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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.09.2022

Zwischenmenschlich so toll

Das Wunder von Bahnsteig 5
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Seit geraumer Zeit begegnen sich die Passagiere aus Wagen 3 jeden Morgen im Zug. Doch die goldene Pendlerregel besagt: nicht miteinander reden, nicht füreinander interessieren und schon gar nicht in die ...

Seit geraumer Zeit begegnen sich die Passagiere aus Wagen 3 jeden Morgen im Zug. Doch die goldene Pendlerregel besagt: nicht miteinander reden, nicht füreinander interessieren und schon gar nicht in die Angelegenheiten der anderen einmischen! Natürlich macht man sich dennoch Gedanken übereinander, erfindet sogar insgeheim Spitznamen füreinander. Doch eines Morgens soll sich alles ändern: einer von ihnen erstickt beinahe an einer Weintraube und kann nur durch das beherzte Eingreifen eines Mitreisenden gerettet werden. Plötzlich kommt man ins Gespräch und es entsteht sogar eine Gemeinschaft, die füreinander da ist. Denn eines ist klar: Hilfe brauchen sie alle auf die eine oder andere Art.

Sechs Charaktere, sechs Perspektiven, sechs Schicksale, die sich miteinander verweben: die extravagante Lady mit Hund, der arrogante Workaholic, die hübsche Leseratte, der nette Krankenpfleger, das stille Teenager-Mädchen und der unscheinbare Typ von Nebenan. Natürlich hat jeder zu Beginn ein bestimmtes Bild von den anderen, es spielen also auch Vorurteile eine große Rolle und letztendlich zeigt sich, dass diese meist völlig aus der Luft gegriffen sind.

Mich hat vor allem das Zwischenmenschliche begeistert: die entstehende Chemie und Dynamik zwischen diesen so unterschiedlichen Menschen haben mir sehr gut gefallen und waren sehr schön und spannend zu beobachten.

Für mich war es einerseits ein absolutes Wohlfühl-Buch, andererseits spricht es aber auch eine Vielzahl von ernsten Themen an, mit denen ich so überhaupt nicht gerechnet habe. Es wirkt wie aus dem Leben gegriffen, sehr ehrlich und authentisch. Daher wird es oft emotional und regt definitiv zum Nachdenken an. Eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 18.08.2022

Emotional, humorvoll und manchmal ziemlich schmerzhaft

Fünfzehn Tage sind für immer
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Felipe ist dick, das weiß er selber. Auch seine Klassenkameraden lassen keine Gelegenheit aus, um ihn daran zu erinnern. Darum ist er froh, dass jetzt Ferien sind: endlich kann er in Ruhe Serien schauen ...

Felipe ist dick, das weiß er selber. Auch seine Klassenkameraden lassen keine Gelegenheit aus, um ihn daran zu erinnern. Darum ist er froh, dass jetzt Ferien sind: endlich kann er in Ruhe Serien schauen und lesen ohne sich dumme Sprüche anhören zu müssen. Doch dann eröffnet ihm seine Mutter, dass ihr Nachbar Caio 15 Tage bei ihnen wohnen wird. Katastrophe! Felipe ist schon ewig in ihn verknallt, wie soll er eine so lange Zeit auf engstem Raum mit ihm aushalten? All das wäre ja schon kompliziert genug, wären da nicht noch zusätzlich seine Schüchternheit und jede Menge Unsicherheiten.

Ich habe „15 Tage sind für immer“ von Anfang an geliebt. Wir erleben die Geschichte aus Felipes Sicht, der hin und hergerissen ist zwischen seiner Begeisterung für Caio und der Angst etwas falsch zu machen. Dabei ist er so ein lieber Kerl, der zwar manchmal ein bisschen grumpelig rüberkommt, aber ein Herz aus Gold hat. Er ist so viel liebenswerter und witziger als er es selber für möglich hält.

Auch Caio, dessen beste Freundin Beca und Felipes Mutter sind tolle Charaktere, jeden von ihnen habe ich sofort ins Herz geschlossen.

