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Veröffentlicht am 07.06.2017

Der namenlose Tag

Der namenlose Tag
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Der pensionierte Kommissar Franck erhält Besuch von Ludwig Winther, einem Mann, dessen Tochter sich vor 20 Jahren augenscheinlich erhängt hat. Der Vater des Mädchens wird seit dem Tod seiner Tochter von ...

Der pensionierte Kommissar Franck erhält Besuch von Ludwig Winther, einem Mann, dessen Tochter sich vor 20 Jahren augenscheinlich erhängt hat. Der Vater des Mädchens wird seit dem Tod seiner Tochter von dem Verdacht geplagt, dass sie sich nicht erhängte, sondern dass eventuell jemand nachgeholfen hatte. Der Kommissar, der während seiner Arbeit die unangenehme Aufgabe freiwillig übernahm, die seine Kollegen immer scheuten, nämlich zu den Angehörigen zu gehen und ihnen die Nachricht des Todes zu überbringen und volle 7 Stunden bei der trauernden Mutter blieb, fühlt sich bei seiner Ermittlerehre gepackt und beginnt den Fall neu aufzurollen.
Im Rahmen dieser Ermittlungen gräbt der Kommissar sich mit Beharrlichkeit und sehr viel Empathie durch das Schweigen, Misstrauen und die Vermutungen die diesen Fall umgeben. Es ist erstaunlich wie der Autor es schafft, mit einer an Zeitlupe erinnernden Langsamkeit den Leser in seinen Bann zu ziehen. Der Kommissar besitzt die Gabe, den Menschen die Informationen zu entlocken, ohne den Respekt zu verlieren und lernt dabei durchaus noch so einiges über sich selbst. Die Menschen öffnen sich ihm gegenüber und es finden sehr ruhige und intensive Begegnungen statt. Der Autor offenbart einen sehr detaillierten Blick in die Welt von „ganz normalen Menschen“ und ihren oft vorhandenen Lebenslügen. Und die eine oder andere „Lebensweisheit“, die so zwischen den Zeilen durchsickert, kann durchaus eine Anregung für den Leser sein, manche Dinge in seinem eigenen Leben zu überdenken.
Die Auflösung des „Falls“, die hier natürlich nicht verraten wird, gerät zur Nebensache.

Fazit: Ein Buch, das tiefe Einblicke in die Natur des Menschen vermittelt, geschrieben in einer ruhigen, eindringlichen und sehr berührenden Art und Weise, wenn man sich darauf einlassen kann.

Wer hier Action, Spannung oder irgendwelche perfiden Mordpläne und Verwicklungen erwartet, ist definitiv an der falschen Adresse.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Original Meisterfälscher

Original Meisterfälscher
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Die Aufmachung des Buches ist schon hochwertig: gebundenes Buch mit Schutzumschlag, schwarzen Vorsatzseiten, blauen Kapitel-Trennseiten und zahlreiche teils farbige Illustrationen. Dazu ein umfangreicher ...

