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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.03.2023

Hier fehlte die Konzentration auf die Geschichte

Die leise Last der Dinge
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Das Buch hat mich anfänglich begeistert. Der Teenager Benny verliert seinen Vater, lebt nun allein mit seiner Mutter Annabelle und diese beiden müssen versuchen, mit diesem Verlust und mit allerlei Lebenswidrigkeiten ...

Das Buch hat mich anfänglich begeistert. Der Teenager Benny verliert seinen Vater, lebt nun allein mit seiner Mutter Annabelle und diese beiden müssen versuchen, mit diesem Verlust und mit allerlei Lebenswidrigkeiten zurechtzukommen. Das ist von der Thematik her interessant und wird anfänglich hinreißend erzählt, trotz des für meinen Geschmack zu schlichten Schreibstils. Es gibt direkt zu Beginn einige Skurrilitäten, mit denen ich nicht viel anfangen konnte, so kommuniziert das Buch selbst sowohl mit dem Leser wie auch mit Benny, dessen Geschichte es erzählt, auch ist die Geschichte des verstorbenen Vaters etwas bemüht unkonventionell. Aber dies stört nicht weiter und kann als originelle Note etwas beitragen.
Die Beziehung zwischen Benny und seiner Mutter ist ausgezeichnet geschildert und sehr nachvollziehbar. Annabelle, die nicht nur ein Messie ist, sondern allgemein so verloren und naiv wie ein kleines Kind wirkt, bemüht sich anrührend, sich um ihren Sohn zu kümmern. Sie scheitert immer wieder an sich selbst und so haben ihre Interaktionen mit Benny etwas berührend Schmerzhaftes. Auch Benny, der in diesem Umfeld viel zu früh erwachsen agieren muß, zwischen Mitgefühl für und Zorn über seine Mutter schwankt, ist ausgezeichnet dargestellt. Die Szenen zwischen den beiden sind die besten des Buches, haben so viel Echtes. Bennys inneres Leid vermittelte sich beim Lesen intensiv. Ich habe geradezu mit ihm mitgefiebert und ihm die Daumen gedrückt.
In der zweiten Hälfte aber nimmt das Buch leider eine wenig erfreuliche Wendung. Die Autorin ist Zen-Priesterin und letztlich ist die Zen-Philosophie das Thema des Buches. Das lässt sich anfänglich noch gut an – überlagert die Geschichte nicht zu sehr und bringt eine interessante Note hinein, auch wenn ich diese nicht gebraucht hätte. Dann aber wird es für meinen Geschmack viel zu abgedreht. Benny lernt mehrere obskure Leute kennen und verbringt viel Zeit damit, sich von ihnen allerlei gewollt Philosophisches erzählen zu lassen. Es sind uninteressante, sich wiederholende Unterhaltungen, teilweise mit skurrilen Nicht-Inhalten, teilweise mit platten Allgemeinplätzen („Nicht du bist verrückt, die Welt ist verrückt“, „Böser Kapitalismus“), die als tiefgehende Einsichten verkauft werden. Immer, wenn eine solche Begegnung anfing, fiel das Lesevergnügen auf den Nullpunkt und da diese Begegnungen sich wiederholten, wurde das Buch immer weniger lesenswert.
Gleichzeitig damit entdeckt Annabelle durch einen Ratgeber die Zen-Philosophie und das führt zu den nächsten Tiefpunkten der Lektüre. Handbuchartig bekommen wir so allerlei Zen-Lehren vorgesetzt. Auch „das Buch“ nutzt seine Kommunikation mit uns Lesern dazu, uns reichlich Theorie vorzubeten und dies natürlich nicht als Theorie, sondern als absolute Wahrheit. In völlig unnötigen Szenen reisen wir dann auch immer wieder zu der Autorin des o.e. Zen-Ratgebers und erfahren dort: nichts, langatmig erzählt. So wird die anfänglich so interessante Geschichte zu einer Zen-Werbeveranstaltung. Dies ist an sich schon ärgerlich, aber hinzu kommt, dass dieser Zen-Aspekt zur Geschichte eigentlich nichts beiträgt, sie sogar eher schwächt. Annabelles und Bennys Geschichte hätte ohne diese skurrilen Ausflüge viel besser funktioniert. Nachdem die zweiten Hälfte des Buches also größtenteils in abgedrehten oder handbuchartigen Passagen versinkt und sich bemüht, möglichst ungewöhnlich zu sein, wird dann am Ende blitzschnell ein Happy End draufgeklatscht. Alle notwendigen Erkenntnisse geschehen ganz plötzlich, alle notwendigen Behörden spielen sofort mit, alles Unheil wird plötzlich abgewendet. Nachdem es zuvor so gemächlich ging, wirkt das lieblos, zudem unglaubwürdig. Die etwa zweihundert Seiten mit überflüssigen Szenen hätten herrlich genutzt werden können, Annabelles und Bennys inneren Weg aufzuzeigen und das Ende der Geschichte glaubhaft und nachvollziehbar einzuleiten. Hier wurde eine Möglichkeit in zu viel Unnötigem ertränkt. Schade, denn die erste Hälfte war großartig.

