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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2017

Psychospiele auf dem Meeresgrund

Nullzeit
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Psychothriller, Dreiecksgeschichte, Verwirrspiel und Taucher-Roman: Mit „Nullzeit“ ist Juli Zeh wieder einmal ein sehr geniales Werk gelungen. Jurist Sven hat Deutschland vor 14 Jahren den Rücken gekehrt ...

Psychothriller, Dreiecksgeschichte, Verwirrspiel und Taucher-Roman: Mit „Nullzeit“ ist Juli Zeh wieder einmal ein sehr geniales Werk gelungen. Jurist Sven hat Deutschland vor 14 Jahren den Rücken gekehrt und betreibt seitdem zusammen mit seiner Freundin Antje auf Lanzarote eine Taucherschule. Ihr Leben ist schön und es könnte ewig so weitergehen. Doch dann tauchen Theo und Jola auf. Theo ist ein recht erfolgloser Schriftsteller, seine Freundin Jola eine Serien-Darstellerin, die auf den großen Durchbruch wartet. Nicht nur deswegen sind beide etwas durchgeknallt. Zwei Wochen lang soll Sven den beiden exklusiven Tauchunterricht geben. Doch dann entwickelt sich aus einem kurzen Flirt zwischen Jola und Sven eine mörderische Dreiecksgeschichte. Bald weiß der Leser nicht mehr, was Wahrheit, was Lüge ist – denn Juli Zeh hat ihren Roman so aufgebaut, dass die Ereignisse einmal rückblickend von Sven erzählt werden. Auf der anderen Seite gibt es Tagebucheinträge von Jola. Schnell merkt man: hier stimmt etwas nicht. Jola scheint die Ereignisse nämlich ganz anders wahrzunehmen als Sven. Im Gegensatz zu Zehs anderen Büchern ist die Sprache in diesem Roman eher knapp und präzise. Dennoch gelingen ihr wieder wahnsinnig viele schöne und tiefsinnige Sätze. Auch die psychologische Tiefe des Romans hat mich fasziniert. Ein rundum gelungenes Buch, das spannend und intelligent ist und einen gut unterhält.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Biographie eines interessanten Mannes

Ich, Maximilian, Kaiser der Welt
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Vom Bettelprinzen zu einem der mächtigsten Männer seiner Zeit: In seinem Roman „Ich, Maximilian, Kaiser der Welt“ entführt Peter Prange seine Leser ins 15. Jahrhundert und widmet sich der Lebensgeschichte ...

Vom Bettelprinzen zu einem der mächtigsten Männer seiner Zeit: In seinem Roman „Ich, Maximilian, Kaiser der Welt“ entführt Peter Prange seine Leser ins 15. Jahrhundert und widmet sich der Lebensgeschichte Maximilians I. von Habsburg – einst König des römisch-deutschen Reichs und der erste Kaiser der Neuzeit. Dabei ist Prange ein fast schon episches, sehr informatives aber auch unterhaltsames Werk gelungen. Der Leser erfährt wirklich viel über Maximilian, diesen ehrgeizigen, schillernden, kunstliebenden Mann, der auch seine dunklen Seiten hatte und sich stets zwischen Macht und seinem privaten Glück entscheiden musste. Nebenbei lernt man einige seiner Weggefährten und Zeitgenossen kennen und bekommt einen tiefen Einblick in die Epoche, in der Maximilian gewirkt hat. Man erlebt Kriege und Schlachten mit und wird in politische Ränkespiele und Intrigen verwickelt. Generell ist es Prange gelungen, seinen Lesern ein umfangreiches historisches Wissen zu vermitteln, aber ohne sie mit Fakten zu erschlagen oder dabei zu ermüden. Natürlich ist in dem Roman nicht alles historische Wahrheit, die Geschichte lebt auch von fiktiven Handlungssträngen. Aber gerade diese machen den Roman eben auch spannend, bieten gelungene Wendungen und tragen zur ganzen Dramaturgie des Romans bei. Pranges Schreibstil ist extrem mitreißend und er erzählt so bildhaft, dass man das Gefühl hat, tatsächlich selbst vor Ort zu sein. Auch seine Figuren sind alle sehr authentisch und lebendig. Ein wirklich toller historischer Roman, der die Geschichte eines interessanten Mannes erzählt und einem ein großes Stück mittelalterlicher Geschichte näher bringt.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Gibt es die Zeit?

Die Zeit, die Zeit
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Es gibt keine Zeit, nur Veränderungen – diese Weisheit bekommt Suters Protagonist Martin Taler eines Tages von seinem etwas eigenartigen Nachbarn Anton Knupp aufgetischt. Knupp will etwas denkbar Unmögliches ...

