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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2017

Zu leise Töne

Pink Moon
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Diese Rezension muss ich mit einem „eigentlich“ beginnen. Eigentlich mag ich nämlich die Werke von Frank Goosen sehr. Zumindest „So viel Zeit“ und „Sommerfest“ haben mich nur begeistert. „Pink Moon“ hat ...

Diese Rezension muss ich mit einem „eigentlich“ beginnen. Eigentlich mag ich nämlich die Werke von Frank Goosen sehr. Zumindest „So viel Zeit“ und „Sommerfest“ haben mich nur begeistert. „Pink Moon“ hat meinen Geschmack aber so überhaupt nicht getroffen. Goosen erzählt die Geschichte von Felix, der als stiller Teilhaber der Bar „Pink Moon“ seinen Lebensunterhalt verdient. Felix ist ein seelisch angeknackster Typ, der Probleme hat, tiefere Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Diese Probleme rühren daher, weil er seinen leiblichen Vater nie kennengelernt hat und mit einer Mutter aufgewachsen ist, die sich ihr Leben lang die Aufmerksamkeit anderer Männer erkauft hat. Die meiste Zeit beschäftigt sich Felix mit sich selbst, einen Draht scheint er aber zu Menschen zu haben, die die Gesellschaft als nicht ganz normal bezeichnen würde. Goosen schreibt so authentisch und unverblümt, wie man das von ihm gewohnt ist. Allerdings schlägt er in „Pink Moon“ definitiv leisere Töne an als in seinen anderen Werken. Töne, die mir fast zu leise waren. So plätschert der Roman die ganze Zeit vor sich hin – wie auch das Leben des Protagonisten. Darauf, dass auch nur ansatzweise etwas passieren würde, eine Wendung zum Beispiel, wartet man vergebens. Zudem war mir der Protagonist Felix viel zu lakonisch und irgendwie macht er den gesamten Roman keine einzige Entwicklung durch. Letztendlich habe ich mich bis zum Schluss gefragt, worauf die Geschichte hinauslaufen soll und was einen der Autor damit sagen möchte. Nein, dieser Roman war nicht mein Fall.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Haarsträubend und unglaubwürdig

Der Nachtwandler
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Bislang war ich der Ansicht, dass man mit einem Fitzek eigentlich nichts falsch machen kann. Gehört er doch meiner Meinung nach zu den handwerklich zuverlässigsten Thriller-Autoren in Deutschland. Klar, ...

Bislang war ich der Ansicht, dass man mit einem Fitzek eigentlich nichts falsch machen kann. Gehört er doch meiner Meinung nach zu den handwerklich zuverlässigsten Thriller-Autoren in Deutschland. Klar, seine Bücher sind keine Hochliteratur und seine Geschichten sind schon oft ein wenig hanebüchen, aber man bekommt eigentlich immer eine gute, nervenzerreißende Gänsehautgeschichte mit überraschenden Wendungen geboten. „Der Nachtwandler“ nun war allerdings so überhaupt nicht mein Fall und ist das schlechteste Buch, dass ich je von dem Autor gelesen habe. Dabei ist die Idee hinter dem Roman ganz innovativ: Leon Nader ist Schlafwandler. Als Kind wurde er deswegen sogar psychiatrisch behandelt, weil es immer wieder zu gefährlichen Situationen kam. Mittlerweile gilt Leon als geheilt. Doch als seine Frau Natalie eines Tages unter mysteriösen Umständen verschwindet, fürchtet Leon im Schlaf schlimme Dinge getan zu haben. Um die Sache aufzuklären, befestig Leon sich eines Abends eine Stirnkamera an seinem Kopf, um seine nächtlichen Aktivitäten zu überwachen. Als er sich am nächsten Morgen die Bänder ansieht, entdeckt er schockierendes. Die Geschichte ist kurzweilig und temporeich geschrieben und es gibt auch immer wieder die bei Fitzek typischen überraschenden Wendungen. Anfangs fand ich den Thriller sogar noch richtig gut, vor allem auch, weil Fitzek ein paar wissenschaftliche Fakten zu Somnabulie – also Nachtwandeln – einbaut. Toll fand ich es anfangs auch noch, dass der Leser genauso wie Leon irgendwann nicht mehr genau unterscheiden kann, was Traum ist und was Wirklichkeit. Genauso wie Leon hat man das Gefühl, wahnsinnig zu werden. Irgendwann jedoch nehmen die Überraschungen einfach überhand, man hat fast das Gefühl, im Sekundentakt mit neuen mysteriösen Begebenheiten überschüttet zu werden. So richtig gruselig ist es aber auch nicht. Die ganze Geschichte wird irgendwann einfach nur noch ein großes Durcheinander. Richtig schlimm wird es allerdings mit dem Showdown. Das fängt schon damit an, dass Fitzek fast sklavisch versucht alle zuvor aufgeworfenen Fragen zu lösen - das Ganze wirkt einfach sehr lieblos und dahingeklatscht. Auf das Ende kommt man als Leser übrigens garantiert nie – aber nur, weil die Auflösung der Geschichte sowas von den Haaren herbeizogen, unglaubwürdig und himmelschreiend unmöglich ist. Da hat sich sogar Fitzek selbst noch übertroffen. Ich werde Fitzek bestimmt noch viele Chancen geben, „Der Nachtwandler“ kann ich nicht empfehlen.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Viel Tamtam und nichts dahinter

P.S. Ich liebe Dich
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Er war ihr Geliebter, Seelenverwandter, bester Freund. Sie wollte mit ihm zusammen alt werden. Doch jetzt ist Hollys Mann Gerry tot. Er starb an einem Gehirntumor, mit gerade mal 30 Jahren. Holly wird ...