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Veröffentlicht am 19.08.2022

Schöner Schreibstil, aber zu viele bequeme Zufälle und einige Klischees

Die Passage nach Maskat
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Das herrliche Titelbild hat mich sofort angesprochen. Es ist auf positive Weise auffallend und passt hervorragend zur Geschichte, ebenso wie die Übersichtskarte im Buch. Ein echtes Highlight. Auch der ...

Das herrliche Titelbild hat mich sofort angesprochen. Es ist auf positive Weise auffallend und passt hervorragend zur Geschichte, ebenso wie die Übersichtskarte im Buch. Ein echtes Highlight. Auch der Schreibstil ist durchweg erfreulich, ich habe den Umgang mit Sprache genossen. Wir werden sofort in die Atmosphäre auf dem Schiff Champollion hineingezogen, diese ist ausgezeichnet geschildert und ich habe beim Lesen alles vor mir gesehen. Wir lernen den kriegstraumatisierten Theodor Jung kennen, seine Schwiegerfamilie, sowie einige Passagiere – die zuweilen etwas stereotyp wirken – und Angestellte. Eine originelle Note ist die Einbindung Anita Berbers als Nebencharakter. Sie trägt zwar nicht wirklich etwas zur Geschichte bei, sorgt aber hier und da für interessante Skurrilität.
Allerdings dauert dieses Eintauchen und Kennenlernen doch ziemlich lang. Auf den ersten hundert Seiten passiert ausgesprochen wenig, vieles wiederholt sich und die anfänglich durchaus willkommene atmosphärische Gestaltung zieht sich. Auch sonst ist das Erzähltempo überwiegend sehr gemächlich. Das paßt zwar durchaus zu dieser Art Krimi, wird aber für meinen Geschmack doch übertrieben. Ausführliche Beschreibungen diverser Orte und Landausflüge sind zwar an sich gelungen, unterbrechen die Handlung aber doch sehr und werden irgendwann in ihrer Ausführlichkeit zu wiederholend und zu sehr zum Selbstzweck. Las ich die ersten Beschreibungen noch interessiert, begann ich sie irgendwann zu überfliegen.
Die historische Recherche ist fundiert und bemerkenswert. Die Fakten werden manchmal etwas plump und um ihrer selbst willen eingefügt, meistens aber gut in die Geschichte eingeflochten. Hier habe ich viele interessante Einzelheiten erfahren und Zusammenhänge gut erklärt gefunden. Besonders gelungen fand ich die Situation deutscher Passagiere auf einem französischen Schiff im Jahr 1929 – die mehr oder weniger unterschwelligen Ressentiments auf beiden Seiten werden ausgezeichnet geschildert, ebenso wie das Aufkommen der Naziströmungen in Deutschland. Auch die Einbindung von Ringvereinen war ein interessantes Detail.
Der Fall selbst ist verwickelt und hat mich oft auf angenehme Weise rätseln lassen, wie alles zusammenhängt. Das erschließt sich – jedenfalls mir – auch wirklich erst zum Ende hin, was gelungen ist, auch wenn für meinen Geschmack die überraschenden Wendungen und Verwicklungen etwas übertrieben wurden und ich es auch nicht alles glaubhaft oder plausibel fand. Es war in Teilen doch sehr konstruiert und überzeigte mich nicht gänzlich. Ein für mich sehr störendes Manko war allerdings die Tatsache, dass der Protagonist Jung seine Informationen überwiegend durch praktische, zunehmend unwahrscheinliche Zufälle erhält. Jung gelingt es ständig, ganz zufällig genau im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein. So hört er gleich mehrere vertrauliche Unterhaltungen mit und ist auch genau dann zur Stelle, wenn die zwei, drei wichtigsten Sätze ausgetauscht werden. Wenn etwas über Bord geworfen oder etwas übergeben wird – also Sekundenvorgänge, die an abgeschiedenen Stellen geschehen – ist Jung ebenfalls immer wieder zufällig genau zur richtigen Zeit da. Ganz gleich, wo es stattfindet, er ist zufällig zur Stelle, selbst wenn es in der 3. Klasse passiert, die er nur selten aufsucht. Ein glücklicher Zufall ist völlig in Ordnung, zwei kann man hinnehmen, bei drei kann man eventuell noch damit argumentieren, dass ein Schiff relativ überschaubar ist, aber wenn es siebenmal, achtmal und noch häufiger vorkommt, dann hat der Autor es sich auf Kosten jeglicher Plausibilität viel zu einfach gemacht und ich fühlte mich als Leser zunehmend auf den Arm genommen. Dieser Aspekt hat mir das Lesevergnügen erheblich beeinträchtigt und mich zunehmend geärgert. Dann greift der Autor noch zu einigen etwas abgegriffenen Versatzstücken, so der aus der Höhe runtergestoßene Felsbrocken, die obligatorische, halbherzig ans Ende angeklebte Liebesgeschichte und die Tatsache, dass alle Komplizen sich am Ende plötzlich entscheiden, dem Protagonisten alle notwendigen Informationen monologartig mitzuteilen. Das las sich nicht nur etwas zäh, sondern ist als Stilmittel ärgerlich und überholt. Hier kam es gleich dreimal vor und war nicht plausibel.
Während das Buch wundervoll anfing und durchweg durch Schreibstil und Atmosphäre zu überzeugen wusste, fand ich die Konzeption mit ihren ständigen bequemen Zufällen und Krimi-Versatzstücken wenig erfreulich.

