Totenkulte der Völker
Schon immer möchte ich Geschichten aus dem alten Ägypten, am liebsten würde ich selbst mit auf Ausgrabung gehen. Geheimnisse aus der Pathologie und dazu noch Wien im späten 19. Jahrhundert machen das Thriller ...
Schon immer möchte ich Geschichten aus dem alten Ägypten, am liebsten würde ich selbst mit auf Ausgrabung gehen. Geheimnisse aus der Pathologie und dazu noch Wien im späten 19. Jahrhundert machen das Thriller Paket für mich perfekt. Oliver Pötzsch ist zudem ein Garant für allerfeinsten Lesegenuss und ich war gespannt auf mein erstes Zusammentreffen mit Leopold von Herzfeldt.
Der junge Inspektor hat es nicht leicht, er ermittelt in einem kuriosen Fall. Als Professor Strössner, ein berühmter Ägyptologe, im Kunsthistorischen Museum aufgefunden wird, ist er nicht nur mausetot sondern auch nach allen Regeln der Kunst mumifiziert. Als weitere Mitglieder des Wiener Vereins für Altertumskunde ein unerwartetes Ableben erleiden, halt sich das Gerücht, dass es sich um einen uralten Fluch handeln muss. Doch nicht nur das Rätsel um den einbalsamierten Professor muss gelöst werden. In unterschiedlichen Wiener Bezirken werden die Leichen von jungen Männern gefunden.
Leopold von Herzfeldt hat es also nicht leicht. Sein Kollege Loibl ist erst einmal keine große Hilfe und seine Vorgesetzten machen sich gern über seine feine Kleidung lustig. Schlimmer noch ist jedoch, dass er sehr oft antisemitische Äußerungen wegen seiner Herkunft ertragen muss. Ein Lichtblick ist seine Freundin Julia, die mit beiden Beinen im Leben steht und das Herz am rechten Fleck hat.
Oliver Pötzsch beschreibt seine Figuren so echt, dass man glaubt sie persönlich zu kennen. Mein Lieblingscharakter ist aber nicht Leo oder Julia, es ist Augustin Rothmayer. Er ist der kauzige Totengräber des Wiener Zentralfriedhofes. Den Toten näher als den Lebenden ist er bei der Aufklärung von Todesfällen ein Experte. Sein Wissen vergrößert er auch mit dem Studium entsprechender Literatur in der kaiserlichen Hofbibliothek. Da trägt er selbstverständlich seinen besten Anzug, na ja, um genau zu sein,„seinen einzigen Anzug. Er hatte ihn sauber gebürstet, mehrmals ausgeschüttet und auch die Erdflecken an den Knien weggerubbelt.“
Auch die manchen Kapiteln vorangestellten Auszüge von Augustin Rothmayers Handbuch "Totenkulte der Völker" sind faszinierend.
Die wahren historischen Begebenheiten sind wunderbar mit der Fantasie des Autors verknüpft. Überhaupt steckt in diesem Roman viel Liebe zum Detail. Das Cover passt gut zu dem ersten Band der Reihe. Es erinnert mich farblich an eine Kerze. Die Dunkelheit wird von dem warmem gelb der Flamme erleuchtet, der Engel ist der Lichtschein, der auf einen Stadtplan Wiens scheint.
Der Stadtplan in der vorderen Umschlagseite hilft bei der Orientierung und besonders gut finde ich das Personenverzeichnis. Am Romanende überrascht noch das "Wienerisch für Piefkes".
Ich bin begeistert und gebe eine klare Leseempfehlung.