Beruht auf wahren Begebenheiten
Die 72-Jahre alte Anna wird am Weihnachtstag ermordet aufgefunden. Die Frau ist nicht nur ermordet, sondern auch ausgeweidet worden. Im Dorf ist man entsetzt, vermutet Landstreicher oder andere Fremde ...
Die 72-Jahre alte Anna wird am Weihnachtstag ermordet aufgefunden. Die Frau ist nicht nur ermordet, sondern auch ausgeweidet worden. Im Dorf ist man entsetzt, vermutet Landstreicher oder andere Fremde als Täter. Viel Mitleid hat man mit der Toten allerdings nicht, gilt sie ja als verrückt. Anna hat während der Geburt einen Sauerstoffmangel erlitten und ist gemeinsam mit ihren beiden Schwestern in einem lieblosen, ärmlichen Haus aufgewachsen.
Als dann Hilde, eine der Schwestern wegen geistiger Verwirrung in ein Heim kommt und Elsa, die andere, einen plötzlichen Herztod stirbt, bleibt die zurückgebliebene Anna allein und verwahrlost zurück.
Obwohl man gewöhnlich über Tote nichts Schlechtes sagt, wird die Verstorbene so charakterisiert:
„Die Elsa war sogar zum Sterben zu faul.“
Die polizeilichen Ermittlungen gestalten sich als schwierig, denn die Dorfbewohner mauern, denn es kann ja keiner von ihnen gewesen sein.
Meine Meinung:
Autorin Tina Seel hat mit diesem Krimi eine gespenstische dörfliche Welt in Szene gesetzt. Sie entführt uns in ein kleines Dorf in den 1970er Jahren. Man sagt zwar immer, die Großstadt ist das Übel, weil man einander nicht kennt. Doch alles von den Nachbarn zu wissen, ist auch oft verhängnisvoll.
In ihrem Nachwort erläutert sie, dass dieser Krimi an einer wahren Begebenheit Anleihe genommen hat.
Die Geschichte ist fesselnd geschrieben und manchmal kaum zu ertragen. Die Menschen sind gut beschrieben. Nur wenige wirken sympathisch. Die meisten, Frauen wie Männer, haben wenig einnehmende Eigenschaften. Die Kinder werden nach der schwarzen Pädagogik erzogen, mehr Prügel als Nahrung. Für Liebe ist wenig Platz.
Ich habe schnell herausgefunden, wer der Täter ist, zumal wir ihm ja über die Schulter schauen dürfen bzw. an seinen Gedanken teilhaben dürfen. Eigentlich ist er ein Opfer seiner Umgebung, was aber die grausame Tat an einer wehrlosen alten Frau keinesfalls rechtfertigt.
Sprachlich ist dieser Krimi ein Genuss.
„Weil aufgrund dieser Frage, deren Sinn er nicht verstand, in seinem Hirn noch Gegenverkehr herrschte, musste er das noch ein drittes Mal machen.“ (S.82).
Es ist immer wieder faszinierend, über die Arbeit der Kriminalisten von früher zu lesen, als weder DNA-Abgleich noch andere technische Hilfsmittel zur Verfügung gestanden sind.
Fazit:
Ein Krimi, der in einer tristen Umgebung spielt und auf einer wahren Begebenheit beruht. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.