeit spüren lassen. Statt mit subtilen Mitteln, den/die Leser/in zum Nachdenken anzuregen, wird mit dem Vorschlaghammer die Botschaft versucht einzuhämmern, frei nach dem Motto: “Hier die Menschen altern und sterben, das ist es aber tiefgründig, oder? Denk doch mal über Memento Mori nach”.

Und damit der/die Leser/in noch ein bisschen mehr zum knabbern hat, baut man noch ein paar Tabubrüche ein, schockierend, nicht wahr? Ein bisschen nackte Brüste da, eine Nahaufnahme vom Teenager Penis hier und Jugendliche, die vor einer Stunde noch Kinder waren und auch noch deren geistigen Horizont haben beim Sex. Überhaupt dreht sich nach der Darstellung in diesem Comic ab 12 alles nur noch um Sex, Sex, Sex und noch mehr Sex. War das alles für die Handlung nötig? Nein. Lenkt es vom sonst fehlenden Plot ab? Vielleicht.

Denk es dir selber
Wie bereits erwähnt, ist der Strand nur Kulisse. Gebt euch nicht der Hoffnung hin, ihr würde irgendwas über die Ursachen oder Hintergründe erfahren. Das ist nicht wichtig, denn ihr sollte ja über den Sinn des Lebens nachdenken, nicht etwa über sowas Schnödes, wie warum überhaupt auf dem Strand alle altern. Also echt.
Ein paar Seiten müssen aber dennoch gefüllt werden und so wird hin und wieder ein Handlungselement eingebaut, nur um es im nächsten Moment wieder fallen zu lassen, und das Kammerspiel zwischen den Figuren fortzusetzen. Da taucht plötzlich ein Mann auf, wird erschossen, zack auf der nächsten Seite reden niemand mehr darüber. Ich verstehe schon, dass das Autorenduo damit die Wirkung des Zeitraffers, und der rasend schnell verlaufenden Zeit unterstreichen wollten, ich fand es aber nur frustrierend und abgehackt. Das Ende ist dann nur eine konsequente Fortführung des ganzen Comics, aber zu dem Zeitpunkt war mir eh mittlerweile alles egal.

Das Einzige, was mir gut gefallen hat, und was ich hier natürlich nicht unerwähnt lasen möchte, ist, wie Frederik Peeters die Figuren altern lässt. Alle Subtilität, die der Comic sonst missen lässt, findet sich in dieser zeichnerischen Darstellung des Alterns. Zwischen den einzelnen Paneelen sind die Veränderung minimal, doch vergleicht man dann mal Figuren zwischen mehreren Seiten wird der Unterschied sehr deutlich. Das wurde wirklich gut gemacht. Ansonsten ist der rein schwarzweiße Tuschstil sicherlich gewöhnungsbedürftig, aber ok. Hin und wieder gehen Details verloren, weshalb der Comic auch nichts für Einsteiger ist, dafür war die Mimik der Charaktere sehr ausdrucksstark.

Fazit:


Nicht sehr subtil und durch Opferung jeglichen Plots wird hier versucht ein metaphysischen und den Sinn des Lebens hinterfragendes Werk zu erschaffen, in der Hoffnung, die Tabubrüche würden den/die Leser/in schon von den Logikfehlern und den fehlenden Erklärungen ablenken. Tja, der Versuch ging in die Hose, wenn ihr mich fragt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.07.2021

Flach, Fad und voller Logikfehler

Allein durch die Sterne
0

Dieses Buch hat mich weniger vom Cover, als vielmehr vom Klapptext her angesprochen. Ich erhoffte mir eine spannende postapokalyptische (NEIN Piper, das ist KEINE Dystopie, Know Your Terms!) Geschichte ...

