Detailreich und voller großartiger Charaktere
Der ausgedünnte Kreis, in dem Raithe und Malcolm gefangen waren, löste sich schlagartig auf, als die Männer jegliches Interesse an ihnen verloren. Ein Mann, der nur einen Schritt von Raithe entfernt stand, ...
Der ausgedünnte Kreis, in dem Raithe und Malcolm gefangen waren, löste sich schlagartig auf, als die Männer jegliches Interesse an ihnen verloren. Ein Mann, der nur einen Schritt von Raithe entfernt stand, schrie auf und ging zu Boden. Danach gab es kein Halten mehr. In der sie umgebenden Dunkelheit konnte Raithe nichts sehen, aber er konnte die verstörenden Geräusche von knackenden Ästen, gefolgt von Schreien, sehr gut hören.
"Es ist, als würde der Wald sie essen", flüsterte Raithe und drängte sich an Malcolm. Dies war sein schlimmster Alptraum. Der Wald war zum Leben erwacht. Er schaute angestrengt in die Dunkelheit, die nur vom vereinzelt schillernden Mondlicht durchbrochen wurde. Was würde er als Nächstes erblicken - riesige Bäume mit blutverschmierten Mündern? Hungrige Monster? "Ich habe dir doch gesagt, die Götter haben es auf mich abgesehen."
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INHALT:
Raithe ist einer der sogenannten Rhunes - ein Mensch ohne besondere Fähigkeiten, verarmt und in einem Land, in dem die Götter, die Fhrey, regieren, ohne Wert. Bis er auf der Jagd mit seinem Vater einem solchen Gott begegnet und ihn tötet. Fhrey können also sterben und die Kunde darüber verbreitet sich rasend schnell. Raithe wird als Gottestöter entweder gefürchtet oder bewundert. Doch die Fhrey wollen ein Aufbegehren der Menschheit nicht zulassen und schicken Soldaten aus. Die Rhunes sind in Gefahr, aber nicht jeder will das sehen. Nur Persephone, ehemalige Frau des Stammesführers in ihrem Clan, fasst sich ein Herz und steht für sich und andere ein. Der dunklen Bedrohung, die sich unaufhaltsam nähert, kann auch sie allein allerdings nicht trotzen...
MEINE MEINUNG:
Als Fan des High Fantasy-Genres hat man von Michael J. Sullivan natürlich schon einmal gehört. "The First Empire" ist aber meine erste Reihe von ihm und ich bereue es bereits, nicht früher mit seinen Büchern begonnen zu haben. "Rebellion" ist ein Auftakt, wie man ihn sich wünscht: Beginnend als Einführung, aber schnell an Fahrt aufnehmend, fesselt er mit der in vielen Aspekten originellen Geschichte und dem einnehmenden Schreibstil. Mir sind ein bisschen Wortwitz und pfeilschnelle Oneliner in Fantasy-Romanen wichtig, damit die sonst oft düstere Stimmung etwas aufgelockert wird, und genau das findet sich hier. Unterhaltsame Stunden sind damit garantiert.
Raithe ist die erste Hauptfigur, die man kennen lernt, und seine ruhige, meistens sehr bedachte Art macht ihn direkt sympathisch. Er ist kein Freund vieler Worte und lässt eher Taten sprechen. Er ist ein guter Kämpfer, aber lange nicht der Beste, wodurch er nicht zu perfekt wird. Sein baldiger Weggefährte Malcolm ist sein ziemliches Gegenteil: Eine Plaudertasche, die Wert aufs Aussehen legt und immer einen Spruch auf den Lippen hat. Ebenso oft wie Raithe kommen aber auch die beiden Protagonistinnen Persephone und Arion zu Wort. Erstere war einmal Frau des Clanführers und muss sich nun damit arrangieren, nicht mehr für ihren Stamm entscheiden zu können - besonders jetzt, wo ein Idiot auf dem Stuhl des Herrschers sitzt. Sie ist gewitzt und überaus mutig, kick-ass, ohne je zu kämpfen. Arion dagegen ist eine Fhrey, eine, die die sogenannte Kunst (also Magie) beherrscht und damit sehr gefährlich ist. Genau wie alle anderen Fhrey ist sie arrogant und hält sich für etwas Besseres. Natürlich ist klar, welche Rolle sie spielen wird, aber auch, wenn ihre Wandlung etwas schnell geht, begleitet man sie dennoch gern. Es gibt einige mehr oder minder gut ausgearbeite Gegenspieler, das richtig Böse werden wir aber wohl erst im nächsten Band kennen lernen.
Natürlich ist einem die Geschichte zum Teil bekannt: Wie immer zu Beginn einer High Fantasy-Reihe gibt es verschiedene Handlungsstränge verschiedener Protagonisten, die langsam ineinander verwoben werden. Zum Glück sind die einzelnen Geschichten so interessant, dass das nicht weiter stört, und die Begegnungen werden auch nicht bis zur letzten Seite hinausgezögert. Sullivans Welt, in der ein Krieg vor Jahrhunderten vieles verändert hat und in der gottgleiche Wesen über alles herrschen, ist gut zu verstehen. Der grundlegende Aufbau ist nicht neu, dafür aber detailreich und überzeugend umgesetzt. Zwischendurch gibt es immer wieder fesselnde Kämpfe, aber auch die Dialoge wissen zu begeistern - schon allein, weil sich Männer und Frauen in vielem ebenbürtig sind und es daher zu tollen Gesprächen kommt. Der Schluss wartet mit dem ersten großen Kampf der Reihe auf, der allerdings nur der Grundstein für das noch Folgende ist. Den Fortgang der Geschichte kann ich jedenfalls kaum erwarten.
FAZIT:
Michael J. Sullivans neueste Reihe um das "First Empire" bedient sich bekannten Elementen - es gibt schließlich nur so viele Möglichkeiten in der High Fantasy -, verwebt diese aber mit vielen eigenen und vor allem spannenden Ideen. Besonders begeistern aber die großartig ausgearbeiteten Figuren, bei denen auch viele starke Frauen dabei sind. Ich freue mich nach der "Rebellion" auf das "Zeitenfeuer" im März nächsten Jahres. Sehr gute 4 Punkte.