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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.04.2022

Fesselnder Krimi

Greifswalder Gespenster
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„...Unter der Maske klang die Stimme des Mannes dumpf und irgendwie verwaschen. Eine Hand, von der er nicht wusste, zu wem sie gehörte, presste seinen Kopf auf den Boden...“

Dieser Satz, der viel verspricht ...

„...Unter der Maske klang die Stimme des Mannes dumpf und irgendwie verwaschen. Eine Hand, von der er nicht wusste, zu wem sie gehörte, presste seinen Kopf auf den Boden...“

Dieser Satz, der viel verspricht und viel offen lässt, steht ziemlich zu Beginn des Prologs.
Dann wechselt die Geschichte in den Greifswalder Bodden. Dort hat Tom mit seinem Schiff angelegt. Tanja wendet sich an den Privatermittler, denn Malte, ihr Freund, ist verschwunden. Die Polizei fühlt sich nicht zuständig.
Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben, der auch aktuelle Themen beinhaltet. Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Dazu gehört eine gute Ortsbeschreibung und Raum für die emotionalen Befindlichkeiten der Protagonisten. Auch die Personen werden gut charakterisiert. Über Malte sagt Tanja:

„...Malte ist von der breiten Straße der Kompromisse auf den Pfad abgebogen, der seiner inneren Wahrheit entspricht. Er hat sich von einigen Lebenslügen getrennt...“

Dabei hat sich Malte nicht nur Freunde gemacht, denn eine Windparkfirma will sein Grundstück und er ist konsequent dagegen.
Während Tom auf der Suche nach Malte ist, hat die Polizistin Sylke mehr als ein Problem am Hals. Es gilt, denjenigen zu finden, der für den Tod von Dr. Krohnhorst verantwortlich ist. Gleichzeitig soll sie zwei junge Kriminalisten auf ihre künftigen Aufgaben vorbereiten. Die Zusammenarbeit erweist sich als schwierig. Lisa hat private Probleme, und Philipp leidet an übersteigerten Selbstbewusstsein. Er geht innerlich und auch offen auf Konfrontation zu Sylke.
Spannend finde ich die Gespräche über den Zusammenhang zwischen Naturschutz und Klimawandel.

„...In einem intakten Moor lagern sich Pflanzenteile ab, deshalb wird dort Kohlenstoff gespeichert. Wenn man es aber entwässert, wie das in Deutschland jahrhundertelang fast über all passiert ist, dann entwichen Kohlendioxid und Methan...“

Tom und Sylke kennen sich von alten Fällen. Da aber beide unterschiedliche Ziele haben, muss man sich auf einen Kompromiss einigen.
Die Ermittlungen um Dr. Krohnhorst gestalten sich schwierig. Sein Bild in der Öffentlichkeit soll nicht beschädigt werden. Einer, der ihn kennt, wird allerdings deutlich:

„...Er hat auf der Klaviatur der Menschenmanipulation perfekt gespielt, er hat den Ostleuten sicher einiges beigebracht, was die Anpassung an die westliche Logik vom Fressen und Gefressenwerden angeht...“

Zu den inhaltlich und sprachlich besonderen Stellen gehören für mich die Szenen, bei denen Tom mit sich selbst ins Gericht geht. Sein Schuldgefühl lässt ihn über sein Tun nachdenken. Die innere Zerrissenheit ist mit den Händen greifbar. Er begreift, dass jede Handlung Konsequenzen hat. Dabei war er sich sicher, das Richtige zu tun.

„...Er wusste noch nicht, wie dieser Morgen sein weiteres Leben beeinflussen würde, aber es war vollkommen klar, dass er einen Einschnitt bildete, eine Kerbe schlug in den Gleichlauf der Zeit, eine Kerbe mit scharfen Kanten, an denen man sich verletzen konnte….“

Am Ende werden die Täter überführt. Dann zeigt es sich, dass die Geschichte weitaus komplexer war, als ich als Leser am Anfang geahnt habe.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Bewegende Geschichte

Heimkehr nach Whale Island
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„...Erschrocken sehe ich auf, als dicht vor mir ein Fahrradfahrer mit Schlingern zum Stehen kommt und mich fassungslos anstarrt. Sprachlos starre ich zurück – in die hellgrauen Augen meines Chefs...“

Das ...

