Ein tiefgründer Roman mit einem interessanten Figurengeflecht
Inhalt: Die hochschwangere Iona steht vor dem Haus von Tahvo, ihrem Vater, den sie noch nie getroffen hat. Doch auf ihr Klingeln reagiert niemand. Kurzerhand bricht sie in das Haus ein. Allerdings bleibt ...
Inhalt: Die hochschwangere Iona steht vor dem Haus von Tahvo, ihrem Vater, den sie noch nie getroffen hat. Doch auf ihr Klingeln reagiert niemand. Kurzerhand bricht sie in das Haus ein. Allerdings bleibt der Einbruch nicht lange unbemerkt: Tine, eine Nachbarin, die eine besondere Beziehung zu Tahvo hat, wird bei Iona vorstellig. Da Tahvo verschwunden bleibt, begeben sich die beiden auf Spurensuche. Und ehe sie es sich versehen, schließt sich eine dritte Frau der Suche an…
Persönliche Meinung: „Als hätte jemals ein Vogel verlangt, dass man ihm ein Haus baut“ ist ein Roman von Marie Malcovati. Erzählt wird die Handlung von einem auktorialen Erzähler, der wechselweise Leben und Gedankenwelt der drei weiblichen Figuren (Iona, Tine und Karolin), die Tahvos Verbleib nachspüren, beleuchtet. Gerade zu Beginn der Handlung ist die Beziehung der drei suchenden Frauen, die gewissermaßen eine Schicksalsgemeinschaft bilden, eher durch rivalisierende Gedanken geprägt. Einziger gemeinsamer Bezugspunkt ist zunächst allein die Suche nach Tahvo, der Abdrücke in jedem der drei Leben hinterlassen hat. Je weiter der (unfreiwillige) Road-Trip jedoch voranschreitet, desto stärker entwickeln sich Sympathien zwischen den dreien. Was Iona, Tine und Karolin bewegt, was genau sie antreibt, bleibt anfangs eher offen und wird erst sukzessiv deutlich: Nach und nach, in Vergangenheitssequenzen, werden die Hintergrundgeschichten der drei weiblichen Figuren erzählt, wodurch sich eine latente Spannung durch den Roman zieht. Tahvo, gewissermaßen das Ziel der Handlung, ist im Vergleich zu den Protagonistinnen schemenhaft gezeichnet. Er agiert fast nur in den Vergangenheitssequenzen und bleibt – bis zuletzt – in einem diffusen Licht. Nicht Tahvo ist Kern des Romans, sondern die Lebenslinien von Iona, Tine und Karolin, die sich an einem bestimmten Punkt mit Tahvos Linie überschnitten. Auch der Erzählstil von Marie Malcovati hat mir sehr gut gefallen. Er ist immer klar und deutlich, zugleich poetisch und psychologisch-sezierend. So werden vergangene und gegenwärtige Problemlagen der Figuren geöffnet, innere Konflikte ausgefochten, Brüche im Leben thematisiert und traumatische Ereignisse behandelt. Dabei finden sich immer wieder tiefgründige Gedanken, die auch jenseits der Denke der einzelnen Figuren Relevanz besitzen. Insgesamt ist „Als hätte jemals ein Vogel verlangt, dass man ihm ein Haus baut“ ein sprachlich schöner, tiefgründiger Roman mit einem interessanten Figurengeflecht.