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Veröffentlicht am 29.05.2022

Welche Zutaten braucht ein gutes Leben? u.a. den Mut zur Veränderung!

Der Geschichtenbäcker
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"Der Geschichtenbäcker" von Carsten Henn; der Nachfolger zum "Buchspazierer" sozusagen, dem wir auch anfangs kurz in diesem warmherzigen und berührenden Roman begegnen, erschien (HC, geb., 2022) im Piper ...

"Der Geschichtenbäcker" von Carsten Henn; der Nachfolger zum "Buchspazierer" sozusagen, dem wir auch anfangs kurz in diesem warmherzigen und berührenden Roman begegnen, erschien (HC, geb., 2022) im Piper Verlag. Dieses Mal begleiten wir eine frühere Tänzerin auf ihrem Weg, sich selbst so lieben und annehmen zu können, wie sie ist:


"Brot backen ist fast wie ein Tanz. Teig wird rhythmisch geknetet, die Drehung der Hände, der Schwung der Hüfte geben ihm Geschmeidigkeit. Fasziniert beobachtet die ehemalige Tänzerin Sofie den italienischen Bäcker Giacomo bei seiner Arbeit. Eigentlich wollte sie den Aushilfsjob in der Dorfbackstube gleich wieder kündigen. Zu sehr hat das Ende ihrer Karriere ihr Leben aus der Bahn geworfen. Wer ist sie, wenn sie nicht tanzt? Doch überraschend findet Sofie in er kleinen Bäckerei viel mehr als nur eine Beschäftigung: die Weisheit eines einfachen Mannes, das Glück der kleinen Dinge und den Mut zur Veränderung".

(Quelle: Buchrückentext des Verlages)


So einige sehr sympathische Figuren "bevölkern" diesen Roman von Carsten Henn, der es stilistisch zauberhaft versteht, seine Leser schon zu Beginn in seine Geschichte; hier dem kleinen Dorfbäckerladen, literarisch zu "entführen". Nicht ohne Grund, denn 'unterwegs' gibt es Vergleiche und Weisheiten zu entdecken, über die man staunt - und auch gelegentlich schmunzelt:

Giacomo Botura, aus Kalabrien stammend, sehnt sich nach seiner Heimat (besonders wenn er Orangen aus dem nahegelegenen Hofladen riecht) und braucht dringend Verstärkung: Als Aushilfe verdingt sich die seit Kurzem arbeitslose frühere Tänzerin Sofie, die nach Meinung Giacomo's Rhythmus hat (was der Teig mag) und so beginnt Sofie ihren nächtlichen Dienst in der Backstube, wobei sie denkt, dass sie wohl nach drei Tagen wieder kündigen wird - doch es sollte anders kommen.


Florian, Choreograf und Ehemann von Sofie, merkt, wie sich seine Frau von ihm entfernt und hat Angst, sie zu verlieren: Er hatte sich nicht in ihren Tanz verliebt (sie war die Beste), sondern in ihre dunkelbraunen Augen. Marie, Nachbarin der beiden und seit Langem in Florian verliebt, nutzt die Gunst der Stunde und versucht, Florian für sich zu gewinnen. Sehr nahe steht Sofie Franziska, ihre Schwester und deren kleine Tochter Anouk, die nicht nur ihre Tante davon überzeugt, dass sie Maria ist und daher alles 'segnen' muss, was ihr begegnet (Menschen, Pflanzen und Tiere). Eines Tages benötigt Franziska eine Kinderfrau und Sofie nimmt sie kurzerhand mit in die kleine Bäckerei, wo sie der griesgrämigen Elsa im Verkauf helfen darf - unter der Voraussetzung, dass sie nicht alle Kunden segnen sollte.... Wie durch ein Wunder (Freude war schon lange nicht mehr im Leben von Elsa) bringt das kleine Mädchen Elsa zum Lachen...