„...Erschrocken sehe ich auf, als dicht vor mir ein Fahrradfahrer mit Schlingern zum Stehen kommt und mich fassungslos anstarrt. Sprachlos starre ich zurück – in die hellgrauen Augen meines Chefs...“

Das hätte schief gehen könne! Greta arbeitet in einem Hotel in New York, dass von Duncan Sommerset gemanagt wird. Mit dem Spitznamen „der Eisblock“ wird er von seinen Angestellten wegen seiner kühlen und abweisenden Art bedacht. Allerdings ist er ein Bild von einem Mann, aber leider verheiratet.
Für Greta birgt der Tag eine weitere Überraschung. Duncan teilt ihr mit, dass sie ihn wegen ihrer deutschen Sprachkenntnisse auf eine kanadische Insel begleiten soll.
Die Autorin hat einen spannenden und gefühlvollen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil ist ausgereift. Das zeigt sich in den bildhaften Beschreibungen der Landschaft, aber auch in den gut ausgearbeiteten Gesprächen.
Als Duncan mit Greta zur Insel übersetzt, trifft er überraschend auf seine Mutter. Er stellt er Greta als seine Ehefrau Catherine vor. Greta ist nicht begeistert, aber für wenige Tage bereit, das Spiel mitzuspielen. Doch die Geschichte erhält plötzlich eine ganz neue Dynamik. In ihrer liebenswürdigen und aufgeschlossenen Art wird Greta schnell von der Familie angenommen. Duncan allerdings wird kritisch beäugt.

„...Duncan ist vermutlich nur aus diesem Grund hier: Um sich vor Augen zu halten, wie beschissen schlicht hier alles ist, und dass er damals die richtige Entscheidung getroffen hat, von hier abzuhauen...“

Als Duncan allerdings mitteilt, warum er wirklich gekommen ist, wird die Situation für ihn nicht besser. Seine großen Pläne stoßen auf Widerstand.
Greta dagegen, die ihre Kindheit und Jugend nur in Hotels verbracht hat und nirgendwo heimisch war, fühlt sich auf der Insel wie angekommen.

„...Weit und tiefblau erstreckt sich der Atlantik bis zum Horizont, er ist aufgewühlt und stürmisch,gewaltige Wellen rollen an die schroffe Küste, lassen weiße Gicht über die rauen Felsblocken am Ufer schäumen. Auch der Himmel wirkt mit einem Schlag blau, wie gemalt...“

Doch die Insel hinterlässt auch bei Duncan Spuren. Das enge Zusammensein mit Greta sorgt dafür, dass beide sich nicht an die beruflichen Rollen halten. Greta gibt ihm schon einmal Widerworte, wenn sie die Sache anders sieht. Nach und nach taut er auf. Als Leser erfahre ich genau wie Greta durch seine Schwester Skye, was vor 13 Jahren passiert ist.
Neben der Familie hat die Autorin auf der Insel einige besondere Charaktere kreiert. Da ist zum einen Rae, die mit einem Bibliotheksbus auf die Insel kommt. Was sie sagt, ist Gesetz. Das hat Gründe.
Zum anderen lebt auf der Insel der Deutsche Gottlieb. Trotz harter Schicksalsschläge will er nicht weg.
Die Zu- und Umstände erfordern es, dass sich der Aufenthalt für Duncan und Greta verlängert. Das gibt Duncan Zeit, sich mit seiner Familie auszusprechen. Zwischen ihm und Greta knistert es zunehmend.
Wie wird er sich entscheiden? Will er zurück in die Glamourwelt von New York?
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Gerade in den persönlichen Schicksalen wird deutlich, dass der schöne Schein manchmal nur eine Maske ist, hinter der sich tiefe Verletzungen verbergen.

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Verzwickter Krimi

Insellicht
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„...Wir sind aber hier auf Nördernee. Und hier verstehen wir nur das, was wir verstehenwollen. Schon klar, oder? Sonst: Sie wissen ja, dort geht es zur Tür wieder hinaus...“

Mit diesen Worten macht ein ...

