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Veröffentlicht am 01.06.2022

Keine Familiensaga

Der Papierpalast
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Papierpalast ist der scherzhafte Name der Ferienhütten, in denen Elle Bishop seit jeher ihre Sommer verbringt. Der Großvater hatte sie früher mal mit billigem Material erbaut (deshalb der Name) und so ...

Papierpalast ist der scherzhafte Name der Ferienhütten, in denen Elle Bishop seit jeher ihre Sommer verbringt. Der Großvater hatte sie früher mal mit billigem Material erbaut (deshalb der Name) und so wurde das Feriendomizil zur Familieninstitution. Die Unbeschwertheit der kindlichen Sommerferien wird durch schlimme Taten des Stiefbruders beendet. Es wird ein schwarzer Sommer für Elle Bishop, der zugleich ein Wendepunkt in ihrem Leben bedeutet. 
Nun aber steht sie 50-jährig wieder in dem Ferienhaus und muss sich zwischen ihrem Ehemann und ihrer Jugendliebe entscheiden. Zusammen mit dem Leser lässt sie ihr gesamtes Leben Revue passieren. Dabei kommen Elle, ihre Mutter und auch ihre Schwester nicht gut bei weg. Erschreckend, wie alle drei Frauen auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Dabei lügen und betrügen sie, dass sich die Balken biegen. Mich hat das sehr gestört, obwohl die Autorin diese Lebensgeschichten sehr positiv erzählt, sodass man eigentlich Verständnis aufbringen sollte. 
Jedenfalls sind die Lebenswege sehr bewegt und damit interessant. In Rückblenden, die in der Hörbuchversion nicht immer sofort als solche erkenntlich sind, wird Elles Werdegang seit ihrer Kindheit aufgerollt. Es ist spannend, wie sie sich entwickelt, und erst recht, als sie ihre mittlerweile erwachsen gewordene Jugendliebe Jonas aus dem Papierpalast per Zufall wieder trifft. Wie sie sich letztendlich entscheidet, ist für mich zweitrangig geblieben.
Die Geschichte liest sich sehr flüssig, ist aber nicht die unterhaltsame Familiengeschichte, die man eigentlich laut Klappentext erwartet hat.  
Vera Teltz macht sich wie immer großartig als Vorleserin.

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Veröffentlicht am 31.05.2022

Eine geheinmisvolle Vergangenheit

Das verschlossene Zimmer
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Der Roman spielt in Krakau. Hier zieht der renommierte Arzt Dominik Karski seine Tochter Marie alleine groß. Maries Fragen nach ihrer Mutter weicht er aus.
Marie ist intelligent. Sie möchte ebenfalls Medizin ...

Der Roman spielt in Krakau. Hier zieht der renommierte Arzt Dominik Karski seine Tochter Marie alleine groß. Maries Fragen nach ihrer Mutter weicht er aus.
Marie ist intelligent. Sie möchte ebenfalls Medizin studieren, um wie ihr Vater Leben zu retten. Doch 1939 werden in Polen noch keine Frauen an der Universität angenommen. Karski ist darüber erleichtert. Er hat andere Pläne für seine Tochter. Nur in einer reichen Heirat wüsste er sie ausreichend geschützt, wenn sein dunkelstes Geheimnis ans Licht kommt und damit die bürgerliche Fassade ihrer beider Leben zusammenbricht.
Marie heiratet tatsächlich. Ja, sogar einen wohlhabenden Mann. Doch Ben ist Jude und Marie konvertiert zu seiner Religion.
Der Gedanke an ihre Mutter lässt sie immer noch nicht los. Darum beginnt sie auf eigene Faust mit Nachforschungen. Sie findet Unglaubliches heraus. Und während ihre ganze Welt erschüttert wird, bricht auch das Leben in Krakau zusammen, weil die Deutschen in Polen einmarschiert sind. Hier findet der Roman ein sehr ergreifendes Ende.
Das Buch ist sehr unterhaltsam geschrieben. Man kann sich Marie, Dominik und Ben sehr gut vorstellen; ebenso die bereits faschistisch eingestellten Kollegen und Nachbarn. Dennoch kratzt der Inhalt nur leicht an der Oberfläche. Anders kann man sich die Naivität von Marie nicht erklären. Wie kann eine so intelligente junge Frau nicht ein Mindestmaß an politischer Allgemeinbildung aufweisen? Sie ist völlig erstaunt, dass sie als Jüdin so schlecht behandelt wird. Es kann doch nicht sein, dass sie vorher nicht die Zeichen der Zeit in ihrer Umgebung wahrgenommen hat. Marie kommt mir vor wie ein verwöhntes Einzelkind, das partout mit dem Kopf durch die Wand will und taub gegen alle Ratschläge ist. Weil sie aber so eine gute Bildung und auch eine hohe Intelligenz besitzt, empfinde ich ihre Charakterisierung nicht als stimmig.
Ihr Vater Dominik dagegen ist mir ans Herz gewachsen. Er geht gradlinig seinen Weg. Seine Patienten behandelt er alle gleich, egal welcher Herkunft sie sind. Er hat so einen guten Charakter, dass man sich ratlos fragt, welch dunkles Geheimnis von ihm um jeden Preis gehütet wird.
Dieses Geheimnis macht auch einen Großteil der Spannung aus. Dennoch hat mir das gewisse Etwas in der Handlung gefehlt. Alles dümpelt vor sich hin, bis die Auflösung  dann wirklich mit einem unerwarteten Knalleffekt aufwartet.
Als unterhaltsame Lektüre ist das Buch durchaus geeignet, aber man sollte nicht mit allzu viel Tiefgang rechnen.