So geschieht Wundersames und im Vordergrund stehen immer Giacomo, sein liebevoll gebackenes Brot (incl. Geheimzutat, die Sofie dann doch unbedingt herausfinden möchte), Sofie und ihr Scheitern sowie ihr Wieder-Aufstehen: Sie schafft es in einem gelungen beschriebenen Prozess, ihr altes Leben abzulegen und sich in ihrem neuen Leben wohlzufühlen! Dies ist auch das Hauptthema des Buches: Veränderungen anzunehmen; Altem nicht hinterherzuhängen und Neues positiv aufzunehmen, denn das ganze Leben ist Veränderung und Menschen sollten sich nicht alleine durch ihren Beruf definieren: Genial fand ich die Vergleiche zwischen dem Zubereiten des Teiges und Menschen in ihrer Entwicklung:


Für gutes Brot und auch für eine positive Entwicklung eines Menschen benötigt man (fast) das Gleiche: Gutes Mehl und Zeit und Liebe!


Fazit:


Eine wunderschön choreografierte "Wohlfühlgeschichte" mit Tiefgang; die Wandlungen, Entwicklungen, Veränderungen (im Leben und auch in Beziehungen) zum Thema hat; aber auch andere menschliche Themen nicht ausspart; für Toleranz wirbt und das Annehmen der eigenen Persönlichkeit. Denn nicht nur Katzen haben 7 Leben, wie es heißt, sondern auch wir Menschen; wenn wir es erkennen - und es annehmen! Eine absolute Empfehlung dieses warmherzigen und gefühlvoll, sensibel geschriebenen Romans nicht nur für TänzerInnen und BäckerInnen. 4,5 *

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Veröffentlicht am 07.05.2022

Wertvolle Anregungen zum Selberbacken

Selber backen statt kaufen
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"Selber backen statt kaufen" ist (Paperback, 2022) im smarticular-Verlag erschienen und enthält 77 einfache Rezepte für Brote, Brötchen, Kuchen und mehr, so der Untertitel: Mich begeistert die Vielfalt ...

"Selber backen statt kaufen" ist (Paperback, 2022) im smarticular-Verlag erschienen und enthält 77 einfache Rezepte für Brote, Brötchen, Kuchen und mehr, so der Untertitel: Mich begeistert die Vielfalt und die Anregungen für's (unkomplizierte) Selberbacken - versehen mit sehr gut beschriebenen Anleitungen und Fotos der Backwaren. Selbst Ungeübtere werden angeregt, selbst zur Tat zu schreiten, statt die Produkte (für viel Geld, Tendenz derzeit steigend) zu kaufen! Vor allen Dingen weiß man, was im Brot oder den Brötchen drin ist: Nämlich NUR das, was man selbst hineingetan hat!

Die vielfältigen und tollen Backideen sind das Ergebnis des Ideenportals smarticular.net, das Tipps und Anleitungen rund um ein einfacheres und nachhaltiges Leben gibt, bei denen viele Fans ihre Ideen und ihre Erfahrungen einbrachten. Dieses tolle und nachhaltige Backbuch bündelt sie!

Gegliedert ist das Sachbuch in 8 Kapitel (Brot, Brötchen, Kuchen, Gebäck, Kekse, Süße und herzhafte Knabbereien, Herzhaftes aus dem Backofen und Backen ohne Backen). Für Veganer ist dieses Buch ebenso empfehlenswert, da es Erklärungen liefert, was z.B. ein Hühnerei ersetzen kann und auch in Sachen Gesundheit Alternativen zu Zucker aufzeigt. Ebenso werden die Mehlsorten und deren Verwendungsoptionen bestens erklärt.

Uns hat das Fladen- und Olivenbrot sehr gemundet - es ließ sich fantastisch nachbacken und ist nicht schwer in der Zubereitung. Bärlauchbrot (hmmm...) wird noch getestet; das Pesto ist bereits vorhanden. Auch die bunten Burgerbrötchen finde ich sehr gelungen, z.B. für ein Gartenfest ein eyecatcher! Der österliche Rüblikuchen war ebenfalls ein Gedicht und einige Plätzchen werde ich in der Weihnachtsbäckerei testen. Besonders angetan hat es mir auch die türkische Pizza (hier vegan), die ich schon lange sehr mag, aber noch nie selbst produziert habe.

