Ein Sommerbuch der besonderen Art
Eine der Hauptfiguren dieses Romans ist Abby. Sie ist 17 Jahre alt und lebt mit ihren Eltern in Massachusetts.
Ihre Oma ist vor einiger Zeit verstorben und nun schickt das Altenheim einige Dokumente, ...
Eine der Hauptfiguren dieses Romans ist Abby. Sie ist 17 Jahre alt und lebt mit ihren Eltern in Massachusetts.
Ihre Oma ist vor einiger Zeit verstorben und nun schickt das Altenheim einige Dokumente, die sie noch gefunden haben, zur Familie nach Hause. Da Abby neugierig ist, öffnet sie das Paket. Dort findet sie unter anderem ein Bündel mit Briefen, die sie öffnet. Denn diese sind an ihre Oma adressiert, die ihr ganzes Leben lang sehr verschwiegen war, was die Vergangenheit betrifft. Abby weiß lediglich, dass sie als junges Mädchen aus Deutschland flüchten musste. Denn sie war eine Jüdin in Zeiten des NS-Regimes, in dem die Juden zuerst verfolgt und später systematisch von Hitler in den Konzentrationslagern vergast wurden. Sie wurde mit 4 Jahren aus Deutschland fortgeschickt . Über Paris reiste sie mit einem Dampfschiff in die Staaten. Sie wurde bei einer jüdischen Familie in New York aufgenommen und lernte dort ihren Mann kennen und lieben. Abby und ihre Mutter haben nie erfahren, ob es noch lebende Nachfahren gibt. Ihre Großmutter wollte nichts erzählen und mit der Demenzerkrankung war es dann endgültig zu spät, um weitere Fragen stellen zu können.
Die Briefe stammen von einem gewissen Edward Barnabel und sind Liebesbriefe aus dem Jahr 1952 aus Nantucket, in denen ein Haus namens Golden Doors erwähnt wird. Doch Abbys Großvater hieß nicht so und ihre Großmutter hat nie erwähnt, dass sie mal in Nantucket war. Außerdem wird im letzten Brief eine Kette erwähnt, die Edward ihrer Großmutter nicht zurückschicken will. Sie soll sich diese, wenn persönlich, abholen. Alles klingt nach einer Liebesgeschichte, die aus Standesunterschieden tragisch endete.
Abby beginnt im Internet zu forschen und erfährt so, dass es ein großes Wirtschaftsprüfungsunternehmen mit diesem Namen gibt und Edward der Gründer der Firma ist. Sie erhofft sich, durch ihn vielleicht mehr über die Familiengeschichte ihrer Großmutter zu erfahren. Auch fragt sie sich, was es genau mit dieser erwähnten Kette auf sich hat.
Da Edward auf keinerlei Kommunikationsversuche reagiert, beschließt Abby in den nun nahenden Sommerferien persönlich nach Nantucket zu reisen, umso irgendwie an ihn herantreten zu können. Da ihr Freund erst vor ein paar Tagen mit ihr Schluss gemacht hat und sie ihm nicht ständig begegnen möchte, kommt ihr diese Möglichkeit noch besser vor.
Sie stellt ihre Eltern vor vollendete Tatsachen, dass sie über Umwege bereits einen Ferienjob in einem Buchladen erhalten hat. Da sie sehr gerne liest, hört sich das nach weniger Arbeit als Spaß für Abby an. Es gibt auch ein schlagendes Argument. Denn Abby möchte unbedingt Geschichte studieren an einer Privatuni. Dafür benötigt sie ein Vollstipendium, das leichter zu bekommen ist, mit einem hervorragenden Essay. Einen ganzen Sommer damit zu verbringen, die Historie der eigenen Familie aus Primärquellen zu erforschen, sollte somit schlagkräftig genug sein.
Ein Bett in einem Zimmer in Nantucket ist durch die Tante einer Freundin ihrer Mutter auch gefunden. So geben ihre Eltern Abby schweren Herzens nach.
Als sie auf der Insel ankommt, wird Abby klar, was genau sie da wirklich gemacht wird. Bei einem Telefonat, das sie mit ihrer besten Freundin führt, erfährt man, dass sie eigentlich ein eher schüchterner Teenager ist, der zusätzlich an ihrer Schule eher zu den Nerds zählt. Durch Abbys Zimmergenossin Jane, die sie mit auf eine Strandparty nimmt, findet sie ein wenig Anschluss. Zufällig ist unter diesen Freunden Lexi, die bei einem Cateringunternehmen arbeitet, das auf einer Feier des Golden Doors Hauses engagiert wurde. Lexi findet Abbys Geschichte, warum sie in Nantucket ist, so interessant, dass sie ihr ermöglicht, als Aushilfe mitzukommen und somit eventuell Edward Barnabell zu treffen.
Doch es kommt natürlich alles anders, als Abby es vorhatte. Denn in einem vollkommen unüberlegten Moment landet sie im Büro von Edward. Dieses ist leer. Auch wenn sie weiß ,dass es ein Fehler ist, fängt sie an das Büro zu durchsuchen. Tatsächlich findet sie in einem von vielen Fotoalben Bilder ihrer Oma Ruth Cohen, als ein Junge in ihrem Alter das Zimmer betritt, sie sieht und sich als Edward Barnabels Enkel herausstellt. Dieser hält Abby für eine Diebin. Warum auch sonst würde sie schließlich im Haus herumschleichen sollen und im Arbeitszimmer seines Großvaters landen?
