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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.09.2022

Im falschen Film

Ameisen fällt das Sprechen schwer
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Der Roman startet mit einer Situation, in die sich wahrscheinlich jeder schon mal hineingedacht hat: man kann sich von einem auf den anderen Augenblick an nichts mehr erinnern und startet sein Leben quasi ...

Der Roman startet mit einer Situation, in die sich wahrscheinlich jeder schon mal hineingedacht hat: man kann sich von einem auf den anderen Augenblick an nichts mehr erinnern und startet sein Leben quasi neu.

Hier ist es Peter Haller, der - offenbar während einer Heimfahrt nach einem Arbeitstag - auf einmal nicht mehr weiß, wer er ist. Alles ist für ihn neu und unbekannt. Er lernt sowohl sein Umfeld als auch sich von Beginn an neu kennen, wobei er diverse Mechanismen entwickeln muss, um damit nicht aufzufallen, was schwer genug ist.

Der Autor René Frauchinger schreibt eloquent und eindringlich, es war der Inhalt, die Entwicklung des Plots, dem ich bald nicht mehr folgen konnte und ich muss gestehen - ich habe mich ziemlich gelangweilt. Nicht meins leider, auch wenn die im Roman dargelegten Gedankengänge eigentlich zum Mitgehen, zum Mitdenken angelegt sind - nur konnte ich ihnen leider so gar nicht folgen!

Veröffentlicht am 06.09.2022

Eine Geschäftsfrau im viktorianischen England

Die Kunstschätzerin
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Eleanor hat das Geschäft ihres Vaters geerbt, der Kunstschätzer war, geerbt, bzw. ist sie mehr oder weniger nahtlos dort hinein gewachsen. Obwohl sie gut ausgebildet ist und ihre eigenen Fähigkeiten ...

Eleanor hat das Geschäft ihres Vaters geerbt, der Kunstschätzer war, geerbt, bzw. ist sie mehr oder weniger nahtlos dort hinein gewachsen. Obwohl sie gut ausgebildet ist und ihre eigenen Fähigkeiten selbstbewusst einschätzt, vermisst sie ihn gerade jetzt unendlich: denn sie soll die Kunstsammlung ihrer Jugendliebe - der sich offenbar gerade einer anderen Frau zuwendet - bewerten. Vielmehr soll sie eigentlich seine Absichten in Bezug auf diese beurteilen und von dieser Beurteilung wird es abhängen, ob er diese erbt.

Hier ist sie vor allem emotional stark gefordert, zumal sowohl ihre Nerven als auch ihre Seele gerade Amok laufen. Doch das soll keiner merken.

Ein viktorianischer Roman - allerdings in der Gegenwart verfasst - über eine starke Frau? Nur bedingt, denn ich habe den Eindruck, dass die Autorin Sandra Byrd, die ich bisher noch nicht kannte, nicht gerade eine Vorreiterin in Fragen der Emanzipation ist. Und diese Werte spielen aus meiner Sicht in die Handlung hinein und werten diese dadurch ein wenig ab.

Zumal ich die Autorin nach dieser Lektüre nicht gerade zu den Versiertesten des Francke Verlages, den ich im Übrigen sehr schätze, zählen würde. Und auch nicht zu den Hochkaräterinnen dieses Genres, zu denen aus meiner Sicht ganz klar die Deutsche Elisabeth Büchle und die Südafrikanerin Irma Joubert zählen, die die historischen Einbindungen wie auch die christlichen Werte auf eine ganz andere Art und Weise in ihre Werke einfügen.

Veröffentlicht am 13.06.2022

Geheime Witwe

Verheizte Herzen
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Was könnte hinter der Bezeichnung "Geheime Witwe" stecken: für mich ist es eine Frau, die quasi inoffiziell verwitwet ist, ohne dass dies nach außen bekannt werden darf.

Hier ist es Ana, selbst ...

Was könnte hinter der Bezeichnung "Geheime Witwe" stecken: für mich ist es eine Frau, die quasi inoffiziell verwitwet ist, ohne dass dies nach außen bekannt werden darf.

Hier ist es Ana, selbst Ehefrau und Mutter zweier noch recht kleiner Kinder, die eine heiße Affäre mit einem Klienten - sie ist Steuerberaterin - hat. Für sie ist es viel mehr und sie ist sicher, dass es für ihn ebenso ist.

Da erfährt sie eines Tages von seinem plötzlichen Tod - ausgerechnet durch seine Frau, die natürlich ahnungslos ist, was die Beziehung ihres Mannes mit Ana angeht.

Ana trauert und kann sich mit niemandem so richtig darüber austauschen. Oh doch, einen gibt es, aber der will nicht so richtig, denn verständlicherweise ordnet er - ein Freund des Verstorbenen - das alles ganz anders ein.

Ihr bleibt zum "Dampf ablassen" das geschriebene Wort und das kommt sehr roh und ursprünglich aus ihr heraus. Nicht unglaubwürdig, muss man sagen.