Das brasilianische Setting hat mir sehr gefallen. So erfährt man auch ein bisschen etwas über das Land, die Mentalität der Menschen und deren Einstellung zur Homosexualität. Die gesellschaftliche Toleranz scheint dort doch eher gering zu sein.

Das Buch behandelt auf einfühlsame und authentische Weise wichtige Themen wie Homophobie, Bodyshaming und Body Positivity, Mobbing, Unsicherheiten und mangelndes Selbstwertgefühl sowie Therapie. Familie, Freundschaft und Liebe spielen natürlich ebenfalls eine große Rolle. Trotz dieser ernsten Themen ist es für mich aber irgendwie auch ein Wohlfühlroman. Er ist sehr emotional, humorvoll und dennoch manchmal ziemlich schmerzhaft.

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Veröffentlicht am 11.08.2022

Wie erwartet zart, einfühlsam und emotional

Heartstopper Volume 3 (deutsche Hardcover-Ausgabe)
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Im dritten Teil der Graphic Novel erfahren wir endlich wie es mit Nick, Charlie und ihren Freunden weiter geht. Die Schüler der Truham Grammar School for Boys und die Schülerinnen des Higgs-Gymnasiums ...

Im dritten Teil der Graphic Novel erfahren wir endlich wie es mit Nick, Charlie und ihren Freunden weiter geht. Die Schüler der Truham Grammar School for Boys und die Schülerinnen des Higgs-Gymnasiums für Mädchen fahren gemeinsam auf Klassenfahrt nach Paris. Natürlich übernachten Mädchen und Jungen streng voneinander getrennt. Doch Nick und Charlie dürfen endlich Tag und Nacht zusammen verbringen - wie aufregend! Aber ihre Zuneigung füreinander verheimlichen sie dennoch weiterhin. Kann sich Nick am Ende zu Charlie bekennen?

Alice Oseman erzählt einfühlsam und gefühlvoll. Die Bilder sind liebevoll gezeichnet und bringen die Emotionen echt gut rüber. Doch die Geschichte ist nicht nur unheimlich zart, süß und humorvoll, sondern bespricht auch ernste Themen. Es geht um Vorurteile, Selbstfindung sowie das Auseinandersetzen mit der eigenen Sexualität. Außerdem zeigen sich bei Nick und Charlie noch zusätzliche Probleme, die bestimmt im vierten Teil noch größere Beachtung finden. Ich kann es kaum erwarten 🌈🤭

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Veröffentlicht am 21.07.2022

Ein monstermäßig toller zweiter Band

Memento Monstrum (Bd. 2)
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Graf Dracula passt das erste Mal ganz alleine auf seine drei Enkelkinder auf, während deren Mutter zusammen mit seiner Frau ein Wellness-Wochenende macht. Im ersten Buch finden die Knirpse ein Photoalbum ...

Graf Dracula passt das erste Mal ganz alleine auf seine drei Enkelkinder auf, während deren Mutter zusammen mit seiner Frau ein Wellness-Wochenende macht. Im ersten Buch finden die Knirpse ein Photoalbum und lassen sich berichten, wie ihr Opa die verschiedenen abgelichteten „Monster“ kennengelernt hat. Die Geschichte schließt nahtlos an diese Ereignisse an. Es gibt kleine Rückblenden und Hinweise, durch die man sich schnell wieder an alles erinnern kann. Sehr gelungen.

Die Wechsel zwischen Vergangenheit/ Erzählungen und Gegenwart finde ich gut. Das diese farblich nochmal „gekennzeichnet“ sind, macht es noch besser verständlich, vor allem für jüngere Leser. Auch die Illustrationen sind der Hammer, so wunderschön detailliert und atmosphärisch gestaltet. Ich feiere außerdem die Wortspiele, die sich am Vampir-Dasein orientieren: Blut-Tube, Blutlikör, Abendstück, die Namen der Enkel (Globinchen, Vira und Rhesus).