„...Wir sind aber hier auf Nördernee. Und hier verstehen wir nur das, was wir verstehenwollen. Schon klar, oder? Sonst: Sie wissen ja, dort geht es zur Tür wieder hinaus...“

Mit diesen Worten macht ein Taxifahrer seinem renitenten Fahrgast deutlich, wo es lang geht. Damit tauche ich als Leser gleich in die Atmosphäre der Insel ein.
Wenig später ist Martin, der Inselpolizist, gefordert. Am Kap wurde ein Toter gefunden. Doch eigentlich hatte sich Martin auf die Insel versetzen lassen, um nicht mehr mit Gewaltverbrechen konfrontiert zu werden. Das aber klappt nicht. Martin selbst charakterisiert sich so:

„...Er wusste es. Er zeigte sich immer dann, wenn es um Konfrontation ging, zu weich, zu labil, zu dünnhäutig. Zog den Kopf ein, statt nach vorne zu gehen...“

Die Autorin hat einen spannenden Krimi geschrieben. Der Schriftstil ist ausgefeilt. Der hohe Spannungsbogen ergibt sich auch dadurch, dass die Handlungsorte Norderney und Bonn schnell wechseln.
Während auf Norderney Gert und Martin alle Hände voll zu tun haben, erst einmal die Identität des Toten herauszufinden, bangt Ruth Keiser, die Psychologin in Bonn, um das Leben von Oskar. Hat seine Verletzung etwas mit dem Tod von Rebecca Kahn zu tun?
Mir gefällt, wie es der Autorin gelingt, immer wieder aktuelle und gesellschaftlich relevante Themen in ihren Krimis unterzubringen. Dieses Mal geht es einerseits um das Leben von Heinrich Heine auf Norderney, andererseits wird Ruth bei ihren Recherchen in Bonn mit Magersucht und ihren Folgen konfrontiert. Gewisse Seiten im Darknet und Sensationsjournalismus spielen dabei eine unrühmliche Rolle. Oskar stellt die richtigen Fragen:

„...Was soll ich, was muss ich und was darf ich medial aufbereiten? Wo mache ich mich zum Helfer der falschen Seite?…“

Auf Norderney gehen die Ermittlungen nur schleppend voran. Ob der Trupp der Sondengänger etwas über den Toten weiß? Die aber bekommen bei den Befragungen die Zähne nicht auseinander.Auch was sie suchen, bleibt lange im Dunkeln.
Währenddessen lerne ich durch Danielas Spaziergänge mit Marthe einiges über die Insel. Dort gibt es ein Heine – Denkmal, das eigentlich nie aufgestellt gehörte - wegen seines Erschaffers.
Als Marthe versehentlich auf ein Geheimnis stößt, ist nicht nur ihr Leben in Gefahr. Plötzlich führen beide Handlungsstränge zum gleichen Ausgangspunkt. Der Fall neigt seinem Ende zu.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt die Ermittler als Menschen mit Stärken und Schwächen.

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Veröffentlicht am 26.04.2022

Anspruchsvoller Klassiker

Die Forsyte Saga
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„...Die Gegenwart ist mit der Vergangenheit verkettet, die Zukunft mit beiden. Davon kommt keiner los...“

Genau diese Zusammenhänge legt der Autor in seinem dreiteiligen Familienepos dar. Er spannt den ...

„...Die Gegenwart ist mit der Vergangenheit verkettet, die Zukunft mit beiden. Davon kommt keiner los...“

Genau diese Zusammenhänge legt der Autor in seinem dreiteiligen Familienepos dar. Er spannt den Bogen über vier Generationen der Familie Forsyte. Den äußeren Rahmen bildet ein Haus, das im ersten Teil gebaut und am Ende der Saga verkauft wird.
Die vorliegende Ausgabe ist eine Neuauflage, der eine in Wien erschienene Ausgabe aus dem Jahre 1925 zugrunde liegt. Der Text wurde etwas modernisiert und überarbeitet.
Die drei Teile tragen die Titelblatt

- Der reiche Mann
- Unter Fesseln
- Zu verkaufen

Im Schriftstil blieb sich der Autor in allen drei Teilen treu. Die ausgefeilte Sprache zeichnet sich durch Detailgenauigkeit der Handlung und bildhafte Beschreibung der Landschaft auf. Der Umgang mit Metaphern gelingt dem Autor perfekt.