Dieses Buch hat mich weniger vom Cover, als vielmehr vom Klapptext her angesprochen. Ich erhoffte mir eine spannende postapokalyptische (NEIN Piper, das ist KEINE Dystopie, Know Your Terms!) Geschichte mit Humor und eine Prise Liebe. Was ich jedoch stattdessen bekam, hat mir leider kaum zugesagt.

Achtung: Diese Rezension enthält Spoiler!!!!
(Das Fazit kann aber gefahrlos gelesen werden)

Jung, dumm und kein Plan
Das Szenario ist schnell erzählt: Alle Menschen auf der Welt verschwinden von der einen Sekunde zur anderen. Nur Protagonistin Ariadne und eben Sanghyun bleiben übrig. Wir haben 99% des Buches genau zwei Charaktere und beide konnte ich nicht leiden. Eine mehr als schlechte Voraussetzung für das Buch. Ariadne war mir schon auf den ersten Seiten sehr unsympathisch. Sie ist ein völlig antriebsloser, langweiliger und reizloser Mensch. Hat keine Ziele Träume oder Wünsch außer, “Nicht tun, was Daddy will”. Es ist ok, in seinen 20er in einer Orientierungsphase zu sein, sich auszuprobieren, Lebenswege zu verwerfen und auf der Suche zu sein. Aber Ariadne ist nicht auf der Suche, sie will nichts und macht einfach nichts, so gar nichts. Dass sie gleichzeitig darüber lamentiert, als Studentin nur eine 40m² Wohnung für sich allein zu haben, machte sie mir noch unsympathischer, denn mal im Ernst, an alle Studenten da draußen, wie viele Leute ohne reiche Eltern kenn ihr, die 40! m² Raum ganz für sich allein ihr Eigen nennen können. Klar sowas sind Kleinigkeiten, führten aber eben nicht dazu, dass ich Ariadne mochte.

Hinzu kommt, dass Ariadne auch nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte ist. Für ihre 20 Jahre hat sie ein wirklich miserables Allgemeinwissen. Das zeigt sich dann überdeutlich, als sie plötzlich auf sich allein gestellt ist und null Ahnung von irgendwas hat. Auch sonst bringt sie keinerlei nennenswerte Fähigkeiten mit, weshalb ich es mit Fortschreiten der Handlung immer schwieriger fand sie zu begleiten, ohne in einem fort genervt aufzustöhnen.

Insgesamt muss man leider auch sagen, dass die beiden Charaktere auch sehr blass blieben. Sie haben kaum Hintergrund und auch keine wirklichen Ziele, Träume, Wünsche etc. Das gilt für Ariadne genauso, wie für Sanghyun, der einfach ein netter kleiner Sunnyboy ist, aber genauso unwissend wie Ariadne, was mitunter schon gefährlich wird: Als Ariadne nämlich, nachdem sie schlechtes Fleisch gegessen hat, Magenprobleme bekommt, sagt Sanghyun: “Ich weiß zwar nicht was du hast. Nimm aber sofort irgendwelche Medizin, egal was!” Ähm ja, ist klar. Es ist ein wahres Wunder, dass keiner von den Beiden Darwin Award mäßig draufgegangen ist.


It’s a Match
Kommen wir zurück zur Handlung. Ich gebe zu, die ersten 30 Seiten in denen Ariadne sich allein in einer menschenleeren Welt bewegt und zwischen Tollerei, Wahn und Verzweiflung schwankt waren noch ganz unterhaltsam, doch damit ist es dann vorbei, sobald sie online auf Sanghyun trifft. Was folgt ist eine Liebesgeschichte im Chat/Skype Style die praktisch genauso auch ohne Apokalypse funktioniert hätte. Statt spannendes Endzeitabenteuer mit einer Prise Liebe, bekam ich Liebestory im Tinderyle mit einer Prise Endzeit. Wenn denn wenigstens der Austausch zwischen den Beiden interessant gewesen wäre, hätte ich es dem Roman ja noch verzeihen können und die Schuld dem Verlag fürs falsche Marketing zugeschoben, aber sie sind es nicht. Der Großteil ist langweiliges Gesülze ohne Tiefe, gepaart mit ein paar ach so witzigen Sprüchen. Schon nach der Hälfte des Buches (ich erinnere, es sind sowieso grade mal 272) habe ich begonnen immer dann vorzublättern, wenn die Beiden sich kontaktieren und ich habe inhaltlich überhaupt nichts verloren, was nur zeigt wie belanglos und inhaltsleer diese Gespräche waren.


