Für mich ein perfektes Buch
All das Ungesagte zwischen unsWas würdest du tun, wenn ein einziges Ereignis dir auf einmal den Boden unter den Füßen wegzieht? Was, wenn du erfährst, dass dein ganzes Leben auf einem einzigen Berg von Lügen gebaut ist? Was, wenn du ...
Was würdest du tun, wenn ein einziges Ereignis dir auf einmal den Boden unter den Füßen wegzieht? Was, wenn du erfährst, dass dein ganzes Leben auf einem einzigen Berg von Lügen gebaut ist? Was, wenn du das Gefühl hast, dass deine Tochter anstatt auf dich zu immer weiter von dir wegrennt? Was, wenn die einzige Person, die dir Trost spenden kann, die ist, der du dich seit Jahren gegenüber verweigerst? Was würdest du dann tun? Würdest du weiter machen? Würdest du versuchen, alles so zu belassen, wie es ist?
Ich habe schon in den ersten paar Kapiteln durch den emotionalen und fesselnden Schreibstil einen Klos im Hals gehabt. CoHo versteht es, mit Worten umzugehen und diese in eine bildliche Sprache umzusetzen, sodass Gefühle zu einem Bild werden. Dies hat mir den Einstieg in das Buch und in die Geschichte umso leichter gemacht und mich gefesselt. Ich wollte zu jeder Zeit wissen, wie es weitergeht, wie Morgan und Clara sich entwickeln, mit dem erlebten um gehen und welche Geheimnisse noch ans Licht kommen. Da das Buch aus der Sicht von Mutter und Tochter erzählt wird, bekommt man einen guten Einblick, wie die beiden mit der Situation zurechtkommen und wie Reif auch eine 16-Jährige schon sein kann.
Morgan ist eine unheimlich starke Frau für mich. Das, was Sie versucht, für Ihre Tochter zu tun und was Sie Ihr Leben lang schon für Ihre Tochter getan hat, ist Wahnsinn. Sie erinnert mich sehr an meine Mutter, die auch immer alles für mich und meine Schwester getan hat, egal wie es Ihr ging. Deshalb kann ich vieles, was Sie getan hat, nachvollziehen, auch wenn ich Sie zwischenzeitlich gerne einmal kräftig geschüttelt hätte und Ihr gesagt hätte Sie soll mit ihrer Tochter reden. Denn ungesagte Dinge bilden Fronten, die je länger Sie währen, umso unüberwindbar werden.
Clara war für mich schwieriger vom Charakter her, weil Sie sehr impulsiv ist und Ihre Grenzen an Stellen austestet, wo ich mir denke, „Mensch Mädel, du willst wie eine Erwachsene behandelt werden, dann verhalt dich auch so“. Auf der anderen Seite war ich nicht anders und auch ich habe mich meiner Mutter gegenüber zwischendurch so aufgeführt. Sie macht eine schwere Zeit durch und gleichzeitig findet Sie Ihre erste Liebe und gerät durch Geheimnisse und Lügen immer wieder mit Ihrer Mutter aneinander. Mir das vor Augen zu halten hat mir doch sehr geholfen, mich besser in Sie einzufinden.
Die anderen Charaktere sind Ihrem Anteil entsprechend gut ausgearbeitet vor allen Dingen Jonah und Miller sind mir sehr ans Herz gewachsen mit Ihrer ruhigen, sensiblen und fürsorglichen Art.
Dieses Buch hat mich sehr berührt und behandelt kein einfaches Thema. Die Interaktion zwischen Mutter und Tochter ist so real, dass man das Gefühl hat, es selbst zu durchleben. Die Geschichte zeigt gut, wie schwer es ist, sich von einem schlimmen Verlust zu erholen. Kommen dann noch Geheimnisse, Lügen und Verrat dazu, dann ist es umso schwieriger und ich habe mich ab und an gefragt, wie Morgan überhaupt noch morgens aufstehen konnte und weiter macht. Auch verdeutlicht es sehr gut, wie viel Eltern für Ihre Kinder tun, was einem manchmal gar nicht so bewusst ist. Das Ende ist mir leider ein wenig zu kurz gekommen, hier ging mir alles ein wenig schnell, weshalb es nur 4,5 Sterne gibt. Allerdings kann ich auch nicht sagen, ob es für ein so gefühlsgewaltiges Buch ein Ende gibt, was nicht zu schnell geht. Aus Erfahrung kann ich halt sagen, dass es ein Prozess ist und sich kein wirkliches Ende finden lässt, was befriedigend wäre.
Dieses Buch bekommt von mir eine klare Leseempfehlung, weil es einfach ein wahnsinnig großartiges Gesamtpaket ist. Es wird zwar immer mein erstes, aber nicht mein letztes Buch von CoHo sein.