Liebe und Angst
„Wenn man jemanden liebt, verlässt man ihn nicht, wenn es schwierig wird.“
„Bis zum Ende und darüber hinaus“ ist ein Young Adult Roman von Katharina Olbert. Er erschien erstmals 2018 als eBook im Forever ...
„Wenn man jemanden liebt, verlässt man ihn nicht, wenn es schwierig wird.“
„Bis zum Ende und darüber hinaus“ ist ein Young Adult Roman von Katharina Olbert. Er erschien erstmals 2018 als eBook im Forever Verlag und wurde nun, im März 2022, als Taschenbuch bei Books on Demand erneut veröffentlicht.
Die siebzehnjährige Lou verlässt das Haus seit Langem nur noch, um zur Therapie zu gehen. Sie hat Panikattacken und ein normales Leben ist kaum mehr möglich. Von ihren Freunden ist nur noch ihre beste Freundin Mia geblieben und als diese 18 wird, versucht Lou ihr zuliebe die Party zu besuchen. Wie erwartet ist die Feier für Lou eher furchtbar – zu voll, zu laut, zu viele Menschen, die ihr nicht wohlgesonnen sind. Doch dann ist da plötzlich Zack. Zack unterhält sich mit ihr, als wäre alles normal und ist dazu noch furchtbar attraktiv. Doch obwohl Lou durchaus Interesse an ihm hat, hat sie auch Angst, denn wer will so jemanden wie sie schon haben…?
„Bis zum Ende und darüber hinaus“ ist der Debutroman von Katharina Olbert.
Lou ist eine junge Frau, die ihre Perspektive im Leben verloren hat. Sie lässt sich von der Angst in ihrem Leben beherrschen und kann im Grunde überhaupt kein normales Leben mehr führen. Sie traut sich nicht aus dem Haus bzw. vom Grundstück ihrer Eltern herunter. Schule oder Treffen mit Freunden sind unmöglich geworden. Einzig ihre regelmäßigen Treffen mit ihrer Freundin Mia bringen ein wenig Normalität. Als Lou dann durch Mia Zack kennenlernt, hat sie seit langem mal wieder das Gefühl, sich normal mit jemandem unterhalten zu können. Sie fühlt sich in seiner Gegenwart sogar wohl und als er sie bei einer Panikattacke unterstützt, schlägt Lous Herz direkt noch ein bisschen schneller. Gleichzeitig schwingt aber auch direkt die Angst mit, zu viele Gefühle an Zack zu verlieren, denn wer möchte schließlich „mit jemandem wie ihr“ eine Beziehung aufbauen? Schließlich wird man mit ihr niemals „normale“ Dinge erleben können…
Zack hingegen scheint diese Berührungsängste nicht zu haben. Er geht immer wieder offen auf Lou zu und versucht, sie aus ihrem Schneckenhaus zu holen. Er unterstützt sie, so gut er kann und schafft es sogar, mit Lou Dinge außerhalb ihres Hauses zu unternehmen. Dabei umgibt ihn aber immer wieder ein leicht seltsames Verhalten und in Lou keimt der Verdacht auf, dass er was zu verbergen haben könnte…
Beide Protagonisten sind meiner Meinung nach authentisch und gut charakterisiert. Durch die Ich-Perspektive von Lou werden Gedanken und Gefühle von ihr sehr gut transportiert. Gerade ihre Ängste werden so sehr nachvollziehbar und obwohl ihre pessimistische und manchmal fast schon egoistische Sicht auf die Dinge manchmal anstrengend ist, halte ich sie für absolut realistisch. Wenn man so große Angst hat, dann schafft man es wohl eher selten, auch die Perspektive der anderen wahrzunehmen. Gefühle und Zweifel passen für mich perfekt zum Alter der Figuren, gerade Lou sucht noch nach ihrer Position im Leben und kämpft mit großen Selbstzweifeln und Sorgen.
Zack hingegen ist für sein Alter sehr abgeklärt und erwachsen. Wie er auf Lou zugeht ist wohl einmalig und absolut bewundernswert. Er versucht, ihr aus ihrer Panik zu helfen und sie zurück in das normale Leben zu holen. Dies ist wohl überhaupt nicht selbstverständlich und die Verbindung, die sich zwischen den beiden aufbaut einfach wunderschön und romantisch.
Lou entwickelt sich im Laufe der Handlung stetig fort und kann so manchen Meilenstein erreichen. Die auftretenden Konflikte sind insgesamt nicht überraschend, passen aber wunderbar in den Roman und zum Thema. Das Ende hat mich dann allerdings komplett von den Socken gerissen. Es kam für mich absolut überraschend und stellt eine Wendung dar, die ich erstmal verdauen musste. Zudem musste ich an einigen Stellen durchaus heftig schlucken…
Die Autorin greift in diesem Roman wichtige und tiefgehende Themen auf, die typisch für einen Young-Adult-Roman sind. Es geht ums Erwachsenwerden, es geht um Ängste und die erste Liebe; aber auch um Trauer und Verlust. Die gewählten Themen sind dabei brillant dargestellt und zeigen auch, dass man Probleme lösen kann und mit ihnen nicht alleine dasteht. Zudem vermittelt die Geschichte sehr deutlich, dass man für seine Freunde einstehen sollte und transportiert sehr gut, wie es einer Person mit Panikattacken geht. Auch das Thema Mobbing wird eingebaut und stellt realistisch dar, wie grausam es in der Schule manchmal zugehen kann.
Der Schreibstil ist insgesamt sehr leicht und flüssig. Ich habe den Roman innerhalb kürzester Zeit durchgelesen und fand ihn auch spannend und mitreißend.
Mein Fazit: Katharina Olberts Debutroman ist emotional und berührend. Zudem vermittelt er mehrere wichtige Botschaften und ist definitiv ein sehr gelungener Young-Adult-Roman. Ich vergebe 5 von 5 Sternen!