Die Aufmachung des Buches ist schon hochwertig: gebundenes Buch mit Schutzumschlag, schwarzen Vorsatzseiten, blauen Kapitel-Trennseiten und zahlreiche teils farbige Illustrationen. Dazu ein umfangreicher Anhang aus Anmerkungen, Glossar, Auswahlbibliografie und Register. Ein oder sogar zwei Lesebändchen hätte ich mir noch gewünscht, um sowohl im Buch als auch in den Anmerkungen immer an richtiger Stelle zu sein. So musste ich 2 Lesezeichen bemühen.
Noah Charney ist hier ein unterhaltsames Sachbuch gelungen, was ja leider immer noch keine Selbstverständlichkeit darstellt. Unterteilt in die Kapitel Genie, Stolz, Rache, Ruhm, Kriminalität, Opportunismus, Geld und Macht erklärt er anhand unterschiedlicher Fälschungen, wie mannigfaltig die Beweggründe für Fälscher sein können. Es geht bei weitem nicht immer nur um Geld, wie die Kapitelüberschriften bereits erahnen lassen.
Mit enormer Sachkenntnis - Charney ist Experte für Kunstkriminalität - plaudert er aus dem Nähkästchen. Bei manchen Schilderungen kann man sich ein Lachen nur schwer verkneifen, so charmant und tlw. dreist gingen einige der Fälscher ans Werk. Manchmal kann man nur den Kopf schütteln, dass es so einfach gewesen sein soll. Aber schon auf dem Einband steht des Rätsels Lösung: Die Welt möchte getäuscht werden, also sei sie getäuscht.
Der Leser erfährt nicht nur die spektakulärsten Fälle in Sachen Fälschung, er erfährt auch von ausgetüftelten Methoden zur künstlichen Alterung der Objekte, den teils vorhandenen genialen Fähigkeiten der Fälscher, der z. T. bewussten Falscheinschätzung selbsternannter Kunst-Experten und sonstigen Tricks, um "Nachweise" für die Echtheit der Fälschungen geschickt in Museen oder Verzeichnissen zu platzieren.
Charney hat dazu noch einen sehr angenehmen Schreibstil. Nicht zu fachspezifisch sondern leicht und flüssig kann man sofort in die Welt der Kunst eintauchen. Dieses Buch kann auch Leute unterhalten, die ansonsten nicht so sehr auf Kunst ausgerichtet sind.
Fazit: Ich kann das Buch rundum empfehlen als kurzweilige und dennoch lehrreiche Lektüre.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Still

Still Chronik eines Mörders
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Die Geschichte:
In dem Buch geht es um das gesamte Leben von Karl Heidemann. Er wird am Nikolaustag 1982 geboren in dem kleinen Dorf Jettenbrunn, in dem jeder jeden kennt. Vielfältig ist das Beziehungsgeflecht ...

Die Geschichte:
In dem Buch geht es um das gesamte Leben von Karl Heidemann. Er wird am Nikolaustag 1982 geboren in dem kleinen Dorf Jettenbrunn, in dem jeder jeden kennt. Vielfältig ist das Beziehungsgeflecht in der kleinen Dorfgemeinschaften. Es gibt Ausgrenzung, Gerüchteküche, Intrigen, Missgunst, Ehebruch usw . Vieles davon lernt Karl im Laufe seines Lebens im Dorf kennen.
Er wird mit einem unglaublich sensiblen Gehör geboren und schreit von Anfang an das ganze Dorf zusammen. Es ist Fluch und Begabung zugleich und es dauert sehr lange bis die Eltern begreifen, dass die Umwelt wegen des Geräuschpegels für ihren Sohn praktisch unerträglich ist. Durch den Tod der Mutter verbindet er Stille und Frieden mit Tod. Von da an bringt er Stille und damit Tod in die Welt, zuerst in seinem Dorf und danach im ganzen Land.

Die Entwicklung zum mitfühlenden Sterbehelfer ist hervorragend beschrieben. Auch seine am Ende doch unerfüllte Liebe zu dem stummen Mädchen Marie ist sehr feinfühlig geschildert.

Die Sprache des Buches erscheint ein bisschen altertümlich, passt aber meiner Meinung nach perfekt zum Buch. Man schwankt zwischen Unverständnis, Mitleid, Erschrecken und ist oft erstaunt über die Einsichten die sich im Laufe seiner Entwicklung einstellen.

Es handelt sich meiner Meinung nach um ein sprachlich hervorragendes Buch, das keinesfalls einfach nur in die Kategorie Krimi einsortiert werden sollte. Es ist sehr tiefgründig und bewegend und hinterlässt beim Leser viel Gelegenheit über zentrale Themen des Lebens wie Trauer, Liebe, Friede, Freundschaft und Tod etc. nachzudenken.

Ein Buch, das ich mit Sicherheit mindestens noch einmal lesen werde.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Albertos verlorener Geburtstag

Albertos verlorener Geburtstag
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Alberto ist zur Zeit des Bürgerkrieges in einem Waisenhaus in Spanien aufgewachsen. Inzwischen ist er Großvater und muss sich einige Zeit um seinen 7jährigen Enkel Tino kümmern, dessen Vater nach einem ...