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Veröffentlicht am 21.05.2022

Scheinheiligkeit

Jigsaw Man - Der tote Priester
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DI Anjelica Henley und ihr Team sind mir noch in guter Erinnerung vom ersten Band. Auch diesmal geht es blutig und spannend los. Ein selbst ernannter Pastor einer florierenden Kirchengemeinde, der übrigens ...

DI Anjelica Henley und ihr Team sind mir noch in guter Erinnerung vom ersten Band. Auch diesmal geht es blutig und spannend los. Ein selbst ernannter Pastor einer florierenden Kirchengemeinde, der übrigens sexuell sehr umtriebig gewesen ist, wird tot in seinen Räumen aufgefunden. Bei der Durchsuchung des gesamten Gebäudekomplexes wird ein misshandelter Mann mehr tot als lebendig aus einem verborgenen Raum gerettet. 
Gehören die Taten zusammen?
Es gibt weitere Tote und Verletzte mit ähnlichen Folterspuren. Es scheint sich um einen brutalen Exorzismus-Ritus zu handeln, der sich auf psychisch Kranke konzentriert. Auch DNA des toten Pastors wird auf den Opfern gefunden.
Das Ermittlerteam arbeitet unter Hochdruck. Die Politik und die Presse sitzen den Vorgesetzten wie immer im Nacken und diese geben den Druck nach unten weiter.
Auch privat läuft es bei Henley nicht rund. Ihr Mann will ein zweites Kind und ihre ehemalige, geheime Büroaffäre sorgt gründlich für eine schlechte Stimmung im Team.
Man merkt schon, in diesem Thriller ist allerhand los. Viele Verdächtige, viele Schauplätze. Die Autorin behält den Überblick, sodass auch der Leser keine Schwierigkeiten hat, der Handlung zu folgen. Vielleicht hätte das letzte Drittel etwas gestrafft werden können, aber das Finale reißt alles wieder raus. Von mir eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 18.05.2022

Rachefeldzug

Nebelopfer
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Vor Jahren wurden auf einem Bauerhof in der Elbmarsch eine Frau und zwei ihrer Söhne brutal mit dem Gewehr erschossen. Nur der Jüngste konnte schwer traumatisiert überleben. Seitdem sitzt der Vater für ...

Vor Jahren wurden auf einem Bauerhof in der Elbmarsch eine Frau und zwei ihrer Söhne brutal mit dem Gewehr erschossen. Nur der Jüngste konnte schwer traumatisiert überleben. Seitdem sitzt der Vater für die Tat im Gefängnis, obwohl er immer seine Unschuld beteuerte.
Doch nun kommt Bewegung in den alten Fall. Drei Männer werden getötet, weil sie angeblich im Prozess falsch ausgesagt haben. Bjarne Haverkorn, den man schon aus den Vorgängerbänden kennt, wird entführt und Frida hat nur 48 Stunden, um den wahren Mörder von damals zu entlarven.
Die Kriminalhandlung ist sehr spannend und, wie ich finde, auch logisch konstruiert. Doch wieder einmal gibt es zu viel Privates zwischendurch. Zwischen Frida und Torben kriselt es gewaltig, aber die beiden benehmen sich auch wie unreife Kinder. 
Das bleibt allerdings mein einziger Kritikpunkt, denn das Buch hat mich gut unterhalten. Die Autorin hat eine muntere, mitreißende Erzählweise und wird uns hoffentlich noch ein paar weitere Folgen mit Frida Paulsen bescheren. Man muss doch schließlich wissen, ob der neue Kollege gut ins Team passt.

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Veröffentlicht am 09.05.2022

3-Generationen-Schicksal

Via Torino
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Aja Leuthner lässt ihre Leser am Lebensweg von drei Generationen teilhaben.
Eleonora wuchs wohlbehütet auf, doch ihr Herz schlägt für die Arbeiterbewegung. Sie bricht ihr Jurastudium ab und schließt sich ...

Aja Leuthner lässt ihre Leser am Lebensweg von drei Generationen teilhaben.
Eleonora wuchs wohlbehütet auf, doch ihr Herz schlägt für die Arbeiterbewegung. Sie bricht ihr Jurastudium ab und schließt sich den Arbeiterprotesten in Turin an. Dort lernt sie auch ihre große Liebe Valerio kennen.
Die beiden leben in Deutschland und ziehen ihre gemeinsame Tochter Rosalia groß. Rosalia hat als Gastarbeiterkind viel Diskriminierung erfahren. Und ausgerechnet ein Italiener bricht ihr das Herz.
Sie kann beruflich durchstarten, weil Eleonora und Valerio sich um ihre kleine Tochter Milena kümmern.
Die drei Frauen sind das Kernthema des Romans. Jede ist einzigartig, jede ist willensstark und durchsetzungsfähig.
Dem Lauf der Familiengeschichte bin ich mit großer Spannung gefolgt. Weniger gefallen hat mir der allzu ausführliche Bericht über die Arbeiterdemos in Turin. Da hätte man gehörig kürzen können, was dem Spannungsbogen gutgetan hätte.
Ansonsten ist es eine gefühlvolle, in sich abgeschlossene Handlung, die mit gut charakterisierten Protagonisten stringent erzählt wird.

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