Logikfehler wohin man sieht
“War denn wenigstens das Endzeitszenario spannend?”, fragt ihr euch jetzt vielleicht. Naja, nicht wirklich, was vor allem daran lag, dass die Autorin es auf Kosten der Logik ihren Figuren sehr leicht machte. Bis auf eine selbst verursachte Lebensmittelvergiftung und ein paar aggressiven Hunde läuft es eigentlich ganz okay in der Apokalypse. Der Strom ist noch monatelang da und fällt nur vereinzelt aus, ein paar Brände brechen aus, aber auch das vereinzelt. Schon allein diese Schilderung ist völlig unlogisch.

Nehmen wir den Strom. Die meisten Kraftwerke haben einen automatisierten Schutz vor Überspannung der Leitungen, dieser sorgt dafür, dass Kraftwerke vom Netz gehen, sollte genügend Strom bereits vorhanden sein. Da in den Stunden vor dem Verschwinden normal produziert wurde und von einer Sekunde zu anderen der Verbrauch drastisch sank, dürften die meisten fossilen Kraftwerke schon nach einigen Stunden vom Netz gegangen sein. Auch Solar- und Windkraftwerke schalten sich nach einigen Tagen ohne Wartung ab. Nichts da also mit monatelangem Strom oder Handynetz, wie im Buch, den letzteres gäbe es ohne Strom auch nicht mehr
Noch gravierender dürften die Atomkraftwerke sein. Deren Kühlwasser dürfte nach a. einem Monat aufgebraucht sein. Hat das Kraftwerk keinen Schutz für diese Fälle überhitzt der Reaktor und es kommt zum Supergau (vereinfacht gesagt, so geschehen in Tschernobyl), heutzutage haben zwar viele Atomkraftwerke eine Automatik, die in diesem Fall den Reaktor runterfährt, allerdings durch die eben erwähnten Schutz vor Überspannung kann diese gestört werden und es kommt ebenfalls zum Supergau (so geschehen in Fukushima). Lille, die Stadt in der Ariadne lebt, liegt zwischen zwei Atomkraftwerken: Chooz (in Luftlinie ca. 136 km entfernt) und Gravelines (ca. 77 km). Das ist zwar außerhalb der jeweiligen Todeszonen, wenn aber dutzende Kraftwerke in Europa gleichzeitig ihren Gau haben, dürfte trotz der Schutzhüllen der Reaktoren so einiges an nuklearen Material entweichen. Ariadne hätte es also trotz Stromausfall mit einem strahlenden Europa zu und ich bezweifle, dass es in China besser aussähe.

Dann wären da noch die Tiere, auch in Punkt der immer wieder im Roman Erwähnung findet und völlig unrealistisch behandelt wurde. Im Roman sterben nur die Tiere, die gefangen sind. Allem, was sich befreit oder auf einer Weide stand, gehts halbwegs gut. Vom kleinen Terrier bis zum Pony. Tatsächlich wären die kleinen Hunderassen wie Chihuahua, Bulldoggen, Minipudel etc., schon nach kurzer Zeit tot, da sie sich im Kampf um Nahrung mit den größeren Tieren nicht messen könnten.