Alberto ist zur Zeit des Bürgerkrieges in einem Waisenhaus in Spanien aufgewachsen. Inzwischen ist er Großvater und muss sich einige Zeit um seinen 7jährigen Enkel Tino kümmern, dessen Vater nach einem schweren Unfall ins Krankenhaus musste, wo Tinos Mutter natürlich bei ihm bleiben möchte.
Währenddessen erfährt Tino, dass sein Opa weder seine Eltern kennt noch sein Geburtsdatum oder -jahr. Tino überredet seinen Großvater, sich gemeinsam mit ihm auf den Weg in das Waisenhaus machen, um Licht in das Dunkel seines Vergessens zu bringen.
Alberto hat nämlich nicht nur diese wichtigen Daten vergessen, sondern sein gesamtes Leben ehe er ins Waisenhaus kam. Dabei war er gut 6 Jahre alt, als er dort aufgenommen wurde. Mit jeder Station, die die beiden Suchenden erreichen, tauchen in Albertos Gedächtnis Erinnerungsfetzen auf.

Die Handlung spielt in mehreren Zeit-Ebenen: Die aktuelle Zeit, die von einem Erzähler in der Dritten Person geschildert wird, und die jeweiligen Rückblicke, die immer abwechselnd mit den aktuellen Kapiteln zu lesen sind. Diese Rückblicke werden immer in der 1. Person geschrieben, jedesmal aus Sicht eines anderen Beteiligten und auch in immer unterschiedlichen Zeiten, die dankenswerter Weise als Kapitelüberschriften angegeben werden. Allein diese Idee finde ich sehr ungewöhnlich und auch höchst interessant!
So baut sich das Bild von Albertos Geschichte meist vor dem Auge des Lesers auf, ehe er es selbst entdeckt. Einen sehr wichtigen Baustein, der sich erst gegen Ende des Buches aufklärt, habe ich bereits sehr früh geahnt, was ich jedoch nicht als nachteilig empfinde.
Dieses Buch rührte mich schon nach den ersten Sätzen auf merkwürdige Weise an. Selbst Nebensächlichkeiten werden so beschrieben, dass sofort Bilder vor meinem geistigen Auge auftauchen. Mir gefällt der Schreibstil sehr gut, weil er mich wirklich mitgenommen hat auf diese seltsame Reise von Großvater und Enkel. Je länger die Beiden unterwegs sind, desto fester wird die Bindung der Beiden. Obwohl das Buch trauriger endet als erwartet, war es doch ein großes Vergnügen, es zu lesen.
Letztlich ist es ein Buch, das viele Themen berührt: der Krieg und seine Grausamkeiten, Familie und Liebe, Glaube und Kirche sowie Tradition. Dies alles wird mehr geschildert denn erklärt oder gar gewertet. Es wird vollkommen dem Leser überlassen, was er vor allem nach den Rückblicken für Wertungen vornimmt. Da diese alle aus der Sicht des jeweiligen Akteurs geschildert sind bekommt man einen ganz anderen Blick auf die entsprechende Situation, als wenn sie von einem Dritten erzählt würde. Eine ausgesprochen spannende Erfahrung für mich!
Fazit: Ein ganz besonderes Buch für Liebhaber versteckter Schätze. Ich bin froh, dass ich es lesen durfte!

Veröffentlicht am 07.06.2017

Das Rätsel der Hölzer

Die Birken wissen's noch
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Das Buch handelt Mitte der 90er Jahre. Edvard lebt mit seinem Großvater auf einem entlegenen Bauernhof im norwegischen Gudbrandsdalen. Edvards Eltern verstarben, als er 3 Jahre alt war bei einer Reise ...

