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Veröffentlicht am 27.05.2022

Drei junge Damen in der DDR

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1)
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Das Strandbad am Müggelsee, Juli 1956. Martha schreibt an einem vom Vater aufgegebenen Text, Clara übt den perfekten Sprung in den See und Betty führt ihren neuen Bikini aus. Als ein älterer Herr weiter ...

Das Strandbad am Müggelsee, Juli 1956. Martha schreibt an einem vom Vater aufgegebenen Text, Clara übt den perfekten Sprung in den See und Betty führt ihren neuen Bikini aus. Als ein älterer Herr weiter draußen im See zu ertrinken droht, eilen ihm die drei Mädchen zu Hilfe und wachsen zu einem unzertrennlichen Trio zusammen.
Nach diesem Einstieg vergeht einige Zeit und wir begleiten dann drei junge Damen, die ihre letzten Jahre vor dem Abitur verleben. Martha stammt aus einer regimetreuen Familie und engagiert sich bei der FDJ, Betty träumt vom Film und Clara schwebt eine Karriere als Weltraumforscherin vor, ohne Anpassung und Beziehungen allerdings undenkbar im Osten. Und dann – wird über Nacht Stacheldraht aufgezogen – wie werden sich die Unzertrennlichen entscheiden? Wer bleibt? Wer flieht?
Ab der ersten Zeile nimmt Julie Heiland den Leser mit in das Leben von Martha, Betty und Clara. Marthas Notizen sind ein gelungener Einstieg, gepunktete Kleider und gelegte Haare lassen sofort Bilder der Zeit erwachen, der Duft von Prasselkuchen verführt noch dazu das Näschen und der Klang von Amiga-Schallplatten spiegelt die Stimmung im Strandbad absolut spürbar wider. Dazu noch einzelne Wortgruppen wie „ein richtijes Frollein“ und man ist selbst mit allen Sinnen zurückversetzt in die 1950er Jahre in Ostberlin. Die vielen liebevoll geschilderten Details lassen die Geschichte der drei so unterschiedlichen Mädchen zu einem wahren Lesevergnügen werden, im Grunde fühlt es sich fast so an, als wäre man als Leser die unsichtbare Nummer Vier im Bunde.
Einzelne Alltagsszenen füllen die Kapitel, welche sich abwechselnd den drei Mädels und deren Sicht widmen und wie aus dem echten Leben gegriffen sind. Genau das ist es auch, warum die Erzählung so real wirkt, nicht aufgesetzt, sind gekünstelt, nicht erfunden. Die erste Liebe, Schule, FDJ-Gruppen und vieles mehr wird thematisiert, Träume, welche sich an die Realität anpassen müssen, Gedanken, die man besser für sich behält. Wer ist Freund, wer ist Feind? Wände haben Ohren. Die Jugendzeit der DDR-Kinder ist nicht unbeschwert. Dennoch suchen Martha, Betty und Clara ihr Glück, auch wenn ihre Vorstellungen von Freiheit und erfülltem Leben recht gegensätzlich ausfallen.
Kurzweilig und flüssig, spannend, interessant und unterhaltsam präsentiert sich Heilands Schreibstil, sodass man am liebsten ohne Pause das ganze Buch durchlesen möchte. Man freut und ängstigt sich gemeinsam mit dem sympathischen Trio, fiebert mit an aufregenden Stellen und überlegt, ob so manche Entscheidung klug ist. Schon ist die letzte Seite verschlungen und es bleibt nur noch das gebannte Warten auf die Fortsetzung mit den Freundinnen vom Strandbad – Wogen der Freiheit, die am 28. Juli 2022 erscheinen wird.
Ein absolut gelungener und empfehlenswerter Einstieg in die Müggelsee-Saga!

