Heimat für Heimatlose
Der sympathische Co-Autor dieses Buchs, Elyas Jamalzadeh, wurde im Iran geboren. Schon vor seiner Geburt mussten seine Eltern aus Afghanistan fliehen, doch auch im Iran sind sie nicht gern gesehen. Der ...
Der sympathische Co-Autor dieses Buchs, Elyas Jamalzadeh, wurde im Iran geboren. Schon vor seiner Geburt mussten seine Eltern aus Afghanistan fliehen, doch auch im Iran sind sie nicht gern gesehen. Der tägliche Überlebenskampf ist hart, wenn man keine Papiere hat, und offiziell nicht im Land leben darf. Wie geht es da erst den Kindern? Elyas wünscht sich sehnlich in die Schule zu gehen, doch er muss schon als Kind mit Gelegenheitjobs zum Familieneinkommen beitragen.
Als Elyas und seine Eltern gar keine Überlebensperspektive mehr haben, entschließen sie sich zur Flucht. Der Weg ist schrecklich. Eisig kalt und gefährlich, gefüllt mit Fehlstarts, Betrug, enttäuschten Hoffnungen. Und immer wieder aussichtslose und unsagbare Lebensgefahr. Erschwerend kommt hinzu, dass Elyas‘ Eltern auf dem beschwerlichen Weg kaum mitkommen, und stark auf die Hilfe ihres Sohnes angewiesen sind. Dabei ist es so schwer in den chaotischen Nächten der Flucht zusammenzubleiben!
In Europa angekommen hören die Schwierigkeiten nicht auf. Elyas beschreibt das schwere Einleben im fremden Land, das Staunen über die so andersartigen Lebensmittel, aber auch die Verwunderung über hilfsbereite, liebevolle Menschen und die vielen Möglichkeiten zur Bildung. Dankbarkeit strahlt aus den Seiten hervor. Bei alldem gibt es aber immer wieder neue Herausforderungen. Doch die Integration gelingt, vor allem dank einiger engagierten Frauen im Leben von Elyas.
Dieses Buch gehört zu meinen Lieblingsbüchern! Der Inhalt ist unglaublich spannend und fesselnd, und die Erzählweise ist kreativ und einfallsreich. Es dauert ein paar Seiten, bis man sich an den Erzählstil gewöhnt hat, doch dann ist dieses Malen von Gefühlen mit Hilfe von Sprachbildern einfach nur toll. Es ist geradezu eine Kunst, wie Angst oder Schmerz dargestellt werden. Das ist wohl vor allem den Einfällen von Elyas‘ Freund, Andreas Hepp, zu verdanken, der hier Elyas‘ Geschichte wiedergibt.
Dieses Buch beantwortet Fragen, die sich Deutsche manchmal angesichts der Flüchtlingsströme stellen – Warum kommen sie hierher? Wie ist es in einem kleinen Boot auf dem Mittelmeer? Wie werden Schleuser gefunden und bezahlt? Wie passiert man eine Grenze? Was geschieht, wenn man von der Polizei aufgegriffen wird?
Der zweite Teil, in dem Elyas sein Einleben in der neuen Heimat beschreibt, ist besonders berührend. Er kann die unglaubliche Freundlichkeit einiger Österreicher kaum fassen. Da ist ein Mann, der große Ähnlichkeit mit dem barmherzigen Samariter hat, eine Schulklasse, die sich für ihn einsetzt, eine zukünftige Schwiegermutter, die immer für ihn da ist. Neben der Dankbarkeit über diese liebevollen Menschen, staunt Elyas über vieles in Europa, das für uns so selbstverständlich ist. Die Freiheit im Krankenhaus behandelt zu werden oder in die Schule zu gehen, und ganz schlicht und ergreifend, einfach die Freiheit!
Fazit: Ein Buch, das begeistert – zum einen durch die informative, authentische und doch gefühlvolle Wiedergabe der Erlebnisse auf der Flucht, zum anderen durch die kreative Verwendung der Sprache. Ganz besonders empfehlenswert, und eins meiner Top-Bücher!