Und wenn man jetzt sagt “Ja du bist halt ein Nerd, dass du sowas weiß” Nein bin ich nicht. Alles was ich gerade genannt habe beruht auf ca. 30 min Recherche im Internet, mehr nicht. Und wenn ich das schaffe, kann man von einer Autorin ja wohl auch erwarten, wenigstens minimale Rechercheanforderungen zu erfüllen. Zumal im Roman auch so einige Fehler sind, die einfach nur zum Haare raufen sind. So wird zum Beispiel behauptet, man könne erkennen, dass jemand kein naturblondes Haar hat, weil diejenige braune Augen hat. Aha. Es gibt also nur blauäugige blonde Menschen? Das grenzt ja schon an den Quatsch vom Arier Ideal, auch wenn ich in dem Fall der Autorin nichts unterstellen möchte und eher denke, dass das “einfach” eine Ausgeburt von Unwissenheit, oder schlechter Formulierung war. Ich hoffe es zumindest.


Und das Ende vom Lied
Ich fasse also mal zusammen: Wir haben zwei Toastbrot blasse Protagonisten, die in einem unlogischen udn aufgeweichten Endzeitszenario eine 0815 Liebestory ohne Tiefe nachkommen. Als Leser schleppt man sich zwischen Süßholzgeraspel und semigefährlichen Situation dahin, denn a) ist das Buch ja nicht lang und b) will man wenigstens wissen, was mit den Menschen passiert ist und dann kommt das Ende. Ja, was soll ich dazu sagen, außer: Was für eine Zeitverschwendung. (erneute Warnung: Fetter Spoiler:) Am Ende stellt sich nämlich raus, Ätschibätsch ist alles nicht passiert. Die Uhr wird nahtlos zurückgedreht, alle Menschen sind wieder da. Nur Ariadne und Sanghyun erinnern sich an die vermeintliche menschenleere Zeit und lieben sich jetzt natürlich sehr. Wieso weshalb, warum das ganze? Wer weiß. Immerhin werden wir nicht mit einer fadenscheinigen Erklärung abgespeist, die Autorin gibt nämlich einfach gar keine. So kann man es natürlich auch machen … Nicht.

Fazit:


Im ersten Moment dachte ich: “Ok vielleicht sollte ich einfach die Jugendbücher sein lassen, ich bin zu alt dafür” Aber im nächsten dachte ich an zahlreiche Jugendbücher, die mich auch heute noch begeistern und komme zum Schluss, es liegt nicht an mir, sondern diesem Buch. Es ist einfach nicht gut. Zu flach, zu fad und voller Logikfehler. Das einzig unterhaltsame sind die Tiere und die vernünftigsten sind sie auch und das sagt doch schon alles. Ein Punkt gibt’s von mir und einen für den Fall, das ich mich irre und doch einfach nur zu alt dafür bin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.07.2021

Zu wirr, zu belehrend, zu gewollt.

Das Lied der Kämpferin
0

Ich muss zugeben, hier war ich vielleicht ein bisschen Coveropfer. Der Klapptext war zwar interessant, aber nicht super catchy, zusammen mit dem Cover wollte ich das Buch dann aber unbedingt lesen. Durch ...

Ich muss zugeben, hier war ich vielleicht ein bisschen Coveropfer. Der Klapptext war zwar interessant, aber nicht super catchy, zusammen mit dem Cover wollte ich das Buch dann aber unbedingt lesen. Durch das Cover stellte ich mir unter diesem Buch eine PoC Jeanne d’Arc Story im Weltraum vor, das war dann aber nicht ganz das, was ich bekommen habe.