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Veröffentlicht am 26.05.2022

Ungewöhnlicher Stil, der mich leider nicht berühren konnte

Über Carl reden wir morgen
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Judith W. Taschlers Generationenroman führt uns durch etwa hundert Jahre Familiengeschichte und österreichischer Geschichte. Ich war auf diesen Blick auf Österreich sehr gespannt, ebenso darauf, wie man ...

Judith W. Taschlers Generationenroman führt uns durch etwa hundert Jahre Familiengeschichte und österreichischer Geschichte. Ich war auf diesen Blick auf Österreich sehr gespannt, ebenso darauf, wie man drei Generation und ein Jahrhundert auf 450 Seiten unterbringt. Schon das Titelbild hebt sich vom Einerlei historischer Romane erfreulich ab und lässt auf den ersten Blick nicht darauf schließen, dass es sich um einen Familiensaga handelt. Insofern ist es treffend gewählt, denn die Autorin geht in Konzept und Stil ungewöhnliche Wege und schuf einen ebenso ungewöhnlichen Roman, welcher die traditionellen Pfade des Genres hinter sich lässt. Das ist interessant, hat in vielerlei Hinsicht einen eigenen Charme, funktioniert aber für mich in vielerlei Hinsicht auch nicht unbedingt.

So ist die Erzählung über lange Strecken ausgesprochen distanziert. Dialoge gibt es im ersten Drittel fast keine. Später kommen sie etwas vermehrt vor, aber die rein erzählerischen Passagen überwiegen bei weitem. Diese lesen sich flüssig, aber der Leser ist beim Geschehen nicht dabei, bekommt es erzählt und beschrieben. Man liest es, aber man erlebt es nicht mit. Über weite Strecken fühlte es sich an, als ob ich nicht das Buch selbst, sondern eine Nacherzählung des Buches lesen würde. Die Emotionen, Motivationen und Eigenschaften der Charaktere werden auf dem Tablett mundgerecht präsentiert, anstatt dass man sie selbst entdecken kann, und so konnte ich selten Anteil an ihnen nehmen. Ein aufklappbares, schön gestaltetes Lesezeichen (sehr gute Idee!) beinhaltet einen Familienstammbaum, der für mich auch nötig war, da ich mit vielen Namen (die Vorliebe für mit A beginnende Namen führte anfangs zu zusätzlichen Verwechslungen) kaum etwas verbinden konnte – leider offenbarte mir der Blick auf den Stammbaum dann auch einen kleinen Spoiler. Auch die Geschehnisse selbst entfalteten aufgrund der distanzierten, oft zusammenfassenden Erzählweise auf mich kaum berührende Wirkung. Das ist insbesondere deshalb schade, weil sehr interessante Themen vorkommen, die für meinen Geschmack oft zu kurz und unbeteiligt abgehandelt werden. Viele spannende Thematiken wurden für mich verschenkt, vielversprechende Andeutungen nicht aufgegriffen, manche Probleme zu leicht gelöst, was mich enttäuschte. Im letzten Viertel überschlagen sich die Themen und zahlreiche kaum eingeführte Charaktere tauchen auf, so dass es ein Gewirr aus Geschehnissen und Namen war, die an mir vorbeisausten, ohne mich zu packen.