Er war ihr Geliebter, Seelenverwandter, bester Freund. Sie wollte mit ihm zusammen alt werden. Doch jetzt ist Hollys Mann Gerry tot. Er starb an einem Gehirntumor, mit gerade mal 30 Jahren. Holly wird kaum mit diesem Schicksalsschlag fertig. Dann bekommt sie von ihrer Mutter ein Päckchen mit Briefen. Zehn Stück an der Zahl, jeden Monat darf sie einen öffnen. Es sind Briefe von Gerry, die er noch vor seinem Tod geschrieben hat, um Holly über die schwierige Zeit hinweg zu helfen. – Natürlich, die Idee hinter dieser todtraurigen Geschichte ist wirklich grandios und geradezu eine Steilvorlage für tiefe Gefühle, Emotionen und vielleicht auch weise Worte. Nur leider war die Umsetzung ziemlich miserabel. Warum?
1. Die Charakterzeichnung ist einfach nur platt und banal. Das fängt schon mit der äußerlichen Beschreibung der Figuren an (blond, xy cm groß und schlank). Über Holly erfahren wir, dass sie gerne Party macht, shoppt, ständig den Job wechselt und ach ja, gerade sehr traurig ist. Richtig tiefe Einblicke in ihr Innenleben erhält der Leser so gut wie gar nicht. Gerry ist zwar tot, aber immerhin lernen wir ihn in ein paar Rückblicken kennen und es gibt ja auch noch die Briefe. Doch außer, dass er wohl unglaublich witzig und gutaussehend war, erfahren wir nichts über ihn. Warum hat er seiner Frau das geschrieben, was er geschrieben hat? Warum schickt er sie zu einem Karaoke-Wettbewerb, auf dem sie sich nur blamieren kann? Das restliche Romanpersonal könnte klischeehafter nicht sein: Da haben wir alles von der loyalen besten Freundin über den schwulen Friseur bis hin zur chaotischen kleinen Schwester.
2. Stilistisch ist der Roman einfach nur grauenhaft. Die Ausdruckweise ist holprig und plump, die Dialoge geistlos und abgedroschen. Momente tiefer Trauer? Fehlanzeige. Hoffnung zwischen den Zeilen? Nicht vorhanden. Tiefgang? Auf gar keinen Fall.
3. Die Geschehnisse werden einfach nur sehr oberflächlich dargestellt, viele Szenen sind für die Handlung total irrelevant und werden so austauschbar (z.b diese ganze Girls-and-the-City-Episode).

Die eigentliche Kunst der Autorin ist, dass sie ein Grundthema für ihr Buch gefunden hat, das auch funktioniert, wenn nur wenig schriftstellerisches Können vorhanden ist. Ja, auch mir hat die Geschichte Tränen in die Augen getrieben. Aber nicht, weil die Geschichte besonders emotional oder feinfühlig geschrieben ist, sondern einfach nur, weil wahrscheinlich jeder weinen muss, wenn er sich vorstellt einen geliebten Menschen zu verlieren.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Misslungene Darstellung einer Epoche

Tanz des Vergessens
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Bohéme, Zwanzigerjahre und Zeit zwischen den Weltkriegen: Das waren die Schlagworte, die mein Interesse für diesen Roman geweckt haben. Leider hat sich die Lektüre für mich aber nicht gelohnt. Völlig uninspiriert ...