Aber definitiv nicht mein Ding! Ich habe dieses Buch ausgesprochen ungern gelesen und fragte mich letztlich "Wofür das alles?", kam aber für mich selbst zu keinem abschließenden Urteil. Für mich ein überflüssiges Buch, das ich nicht weiter empfehlen kann!

Veröffentlicht am 06.05.2022

Iglhaut ist recht verbaut

Iglhaut
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Oh, wie habe ich mich auf diesen Roman gefreut. Auch, wenn ich "Ida" nur als eher mittelprächtig in Erinnerung habe, war ich mir sicher, dass Katharina Adler mit "Iglhaut" eine Protagonistin gezaubert ...

Oh, wie habe ich mich auf diesen Roman gefreut. Auch, wenn ich "Ida" nur als eher mittelprächtig in Erinnerung habe, war ich mir sicher, dass Katharina Adler mit "Iglhaut" eine Protagonistin gezaubert hat, die für mich wie gemacht ist. Eine eigensinnige, ja stachlige Person, die die Städterinnen, die nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens stehen, präsentiert, ihnen eine Stimme gibt.

Leider bleibt ihr gerade diese Stimme aus meiner Sicht versagt: Iglhaut hat - auch wenn sie durchaus ihren eigenen Stiefel fährt - nicht allzu viel zu sagen. Also nicht allzuviel wirklich Wichtiges und Bedeutungsvolles, so mein Eindruck. Sie und ihre Geschichte hat einfach keinen Eingang in meine Wahrnehmung gefunden. Sobald ich diese vernahm, entzog sie sich auch schon wieder meinen Sinnen, geriet in Vergessenheit. So verbaut, wie ihr Wohnort mitten in einem Münchner Innenhof zu sein scheint, so verbaut ist auch sie als Typ - jedenfalls für mich. Ich bin nicht an sie herangekommen. Schade drum und ich glaube, ich muss mir Katharina Adler für künftige Lesefreuden leider abschminken. Sie und ich werden keine Seelenfreundinnen!

Veröffentlicht am 16.04.2022

Westernromanze im Schnee

Verratenes Vertrauen
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Als Linda-Castillo-Fan der ersten Stunde habe ich mich riesig auf diesen Roman gefreut, der in den Staaten bereits 2002 vorliegt, doch erst jetzt übersetzt wurde.

Nicht ohne Grund, wie sich herausstellte: ...

Als Linda-Castillo-Fan der ersten Stunde habe ich mich riesig auf diesen Roman gefreut, der in den Staaten bereits 2002 vorliegt, doch erst jetzt übersetzt wurde.

Nicht ohne Grund, wie sich herausstellte: Von der Kate-Burkholder-Reihe bin ich daran gewöhnt, dass es nicht gerade zimperlich zur Sache geht, nein, in der Regel sind es recht brutale Morde, die die Ermittlerin aufzuklären hat und in der Regel haben sie mit den Amish zu tun, die in Burkholders Bezirk die Mehrheit der Einwohner stellen. Man erfährt also auch Interessantes aus deren Umfeld und es ist trotz aller Brutalität immer ein sehr atmosphärisches Setting.

Nicht so in diesem Frühwerk, das außerhalb der Reihe steht und in der Sheriff Jake Madigan die aus dem Gefängnis entflohene, wegen Mordes einsitzende Abigail Nichols stellen und zurückbringen muss. Dies alles geschieht in einer einzigen Nacht (und dem darauffolgenden Tag) in der winterlichen Bergwelt von Colorado und erinnert ganz klar an einen Western - wohlgemerkt an einen Film.

Die überschaubare Handlung beinhaltet eine gemeinsame Nacht, in der Abigail, aus ihrer Sicht unschuldig verurteilt, dem Sheriff ihre Geschichte erzählt: sie wurde - das beinhaltet bereits der Buchtitel - verraten, ihr Vertrauen mißbraucht und nun hat sie die Schuld eines anderen abzutragen.

Die gemeinsam verbrachte Zeit beinhaltet auch mehrere Fluchtversuche Abigails. Ich für meinen Teil konnte während der Lektüre nicht fassen, in welchen Situationen beide Protagonisten, vor allem jedoch Jake, von erotischen Gefühlen, ja von Wollust übermannt wurden. Hier geht es um Leben und Tod und dennoch steht ständig eine erotische Anspannung zwischen den beiden Protagonisten, die über weite Strecken auch die einzigen Akteure überhaupt sind, im Raum. Aus meiner Sicht nimmt dies viel zu viel Raum ein und raubt der Geschichte eine Menge ihrer Spannung. Der eigentlich spannungsreiche Stoff verkommt zu einem Lore-Roman. Das hat Linda Castillo definitiv nicht verdient und ich hoffe sehr, dass weitere Frühwerke in ähnlicher Qualität nicht übersetzt werden - falls dies nicht bereits geschehen ist. Diese zeigen die Autorin nämlich leider nicht von ihrer besten Seite und werfen ein schiefes Licht auf sie!