Wenn die Erzählung gelegentlich involvierter wurde, die Szenen sich vor dem Leser direkt entfalteten, sah ich, welch immensen Unterschied das macht und wie die Charaktere anrühren können, wenn sie dazu den nötigen Raum erhalten. So aber kann ich mich an keinen Roman erinnern, dessen Charaktere und Geschehnisse mich so wenig berührten.

Ein stilistisches Element, das mir gut gefallen hat, war der Umgang mit Zeit. Judith W. Taschler erzählt nicht linear, sondern springt auf gelungene Weise abenteuerlich durch die Zeiten. Dies tut sie keineswegs mit dem mittlerweile überbenutzten Werkzeug abwechselnder Zeitebenen, sondern auf eine Art, die mir in Romanen bislang noch nicht begegnete. Oft beginnt sie mit dem Ende einer Geschichte, stellt den Leser vor manches Rätsel und deckt dann rückwärts erzählend die Zusammenhänge auf. Manche Handlungsstränge brechen scheinbar ab und werden viele Seiten später wieder aufgenommen oder aufgeklärt, manchmal springt die Handlung ein Stück vor, dann wieder zurück – dies alles ohne Kennzeichnung oder Ankündigung. Auch die Perspektiven wechseln unablässig und unangekündigt. Das wirkt zu Beginn ein wenig verwirrend, funktioniert aber und entfaltet aber eine ganz eigene Attraktivität. Schade fand ich, dass es im Zuge dieser Erzählweise häufiger zu Wiederholungen kam, so erfahren wir eine Geschichte gleich doppelt, jeweils auf mehreren sehr ähnlich formulierten Seiten, andere Dinge werden drei- oder viermal erzählt. Das wäre vermeidbar gewesen, trotzdem ist diese Erzählweise insgesamt erfreulich fordernd und innovativ.

Historische Informationen werden oft geschickt eingebunden, manchmal aber auch durch sachbuchähnliche Einschübe vermittelt, die Sprache war mir stellenweise zu modern. Erfreulich fand ich, dass viel Relevantes und Interessantes aufgegriffen wurde, ich habe hier zu einigen historischen Themen Neues erfahren und man merkt, dass sorgfältig recherchiert wurde.

So war das Buch für mich ein gemischtes Vergnügen. Bei einem weniger beschreibenden Schreibstil hätten mich die Charaktere und ihre Erlebnisse sicher ergriffen, bei einer Konzentration auf weniger, aber dafür tiefgehender behandelter Themen wäre ich in die Geschichte eingetaucht und hätte an dem herrlichen Umgang mit Zeit und Perspektiven viel Freude gefunden. So aber war es zumindest für mich nicht das richtige Buch.