Titel Die Freundinnen vom Strandbad, Wellen des Schicksals
Autor Julie Heiland
ISBN 978-3-548-06559-5
Sprache Deutsch
Ausgabe Flexibler Einband, 624 Seiten
ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch
Erscheinungsdatum 27. Mai 2022
Verlag Ullstein
Reihe Die Müggelsee-Saga, Band 1

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Veröffentlicht am 27.05.2022

Paris im Krieg

Morgen werden wir glücklich sein
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Von klein auf sind Marie, Amiel und Geneviève Nachbarinnen, bald wachsen sie zu einem unzertrennlichen Trio zusammen. Als 1940 jedoch die Deutschen Paris einnehmen, geht jede der Mittzwanzigerinnen anders ...

Von klein auf sind Marie, Amiel und Geneviève Nachbarinnen, bald wachsen sie zu einem unzertrennlichen Trio zusammen. Als 1940 jedoch die Deutschen Paris einnehmen, geht jede der Mittzwanzigerinnen anders mit der Situation um: Lehrerin Marie entscheidet sich für die Résistance, Jüdin Amiel hilft ihr, indem sie ärztliche Hilfe anbietet und Geneviève geht den Weg des vermeintlich geringsten Widerstandes, um weiterhin als Pianistin auftreten zu dürfen, sie spielt fortan für die deutschen Besatzer. Eine Trennung aufgrund ihrer ganz grundsätzlich unterschiedlichen Haltung scheint unausweichlich und tatsächlich kommt alles noch viel schlimmer als anfangs befürchtet.

Aufgrund eingehender Recherchen trifft die fiktive Handlung dieses Romans auf sehr viele historisch belegte Details (Razzia des Wintervelodroms, Internierungslager in Vénissieux, „horizontale Kollaboration“ u.v.m). Dazu kommen die drei hervorragend charakterisierten jungen Frauen, deren Schicksal in den Jahren 1940 – 1945 beleuchtet wird. Ängste, Sorgen, kurzzeitige Glücksgefühle lassen die Zeit im von den Boches besetzten Paris lebendig werden und den Leser hautnah all das miterleben, was die Freundinnen und ihre Weggefährten durchmachen mussten. Korte zeigt mittels der drei Figuren unterschiedliche Reaktionen auf den Krieg auf und lässt Verständnis für alle zu, vermeidet pauschale Urteile über Richtig und Falsch, Schuld oder Unschuld.

Von Beginn weg fesselt die Autorin mit einem einnehmenden und spannenden Schreibstil, die kurzen Kapitel zweier Enkelinnen lassen einen interessanten Blick auf die längerfristigen Folgen des Kriegsgeschehens zu. Gefährliche Szenen, die einen den Atem stocken lassen, werden elegant und ohne grausame Einzelheiten verfasst, die Brutalität und die psychischen und physischen Auswirkungen sind trotzdem spürbar und beklemmend. Somit schafft es Korte, den Roman mit extrem authentischen und realistischen Bildern zu zeichnen, ohne jedoch abstoßend oder zu bestialisch zu werden.

Kortes Ziel, Ungerechtigkeiten bis in die heutige Zeit hinein aufzuzeigen und der Aufruf, mutig für eine bessere Welt zu kämpfen, ist vollends aufgegangen. Diesen Roman sollte man unbedingt gelesen haben – sowohl inhaltlich als auch stilistisch ganz klar fünf Sterne wert!



Titel Morgen werden wir glücklich sein

Autor Lea Korte

ISBN 978-3-492-50455-3

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 432 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 26. Mai 2022

Verlag Piper

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Veröffentlicht am 26.05.2022

Kluftinger, der kultige Klischee-Kommissar

Affenhitze (Kluftinger-Krimis 12)
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Netgalley-challenge-Spezial-Rezension

A: War das dein erster „Kluftinger“?

B: Ja, bisher habe ich diese Reihe nicht so wahrgenommen. Der Titel „Affenhitze“ hat mich aber angesprochen und ich habe das ...

Netgalley-challenge-Spezial-Rezension

A: War das dein erster „Kluftinger“?

B: Ja, bisher habe ich diese Reihe nicht so wahrgenommen. Der Titel „Affenhitze“ hat mich aber angesprochen und ich habe das Buch im Urlaub – ebenso bei recht hohen Temperaturen – genossen.

A: Was hat dir dabei besonders gefallen?