Abby sitzt in der Klemme. Sie versucht Noah zu erklären ,dass sie nur auf der Suche nach Informationen sei und nichts stehlen wollte. Er lässt sie dennoch ihre Tasche entleeren und sieht sich ihren Führerschein an. Viel Zeit haben sie nicht, bis jemand anderes das Zimmer betritt und nach ihm verlangt wird. Obwohl Noah mehr als misstrauisch ist, gibt er ihr einen klitzekleinen Vertrauensvorschuss und deckt Abby mit einer Lüge.
Er lässt sich ihre Handynummer geben und eine Adresse, unter der er sie findet. Abby nennt ihm den Bücherladen. Nantucket ist eine relativ kleine Insel. Das weiß er und daher, dass Abby nicht so schnell verschwinden kann, willigt er ein, sie erst mal gehen zu lassen, um sich am nächsten Tag alles genau erzählen zu lassen. Als Abby ihm dann die Briefe zeigt und somit einen Beweis hat , glaubt Noah ihr. Aber als er erfährt, dass Abby mit seinem Großvater reden will, wird er plötzlich sehr sauer. Er will nicht, dass sie Dinge aus der Vergangenheit aufwühlt. Was ist, wenn sein Opa eine Affäre mit ihrer Oma hatte? Das könnte die ganze Familie aufwirbeln, die jeden Sommer auf Nantucket zusammenkommt. Er bietet Abby Geld, um sie daran zu hindern. Doch Abby bleibt standhaft. Er droht ihr, alles daranzusetzen, ihre Nachforschungen zu verhindern. Dies stachelt Abby nun nur noch mehr an und Noah merkt schnell, dass er mit seiner arroganten Art und Weise kein Stück Erfolg hat, Abby von ihrem Plan abzuhalten. Zähneknirschend kommt er auf sie zu und verspricht ihr seine Hilfe mit den Nachforschungen, wenn sie erst einmal davon absieht, mit seinem Großvater persönlich zu reden.
So tauchen die beiden mit der Unterstützung anderer Inselbewohner und Abbys Nachforschungen immer tiefer in die Geschichte von Edward und Ruth ein. Gleichzeitig lernt Abby Noah immer besser kennen und glaubt manchmal sogar hinter die Fassade des snobistischen und oft sehr kühl wirkenden Jungen blicken zu können.Abby hat sogar das Gefühl, dass er anfängt, mit ihr zu flirten. Kann das denn sein? Oder bildet sie sich das nur ein, weil sie endlich über ihren Liebeskummer hinwegkommen könnte?
Meine Meinung zum Buch:
The summer of lost letters habe ich im Februar dieses Jahres gelesen. Ich brauchte einfach ein wenig Sommergefühl in dieser kalten Jahreszeit. Ein Buch, das im Sommer spielt und dann noch auf einer Insel war, war also perfekt.
Den Schreibstil der Autorin mochte ich von Anfang an. Die Geschichte wird aus Abbys Sicht heraus erzählt. Da sie sehr lesebegeistert ist und dann den Ferienjob auch noch in einer Buchhandlung annimmt, war sie mir sofort sympathisch. Ich habe sehr viele Zitate im Buch markiert, die mit Büchern zu tun haben und alle von Abby gesagt werden.
Noah kam am Anfang der Geschichte super snobistisch und teilweise arrogant rüber. Da man aber immer mehr über ihn und die Bürde, die seine Familie ihm auferlegt, erfährt, kann man sein anfängliches Verhalten auch nachvollziehen.
Ich mochte die Charakterentwicklung beider Hauptfiguren.
Man kann richtig miterleben, wie Abby immer mutiger und selbstsicherer wird, je weiter Noah und sie zusammen mit den Recherchen kommen. Es war aber auch sehr lustig zu lesen, was für einen Schlagabtausch sich die beiden immer wieder mit Worten leisten.
Noah wird immer zugänglicher und lernt jemandem zu vertrauen und sich zu öffnen.
Die Geschichte von Abbys Oma Ruth und deren Familie basiert nicht auf einer wahren Familiengeschichte. Dennoch hat die Autorin sehr viel Geschichtliches recherchiert und erklärt im Nachwort, wie genau sich der geschichtliche Hintergrund mit teils wahren Begebenheiten ihrer Familie zusammensetzt.
Mich hat die Familiengeschichte sehr gefesselt. Es war interessant, aber natürlich auch erschreckend, mit Abby zusammen zum Teil in die Zeit des Zweiten Weltkrieges und die damit verbundenen Geschehnisse abzutauchen.
Im Laufe des Buches werden Themen wie die Judenverfolgung, die Konzentrationslager und die Kindertransporte mit in die Geschichte eingebracht. Immer wieder wird man als Leser*in aus den Erzählungen von einigen wenigen Zeitzeugen, die Ruth kannten, mit diesen Themen konfrontiert. Die Autorin schafft es, diese so wichtigen und ernsten Themen dennoch in die Geschichte so einzubringen, dass sie dennoch auch eine gewisse Leichtigkeit eines Jugendromans behält.
Ich finde, gerade jetzt, wo eine Partei wie die AFD einen Sitz im Bundestag hat und leider immer wieder gewählt wird, ist es unwahrscheinlich wichtig, dass niemand vergisst, wie es einmal war!
So viele Menschen haben schreckliches Leid erfahren, weil Hitler an die Macht kam und mehr als ausreichend Anhänger hatte. Weil zu viele Menschen ihm blind gefolgt sind, ohne Dinge zu hinterfragen. Weil es nur eine Minderheit gab, die sich getraut hat, gegen ihn vorzugehen und nicht weggesehen hat.
Ich hoffe sehr, dass solche Bücher wie dieses mehr gelesen werden. Daher ist dieses Buch von meiner Seite aus eine absolute Leseempfehlung für jeden. Erwachsene und Jugendliche!