Ein großes kleines Buch
Svendborg 1937Mit zarten, leisen Worten erzählt Tanja Jeschke in „Svendborg 1937“ die Geschichte der jüdischen Familie Dinkelspiel, die Anfang 1937 nach Dänemark flüchtete. Im Fokus der Erzählung steht Meret, damals ...
Mit zarten, leisen Worten erzählt Tanja Jeschke in „Svendborg 1937“ die Geschichte der jüdischen Familie Dinkelspiel, die Anfang 1937 nach Dänemark flüchtete. Im Fokus der Erzählung steht Meret, damals gerade siebzehn Jahre alt. Distanziert und vorsichtig schildert die Autorin zunächst aus einer auktorialen Perspektive Merets Misstrauen ob der vermeintlichen Sicherheit, die das Leben in Dänemark bieten soll, ihre Sorge um das Wohlergehen der Eltern und ihrer Schwester Ricarda besorgt – und ihre Rastlosigkeit. Trotz all der Freuden des Lebens, die sie wiederentdeckt – den Tivoli, die Strandbesuche, verliebte Blicke zu den jungen Männern in Kopenhagen –, bleibt aber doch immer eine gewisse Traurigkeit, die durch ihre immer weiter kreisenden Gedanken ob des Status der Juden in der Gesellschaft und dem Sinn des Lebens im Exil zum Ausdruck gebracht wird. Es ist wahrlich nicht einfach für sie, unter solchen Bedingungen aufzuwachsen und eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln.
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Mit dem Eintritt der Frauen Brechts in ihr Leben und dem ihr zugewandten Rücken des großen Autors, der für sie symbolisch für das Leben steht, das er – ebenso wie die Familie Dinkelspiel – in Deutschland hinter sich ließ, beginnt sie, ihre Erlebnisse und Gedanken aufzuschreiben; die Erzählperspektive wandelt sich, wird persönlicher, intimer, mein Herz zog sich ob der sich zuspitzenden Situation immer mehr zusammen, eine Eisenfaust in meiner Brust. Es sind die leisen Töne, in denen der Roman seine Stimme entfaltet, kleine Dinge, vermeintlich alltägliche Beschreibungen und Charakterisierungen, die im Kleinen wirken und betroffen machen: die Geschichte hinter dem Bild von Mitsch-Forch, Friedrichs Behinderung, die Salzschale der Tante. Eingebettet in das Kriegsgeschehen Ende der 1930er Jahre, wenn auch einer anderen Perspektive, als man sie aus dem Geschichtsunterricht kennt, erzeugt die Autorin durch die Einbindung und Nennung großer Literaten und Künstler eine besondere Art des Wiedererkennens und der Verbundenheit. Trotz der unendlich schmerzhaften und schweren Thematik erzeugt sie durch ihre liebevollen, empathischen Worte so viel Wärme, dass ich gerne noch viel länger, detaillierter Merets Leben gefolgt wäre. Eine große, kleine Geschichte, die im Herzen bleibt.