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Veröffentlicht am 04.06.2017

Jugend, Heimat, erste Liebe und die Schatten der Vergangenheit

Rosalie
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Wirtshaus, Sägewerk, Sportplatz und über allem die katholische Kirche: So sieht die Welt der knapp 100 Einwohner im niederbayerischen Dorf Praam aus. Konstantin, Sohn des Wirts, wächst in den 1980er Jahr ...

Wirtshaus, Sägewerk, Sportplatz und über allem die katholische Kirche: So sieht die Welt der knapp 100 Einwohner im niederbayerischen Dorf Praam aus. Konstantin, Sohn des Wirts, wächst in den 1980er Jahr in diesem beengten Kosmos auf. Für ihn fühlt sich dieses Aufwachsen an, wie ein immer fortwährender Karfreitag. Das äußert sich darin, dass Konstantin nur schwarze Klamotten trägt und die Wände seines Zimmers mit schwarzen Postern beklebt. Aus dieser bleiernen Langeweile wird Konstantin aber eines Tages herausgerissen: die 14-jährige Rosalie zieht mit ihrem Vater von München nach Praam und stellt Konstantins Welt auf den Kopf.

Nach seiner Krimi-Trilogie um die Musikjournalisten Sigi Singer und Max Mandel hat Berni Mayer nun mit „Rosalie“ eine Coming-of-Age-Geschichte in der bayerischen Provinz vorgelegt, die tatsächlich etwas anders ist, als die üblichen Post-Heimatromane, die es sonst so auf dem Markt gibt.

Was zunächst nämlich nach einer typischen Geschichte über das Leben in der bayerischen Provinz, garniert mit einer Jugend-Romanze, aussieht, bekommt bald eine fundamentale Wendung. Beim heimlichen Stelldichein im heruntergekommen Wasserschloss machen Rosalie und Konstantin einen grausigen Fund, der die Verstrickung der alteingesessenen Dorfbewohner in ein sorgfältig verdrängtes NS-Verbrechen offenbart. Und das hat weitreichende Konsequenzen. Gerade diese Mischung aus erstem Verliebt sein, Jugend auf dem Dorf und Umgang mit altem Verbrechen machen die Stimmung des Romans aus – verleihen ihm auch etwas düsteres, bedrückendes, ernüchterndes. Berni Mayer hat seinen Roman selbst als „Southern Gothic“ bzw. „Bavarian Gothic“ bezeichnet und das passt ganz gut, finde ich. Auch seine Figuren sind – zum Genre passend – recht speziell, werden aber mit viel Empathie beschrieben. Ein weiterer Pluspunkt: Mayer beleuchtet in „Rosalie“ die bayerische Provinz zwar kritisch – man hat aber zu keiner Zeit das Gefühl, dass er überheblich von oben herab darauf blickt. Die Geschichte ist aber auch nicht heimattümelnd oder verklärend. Mayer erzählt die Geschichte der beiden Außenseiter Rosalie und Konstantin nüchtern, lakonisch und schnörkellos – trotzdem aber auch zart und mit ganz viel Gefühl zwischen den Zeilen. Ein sehr empfehlenswerter, bodenständiger Roman über Heimat, Jugend, Liebe und die Schatten der Vergangenheit.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Würdige Fortsetzung

City of Ashes
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Der zweite Teil der Chroniken der Unterwelt geht genauso gut weiter, wie der erste Teil angefangen hat. Die Geschichte besticht wieder mit Action, einer guten Portion sarkastischem Humor und detailliert ...

Der zweite Teil der Chroniken der Unterwelt geht genauso gut weiter, wie der erste Teil angefangen hat. Die Geschichte besticht wieder mit Action, einer guten Portion sarkastischem Humor und detailliert ausgebarbeiteten, vielschichtigen Charakteren. Diesmal treten auch die Nebencharaktere noch stärker in den Vordergrund. Auch der Schreibstil ist wieder recht flüssig, angenehm und kurzweilig. Zudem ist der ganze Plot sehr logisch aufgebaut. Nach wie vor gefällt mir sehr gut, dass die Liebesgeschichte – die natürlich in einem Jugend-Fantasy-Buch nicht fehlen darf – sehr zurückhaltend, auf dem Boden geblieben und unaufdringlich erzählt wird. Während es mich im ersten Teil fast noch ein wenig gestört hat, dass Clare so gut wie alle Fabelwesen in eine Geschichte packt, macht das Ganze im zweiten Teil immer mehr Sinn. Zumindest fügen sich die verschiedenen Wesen immer besser in die Handlung ein. Und generell wird jetzt klarer, wohin die Geschichte gehen soll, was ihr roter Faden ist. Im Großen und Ganzen ist City of Ashes eine würdige Fortsetzung, die Lust darauf macht, die Reihe weiter zu lesen.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Guter Reihen-Auftakt

City of Bones
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„City of Bones“ ist ein ganz guter Auftakt einer Jugendbuch-Fantasy-Reihe. Allerdings kann ich den Hype um die Reihe nach diesem ersten Band noch nicht ganz verstehen. Den Einstieg in das Buch fand ich ...

„City of Bones“ ist ein ganz guter Auftakt einer Jugendbuch-Fantasy-Reihe. Allerdings kann ich den Hype um die Reihe nach diesem ersten Band noch nicht ganz verstehen. Den Einstieg in das Buch fand ich schon mal sehr gelungen. Es geht gleich rasant los und der Leser ist gleich mitten drin in der Geschichte und wird sofort mitgerissen. Tatsächlich schafft es Clare auch, dieses Tempo zu halten. Die Geschichte bleibt bis zum Schluss spannend und abwechslungsreich, wird nie ermüdend oder langweilig. Gelungen sind auch die Charaktere. Sie wirken sehr echt, sind vielschichtig und sehr detailliert gezeichnet. Die weibliche Hauptfigur Clary wirkt für ihre 15 Jahre schon recht erwachsen, scheint zu wissen was sie will und ist extrem taff. Das gefällt mir gut. Und ein Lob gibt es auch noch für den Schreibstil: Clare schreibt einfach sehr flüssig und kurzweilig. Die Szenen beschreibt sie so gut, dass man sie bildlich vor Augen hat. Ein wenig sarkastischer Humor an den richtigen Stellen darf natürlich auch nicht fehlen. Vor allem Jace hat immer einen coolen Spruch auf den Lippen. Die Geschichte an sich ist allerdings noch ausbaufähig. Klar, sie ist actionreich, spannend und eine kleine Liebesgeschichte gibt es auch – diese gefällt mir übrigens richtig gut, weil sie nicht im Mittelpunkt steht und nicht so aufdringlich oder schmachtend ist. Aber noch ist mir die Geschichte ein zu großer Fantasy-Mix (erst kämpfen Schattenjäger gegen Dämonen, dann treffen Vampire auf Werwölfe, Hexenmeister gibt es natürlich auch noch und im Fluss tummeln sich Meerjungfrauen). Mir fehlt auch noch ein wenig der rote Faden – geht es hier lediglich um das Thema „Gut gegen Böse“, soll hier das Thema „Religion und Glauben“ eine Rolle spielen? Auf jeden Fall macht aber der erste Band Lust darauf, die Reihe weiter zu lesen. Mal sehen, wie sich die Geschichte weiter entwickelt.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Melancholischer Heimatroman

Rottenegg
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Wer bin ich, wo gehöre ich eigentlich hin und was ist die richtige Richtung für mein Leben? Das sind die Fragen, um die sich Kavkas Roman „Rottenegg“ dreht. Als ich den Klappentext gelesen habe, dachte ...

Wer bin ich, wo gehöre ich eigentlich hin und was ist die richtige Richtung für mein Leben? Das sind die Fragen, um die sich Kavkas Roman „Rottenegg“ dreht. Als ich den Klappentext gelesen habe, dachte ich zunächst ausschließlich an eine humorvolle Satire und/oder eine Abrechnung mit der Medienszene. Kavka schreibt zwar durchaus unterhaltsam, hier und da mit einem sarkastischen Unterton und es gibt auch einige Lacher. An vielen Stellen ist die Geschichte aber auch sehr tiefgründig. Und der Grundton der Geschichte ist fast schon melancholisch und wehmütig. Im Grunde ist „Rottenegg“ ein Sittengemälde einer ewig Party machenden, ewig orientierungslosen, nie erwachsen werden wollenden Generation. Im Roman geht es um Gregor Herzl, 40 Jahre alt und erfolgreicher Moderator beim Musikfernsehen. Nachdem er seinen Job verloren hat, von seiner Freundin verlassen worden ist und nach einigen Partyexzessen abgestürzt ist, flieht er von Berlin in sein oberbayerisches Heimatdorf Rottenegg. In der Heimat will er eine Auszeit nehmen und eine Richtung für sein weiteres Leben finden. Doch diese Auszeit wird anders als Gregor denkt. Denn die Flucht in die Geborgenheit des Elternhauses und somit in die Vergangenheit ist eben nicht die Lösung aller Probleme. Mir hat dieser etwas andere Heimatroman sehr gut gefallen, auch wenn ich das Ende ein wenig überzogen fand. Aber Schreibstil und Plot haben es mir durchaus angetan.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Etwas andere Literaturgeschichte

Frauen und Bücher
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Einem speziellen Teil der Literaturgeschichte – nämlich dem weiblichen Lesen – widmet sich Stefan Bollmann in seinem Buch „Frauen und Bücher“. Jahrhundertelang haben Männer in der Vergangenheit versucht ...

Einem speziellen Teil der Literaturgeschichte – nämlich dem weiblichen Lesen – widmet sich Stefan Bollmann in seinem Buch „Frauen und Bücher“. Jahrhundertelang haben Männer in der Vergangenheit versucht Frauen das Lesen zu verbieten, gerade Unterhaltungsliteratur galt als gefährlich und verpönt. Hinter dem Verbot steckte vor allem die Angst der Männer, dass Frauen durch das Lesen gebildeter und aufgeklärter werden könnten. Wie kamen Frauen zum Lesen, wie bekamen sie Zugang zur Literatur und wie haben Frauen die Literaturgeschichte beeinflusst sind daher die Hauptfragen in diesem Buch.

Das Buch ist in vier Teile gegliedert, die das 18., das 19., das 20 und das 21. Jahrhundert behandeln. Bollmann beginnt seine Ausführungen 1750 mit dem Studienabbrecher Friedrich Gottlieb Klopstock, der die Dichterlesung erfand, als er seine Oden einer Schar junger Frauen Vortrug und dafür Küsse kassierte. Im zweiten Teil konzentriert sich Bollmann vor allem auf schreibende Frauen im 19. Jahrhundert, wie Jane Austen oder Mary Shelly. Im dritten Teil stellt Bollmann hauptsächlich berühmte Leserin des 20. Jahrhunderts vor, man erfährt zum Beispiel welche Lieblingsbücher Marilyn Monroe hatte. Im vierten Teil widmet sich Bollmann modernen Phänomenen wie der Fanfiction.

Bollmanns Schreibstil ist anspruchsvoll, aber durchaus verständlich und es ist ihm gelungen das komplexe Thema „Frauen und Bücher“ sehr anschaulich und auch unterhaltsam darzustellen. Geschichtliche Fakten lockert er gekonnt mit Anekdoten auf. Man darf trotzdem nicht vergessen, dass man es hier mit einem Sachbuch zu tun hat. Ich persönlich kann ein Sachbuch nie in einem Zug durchlesen, sondern lese immer mal wieder ein paar Kapitel und brauche daher für so ein Buch auch länger, als für einen Roman.

Im Großen und Ganzen ist „Frauen und Bücher“ ein sehr gelungenes Sachbuch, das sich einem interessanten Thema widmet. Geeignet ist es vor allem für alle Buchliebhaber und jeden, der sich sehr für Literaturgeschichte interessiert.