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Veröffentlicht am 26.04.2022

Ein humorvoller Ausflug in eine alles andere als unbeschwerte Kindheit

Strahlemann
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Der bekannte Moderator Fritz Schäfer zeichnet in seinem autobiographischen Werk "Strahlemann" für ich wichtige Stationen vor allem aus seiner Kindheit und Jugendzeit auf. Assoziiert man mit dem Titel zunächst ...

Der bekannte Moderator Fritz Schäfer zeichnet in seinem autobiographischen Werk "Strahlemann" für ich wichtige Stationen vor allem aus seiner Kindheit und Jugendzeit auf. Assoziiert man mit dem Titel zunächst einmal eine schöne und unbeschwerte Kindheit, so eröffnen sich bereits nach wenigen Seiten ganz andere Lebensumstände, die die alles andere als strahlend waren.
Aufgewachsen mit seiner gehandicapten Schwester bei der alleinerziehenden Mutter wird Fritz schon sehr früh mit Alltagsproblemen konfrontiert, die man zum einen keinem Kind zumuten möchte und die er dank seines großen Herzens, vor allem seiner Aufgeschlossenheit und Liebe den Familienangehörigen, allen voran seiner Schwester, und seiner Kämpfernatur und Offenheit auf interessante und berührende Weise zu meistern wusste.
Ein flüssiger, eingängiger und mitreißender Schreibstil lassen schon schnell ein- und abtauchen und dank des chronologischen Aufbaus des Buches wächst man gleichzeitig mit dem Autor heran. Man lernt die Menschen, die ihn prägten, aber auch die Einflüsse, die verarbeitet werden mussten, kennen. Dabei wird auch nicht davor zurückgescheut, gesellschaftliche Vorbehalte und auch Missstände anzusprechen. Dies vor allem in den Abschnitten, die das Verhalten der Mitmenschen gegenüber seiner gehandicapten Schwester gegenüber zum Inhalt haben.
Dabei gelingt es dem Autor zudem meisterhaft, eine Zeit, Menschen und Ereignisse zu beschreiben, die man sehr leicht mit eigenen ganz persönlichen Ereignissen und wichtigen Menschen ergänzen kann. Gleichsam ein Ausflug in die eigene Kindheit, wobei sie sich durchaus von der des Autors unterscheiden kann.
Ein warmherziges, bezauberndes Buch, das sich sehr leicht lesen lässt und bei dem man leider schneller auf der letzten Seite ankommt, als man zu Beginn der Lektüre gedacht und erwartet hat. Am besten liest man es ohne viele Unterbrechungen – einfach, weil es von Anfang an gefangen nimmt und man wissen will, wie es weitergeht.

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Veröffentlicht am 17.12.2021

Familiäre Bande lassen sich nicht so einfach lösen

Wir sind schließlich wer
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Anna von Betteray, mit Mitte dreißig geschieden, im katholischen Glauben erzogen, übernimmt ein einem kleinen Ort am Niederrhein die Vertretung des erkrankten (evangelischen) Pfarrers. Für die Dorfbewohner ...

Anna von Betteray, mit Mitte dreißig geschieden, im katholischen Glauben erzogen, übernimmt ein einem kleinen Ort am Niederrhein die Vertretung des erkrankten (evangelischen) Pfarrers. Für die Dorfbewohner nicht nur auf Grund ihrer adligen Herkunft, sondern vor allem auch wegen ihres Familienstands ein alles anderer als "passender" Ersatz. Dies lässt sie die Haushälterin des abwesenden Pfarrers schon kurz nach ihrer Ankunft deutlich spüren, was Anna aber erst einige Zeit später auffällt.
Neben diesem Erzählstrang, in den bekannte Dorfstrukturen und Verhaltensweisen sehr geschickt und glaubhaft eingebettet sind, erhält man in einem weiteren Erzählstrang Zutritt zur Familie derer von Betteray, wobei eine hervorragende Charakterisierung von Annas Mutter deren Standesdünkel einfach nicht übersehen werden kann. Dabei legt Maria, die nur vier Jahre ältere Schwester von Anna, von klein auf bemüht, der Erwartungshaltung der Mutter inklusive Heirat eines ebenfalls Adligen gerecht zu werden. Dass sie dies nicht nur erfolgreich gemeistert hat und Mutter eines 11jährigen Sohnes geworden ist, täuscht im Laufe der Geschichte nicht darüber hinweg, dass auch bei ihr nicht alles so vollkommen ist, wie sie es nach spiegelt. Dass sich ihr (adliger) Ehemann wegen Steuerhinterziehung rechtfertigen muss passt so gar nicht in ihr Weltbild bzw. entspricht so gar nicht ihrem herablassenden Standesbewusstsein. Dass But dann doch dicker als Wasser ist, zeigt sich in dem zunächst zaghaften Versuch der beiden Schwestern, wieder aufeinander zuzugehen und gemeinsam das nervenaufreibende und belastende Verschwinden von Marias Sohn aufzuklären. Auch stellt sich Anna unterstützend und stärkend an Marias Seite, als sie mit dem nicht unerheblichen Steuerbetrug ihres Ehemannes konfrontiert wird.
Eine ganz besondere, lebenserfahrende und lebenskluge Tante, Großtante Ottilie, trägt mit sehr viel Einfühlungsvermögen und klaren Statements zu Annas psychischem Wohlergehen bei und setzt mit so mancher treffenden Bemerkung amüsante, lebensnahe und lebenstaugliche Akzente im Verlauf der Geschichte. Diese Dame Anfang 90 ist mein ganz persönliches highlight in diesem Roman. Herzerfrischend und doch mit starken und treffenden Bemerkungen – gelungen!
Meine Erwartung auf Grund der kurzen Inhaltsangabe zum Roman, genaueres über die berufliche Tätigkeit Annas und ihre Akzeptanz durch die Bewohner bzw. auch eine mögliche Nichtakzeptanz haben sich leider nicht erfüllt. Das Augenmerk liegt auf der Familie von Beheray und hier im Besonderen in der Auseinandersetzung und auch Aufarbeitung von Annas Vergangenheit. Um dann wieder zu einem guten und freundschaftlichen Verhältnis zu ihrer Schwester zu gelangen. Diese Entwicklung wird unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte gut beschrieben und auch auf Grund des leichten und flüssigen Schreibstils kann man dem Verlauf der Geschichte sehr gut folgen, zumal sie auch einige recht spannende Momente enthält.