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Veröffentlicht am 07.05.2022

Als hochwertige Imagebroschüre gelungen - mehr leider nicht

Little Book of Prada
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Nachdem ich aus derselben Reihe "The Little Book of Chanel" genossen habe, habe ich mich schon gefreut, nun auch über Prada mehr zu erfahren. Leider konnte dieses Buch nicht annähernd so sehr überzeugen.

Von ...

Nachdem ich aus derselben Reihe "The Little Book of Chanel" genossen habe, habe ich mich schon gefreut, nun auch über Prada mehr zu erfahren. Leider konnte dieses Buch nicht annähernd so sehr überzeugen.

Von der Gestaltung her ist es hochwertig, ein fester Einband mit minimalistischer, zur Marke passender Gestaltung, ein handliches Format, im Buch hochwertiges Papier und zahlreiche Farbfotos. Visuell also ein Vergnügen.

Es beginnt interessant mit der Gründung der Firma im Jahr 1913, dem ersten Geschäft, ein paar alten Fotos, und ich las mich gerade gemütlich in diese Firmengeschichte hinein, als ich umblätterte und mich plötzlich 60 Jahre weiter fand. Ich habe noch mal zurückgeblättert, um zu sehen, ob ich eine Seite überschlagen hatte. Der Sprung kommt plötzlich und etwas enttäuschend - 60 Jahre Firmengeschichte sind ja nun keine Kleinigkeit. Nun muss man der Fairness halber sagen, dass - wie ich dann online herausfand - es über diese sechzig Jahre wirklich nicht sonderlich viel zu sagen gibt, aber genug für ein, zwei überleitende Sätze hätte sich herausfinden lassen. Dieser Anfang ist symptomatisch für das Buch.

Die Autorin geht nie in die Tiefe. Letztlich besteht der Großteil des Buches aus einer Beschreibung der verschiedenen Kollektionen und der entsprechenden Fotos, mit Bildbeschriftungen, die über das rein Beschreibende nur selten hinausgehen. So steht neben einem Foto von einem gelben Kleid mit Sternenmuster "Miu Miu verwendet oft hübsche Muster, wie etwa dunkle Sterne auf hellgelbem Grund". Im Textteil finden sich viele Sätze, die man in Imagebroschüren häufig liest: sie klingen hübsch, benutzen einige Schlagworte und enthalten keinerlei Informationen, so z.B. bei der Aussage über ein neues Parfum: "ein sinnliches, intensives und luxuriöses Eau de Parfum".

Natürlich gibt es auch Informatives und Interessantes. So werden Hintergründe von Mustern und Designs, Engagement für Kunst und Weiterentwicklung von bewährten Erfolgsstilen erwähnt. Diese Informationen sind aber recht spärlich, wiederholen sich und versinken in enthusiastischen Werbefloskeln - die ständige Lobudelei war anstrengend und enervierend. Da überrascht es wahrscheinlich auch nicht, dass sich kein einziger kritischer Satz über die von Prada auch nach 2010 noch reichlich verwendeten und im Buch ebenso reichlich abgebildeten Pelze oder Angora findet.

Während das Chanelbuch Einblicke in die Unternehmensstrategie und Arbeitsweise, Chanels Person und weitere Hintergründe gab, die man eben nicht in jeder Zeitschrift liest, bleibt das Pradabuch auf dem Niveau eines Zeitschriftenartikels oder einer edel gestalteten Imagebroschüre. Auch die Textqualität ist im Vergleich wesentlich schwächer. Über Miuccia Prada erfahren wir dafür, daß sie dieses Unternehmen so enorm verändert und vorwärtsgebracht hat, enttäuschend wenig. Schön sind die von ihr im Buch in malerischer Schrift abgedruckten Zitate, aber das waren insgesamt (wenn ich keines übersehen habe) nur drei Stück.

Wer ein wenig in zahlreichen Fotos schwelgen möchte und nicht zu tiefgehende Informationen erwartet, wird mit diesem hübsch gestalteten Buch sicher recht glücklich werden. Mir war es leider - auch unter Berücksichtigung des "Little Book"-Konzepts, das naturgemäß keine Unternehmensanalyse sein kann und will - zu wenig.

