Ein spannender historischer Kriminalroman mit lebhaften Figuren
Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)Inhalt: Wien 1894. Im Kunsthistorischen Museum wird zufällig ein sonderbarer, ja unmöglicher Fund gemacht: Der Leichnam eines anerkannten Ägyptologen – nach altägyptischem Ritus mumifiziert und in einen ...
Inhalt: Wien 1894. Im Kunsthistorischen Museum wird zufällig ein sonderbarer, ja unmöglicher Fund gemacht: Der Leichnam eines anerkannten Ägyptologen – nach altägyptischem Ritus mumifiziert und in einen Sarkophag gebettet. Besonders merkwürdig: Der Professor sollte sich eigentlich auf einer Forschungsreise in Ägypten befinden; schrieb bis vor Kurzem sogar noch Briefe aus Kairo. Mutmaßungen, es könne sich um einen Pharaonenfluch handeln, machen die Runde. Inspektor Leopold von Herzfeldt behält allerdings einen kühlen Kopf und versucht mit Hilfe des Totengräbers Augustin Rothmayer den Fall rational zu klären. Gleichzeitig muss Leopold aber noch in einem weiteren Fall ermitteln: Verteilt in Wien werden bestialisch verstümmelte Leichen junger Männer gefunden, die an die Ripper-Morde erinnern…
Persönliche Meinung: „Das Mädchen und der Totengräber“ ist ein historischer Kriminalroman von Oliver Pötzsch. Es handelt sich um den zweiten Band der Totengräber-Serie. Man kann „Das Mädchen und der Totengräber“ aber auch ohne Kenntnis des Vorgängers lesen: Die Handlung ist in sich abgeschlossen und die Beziehungen zwischen den Figuren werden anschaulich beleuchtet, ohne dass der erste Band gespoilert wird. Erzählt wird der Roman wechselweise aus den Perspektiven von Leopold von Herzfeldt und Julia Wolf, die als Tatortfotografin für die Wiener Polizei arbeitet. Die Figuren sind lebendig ausgestaltet: Julia ist eine starke Figur, die gegen die Konventionen der männerdominierten Welt des 19. Jahrhunderts aufbegehrt; Leopold ein reformorientierter Inspektor, der auch moderne Ermittlungsmethoden nutzt, dafür aber von seinen Kollegen belächelt wird. Der Totengräber August Rothmayer ist kauzig und sehr eigen, hat das Herz aber am rechten Fleck. Schön ausgestaltet und dicht beschrieben ist auch der Handlungsort: Das Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist in „Das Mädchen und der Totengräber“ geprägt von einer aufkeimenden technischen Revolution, aber auch von Vorurteilen und stereotypen Denkmustern. Es changiert zwischen Okkultismus und Naturwissenschaft. Die Krimihandlung ist gut durchdacht, fesselnd und besitzt ein überraschendes Ende. Weiterhin ist die Spannungskurve durch die parallele Ermittlung in zwei Fällen konstant hoch. Interessant hierbei sind auch die eingestreuten Informationen zur Ägyptologie, zur Mumifizierung und zum Umgang mit den Mumien im 19. Jahrhundert. Während der Ermittlungen besuchen die Protagonisten zudem einige atmosphärisch beschriebene Handlungsorte (u.a. den Wiener Zentralfriedhof). Neben der Krimihandlung spielt in „Das Mädchen und der Totengräber“ auch die sich verändernde Beziehung zwischen Julia und Leopold eine Rolle. Der Schreibstil von Oliver Pötzsch ist anschaulich und packend, wodurch er sich flüssig lesen lässt. Insgesamt ist „Das Mädchen und der Totengräber“ ein atmosphärischer historischer Kriminalroman mit einer spannenden Handlung und lebendigen Figuren.