„...Die Amseln sangen sorglos in den Büschen, die Schwalben flogen hoch, die Blätter über ihnen glänzten; und über den Feldern brannte in der Sonne junges Laubwerk jeder Schattierung...“
Der kleinteilige Erzählstil mag heute so nur selten üblich sein, wirft aber ein besonders Licht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse zur Viktorianischen Zeit und in den Folgejahren. Gleichzeitig erlaubt er einen Einblick in die Gedanken und Wünsche der Protagonisten. Die Familie Forsyte gehört zur gehobenen Mittelschicht.

„...Die Forsytes hatten es alle so weit gebracht, dass sie nun als gutsituierte Leute, wie man es nennt, eine gewisse Stellung einnahmen. Sie hatten ihr Vermögen in allen möglichen Aktien angelegt...“
Der erste Teil beginnt mit Junes Verlobung. Ihr Auserwählter ist Architekt. Von ihm lässt sich Soames Forsyte ein Haus bauen. Gerade Soames hat die Prinzipien der Familie Forsyte verinnerlicht. Besitz ist dazu da, ihn zu behalten und zu vermehren, koste es, was es wolle. Zu Besitz zählt dabei auch die eigene Frau. Damit sind allerdings Probleme vorprogrammiert, denn Liebe lässt sich nicht erzwingen.
Im zweiten Teil will Soames die Scheidung von seiner Frau, weil er ein Auge auf die junge Französin Annette geworfen hat. Er will ein Kind. Doch will er die Scheidung wirklich? Seit zwölf Jahren leben sie getrennt. Trotzdem betrachtet er sie noch als seinen Besitz. Es wäre einfacher, wenn sie zu ihm zurückkehren würde, als wenn er sich neu binden würde. Sehr schnell werden andere Familienmitglieder in den Konflikt verstrickt.
Im letzten Teil steht die Generation der Kinder im Mittelpunkt. Sich sehen und sich verlieben geschieht blitzartig. Haben sie aber ein Chance auf Grund der Vergangenheit der Familie?
Die Trilogie erzählt nicht nur eine Familiengeschichte. Einen breiten Rahmen nehmen Malerei und Literatur ein. Während Soames Bilder sammelt, die später Profit versprechen, nimmt June mittelloser Künstler an. Das Fazit der Saga fasst Soames gekonnt in Worte:

„...Und doch hatte er mitunter das Gefühl, als sei die Blütezeit der Familie vorüber und ihr Besitzinstinkt im Aussterben begriffen. Sie schien unfähig, Geld zu machen – diese vierte Generation...“

Auch die politischen Geschehen der Zeit bestimmen die Handlung. Genannt sei insbesondere der Burenkrieg.
Ein Stammbaum, ein Nachwort und eine Zeittafel ergänzen das Buch.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 26.04.2022

Wie geht offline?

Carlotta, Henri und das Leben. Mama ist offline und nix geht mehr
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„...Wenigstens sind Ferien! Mama und Papa haben sich extra freigenommen, damit wir alle zusammen etwas unternehmen können...“

Die Autorinnen haben ein humorvolles und informatives Kinderbuch geschrieben. ...

„...Wenigstens sind Ferien! Mama und Papa haben sich extra freigenommen, damit wir alle zusammen etwas unternehmen können...“

Die Autorinnen haben ein humorvolles und informatives Kinderbuch geschrieben. Zu Beginn werden die Protagonisten in Wort und Bild vorgestellt.
Der Schriftstil ist kindgerecht. Kurze Abschnitte und viele farbige Illustrationen zeichnen das Buch aus. Fachbegriffe aus dem IT – Bereich werden allgemeinverständlich erklärt.
Die Mutter ist in den sozialen Medien unterwegs und möchte die Wohnung weiter digital aufrüsten. Der Vater ist eher der Meinung, dass weniger mehr ist. Er möchte die Kinder zu Brettspielen animieren.
Als sich Henri das Smartphone der Mutter schnappt, um auf eine App zuzugreifen, fällt es ihm aus der Hand und landet in der Toilette. Die Reparatur dauert eine Woche. Was nun?

„...Wir müssen Mama ablenken. Sie muss eine Woche offline sein, und wir müssen ihr helfen, das auszuhalten...“

Der Familie fällt eine Menge ein, was man tun kann. Noch nie haben sie so bewusst registriert, dass ihre Umgebung fast nur mit dem Smartphone beschäftigt ist, sei es im Bad oder im Restaurant.
Gekonnt wird auch auf die Gefahren des Internets hingewiesen, vor allem auf den Umgang mit persönlichen Daten.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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