Die Charaktere sind zuckersüß, das Untereinander liebenswert und vor allem lustig. Alle waren für die ein oder andere Überraschung gut. Schön ist, dass altbekannte Monster wieder auftauchen. Zudem werden drei neue Geschichten erzählt, in denen wir die wahren Begebenheiten rund um King Kong, Frankensteins Monster und das Phantom der Oper erfahren. Vorlagen dieser Neuinterpretationen sind Klassiker. Zugegebenermaßen kannte ich ein paar nur vom Hören-Sagen, konnte sie dennoch sehr genießen und habe auch alles verstanden. Daher glaube ich, dass es Kindern ebenso gelingen wird. Jochen Till macht „Memento Monstrum“ durch diese Easter Eggs zu einem gelungenen Lesespaß für die ganze Familie. Jede dieser kurzen Stories vermittelt außerdem wichtige und überzeugende Botschaften.

Das Buch hat mich durch sein tolles Rundum-Paket wieder vollkommen unterhalten können: interessante Charaktere, emotionale, lehrreiche, aber auch humorvolle Geschichten, ulkige Wortspiele sowie Referenzen zu Roman- oder Filmfiguren, wirklich grandios! Besonders erwähnenswert sind natürlich auch die wunderschönen Illustrationen. Ich hoffe bald noch mehr von Vlad und seinen Monstern lesen zu dürfen!

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Veröffentlicht am 02.05.2022

Sehr emotional: mal tragisch und ungerecht, dann wieder herzerwärmend und berührend

Das geheime Leben des Albert Entwistle
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Postbote Albert Entwistle ist 64 Jahre alt und steht kurz vor der Pensionierung. Die letzten Jahrzehnte hat er jeden Kontakt zu seinen Kollegen und Mitmenschen auf das nötigste beschränkt. Doch jetzt wird ...

Postbote Albert Entwistle ist 64 Jahre alt und steht kurz vor der Pensionierung. Die letzten Jahrzehnte hat er jeden Kontakt zu seinen Kollegen und Mitmenschen auf das nötigste beschränkt. Doch jetzt wird ihm klar, dass er künftig ganz schön einsam sein wird. Als dann auch noch seine Katze stirbt, beschließt er, dass sich schleunigst etwas ändern muss. So beginnt er sich Stück für Stück zu öffnen und auf andere zuzugehen. Zudem nimmt er all seinen Mut zusammen und macht sich auf die Suche nach seiner Jugendliebe George.

Das Buch spielt in zwei Zeitebenen. Es beschreibt, wie Albert und George sich kennengelernt haben, ebenso wie die Probleme und Vorurteile mit denen Homosexuelle in den 1970er Jahren zu kämpfen hatten. Zwar war Homosexualität ab einem Alter von 21 Jahren mittlerweile legal, aber gesellschaftlich absolut nicht anerkannt. Dementsprechend haben die beiden sich immer heimlich treffen müssen und hatten ständig Angst entdeckt zu werden.

In der Gegenwart gibt es neben Alberts Perspektive auch noch die Sicht der jungen alleinerziehenden Mutter Nicole, welche mit ihrer kleinen Tochter an der Armutsgrenze lebt. Sie macht eine Ausbildung zur Kosmetikerin und ihre Wohnung befindet sich auf Alberts Post-Runde.

Sämtliche Charaktere sind sehr liebenswert, ihre Schicksale haben mich gefesselt und mitgerissen. Mir tat Albert unheimlich Leid, ich habe sowohl früher als auch heute mit ihm mitgefiebert und gelitten. Dabei geht es vor allem um Scham und Mut, Selbstverleugnung und -akzeptanz. Umso schöner war natürlich, was passiert ist als er den Entschluss gefasst hat, sich endlich zu zeigen wie er wirklich ist. Es ist nie zu spät sein Leben zu ändern, ein Abenteuer zu beginnen und um zweite Chancen zu kämpfen. Die Geschichte ist zart, einfühlsam, emotional, mal tragisch und ungerecht und dann wieder unheimlich herzerwärmend und berührend.

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