B: Erst einmal hat mich die Hauptfigur, der Kluftinger überzeugt und so oft zum Lachen gebracht. Er ist ja wirklich durch und durch Klischee behaftet, aber gerade deshalb ist er so einzigartig. Und auch die anderen Figuren sind stark überzeichnet und recht unterhaltsam charakterisiert.

A: Wie sieht es mit dem Kriminalfall aus?

B: Auch hier kann ich nur Lob aussprechen. Die paläontologischen Details sind bestens recherchiert und verständlich ins Geschehen eingebaut. Der Urzeitaffe Udo in der Affenhitze – ein gelungenes Thema für den Mord in der Tongrube. Auch wenn die Ermittlungen nicht stets im Vordergrund stehen, so ist der Fall logisch und konsequent bis zur Aufklärung aufgebaut.

A: Die Kluftinger-Krimis stammen ja von einem Autorenduo. Gibt es da ab und zu einen argen Stilbruch oder abrupte Einschnitte im Lesefluss?

B: Nein. Überhaupt nicht. Das Buch scheint wie aus einem Guss und besticht durch einen überaus lesenswerten und humorvollen Schreibstil. Die vielen privaten Details lassen manchmal den Krimi in den Hintergrund rücken, aber jede Szene ist absolut lesenswert und ich kann mir nicht vorstellen, dass man da etwas hätte streichen sollen. Langweilig werden die 560 Seiten jedenfalls nie.

A: Wodurch hebt sich dieser Krimi von anderen ab?

B: Auch hier ist Kluftiger das „Zugpferd“. Er tappt von einem Fettnäpfchen ins nächste und ist dennoch einfach ein liebenswerter, konservativ denkender Kerl, dem seine Familie und sein Team überaus wichtig sind. Die lustigen Episoden heitern das Ganze perfekt auf und vermitteln somit vergnügliche Lesestunden.

A: Was denkst du, wirst du die früheren Bände auch einmal lesen?

B. Priml. Dass ich die nicht früher entdeckt habe! Ja, auf jeden Fall muss ich mir ansehen, wie alles begonnen hat und welche Fälle bisher aufgeklärt worden sind. Und Kult-Klufti als junger Ehemann und Vater – da bin ich natürlich auch neugierig …

Also – ein durch und durch lesenswerter Band, den ich wärmstens weiterempfehle! Ich vergebe heiße fünf Sterne.



Titel Affenhitze

Autor Volker Klüpfel, Michael Kobr

ISBN 978-3-550-20146-2

Sprache Deutsch

Ausgabe Fester Einband, 560 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 28. April 2022

Verlag Ullstein

Reihe Kommissar Kluftinger, Band 12

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Traumhafte Toskana

Flüssiges Gold
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Nach wenigen Jahren in Venedig kehrt Commissario Luca wieder in sein Heimatstädtchen Montegiardino zurück. Hier kennt jeder jeden, bei Falschparkern drückt Luca gerne ein Auge zu, am Markt legt man ihm ...

Nach wenigen Jahren in Venedig kehrt Commissario Luca wieder in sein Heimatstädtchen Montegiardino zurück. Hier kennt jeder jeden, bei Falschparkern drückt Luca gerne ein Auge zu, am Markt legt man ihm liebenswerterweise die frischen Steinpilze zurück und in Fabios Bar gibt es nicht nur den perfekten Espresso, sondern auch den neuesten Klatsch und Tratsch. Alles scheint ein wahres Idyll zu sein, die letzte „wichtige“ Amtshandlung Lucas war, die vier fehlenden Buchstaben des Ortsschildes nachzubestellen, weil sich jemand den Streich erlaubt hatte, aus MONTEGIARDINO MONTE DINO zu kreieren. Und dann fällt plötzlich – am helllichten Tage – ein Schuss, und Olivenbäuerin Fabrizia aus dem Sessel auf Fabios Bar-Terrasse.