Es gibt keine Zeit, nur Veränderungen – diese Weisheit bekommt Suters Protagonist Martin Taler eines Tages von seinem etwas eigenartigen Nachbarn Anton Knupp aufgetischt. Knupp will etwas denkbar Unmögliches schaffen: Er möchte in die Vergangenheit zurückreisen und so seine vor vielen Jahren verstorbene Frau wieder sehen. Taler ist anfangs eher skeptisch, beginnt aber bald dem alten Mann bei seinem Vorhaben zu helfen, denn auch er würde gerne die Zeit zurückdrehen. Mit „Die Zeit, die Zeit“ ist Suter wieder einmal ein beachtenswerter Roman gelungen, der mich nachhaltig beeindruckt hat. Es geht um Hoffnung, um Trauer, um die Vergänglichkeit. Dabei schafft Suter einen Spagat zwischen philosophischer Abhandlung, wissenschaftlichen Theorien, Thriller, Liebesgeschichte und Zeitreiseroman. Brillant finde ich jedes mal wieder Suters Sprache: Sehr präzise und ohne Schnörkel, trotzdem elegant, fesselnd und gefühlvoll. Suter schafft es immer wieder allein mit seiner Sprache eine einzigartige Stimmung zu kreieren. Auch seine Figuren sind sehr feinfühlig und detailliert gezeichnet: Es ist einfach großartig, wie Taler und Knupp, diese zwei Eigenbrötler, die das Leben aus der Bahn geworfen hat, aufeinandertreffen und sich annähern. Summa summarum: Plot: top, Sprache: top, Charaktere: top. Unbedingt lesen.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Was geht in einer misshandelten Seele vor?

Narbenkind
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„Narbenkind“ ist der zweite Teil der derzeit sehr gehypten Victoria-Bergman-Trilogie und schließt nahtlos an den ersten Teil „Krähenmädchen“ an. Jeanette Kihlbergs Ermittlungen in einer Mordserie an Jungen ...

„Narbenkind“ ist der zweite Teil der derzeit sehr gehypten Victoria-Bergman-Trilogie und schließt nahtlos an den ersten Teil „Krähenmädchen“ an. Jeanette Kihlbergs Ermittlungen in einer Mordserie an Jungen in Stockholm geraten ins Stocken und werden vorübergehend auf Eis gelegt. Da wird ein Geschäftsmann brutal ermordet – alles deutet auf Rache hin. Jeanette bittet die Psychologin Sofia Zetterlund, ein Täterprofil zu erstellen und stößt selbst bei ihren Nachforschungen immer wieder auf den Namen Victoria Bergmann. Doch diese scheint wie vom Erdboden verschluckt. Mich hat ja schon der erste Band sehr gepackt und auch den zweiten Teil konnte ich kaum mehr aus der Hand legen. Im Grunde hat mich „Narbenkind“ sogar noch ein bisschen mehr mitgerissen als sein Vorgänger. Klar, die Thematik bleibt hart und gnadenlos: Noch immer geht es um Kindesmissbrauch und der wird in all seiner Brutalität geschildert. Manche Szenen haben mich wirklich geschockt und auch sprachlos gemacht. Ich kann auch verstehen, dass das Buch gerade deswegen sehr kontrovers diskutiert wird. Dennoch finde ich nicht, dass das Autorenduo hier Gewalt zelebriert oder möchte, dass sich der Leser an den Grausamkeiten weidet. Es geht vielmehr um die Fragen: Was passiert mit den Opfern? Was geht in der Seele missbrauchter Menschen vor? Und genau dieser psychologische Aspekt der Trilogie ist es, der mich so fasziniert. Wie das Autorenduo den Zerfall und die Zersplitterung einer misshandelten Seele beschreibt, finde ich verstörend und beeindruckend zugleich. Die Figurenzeichnung fand ich im ersten Teil ja schon sehr gelungen, im zweiten Teil dringt man noch tiefer in das Leben der Charaktere ein und baut dadurch eine noch intensivere Beziehung zu ihnen auf. Generell sind die Charaktere sehr gelungen, weil sie einfach auch etwas Besonderes an sich haben, interessante Entwicklungen durchmachen und im Gedächtnis hängen bleiben. Ab und zu ist die Handlung vielleicht etwas verworren, aber so bleibt die Geschichte spannend und im dritten Teil wird sich ja hoffentlich alles auflösen.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Tolle Weihnachtserzählung

Sechs silberne Saiten
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Holger ist frisch getrennt, hat ein schwieriges Verhältnis zu seinen Eltern und muss sich – weil er knapp bei Kasse ist – im Supermarkt als Weihnachtsmann verdingen. Nach Dienstschluss an Heilig Abend ...

Holger ist frisch getrennt, hat ein schwieriges Verhältnis zu seinen Eltern und muss sich – weil er knapp bei Kasse ist – im Supermarkt als Weihnachtsmann verdingen. Nach Dienstschluss an Heilig Abend trifft er auf einen Weihnachtsmann-Kollegen, der eine seltsame Gitarre mit sechs silbern bespannten Saiten dabei hat und wunderbare Country-Songs singt. Und plötzlich scheint für Holger der öde, graue Heilig-Abend-Nachmittag doch noch ganz schön zu werden. „Sechs silberne Saiten“ ist eine wunderbare Weihnachtskurzgeschichte auf 91 Seiten. Goosen erzählt lässig, auf dem Boden geblieben, ganz ohne Kitsch und immer mit einem Augenzwinkern, trotzdem aber auch feinfühlig. Eine tolle, rührende Geschichte, die manchmal zum brüllen komisch ist, aber auch zum nachdenken anregt und einfach das Herz erwärmt. Gelungen sind auch die farbigen Illustrationen von Peter Schössow.