Fazit:

Eine handliche Sammlung köstlicher, vielfältiger und nachhaltiger Backrezepte, versehen mit tollen Fotos, die zum Nachbacken anregen und sehr gut umzusetzen sind. Auch für VeganerInnen und ungeübtere BäckerInnen sehr empfehlenswert! Ein "Antrieb" in Sachen gesunde und preiswerte Ideen zum Selberbacken vs. Kaufen. Von mir gibt es dafür 5*

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Veröffentlicht am 05.05.2022

Überflutungen....

Das versunkene Dorf
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Die Leiterin der Pariser Drogenfahndung, Noémie Chastain, wird bei der geplanten Festnahme eines Dealers in dessen Wohnung schwer verletzt: Eine Salve aus dem Jagdgewehr des Kriminellen trifft sie "mitten ...

Die Leiterin der Pariser Drogenfahndung, Noémie Chastain, wird bei der geplanten Festnahme eines Dealers in dessen Wohnung schwer verletzt: Eine Salve aus dem Jagdgewehr des Kriminellen trifft sie "mitten ins Gesicht", wie auch der erste (von vier) Teilen dieses spannenden Kriminalromans untertitelt ist. Sie überlebt den Angriff, ist jedoch trotz mehrstündiger OP in einer Gesichtshälfte für ihr weiteres Leben entstellt. Adriel, ihr Assistent und Lebensgefährte, schafft es nicht, an ihrer Seite zu bleiben. Nur Melchior, der erfahrene Psychologe, hilft ihr mit seiner Ausdauer, seinem Sarkasmus, mit Geduld und Fürsorge, ihr neues Leben anzunehmen.


Die Vorgesetzten Noémies, die baldmöglichst in den Polizeidienst zurück möchte, schieben sie in die Provinz ab: Noémie soll einen Monat im südfranzösischen Département Aveyron, genauer gesagt in Decazeville, eine ruhige Kugel schieben (und nebenbei herausfinden, ob das dortige Kommissariat geschlossen werden kann: Sparmaßnahmen stehen an!).

So trifft sie auf ihre zukünftigen Kollegen, für Paris "Dorfpolizisten", für den Leser wird jedoch schnell klar, dass auch im französischen Hinterland kriminalistischer Spürsinn vorhanden ist. Bousquet, Milk und Romain Valant sowie der dortige Commandant Roze, der kurz vor seiner Pensionierung steht, freuen sich, eine solch gestandene Polizistin aus Paris in ihren Reihen zu wissen, sichert dies doch die weitere Existenz ihrer Jobs und des Kommissariats in Decazeville; wenn auch Kriminalfälle sehr selten sind.


Doch ein Fischer findet eine Plastiktonne im Stausee, den es seit der Überflutung des alten Avalone seit 1994 gibt: Über den Inhalt erbricht er sich im nächsten Gebüsch: Ein zersetzter Leichnam, vermutlich der eines Kindes, findet sich im Inneren der Tonne, die in der Forensik untersucht wird: Handelt es sich etwa um eines der damals entführten drei Kinder, die seither spurlos verschwunden sind?


Da Noémie ihrem Beruf mit Leidenschaft und Herz nachgeht, rollt sie mit ihrem neuen Team Bousquet, Milk und Romain, der durch sein sonniges Gemüt besonders positiv auffällt, den "Cold Case" neu auf: Was hat es mit den verschwundenen Kindern auf sich? Was passierte damals während der Bauarbeiten des Stausees und kurz vor der Überflutung des alten Avalone, das entsprechend in der Nähe wieder aufgebaut wurde, die Menschen umgesiedelt wurden? Hat der Entführer Fortin die drei Kinder auf dem Gewissen, der dann ebenfalls spurlos verschwand?