Das Buch handelt Mitte der 90er Jahre. Edvard lebt mit seinem Großvater auf einem entlegenen Bauernhof im norwegischen Gudbrandsdalen. Edvards Eltern verstarben, als er 3 Jahre alt war bei einer Reise in Frankreich, wobei ihm nie sehr viel mehr als diese Information von seinem Großvater gegeben wurde.
Als dieser verstirbt, geht es daran die Hinterlassenschaften zu sichten. Dabei tauchen einige Ungereimtheiten auf wie ein teurer Anzug, den er nie an seinem Großvater sah und Konzertkarten aus Deutschland sowie zahlreiche Fotos, die er all die Jahre vor ihm verborgen gehalten hatte. Als dann bei den Vorbereitungen zur Beisetzung noch ein Sarg auftaucht, wie ihn noch niemand je sah in dieser Gegend, wird der Wunsch in Edvard geweckt, Licht ins Dunkel seiner Abstammung zu bringen. Der Sarg wurde von seinem Onkel hergestellt, und zwar zu Beginn der 80er Jahre. Allerdings sollte jener Onkel Einar zu diesem Zeitpunkt schon lange tot sein - jedenfalls wurde ihm dies stets von seinem Großvater erzählt. Einar war Schreiner und hatte hinter dem Hof einen kleinen Birkenwald angelegt, in dem er Flammbirken ziehen wollte. Edvard versucht herauszufinden, was aus Einar Hirifjell geworden ist und ob er vielleicht sogar noch lebt...

Mehr möchte ich vom Inhalt ungern verraten, denn es nimmt einem sonst das Vergnügen, gemeinsam mit Edvard seine Vergangenheit ans Licht zu bringen. Eigentlich war das Buch vom Thema her nicht so wahnsinnig interessant für mich, aber ich bin ein Fan skandinavischer Literatur, weil sie mir oft mehr bietet als der Klappentext zu versprechen scheint. Und ich wurde nicht enttäuscht! Aber sowas von nicht!!!

Selten hat mich ein Buch so in seinen Bann gezogen. Ich habe gleich am ersten Abend über 200 Seiten genossen (verschlungen wäre der falsche Begriff bei diesem Buch) und nur wegen unerfreulich nötiger längerer Pausen letztlich doch so lange darüber gelesen. Insgesamt vielleicht an 5 Abenden, aber dann auch richtig. Vielleicht, weil ich es gar nicht erst zur Hand nahm, wenn ich nur kurze Zeit hätte lesen können. Ich wollte auf jeden Fall wenn, dann auch richtig weiterlesen.
Mytting hat eine für mich wunderbare Art zu schreiben. Sofort war ich davon eingenommen und konnte mich seinem Rhythmus hingeben. Geradezu meisterlich beschreibt er die atemberaubend eintönige Landschaft der Shetland-Inseln mit ihren Wetterkapriolen. Die Art wie er Holz beschreibt, ist jedoch wahrlich ein Meisterwerk. Man meint, es wirklich in der Hand zu haben und zu fühlen. Ich bin tatsächlich ins net gegangen, nur um mir anzuschauen, wie Flammbirkenholz wohl aussieht - und ich kann seine Begeisterung darüber verstehen.

Obwohl das Buch über 500 Seiten hat, waren es locker 200 zu wenig für mich. Immer wieder tauchen winzige Einzelheiten auf, die die Spurensuche weiterbringen. Manche davon überraschend, einige hingegen ahnte ich bereits weit im Voraus, was jedoch kein bisschen Spannung nahm, denn es kam hier auf die Suche an. Denn letztlich war Edvard nicht nur auf der Suche nach der Vergangenheit, sondern eigentlich auf der Suche nach sich selbst. Er war sich nicht sicher, ob er wirklich sein Leben lang auf diesem entlegenen Hof verbringen wollte und Kartoffeln ernten. Er wusste - wie so mancher in einem Alter von Anfang 20, nicht, wie sein Leben sich entwickeln soll. Er macht einige Wandlungen und Entwicklungen im Verlaufe des Buches durch und am Ende weiß er auch, was er will. Es macht wahnsinnig viel Spaß, ihn dabei zu begleiten.
Von mir bekommt dieses Buch 6 Sterne - einen müsst ihr euch dazu denken