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Veröffentlicht am 14.02.2022

Geruhsam und etwas blass

Gala und Dalí – Die Unzertrennlichen
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Von den ersten Seiten dieses Buches (mit gelungenem Einband!) über Salvador Dalí und seine Frau Gala war ich begeistert. Die Autoren schreiben bildhaft und eingängig, verstehen es, die Atmosphäre so zu ...

Von den ersten Seiten dieses Buches (mit gelungenem Einband!) über Salvador Dalí und seine Frau Gala war ich begeistert. Die Autoren schreiben bildhaft und eingängig, verstehen es, die Atmosphäre so zu schaffen, daß man alles vor sich sieht. Wir sind gleich mitten in der Handlung und es gibt schon genügend Andeutungen, die neugierig auf das weitere Geschehen machen - es ist das Jahr 1929, Gala steht kurz davor, Salvador kennenzulernen. Leider hielt das Buch nicht gänzlich, was der Anfang versprach.
Das Erzähltempo ist gemächlich, insgesamt begleiten wir das Paar nur bis 1931, was bedauerlich ist, da die interessantesten Entwicklungen und Geschehnisse keinen Eingang in das Buch finden. Während es zu Beginn noch angenehm ist, ein Gefühl für Charaktere und Atmosphäre zu bekommen, zieht sich die Geschichte leider schon bald sehr. Hier fand ich insbesondere das zweite Viertel des Buches anstrengend, das sich über etwa 90 Seiten fast wie ein Reiseführer liest und die Handlung so gut wie gar nicht voranbringt. Wir begleiten Dalí und Gala, so wie einige der leider sehr blassen Nebencharaktere, einige Tage lang auf Besichtigungstour und die Autoren scheinen den Wunsch gehabt haben, alles, was sie über die Gegend gelesen haben, dort hineinzupacken. Wenn das Lokalkolorit die Handlung aufhält und überlagert, ist das frustrierend.
Auch die Vorliebe für Beschreibungen wird zunehmend anstrengend. Wenn jedes Zimmer, in dem sich einer der Charaktere zehn Minuten lang aufhält, genau beschrieben wird, fehlt der Sinn und die Lektüre wird zäh. Gleiches gilt für die seitenlangen Gedankenbeschreibungen, bei denen ich öfter wünschte, die Autoren hätten die „zeigen, nicht erzählen“-Regel mehr berücksichtigt. Dem Leser wird viel beschrieben, viel erklärt, manche Sätze über Dalís Arbeit haben etwas Handbuchartiges. Dies führt dann leider auch dazu, daß man weder die Charaktere, noch ihre Gefühle und Motivationen spürt. Gerade Dalís etwas spezielle Art wird nur andeutungsweise lebendig. An manchen Stellen wirkte es wie die Geschichte eines beliebigen Künstlerpaars. Hier fand ich symptomatisch, daß die Autoren sich (wie im Nachwort erklärt) entschlossen, das etwas komplizierte Verhältnis Dalís zum Körperlichen außen vor zu lassen und „dem jungen Salvador die Freuden des Liebeslebens nicht vorzuenthalten“. Das ist nett, aber nicht unbedingt authentisch und nimmt einen weiteren ungewöhnlichen Aspekt aus der Betrachtung.
Allgemein stimmte für mich durchweg die Gewichtung nicht. Viel Nebensächliches wird ausführlich und wiederholt behandelt, viel Interessantes geht u.a. durch den knappen Zeitrahmen und die distanzierte Erzählweise unter. Über die Menschen Salvador und Gala habe ich weitaus weniger erfahren als erwartet und mich beim Lesen leider oft gelangweilt.
Positiv ist zu erwähnen, daß der eingängige Schreibstil beibehalten wird und es zwar viel zu viele Beschreibungen gibt, diese an sich aber schön bildhaft sind. Auch gibt es Stellen, an denen die Informationen gelungen vermittelt werden, besonders gut gefiel mir die Beschreibung eines von Dalís Bildern mittels eines Dialogs. Es gibt berührende Stellen und gute Informationen. Insgesamt ist der Eindruck aber leider durchwachsen.

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