Meine Meinung:


Olivier Norek hat einen sehr flüssigen, gut zu lesenden Schreibstil, der den Leser gleich abholt: Noémie, deren Verletztheit (physisch wie auch psychisch) während des ganzen Kriminalromans gefangen nimmt und die mit Hilfe eines Psychologen versucht, ihre Persönlichkeit so anzunehmen, wie sie jetzt ist, sich selbst zu mögen, trotz des entstellten Gesichts, hat mich zutiefst beeindruckt. Die Dialoge mit Melchior haben mich trotz der Schwere ihrer Verletzungen zuweilen sehr zum Schmunzeln gebracht, wie es auch an anderen Stellen nicht an Humor mangelte (entfernt erinnerte mich "la facon d'écrire" - der Schreibstil von Norek an meine Lieblingskrimiautorin, die ebenfalls Französin ist: Fred Vargas). Die Figuren und Hintergründe werden authentisch und nachvollziehbar beschrieben, besonders Noémie charakterlich sehr gut ausgeleuchtet: Sie ist lieber Kämpferin als Opfer und arbeitet daran, den Cold Case mit Erfolg abzuschließen, um Schlimmeres zu vermeiden (ihre Tätigkeit bei der Polizei ist ihr absolut wichtig) und evtl. sogar degradiert zu werden. Der "Fall" um das Verschwinden von Alex, Cyril und Elsa legt auch offen, durch welche Hölle Eltern gehen, deren Kind spurlos verschwunden ist oder entführt wurde. Wir lernen die Familien Dorin, Madame Saulnier und die Familie Casteran kennen, deren Leben auf die eine oder andere Weise im Jahre 1994 endete und die noch heute von dem Verlust und der Ungewissheit gezeichnet sind. Da auch die hinzugerufene Flussbrigade aus Paris unter dem erfahrenen Taucher Hugo Massey keine weiteren eindeutigen Beweise zutage fördert, trotz lebensgefährlicher Tauchgänge im See, wird der Stausee auf Weisung der Staatsanwaltschaft geleert: Nun wird sich zeigen, ob der See weitere Kinderleichen birgt - und auch, wer hier Blut an den Händen hat: Da Noémie, starrsinnig, stur und sehr vorsichtig in ihrem Job, in der weiteren Ermittlung niemandem trauen kann (es wurden mehrere Anschläge auf sie verübt), hält sie wichtige Informationen zunächst zurück, bis es zum shut down kommt, der absolut nicht vorhersehbar für mich war und mich überraschte.


Viele sozialkritische Aspekte habe ich in dem Krimi gefunden (z.B. wie ausländische Arbeitnehmer als Billigkräfte zum Hungerlohn schuften, Sékour war mit die tragischste Figur in diesem Krimi!; aber auch Rassismus, Ausgrenzung und auch Vorurteile der Städter gegenüber der Provinz: Trottel gibt es auch (in allen Diensten, nicht nur bei der Polizei) in Haupt- und Großstädten! Insofern ist der spannende, im Plot stimmige und sehr unterhaltsame Kriminalroman aus der Feder von Olivier Norek auch eine Hommage an das Aveyron im Herzen Frankreichs: Der Autor ist selbst dort aufgewachsen und daher "ortskundig". "Das versunkene Dorf" weckt in mir das Bedürfnis, diesen schönen französischen Landstrich, der mir selbst unbekannt ist, auch einmal sehen zu wollen!


Fazit:


Spannend, sozialkritisch, psychologisch raffiniert und auch humorvoll. Norek gelingt es, den Spannungsbogen bis zum Schluss zu halten; ein sehr lesenswerter Kriminalroman, dessen knifflige Lösung bis zum Schluss den Leser in Spannung hält. Gelungen! Kleiner Kritikpunkt: Ich bin sicher, dass Noémie (oder eine andere Person) viel längere Zeit benötigt, um nach einer Gesichtsentstellung wieder zu sich selbst zu finden. Ja stärker aus der Verletzung hervorzugehen, sich selbst wieder annehmen und lieben zu können, wie sie dies zuvor konnte. Dennoch eine Empfehlung und 4,5 Sterne am Krimifirmament!

