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Veröffentlicht am 12.06.2022

Kaffee in schwierigen Zeiten

Töchter der Speicherstadt – Der Geschmack von Freiheit
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Hamburg 1929. Maria hat den Kaffeehandel von Behmer und Söhne über die Jahre gemeinsam mit Gustav Ehmke erfolgreich geführt. Nur der Zutritt zur Kaffeebörse bleibt ihr weiterhin verwehrt. Und Töchter Cläre ...

Hamburg 1929. Maria hat den Kaffeehandel von Behmer und Söhne über die Jahre gemeinsam mit Gustav Ehmke erfolgreich geführt. Nur der Zutritt zur Kaffeebörse bleibt ihr weiterhin verwehrt. Und Töchter Cläre würde lieber studieren als zu heiraten und als sie Fritz Waltershausen kennenlernt steht ihr Leben kopf. Doch bald werden die Zeiten härter und Cläre muss Entscheidungen treffen, die nicht nur sie, sondern auch die Firma betreffen.

In diesem zweiten Band der Kaffee-Saga begleiten wir nun vor allem Cläre durch ihr Leben. Sie hat Träume, möchte gerne studieren und sich das Leben nicht durch andere diktieren lassen. Doch sie muss erkennen, dass das nicht so einfach wie gedacht ist und ihr die Firma der Mutter doch sehr am Herzen liegt. Die Zeit des Nationalsozialismus ist schwierig für die Firma und auch für die Familie, hat Cousine Emma doch einen strammen Nazi geheiratet und ist selbst durch und durch der Bewegung verschrieben. Wohingegen Cläre damit nichts anfangen kann.

Mir hat das Buch wieder ausgesprochen gut gefallen. Es war schön Maria und Gertrud noch einmal zu erleben und auch zu sehen, wie es Cläre weiter ergeht. Ihr Entwicklung hat mir gut gefallen, auch wie sie erkennt, dass sie sich für die Firma verändern muss. Auch wenn sie zeitweise eher gar nicht anders handeln kann, als sie es dann tut, wirkt sie am Ende doch zufrieden mit ihren Entscheidungen.

Auch dieser Band der Reihe endet mit einem Paukenschlag, der Lust auf das nächste Buch macht. Dort werden wir dann Cläres Tochter Anna begleiten. Ich bin schon sehr gespannt darauf.

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Veröffentlicht am 05.06.2022

Bücher und Träume

Worte und Wunder
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Ruth Klinger wollte schon immer die Buchhandlung ihres Vaters übernehmen, doch der wollte lieber an seinen Sohn Friedrich übergeben. Doch nach dem Krieg leben die beiden beide nicht mehr und Ruth macht ...

Ruth Klinger wollte schon immer die Buchhandlung ihres Vaters übernehmen, doch der wollte lieber an seinen Sohn Friedrich übergeben. Doch nach dem Krieg leben die beiden beide nicht mehr und Ruth macht sich daran, die Buchhandlung Klinger wieder aufzubauen. An ihrer Seite hat sie dabei Rosa, ihre Schwägerin, allerdings kommen die beiden nicht so richtig gut miteinander aus. Außerdem werden den beiden viele Steine in den Weg gelegt, erst der allgemeine Mangel, dann die Zeit der Luftbrücke.

Ann-Sophie Kaiser nimmt uns mit ins Berlin der Nachkriegsjahre. Vor der Währungsreform läuft die Buchhandlung eher schlecht und als nach der Währungsreform auch noch die Blockade das Leben schwer macht, ist an ein erfolgreiches Geschäftsleben erst recht nicht zu denken. Und doch gibt Ruth ihren Traum nicht auf. Manchmal war sie mir dabei auch ein wenig zu verbissen, so lässt sie eigentlich keine andere Meinung als die eigene zu und das Verhältnis zu Rosa wird erst besser, als Ruth erkennt, dass es ohne Hilfe eben doch nicht geht. Dann taucht noch Lore auf, die ein Geheimnis bewahrt, das das Familengefüge noch einmal durcheinanderwürfeln kann.

Mir hat das Buch gut gefallen, man konnte sich Berlin und die Zeit dort richtig gut vorstellen und mit der Familie Klinger mitfiebern. Gut gefallen hat mir Lores Rolle, die immer wieder versucht Ruth davon zu überzeugen, neue Wege mit der Buchhandlung zu gehen. Und auch Rosas Figur fand ich toll, hier findet eine wirklich interessante Entwicklung statt. Am Anfang wirkt sie sehr naiv und auch fern der Welt, aber sie tut alles dafür, die Familie zusammenzuhalten. Dabei wird sie immer selbstbewusster und findet ihren Platz.