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Veröffentlicht am 27.11.2021

Rätselhafte und grausame Ereignisse - Anna und Lazarus ermitteln erneut

Die Begine und der Siechenmeister
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Im zweiten Band um den Mönch und Siechenmeister Lazarus und die junge Begine Anna, stellen nicht nur mysteriöse grausame Ereignisse im Ulm des beginnenden 15. Jahrhunderts eine tragende Rolle, sondern ...

Im zweiten Band um den Mönch und Siechenmeister Lazarus und die junge Begine Anna, stellen nicht nur mysteriöse grausame Ereignisse im Ulm des beginnenden 15. Jahrhunderts eine tragende Rolle, sondern auch das äußerst merkwürdige, kalte und abweisende Verhalten, das Lazarus nach seiner Rückkehr aus Rom Anna gegenüber zeigt.
Anna steht vor einem großen Rätsel, lässt sich doch keine Erklärung für das neue Desinteresse von Lazarus ihr gegenüber finden. Gut, dass ihre Tätigkeit im Spital Ablenkung bietet und zudem Konzentration erfordert. Vor allem der Tod von Gertrud, einer kurz zuvor eingetroffenen schwerkranken Reisenden, deren Betreuung Anna übernommen hatte und die ihre Neugier mit der Frage nach einem bestimmten Mann und einem besonderen Schmuckstück geweckt hat. Nicht nur das Geheimnis um diese unbekannte Tote sondern auch den Tod mehrerer Kinder, die zudem auf grausame Weise verstümmelt wurden.
Erneut gelingt es der Autorin, nicht nur einen detailreichen und informativen Blick in die Stadt Ulm und deren Bewohner gegen Ende des Mittelalters zu werfen. Sondern auch konfrontiert zu werden mit damals üblichen und heute undenkbaren Heilmethoden und der Allmacht der Kirche, mit ihrem großen Einfluss auf die Zivilbevölkerung. Hinzu kommt das wachsende Machtinteresse der neuen und zu Reichtum gelangten Zunftmeister, was nicht ohne Konflikte im städtischen Rat bleibt. All dies in einem leichten und verständlichen Schreibstil zu einem spannenden Roman verwoben. Wobei sich, einem roten Faden gleich, die Beziehung von Lazarus und Anna weiterentwickelt und als überzeugend, realistisch und nachvollziehbar zu bezeichnen ist. Ich mag solche mehrbändigen Romane, in denen auch dem "Privatleben" der romantragenden Hauptfiguren Raum gibt. Ermöglicht dies doch eine Identifikation und eine besondere Realitätsnähe

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Veröffentlicht am 24.11.2021

Aller Anfang ist schwer, vor allem in einem neuen Land

Ein Meer aus Licht und Farben
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Die Autorin, in Deutschland geboren und aufgewachsen, entschließt sich Anfang der 90er Jahre gemeinsam mit ihrem Sohn nach Schweden auszuwandern. Ein Land, das ihr zwar bekannt ist das sie jedoch noch ...

Die Autorin, in Deutschland geboren und aufgewachsen, entschließt sich Anfang der 90er Jahre gemeinsam mit ihrem Sohn nach Schweden auszuwandern. Ein Land, das ihr zwar bekannt ist das sie jedoch noch nie, etwa durch eine Urlaubsreise, persönlich kennengelernt hat. Ihre Erfahrungen des Auswanderungsprozesses, die ersten Schritte in einem Land, dessen Sprache sie zunächst nur rudimentär versteht und spricht.
Sie lässt auf ehrliche und offene Erzählweise teilhaben an dem Entscheidungsprozess, wobei sie auch zur gescheiterten Beziehung zum Vater des gemeinsamen Sohnes eingeht. Für mich von Beginn an bewundernswert ihr Mut, alle Brücken hinter sich abzubrechen und einen vollständigen Neuanfang zu wagen, zudem noch in einem Land, deren Sprache, Sitten und Gebräuche, vor allem aber auch die gesetzlichen Vorschriften, Gebote und Verbote, unbekannt sind. Auch die Frage nach einer Sicherstellung des Lebensunterhalts und – vor allem und ganz wichtig: eine ausreichende Unterkunft. Einiges konnte von Deutschland aus erledigt, werden, doch in Schweden selbst folgte vieles nach dem Motto "learning by doing". Durch ihre offene und den Menschen zugewandte Art, aber auch durch ihren unbedingten Willen, sesshaft zu werden und ein vollumfängliches Mitglied der schwedischen Bevölkerung zu werden, gewinnt sie recht schnell Kontakt zu einheimischen Nachbarn, die sie bereitwillig unterstützen und ihr helfen, sich im schwedischen Alltag ein- und zurechtzufinden.
Dieser Bericht hat mir ausnehmend gut gefallen. Auch wenn ich ihn zunächst Seite um Seite gelesen habe, konnte ich ihn nicht sofort ins Regal stellen, sondern habe ihn immer mal wieder zur Hand genommen und mir einzelne Passagen erneut angeschaut. Ich fühlte mich hineingenommen in den Bericht einer Freundin, die ich lange nicht gesehen hatte und die mir nun berichtet, wie und was sich bei ihr in den letzten Jahren ereignet hat. Und der abzuspüren ist, dass ihr Entschluss richtig war und dass sie angekommen ist.

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Veröffentlicht am 22.11.2021

Eine berührende Liebesgeschichte kommt ans Tageslicht

Die Sternenbucht
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Ein Roman, wie ich ihn mag: mit zwei Erzählsträngen, beginnend in der Gegenwart und tief in die Vergangenheit reichend, werden Ereignisse und Schicksale aufgedeckt und neu zusammengefügt, sodass sich ein ...

Ein Roman, wie ich ihn mag: mit zwei Erzählsträngen, beginnend in der Gegenwart und tief in die Vergangenheit reichend, werden Ereignisse und Schicksale aufgedeckt und neu zusammengefügt, sodass sich ein ganz neues Bild der (vielleicht sogar) eigenen Familiengeschichte ergibt.
Zwei Zeitebenen, zwei Schicksale, zwei Protagonistinnen, gekonnt und fesselnd in diesem Roman erzählt.
Da trifft man aktuell die junge Melissa, die zunächst von einem entspannten Kurzurlaub mit ihrem Freund an der Küste Dorsets ausgeht und feststellen muss, dass ihre Erwartungen alles andere als erfüllt werden. Durch den Besuch des Museumsdorfs Tyneham zieht sie nicht nur die Fotografie einer jungen Frau magisch in ihren Bann, sie lernt auch den bekannten Historiker Guy kennen. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dieser Unbekannten.
Und man lernt die junge und verheiratete aber zutiefst unglückliche Lady Veronica kennen, die vor mehr als 70 Jahren ihr Anwesen verlassen musste. Augenscheinlich auf Grund der Requirierung des gesamten Dorfes – und damit auch durch die britische Armee aber wissend, dass eine Rückkehr auch in ihr Haus niemals erfolgen wird.
Basierend auf den realen Ereignissen um den kleine englischen Küstenort Tyneham, dessen Bewohner tatsächlich nie zurückkehren durften und als Museumsdorf hin und wieder der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, entwickelt die Autorin eine ergreifende Liebesgeschichte gegen Ende des zweiten Weltkriegs. Dabei konnte ich der Charaktere von Lady Veronica deutlich mehr Überzeugungskraft abgewinnen als Melissa, die im Vergleich etwas blasser erschien und sich mir ihr Verhalten oft nicht erschloss.
Auch wenn es sich bei einem der beiden Erzählstränge um einen Ausflug in die Vergangenheit handelt, werden geschichtliche Ereignisse wie gerade die Enteignung des Dorfes, ehr nur am Rande erwähnt. Sofern jedoch eine andere Erwartungshaltung besteht, so wird diese nicht erfüllt, was mich persönlich jedoch nicht gestört hat. Gerade die Geschichte um Lady Vernonica fesselt und sorgt für spannende Lesemomente und lässt mich diesen Debütroman gerne weiterempfehlen. Wobei der jeweilige Übergang in die beiden Erzählebenen als sehr gelungen bezeichnet werden kann und keine Probleme bereitet

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