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Veröffentlicht am 05.05.2022

Der Holländer

Der Holländer
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"Der Holländer" von Mathijs Deen, aus dem Niederländischen von Andreas Ecke ins Deutsche übersetzt, erschien 2022 (HC, gebunden) im mare-Verlag. Der Roman, der eher ein Kriminalroman für mich ist, spielt ...

"Der Holländer" von Mathijs Deen, aus dem Niederländischen von Andreas Ecke ins Deutsche übersetzt, erschien 2022 (HC, gebunden) im mare-Verlag. Der Roman, der eher ein Kriminalroman für mich ist, spielt an der niederländischen und der ostfriesischen Nordseeküste.


Den erfahrenen Extrem-Wattwanderern Aron, Peter und Klaus fehlt nur noch die Wattwanderung zur Insel Borkum (der "Mount Everest" der Wattwanderer), dann haben sie alle ostfriesischen Insel über das Watt erwandert. Doch bei Borkum ist die erfolgreiche Wattwanderung von einigen Dingen (wie Tide, Ostwind etc.) sehr abhängig; ideale Bedingungen hierfür gibt es nicht sehr oft. So startet Peter alleine mit Klaus, da Aron mit seiner Frau gerade in England ist und an der Wattwanderung nicht teilnehmen kann, da er seine Frau nicht alleine lassen will (es geht ihr nicht sehr gut). So legt Aron, der "Wegbereiter" (er plant alle Routen immer genauestens vor, hat auch mit den beiden Mitwanderern ein Buch veröffentlicht, in dem alle Touren der drei Extrem-Wattwanderer festgehalten werden) es in Peters Hände, ob beide auch ohne ihn starten. Peter und Klaus ziehen beide gemeinsam mit ihren Rucksäcken los - mit fatalen Folgen:

Nur einer sollte Borkum lebend erreichen, der andere wird auf einer Sandbank im Meer von Geeske Dobenga, Oberwachtmeisterin und Grenzschützerin auf der RV180 während ihrer vermeintlich letzten Fahrt vor ihrer Pensionierung, tot aufgefunden. Die Sandbank heißt "De Hond" und schnell stellt sich heraus, nachdem der tote Wattwanderer als Deutscher identifiziert wird, dass die polizeiliche Zuständigkeit in diesem Falle unklar ist: Weder dem Brigadekommandeur Henk de Wal noch anderen ist klar, ob es ein Fall für die niederländische Staatsanwaltschaft ist - oder für die deutsche.


Aufgrund dieser nichtgekärten Zuständigkeiten wird von deutscher Seite kurzerhand ein inoffizieller Ermittler eingesetzt, um sich vor Ort ein Bild zu machen: Liewe Cupido, in Deutschland geboren, aber in den Niederlanden aufgewachsen (Texel). Wird er es durch seine empathische, ruhige Art und seine Beobachtungs- und Kombinationsgabe schaffen, den Fall zu lösen?


Meine Meinung:


Matthijs Deen schafft es von Beginn an, eine subtile und psychologisch feinsinnige Spannung beim Leser zu erzeugen. Liewe war mir durch seine ruhige und souveräne Art gleich sympathisch; wortkarg beobachtet er, stellt die richtigen Fragen, ist einfühlsam und zieht seine eigenen Schlüsse. Zeitweise wird er auch durch einen sich langweilenden jungen Grenzpolizisten unterstützt, Xander, der seinerseits wichtige Entdeckungen macht und in den wenigen Tagen, in denen er seinem eher langweiligen Posten entfliehen konnte und für Liewe Erkundigungen einzieht, dürfte er vieles gelernt haben, was ihn später zu einem guten Ermittler machen könnte.