Bohéme, Zwanzigerjahre und Zeit zwischen den Weltkriegen: Das waren die Schlagworte, die mein Interesse für diesen Roman geweckt haben. Leider hat sich die Lektüre für mich aber nicht gelohnt. Völlig uninspiriert versucht Heidi Rehn in ihrem Roman das Porträt einer jungen Generation zu zeichnen, die einerseits noch traumatisiert vom 1. Weltkrieg ist, sich nun aber trotz der schwierigen Situation in Deutschland nach dem Krieg wieder frei fühlen und das Leben genießen will. Bestimmt waren die Zwanzigerjahre eine spannende Zeit, vor allem auch was das gesellschaftliche Leben betrifft: Einerseits ist die wirtschaftliche Situation in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg schlecht, auch die politische Situation im Land ist instabil. Trotzdem ist da aber auch der Hunger nach Leben. Diese Epoche darzustellen beziehungsweise das Gefühl, das zu jener Zeit geherrscht haben muss, zu transportieren, schafft Rehn meiner Meinung nach nicht richtig. Das liegt am Aufbau der Geschichte, der stark etwas von einer Soap Opera hat. Aber vor allem an der Protagonistin. Lou ist in ihrer ganzen Art ungeeignet, um für die Generation zwischen den Weltkriegen zu stehen. Gleich am Anfang der Geschichte stirbt ihr Verlobter – das ist tragisch. Von da an hängt sie mit halbseidenen Personen herum, stolpert durchs schlüpfrige Münchner Nachtleben, lässt sich von einem älteren Herrn aushalten und stößt ihre Freunde vor den Kopf. Man fragt sich am Ende: Was soll das? Was will diese Lou? Obwohl es im Roman recht wild zugeht, fehlt es zudem an Emotionen. Ziemlich kurz kommt auch der historische Hintergrund. Einen kleinen Pluspunkt gibt es für Rehns leichten Schreibstil: So lässt sich die Geschichte wenigstens recht flüssig weg lesen. Nein, dieser Roman war leider nicht mein Fall.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Nah an der Grenze zum Nackenbeißer

Flamme von Jamaika
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Rote Blütenblätter, ein halbnacktes Paar in leidenschaftlicher Umarmung – so präsentiert sich das Buchcover von „Flamme von Jamaika“ und gibt auch schon gleich mal einen Vorgeschmack auf das, was einen ...

Rote Blütenblätter, ein halbnacktes Paar in leidenschaftlicher Umarmung – so präsentiert sich das Buchcover von „Flamme von Jamaika“ und gibt auch schon gleich mal einen Vorgeschmack auf das, was einen im Buch erwartet. Denn der historische Roman von Martina André bewegt sich schon sehr nah an der Grenze zum Nackenbeißer: Wir schreiben das Jahr 1831 und treffen auf die deutsche Kaufmannstochter Helena Huvstedt, sehr hübsch, sehr blond, sehr naiv. Ihr Vater ist auf der Suche nach einem geeigneten Ehemann für sie und die Wahl fällt auf Edward Blake, einziger Erbe eines reichen Plantagebesitzers auf Jamaika. Weil Edward äußerst attraktiv ist und weis, wie man junge, unerfahrene Mädchen bezirzt, verfällt ihm Helena sofort und kann es gar nicht mehr erwarten, die Schiffsreise auf die Karibikinsel anzutreten, um dort seine Frau zu werden. Auf Jamaika angekommen, merkt Helena aber schon bald, dass Edward eigentlich ein ziemlicher Gewalttäter und Egoist ist. Vor allem, wie er mit seinen Sklaven umgeht, macht Helena fassungslos. Als sie versucht, zu fliehen, gerät sie in die Fänge einer Rebellenorganisation. Denn auf der Insel geht es gerade ziemlich rund: Jamaika steht kurz vor einem Sklavenaufstand. Auch Rebellenanführer Jess ist natürlich ein Bild von einem Mann, muskelbepackt, langhaarig, geheimnisvoll und auch noch gebildet – ein echter Revoluzzer eben. Und wie soll man es auch anders erwarten: Helena und Jess verlieben sich unsterblich ineinander. Wer also zu diesem Roman greift, muss sich schon auf eine große Portion Drama und Leidenschaft gefasst machen.

Ein weiteres Nackenbeißer-Indiz: Die Charaktere sind extrem schwarz/weiß gezeichnet: Entweder sind sie die größten Scheusale oder Engel auf Erden. Zwischendurch geizt die Autorin nicht mit Sexszenen, bei denen sie sprachlich fast schon ins pornöse abdriftet.

Man wird es ahnen: So ganz mein Fall war diese Liebesschmonzette nicht. Dennoch muss ich zugeben, dass mich der Roman gerade am Anfang doch auch auf gewisse Weise unterhalten hat. Historische Grundlage für den Roman ist der Weihnachtsaufstand der Sklaven auf Jamaika im Jahr 1831 unter der Führung von Samuel Sharpe. Über diesen Freiheitskampf der Sklaven erfährt man einiges und generell bringt Martina André die Lebensumstände der Sklaven und auch die Grausamkeit der Sklavenhalterei recht gut rüber. Ränkespiele, Voodoo-Zaubereien und eben die leidenschaftliche Liebegeschichte machen die Geschichte zeitweise recht spannend und man beginnt irgendwann schon ein bisschen mit Helena und Jess mit zu fiebern. Zum Ende hin waren mir die an den Haaren herbeigezogenen und telenovelaartigen Wendungen sowie das ewige Liebesgeturtle dann aber doch etwas zu viel des Guten und ich hab die letzten Seiten dann nur noch überflogen. Im Großen und Ganzen ist dieser Roman nichts, was ich nochmal lesen würde. Wer auf der Suche nach einer spannenden Schmonzette ist, die vor exotischer Kulisse spielt, kann mal einen Blick auf diesen Roman werfen.