Ich kann das Buch empfehlen, es gibt einen guten Einblick in die Zeit nach dem Krieg und in die Berliner Geschichte damals. Mir hat es viel Spaß bereitet die Geschichte der Klingers zu lesen. Interessant wäre auch eine Fortsetzung des Buches, bietet sich doch am Ende noch einmal eine neue Perspektive für Ruth und ihre Buchhandlung.

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Veröffentlicht am 29.05.2022

Leben in schwierigen Zeiten

Das Leben in unseren Händen
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Hannah und Ada haben es gerade noch nach Amerika geschafft, mit einem der letzten Schiffe. In New York warten sie bei einer Tante auf ihre Eltern und den kleinen Bruder. Ada ist schwanger auf diese Reise ...

Hannah und Ada haben es gerade noch nach Amerika geschafft, mit einem der letzten Schiffe. In New York warten sie bei einer Tante auf ihre Eltern und den kleinen Bruder. Ada ist schwanger auf diese Reise gegangen, ihr Kind kommt in New York viel zu früh auf die Welt. Doch Hannah gelingt es, die kleine Sarah zu retten, indem sie sie in die Obhut von Dr. Couney gibt, einer Koryphäe was Frühgeburten betrifft. Und hier findet sie auch die Perspektive für ihr Leben in diesem neuen Land.

Hannah ist eine Kämpferin, die alles dafür tut, dass es ihrer Nichte gut geht. Ihre Schwester Ada wirkt meist sehr unterkühlt und gibt nicht viel von sich Preis. Ihre Geschichte erfahren wir erst nach und nach und es wird klar, warum sie ihr Leben so lebt, wie sie es tut.

Die beiden kommen bei ihrer Tante Judith und deren Mann Simon unter. Anfangs ist das etwas schwierig, Judith wirkt sehr unnahbar. Und auch hier dauert es eine Weile, bis sich die Familienmitglieder aufeinander einlassen können.

Hannah ist in Deutschland zu Krankenschwester ausgebildet worden und erhält bei Dr Couney die Chance als solche zu arbeiten und hier erhält sie auch die Unterstützung, um ihren Traum von einem Medizinstudium zu erfüllen. Und auch die Liebe darf nicht fehlen, allerdings geht diese manchmal ungewöhnliche Wege.

Mich hat das Buch sehr berührt. Die Geschichte ist komplett aus Hannahs Sicht geschildert und man bangt und fiebert mit ihr mit. Sie nimmt viel auf sich für ihre Familie und kann sich Träume erfüllen. Und doch schwingt immer die Sorge um die Restfamilie in Europa mit. Gerade diesen Zwiespalt fand ich gut geschildert, einerseits das normale Leben, andererseits die Angst um die Eltern. Ich konnte das sehr gut mitfühlen. Ich fand es spannend Hannah bei ihrem Studium zu begleiten und gerade die Psychologie Vorlesungen, die Ansicht und Theorien dazu fand ich sehr interessant. Und man sieht wie wenig sich in Kriegszeiten doch geändert hat. Die Parallelen zu heute sind doch sichtbar.

Ich kann das Buch sehr empfehlen, ich habe es sehr gerne gelesen und nach einem bittersüßen Ende zugeklappt.

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Veröffentlicht am 21.05.2022

Science Fiction mal anders

Unter uns die Nacht
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Unter uns die Nacht spielt vor allem in der Gemeinschaft der Exodus-Flotte. Hier wohnen die Nachfahren derer, die sich einst von der Erde auf in diesen Schiffen auf den Weg ins All gemacht haben, um dort ...

Unter uns die Nacht spielt vor allem in der Gemeinschaft der Exodus-Flotte. Hier wohnen die Nachfahren derer, die sich einst von der Erde auf in diesen Schiffen auf den Weg ins All gemacht haben, um dort ein neues Zuhause zu finden. Wir begleiten eine Handvoll Menschen, einen Querschnitt durch die Gesellschaft dort. Tessa lebt mit ihrer Familie dort und ist als Lagerarbeiterin tätig. Ihre Tochter Aya ist traumatisiert, da sie den schweren Unfall des Wohnschiffs Oxomoco miterlebt hat. Dieser Unfall bestimmt auch das Leben der anderen Protagonisten. Einmal Isabel, die das Ereignis als Archivarin aufgezeichnet hat, Eyas, die sich als Hüterin um die Verstorbenen kümmert. Kip geht noch zu Schule und plagt sich mit Zukunftsängsten und Saywer lebt zum Zeitpunkt des Unfalls auf Mushtullu und bekommt durch die Nachrichten eine Ahnung davon, was es heißt in der Exodus Flotte zu leben. Er macht sich daraufhin auf den Weg, weil er dieses Leben für sich entdecken möchte. Saywer ist das Bindeglied zwischen den anderen Protagonisten und stößt mit seinem Schicksal Veränderungen im Leben der anderen an.