Auch Geeske trifft die richtigen Entscheidungen und ist auch mal einfach ruhig, wenn ihr (neuer) Vorgesetzter de Wal meint, De Hond sei auf jeden Fall niederländisches Gebiet und eher Karriere als den geringsten Fehler machen will - mit ebenfalls fatalen Folgen. Relativ spät erfährt der Leser etwas mehr vom Background des "Holländers"; viel Raum nehmen die Ermittlungsarbeiten ein, so dass ich den Roman zeitweise wie ein Drehbuch las, das ich mir auch gut als Grundlage für einen "Tatort" vorstellen kann (ich mochte Schimanski, Thanner und "das Hänsje" sehr - auch wenn die beiden Erstgenannten leider nicht mehr für eine Verfilmung in Frage kommen....) Die Spannung wurde gleichmäßig gehalten und nahm auf den letzten 50 Seiten noch zu: Es gab einige nicht vorhersehbare Wendungen und Hintergründe, mit denen man als Leser so nicht gerechnet hatte. Die drei Hauptprotagonisten neben den Ermittlern wie Liewe, Geeske und einigen RechtsmedizinerInnen ("Shakespeare" alias Wortelboer, der mir sehr gut gefallen hat z.B.) war das Trio der Extrem-Wattwanderer, über die man nach und nach ebenfalls mehr erfahren hat: Zwei waren mir sympathisch, einer überhaupt nicht. Meine Vorahnung hat sich bestätigt und ich war am Ende von der Lösung des Falles nicht gänzlich überrascht. Höchstens davon, dass es zwei Personen gab, die Motive hatten.


Der Schreibstil von Mathijs Deen gefällt mir gut, er ist schnörkellos und unaufgeregt, jedoch dennoch mit subtiler Spannung versehen. Ein wenig erinnerte mich sein Stil an z.B. Nesser, den ich ebenfalls sehr schätze. Der Showdown im Watt hat dann auch etwas Dramatisches; man lernt eine Menge über die Gefahren, die im Watt lauern können und wie gefährlich es ist, ohne Kenntnisse eine Wattwanderung zu unternehmen: Davon würde ich unbedingt abraten. Auch die Einschaltung eines Meeresgeologen von Liewe zu diesem Fall - und dessen Erkenntnisse erstaunten mich sehr.


Fazit:


Ein sehr gelungener, unaufgeregter Kriminalroman, der mir stilistisch sehr gut gefallen - aber auch noch Potenzial nach oben hat. Authentisch mit einigen humorvollen Einschüben (van de Wal) und auch lehrreich für LeserInnen, die sich für das Watt und Wattwanderungen interessieren. Von mir gibt es eine Leseempfehlung und körnige 4*. Gerne würde ich weitere Fälle von Liewe Cupido, dem "Holländer" lesen!

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Veröffentlicht am 06.02.2022

Die Heimat des Herzens

Die Heimat des Herzens
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"Die Heimat des Herzens" von Felicity Whitmore ist der 3. und letzte Band der Trilogie um "Die Frauen von Hampton Hall" und wurde im dtv-Verlag (Jan. 2022, TB) verlegt. Es ist ein stimmiger Abschluss einer ...

"Die Heimat des Herzens" von Felicity Whitmore ist der 3. und letzte Band der Trilogie um "Die Frauen von Hampton Hall" und wurde im dtv-Verlag (Jan. 2022, TB) verlegt. Es ist ein stimmiger Abschluss einer lesenswerten Reihe um Frauen, die um ihre Rechte kämpfen müssen; die mutig und unbeirrbar ihren Weg verfolgen und Familiengeheimnisse zu entwirren süchen. In diesem Abschlussband steht Abigail (Lady von Mahony) im Vordergrund, deren Geschicke der Leser nach ihrer Flucht nach Amerika mit Spannung mitverfolgen können.


