Das Leben ist nicht immer paradiesisch
Die Paradiese von gesternMario Schneider entführt seine Leser nach Südfrankreich in „Die Paradiese von Gestern“.
Unaufgeregt erzählt er von einer Gräfin, die am Ende ist. Ihr einst stolzer Besitz ist heruntergewirtschaftet, ihr ...
Mario Schneider entführt seine Leser nach Südfrankreich in „Die Paradiese von Gestern“.
Unaufgeregt erzählt er von einer Gräfin, die am Ende ist. Ihr einst stolzer Besitz ist heruntergewirtschaftet, ihr Hotel, das Chateau Violet, wird geschlossen. Außer ihrem treu ergebenen Diener ist keiner mehr da und in diesen letzten Tagen verschlägt es ein junges Pärchen aus dem Osten hierher: Ella und René - sie können endlich reisen, den Duft der weiten Welt atmen. Und nun sitzen sie hier beim letzten Diner mit Charlotte und Vincent, dem Diener. Charlottes Sohn gesellt sich kurzentschlossen dazu.
Es sind die gegensätzlichen Akteure, die diese Geschichte, die nach der Wende angesiedelt ist, sehr lebendig machen. Ich lerne Charlotte de Violet, die Gräfin, dreißig Jahre zuvor kennen. Sie ist mit ihrem dreijährigen Sohn Alain in Biarritz samt Kindermädchen und Diener. Hier kommt ihr Charakter schon gut zum Vorschein, ich werde mich noch des Öfteren an diese Urlaubstage erinnern.
Extreme lassen so manche Sequenz zuweilen überzogen daherkommen. Die sehr dominante Ella schickt René weg, sie drängt ihn direkt, mit Alain nach Paris zu fahren und hier spürt man eine abgehobene, sich selbst feiernde Gesellschaft, die es zwar geben mag, in die aber einer aus dem Osten so gar nicht hinpasst. Das normale Paris bleibt gänzlich außen vor.
Mario Schneider beschreibt verschiedene Gesellschaftsschichten, die im besten Falle unter sich bleiben. Die jungen Leute aus dem Osten sind ihrerseits sehr forsch, neugierig sowieso. Ihre Herkunft hat sie geprägt, aber nicht nur sie, auch die Gräfin vertritt ihren Adelsstand. Ihr Stolz, ihre selbst gewählte Abgrenzung ist stets spürbar. Das Ungesagte steht wie eine undurchdringliche Mauer zwischen ihr und denen, die ihr nie zu nahe kommen dürfen.
Der Autor überzeichnet seine Charaktere, sie sind allesamt ein wenig daneben, keinem der hier agierenden möchte man begegnen und doch entsteht eine Sogwirkung, die einen tief eintauchen lässt. Wie es scheint, passiert nicht viel und doch ist es eine ganze Menge, auch das Ende deutet eher an als das es preisgibt. Und doch ist der Schluss für mich die einzig mögliche Option. Das Leben geht weiter, endet bald oder irgendwann…
Nicht alle, aber so manche Darsteller waren mir äußerst unsympathisch, andere dagegen blieben eher im Hintergrund. Ein leises Buch, das ich gerne gelesen habe. Es erzählt von Liebe, auch vom Tod und ist doch voller Leben.