In diesem Buch geht es weniger um die Einzelschicksale der Personen, es geht mehr um die Art der Gesellschaft, die sich in der Exodus Flotte etabliert hat. Durch die unterschiedlichen Alter und Berufe lernt man die unterschiedlichen Sichtweisen gut kennen. Isabel bekommt auch noch Besuch von einer Hermagianerin, deren Beobachtungen die einzelnen Teile einleiten. Hier bekommt man noch einmal eine völlig andere Sicht auf diese menschliche Gesellschaft.

Mir hat das Buch wieder ausgesprochen gut gefallen. Es lies sich gut lesen und durch die Perspektivwechsel wird einem klar, dass es kein gut und kein schlecht geben kann. Die Lebensweise der Exodiraner hat seine Vor- und seine Nachteile. Ich fand es schön, wie die Autorin es schafft die Dinge so zu beleuchten, dass man selbst feststellt, dass das was man anfangs für nicht so gut hielt, vielleicht doch auch seine positiven Seiten hat.

Das Buch ist sicher anders als die anderen beiden der Reihe, hat mir aber genauso gut gefallen. Die Autorin schafft ein ungewöhnliches Setting und schafft es dennoch, Themen, die auch uns beschäftigen, wie Digitalisierung und Ressourceneinsatz, so unterzubringen, dass man sich ganz nebenbei auch darüber Gedanken macht und einen anderen Blickwinkel bekommt.

Ich kann das Buch nur empfehlen. Es ist vielleicht ein etwas ruhigeres Buch, nichts desto weniger aber toll zu lesen und nachklingend.

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Veröffentlicht am 15.05.2022

toller Reihenauftakt1

Sternstunde
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Hanna hat im ersten Weltkrieg ihren Verlobten verloren. Seitdem er vor ihren Augen gestorben ist, bekommt sie Panikanfälle, wenn sie schwer verwundete Soldaten pflegen soll. Als sie daher das Angebot bekommt ...

Hanna hat im ersten Weltkrieg ihren Verlobten verloren. Seitdem er vor ihren Augen gestorben ist, bekommt sie Panikanfälle, wenn sie schwer verwundete Soldaten pflegen soll. Als sie daher das Angebot bekommt an der neuen Klinik Waldfriede in Zehlendorf zu arbeiten und dort die Gelegenheit bekommt das Krankenhaus als Röntgenschwester zu unterstützen, nutzt sie die Chance, um nicht mehr in solche Situationen zu kommen.

Wir erleben mit Hanna die ersten Jahre in Waldfriede. Die Geschichte wird aus ihrer Perspektive und der von Louis Conradi erzählt. Conradi ist der Gründer des Krankenhauses und Hannas Förderer. Zwischen den beiden entsteht ein starkes Band, doch Conradi ist verheiratet und Hanna vom Herzen her nicht frei. Da beide auch der Gemeinschaft der Adventisten des siebenten Tages angehören, gibt es auch keine Möglichkeit mehr als nur ein berufliches Miteinander zu haben.

Das Buch teilt sich in drei Teile, Aufbau und Renovierung des Krankenhauses, dann die erste Zeit, als alles noch ums Überleben des Hauses geht und anschließend die ersten Jahre, als sich langsam aber sicher der Normalbetrieb einspielt und das Krankenhaus auch mit der Ausbildung von Pflegepersonal beginnt. Corina Bomann konnte für diese Romanreihe auf die Niederschriften des belegten Vorbilds Hanna Rinder zurückgreifen, auf deren Geschichte die der fiktiven Hanna Richter beruht. Auch Louis Conradi hat es gegeben, er war tatsächlich der Gründer der Klinik Waldfriede.

Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Es wird nicht nur der Klinikalltag geschildert, man erfährt auch einiges über die Glaubensgemeinschaft der Adventisten. Hannas Gefühlsleben und die Sorgen und Hoffnungen Conradis spielen ebenfalls eine große Rolle. Mir hat diese Mischung extrem gut gefallen. Es war immer wieder spannend und es gab auch sehr schöne Stellen, an denen zwischenzeitlich auch einmal Ruhe und Alltag einkehrt. Für mich ist hier eine gute Balance getroffen worden.

Ich kann das Buch nur empfehlen, ich bin schon sehr gespannt, wie es weitergehen wird. Es werden wohl schwere Zeiten auf die Belegschaft zukommen und ich bin sicher, es wird einige, für mich neue Gesichtspunkte geben. Die Vorurteile gegen die Gemeinschaft sind ja schon von Anfang an recht ausgeprägt, daher interessiert es mich, wie das wohl in der Zeit des Nationalsozialismus weitergeht.

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