Oregon, 1848:


Abigail gelingt es endlich, ihrem Peiniger Sir Lancaster zu entkommen. Sie schifft sich als blinder Passagier nach New York ein und sollte in Captain John Maroon in der Folge einen wertvollen Verbündeten finden. Doch wohin sie auch kommt, Lancaster scheint bereits dort gewesen zu sein und stellt ihr weiterhin nach. Abigail hat nur ein Ziel: Sie will zurück nach England, nach Hampton Hall zu ihren Söhnen Ebenezer und Hugh und da sie nicht mit leeren Händen zurückkommen möchte, sucht sie in New York nach dem Käufer ihrer Statue, in die sie einst allen Familienschmuck gießen ließ und die von ungeheurem Wert ist. Die "Arbeitermadonna", die die Zukunft ihrer Fabrikarbeiter in England sichern soll, soll ihrer wahren Bestimmung zukommen. Wird Abigail dieses unbeirrbare und auch waghalsige Vorhaben in die Tat umsetzen können?

Und wie wird es um das Schicksal ihrer Söhne währenddessen bestellt sein? Wird Ebenezer weiterhin um sein großes Glück bangen müssen?

Wie wird sich Melody entscheiden: Wird sie das baugleiche "Abigail's Place" Herrenhaus in Oregon, das sie erbte, wieder herrichten oder es verkaufen? Was wird sie wohl in den Tagebüchern von Cyrus Lancaster-Riley enthüllen, die sie dort, angereist mit Dan und ihrer gemeinsamen kleinen Tochter Abi, lesen möchte, um das Geheimnis um Abigail und ihren Vorfahren endgültig lösen zu können?


Meine Meinung:


Felicity Whitmore versteht es auch in diesem Abschlussband, ihre Leser emotional zu fesseln: Der Spannungsbogen setzt früh ein und reißt auch bis zum Ende der Trilogie nicht ab. Man ist beim Lesen über manches entsetzt, was sich in der Familie Lancaster-Riley anno 1848 und auch 1927 ereignete: Abigail ist der Schwerpunkt in diesem Roman; sie ist von Beginn an eine der - wenn nicht die - Hauptprotagonistin. Melody in der Gegenwart entdeckt durch alte Aufzeichnungen ihrer Ahnin immer mehr Geheimnisse und die Beziehung zu Dan wird auch hier nicht selten in Frage gestellt. Cyrus, dessen Leben (und das seiner beiden Kinder) durch Tagebucheinträge Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts ersichtlich werden, trägt teils die Gene seines Vorfahren Sir Laurence in sich, deren auch er sich nicht erwehrt. Die Themen, um die diese Trilogie kreist, sind u.a. Familiengeheimnisse um die "Reinheit der Blutlinie", daraus folgend Inzest, Gewalt und Missbrauch, Homosexualität; aber auch Mut und Stärke der Frauen von Hampton Hall, die unbeirrbar ihrem Weg folgen. Die Figuren; viele davon sympathisch wie die Hauptprotagonistin selbst, andere abscheulich, sind genau gezeichnet und die Handlungsabfolgen in sich stets stimmig.


Fazit:


In diesem lesenswerten und oftmals spannungsvollen letzten Teil der Trilogie um die "Frauen von Hampton Hall" schließt sich der Kreis der Romanreihe: Man begleitet Abigails auf ihrer schicksalhaften Reise, die sie von Oregon nach New York und zurück nach England führt; im Familienwohnsitz in Wales endet, nachdem sie einen langen und unbeirrbaren, mutigen Kampf um Gerechtigkeit und ihre eigenen Rechte focht; man hat gelitten, geliebt, gehofft und gekämpft sowie getrauert mit dieser mutigen und selbstlosen Frau. Die Intention der Autorin kommt in dieser Trilogie durchaus zum Tragen: Man sollte stets seinem Herzen folgen und durch verantwortungsvolles Handeln diese Welt ein wenig besser machen: Darin schließe ich mich gerne Felicity Whitmore an. Ich empfehle, die Trilogie chronologisch zu lesen - aber es gibt auch Rückblicke in die vorigen Bände, was mir ebenfalls positiv auffiel. Gerne vergebe ich 4,5 * und empfehle diese schön zu lesende, atmosphärische und spannende Trilogie gerne weiter!

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