Nichts zum “eben mal durchlesen”
Die Geschichte beginnt in der Raumstation CIEL. Dank der Unverantwortlichkeit des Menschen ist die Erde sang und klanglos untergegangen und die Menschheit fristet nun ihr Dasein in Raumstation, doch das hat seinen Preis, denn durch die erhöhte Strahlung haben sich ihre Körper verändert. Die Haut ist bleich geworden, die Haare ausgefallen und Geschlechtsmerkmale haben sich zurückgebildet, ebenso die Libido. Die Menschen auf CIEL sind daher nun eine androgyne Gruppe, ohne sexuelle Lust, die sich stattdessen einem Körperkult hingibt, der aus bewussten Verätzungen und Einkaukasieren von Texten und Mustern in die Haut besteht.
Eine recht trostlose Ausgangssituation also, der die Autorin, was die Atmosphäre angeht auch völlig gerecht wird. Die Sinnlosigkeit dieser Existenz, die an Zynismus grenzende Absurdität des Ganzen und auch die Trostlosigkeit in diesem schwebenden Metallcontainer bringt die Autorin sehr anschaulich rüber.

Trotzdem fiel mir der Einstieg in das Buch alles andere als leicht. Der Roman ist in drei Teile unterteilt. Im ersten begleiten wir Christine, eine Hautveredlerin. Wir lernen vor allem die Gepflogenheiten und das Leben auf CIEL kennen. Schon auf den ersten Seiten wird klar, dieses Buch kann man nicht in einem Rutsch durchlesen. Yuknavitchs Stil ist geprägt von einer Distanziertheit gepaart mit bewussten zahlreichen Provokationen (insbesondere sexueller Art) und schon philosophisch anmutenden langen Monologen. Das ist nicht ganz einfach zu lesen und bedarf einer gewissen Konzentration. Interessant waren dafür für mich die sozial- und gesellschaftskritischen Aspekte, die die Autorin aufwirft, allerdings war ich mit der Ausarbeitung dieser nicht zufrieden.

Show don’t tell
Das lag vor allem an der Erzählweise der Autorin. Wie bereits erwähnt setzt sie vor allem auf innere Monologe und lässt ihre Figuren viel sinnieren. Die Handlung nimmt erst ab Teil zwei etwas Fahrt auf, aber auch hier finden wir mehr tell, als show Elemente. Das mag natürlich ein legitim gewählter Stilgriff sein, hat mich persönlich aber sehr im Lesefluss gestört und ja, auch gelangweilt.

Ein weiterer Punkt, der mir missfallen hat, ist die Undurchsichtigkeit der Handlung. Durch die immer wieder auftretenden Unterbrechungen der Handlung für philosophische Gedankengänge, gepaart mit wechselnden Erzählperspektiven erscheint manches an dem Roman doch sehr wirr und schwierig zu folgen. Ich hatte oft das Gefühl, dass die Autorin zu viele Themen unterbringen wollte, was zusätzlich den unangenehmen Nebeneffekt hatte, dass vieles an dem Roman sehr gewollt und auch belehrend wirkte. Ich bin sicher es finden sich hier viele Themen und Kritikpunkte, die der Autorin sehr am Herzen liegen und die auch unbestreitbar wichtig sind, doch erscheint es mir nicht zielführend zu sein, diese dem Leser alle zwei Seiten um die Ohren zu hauen.
Alle Charaktere scheinen bemüht, stets bedeutungsvolle und tiefgründige Aussagen zu treffen, was im Endeffekt wenig natürlich und vielmehr literarisch erzwungen wirkt. Mit einer subtileren, anschaulicheren Herangehensweise wäre man hier, meiner Meinung nach, eher beim Leser auf fruchtbareren Boden gestoßen.

Fazit:


Mein Fall war Das Lied der Kämpferin leider überhaupt nicht, zu wirr, zu belehrend, zu gewollt und ja auch ein bisschen fad. Doch ist dies eines jener Bücher, von denen ich glaube, dass ich einfach nur die falsche Leserin bin. Wer ein komplexes Buch mit vielen sozial- gesellschaftskritischen Ansätzen sucht, kein Problem mit einem eigenwilligen, ja an manchen Stellen sogar provokativen Stil hat und sich auch von längeren philosophisch anmutenden Monologen nicht abschrecken lässt, kann gerne zugreifen. Ich denke da vor allem an Fans von “Roter Wolf, schwarzer Leopard”.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere