Nicht scharfzüngig genug
Erich Honecker, ehemaliger Staatschef der DDR, starb am 29. Mai 1994 in Chile – so glaubt es die Welt. Doch jetzt kam die Wahrheit ans Licht: In Wirklichkeit hat Honecker seinen Tod damals nur vorgetäuscht ...
Erich Honecker, ehemaliger Staatschef der DDR, starb am 29. Mai 1994 in Chile – so glaubt es die Welt. Doch jetzt kam die Wahrheit ans Licht: In Wirklichkeit hat Honecker seinen Tod damals nur vorgetäuscht und lebte bis vor kurzem mit seiner Frau in einem gepflegten Reihenhaus im Stadtteil La Reina in Chile. Das beweisen die geheimen Tagebücher, die Honecker zwischen den Jahren 1994 bis 2015 verfasst hat und die sein ehemaliger Chauffeur Jorge Nicolás Sanchez Rodriguez jetzt veröffentlicht hat. Der Herausgeber und auch die Tagebücher sind natürlich nicht echt. Dahinter stecken der Literaturagent Daniel Wichmann und der Journalist Ralf Heimann. Das Autorenduo versucht mit „Hier ist alles Banane“ etwas, was Timur Vermes vor ein paar Jahren schon mit Adolf Hitler in „Er ist wieder da“ durchgespielt hat: Es geht um die Frage, was wäre, wenn ein diktatorischer, demagogischer Machthaber der Vergangenheit in der heutigen Zeit auftaucht. Stilistisch sind die beiden Werke nicht zu vergleichen. „Hier ist alles Banane“ ist keine Prosa, sondern besteht tatsächlich aus einzelnen Tagebucheinträgen. Darin plaudert Honecker nicht nur über sein Privatleben und weint ein bisschen der guten alten Zeit in der DDR hinterher, sondern kommentiert auch die weltpolitische Lage zwischen 1994 und 2015.
Ein paar Ideen im Buch und ein paar Gedankengänge, die die Autoren Honecker in den Mund legen, sind schon recht amüsant. Besonders lustig ist das Buch vor allem, wenn Honecker seinen Senf zum Weltgeschehen gibt. So könnte sich Honecker den Posten als Staatschef in der Schweiz vorstellen. Dort sei Startkapital vorhanden, nur die ewigen Volksabstimmungen müssten abgeschafft werden. Auch nett ist der unerschütterliche Glauben Honeckers an die Produktivität der DDR. Der Despot Honecker verliert auch ein bisschen an Schrecken, weil ihn die Autoren generell als einen recht dümmlichen Macho darstellen.
Obwohl ich für solche Art von Satire durchaus zu haben bin, hat „Hier ist alles Banane“ bei mir nicht richtig gezündet. Das Buch hat humorige Ansätze, doch schleicht sich manche Länge ein. Manche Anekdote bemüht das Autorenduo auch einfach zu oft, um dann noch darüber lachen zu können. Außerdem war mir das Werk – auch im Vergleich zu „Er ist wieder da“ – nicht scharfzüngig und nicht scharfsinnig genug, um eine rundum gelungene Satire zu sein. Ich konnte auch nicht wirklich etwas aus dem Buch ziehen – bei solchen Satiren erwarte ich aber schon auch, dass der Gesellschaft der Spiegel vorgehalten wird. In der Summe gute Idee, gute Ansätze, aber leider mit ein paar Schwächen in der Umsetzung.