Mit heiteren und gemütlichen Bildern aus dem ruhigen Dorfleben beginnt dieser Bella-Italia-Krimi und zieht den Leser mit seinen sympathischen Einwohnern sofort in seinen Bann. Insbesondere Luca und seine Tochter Emma sind auf den ersten Blick wie Freunde, mit denen man gerne einen Tag verbringen möchte mit Esel füttern, im Citroen Mehari ins Dorf rattern und bei Fabio die legendären Spaghetti alla bottarga genießen. Kaum zu glauben, dass hier plötzlich ein Mordanschlag verübt wird, und Luca nur vermeintlich alles über seine Mitmenschen weiß.

Spannend und humorvoll zugleich wird mit Hilfe einer Vice-Questora aus Florenz ermittelt, die Geschichte rund um das beste Olivenöl und die Kriminalhandlung ergänzen einander perfekt und der flüssige, unterhaltsame Schreibstil tut sein Übriges. Wundervoll ausgearbeitete Charaktere runden das Bild ab und lassen einen beim Lesen vollends abtauchen in die Abgeschiedenheit des Städtchens.

Das Krimi-Debut von Paolo Riva ist meiner Meinung nach überaus gelungen und ruft nach einer Fortsetzung, schon allein aus dem Grund, um zu erfahren, ob und wie Luca sich bezüglich des Abendessens entscheidet …



Titel Flüssiges Gold

Autor Paolo Riva

ISBN 978-3-455-01329-0

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 304 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 2. März 2022

Verlag Hoffmann und Campe

Reihe Ein Bella-Italia-Krimi

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Am Strand

Stürmisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 8)
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Ein malerisches Sommer, die Zikaden zirpen, die Nächte sind lau, um die Sommersaison optimal zu nutzen, findet heuer auch noch eine Surfmeisterschaft statt in Le Lavandou. Umso schlimmer, als ein Kioskbesitzer ...

Ein malerisches Sommer, die Zikaden zirpen, die Nächte sind lau, um die Sommersaison optimal zu nutzen, findet heuer auch noch eine Surfmeisterschaft statt in Le Lavandou. Umso schlimmer, als ein Kioskbesitzer frühmorgens zwei Leichen am Strand findet. Wieder einmal stehen Capitaine Morell und ihr Lebensgefährte, der Rechtsmediziner Leon Ritter, vor einem grausigen Fall, der diesmal aufgrund des florierenden Tourismus umso schneller aufgeklärt werden muss.

Bereits Teil 8 der südfranzösischen Krimireihe und immer noch spannend und mörderisch gut. Remy Eyssen versteht es, seine Leser zu fesseln mittels eines flüssigen Schreibstils und einer perfekten Verquickung von bezaubernder Landschaft, lebendigen Figuren und packenden Mordfällen. Wer Morell und Ritter kennt, begleitet ihre private Geschichte, wer neu einsteigt, findet sich aber ebenso gut zurecht. Schließlich sind alle Episoden in sich abgeschlossen. Insbesondere diese beiden, aber auch alle anderen Personen werden so typisch und detailliert präsentiert, dass es ein wahres Vergnügen ist, den Dorfbewohnern beim Boulespiel zuzusehen oder ihre Gedanken zum Mordfall mitzuverfolgen. Ebenso interessant ist es, wie Chefpathologe Leon und sein Assistent Olivier mit den Leichen umgehen, nämlich so, wie mit allen lebendigen Patienten auf den anderen Stationen: respektvoll und auf kleinste Details bedacht, schließlich kann jeder von ihnen eine Geschichte erzählen.

Schnell ist man als Leser abgetaucht ins idyllische Südfrankreich, findet sich bei einem Gläschen Rosé im Café Chez Miou wieder oder auf Leons geerbtem Weingut Le Lézard. Dazwischen könnte man sich noch einen Sonnenbrand am Strand abholen, wenn – ja wenn da nicht diese grausam zugerichteten Leichen wären …

Fabelhafte Mörderjagd in Le Lavandou, die man sich nicht entgehen lassen sollte!



Titel Stürmisches Lavandou

Autor Remy Eyssen

ISBN 978-3-86493-203-8

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 528 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 28. April 2022

Verlag Ullstein Taschenbuch

Reihe Ein-Leon-Ritter-Krimi, Band 8

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