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Veröffentlicht am 31.05.2022

Wenn ein Krimiautor zum Mörder wird

Blutzeilen
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„Blutzeilen“, ein Frankfurt-Krimi aus der Feder von Franziska Franz, war mein erstes Buch von dieser Autorin, sicher nicht das letzte.

Klappentext:
Nach einer Lesung in der Alten Oper verschwindet der ...

„Blutzeilen“, ein Frankfurt-Krimi aus der Feder von Franziska Franz, war mein erstes Buch von dieser Autorin, sicher nicht das letzte.

Klappentext:
Nach einer Lesung in der Alten Oper verschwindet der Bestseller-Autor Mike Mikkels spurlos. Kurze Zeit später erhält seine Ehefrau Mirjam einen Drohbrief: Ihr Mann wird sterben, wenn sie die Polizei einschaltet. Um Mike zu schützen, belügt Mirjam die Polizei und stellt selbst Nachforschungen an. Bald überschlagen sich die Ereignisse und es kommt zu einer Tragödie …

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz, mit Zeit- und Ortsangaben versehen, was ich stets sehr schätze, weil dies gut verdeutlicht, über welchen Zeitraum sich die Ermittlungen hinziehen. Das Buch erschien 2022; da die Handlung im Sommer 2018 spielt, ist Corona daher kein Thema.

Der stetige Wechsel zwischen den agierenden Personen sowie die Schilderung der Ereignisse sowohl aus Täter- als auch aus Ermittlersicht, gestalten die Handlung abwechslungsreich. Nicht nur dadurch steigert sich die Spannung bis zum dramatischen Showdown, sondern auch durch die Fülle von Verdachtsmomenten gegen fast jeden im Umfeld des entführten Autors. Man hat von Kapitel zu Kapitel einen anderen als Täter im Visier, kann exzellent miträtseln – und dann entpuppt sich jener als der Böse, den man selber überhaupt nicht verdächtigt hat.

Die Charaktere fand ich gut gezeichnet, wirken authentisch, lebendig - die unter Erfolgsdruck stehenden Autoren und Verlagsleute ebenso wie das sympathische, gut aufeinander eingespielte Ermittler-Duo.

Ich habe das Buch innerhalb weniger Tage verschlungen, habe es stets nur ungern wieder zur Seite gelegt. Mein Interesse an weiteren Krimis von Franziska Franz wurde geweckt. Ich würde mir auch Fortsetzungen mit dem Team Scharf & Burschi wünschen.

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Veröffentlicht am 28.05.2022

Familiengeheimnisse

Kalte Blüten
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„Kalte Blüten“ von Julie Dubois, der zweite Band mit Kommissarin Marie Mercier im Mittelpunkt, ist ein Wohlfühlkrimi, der Spannung mit viel französischem Flair verbindet

Worum geht es?
Marie Mercier ist ...

„Kalte Blüten“ von Julie Dubois, der zweite Band mit Kommissarin Marie Mercier im Mittelpunkt, ist ein Wohlfühlkrimi, der Spannung mit viel französischem Flair verbindet

Worum geht es?
Marie Mercier ist nicht mehr nach Paris zurückgekehrt, sondern hat sich endgültig in Saint-André-du-Périgord niedergelassen und die Leitung des hiesigen Kommissariats übernommen, sehr zum Missfallen jenes Kollegen, der sich Hoffnung auf den Posten gemacht hat. Auch als bei Bauarbeiten für eine neue Ölmühle ein menschlicher Schädel freigelegt wird und Marie Menschen befragen muss, die sie von jung an kennt, gestalten sich die Ermittlungen mühsam. Die Besitzer des Hofes, die Mitglieder der Familie Barthes, verhalten sich wenig kooperativ.

Der Schreibstil ist flüssig, sehr bildhaft, reich an Lokalkolorit. Die Autorin vermittelt reizvolle Stimmungsbilder der Landschaft, anschauliche Schilderungen des dörflichen Treibens. Die Kapitel sind angenehm kurz, verfügen über Zeit- und Ortsangaben. Das Buch erschien 2022, die Handlung spielt in der Gegenwart, Corona bleibt unerwähnt.

Da ich Band 1 kannte, war ich sofort wieder heimisch im Périgord, in Maries Umfeld. Doch auch Quereinsteiger finden sicher rasch in die Geschichte. Will man jedoch die Entwicklung der Protagonisten mit verfolgen, sollte man zuvor „Trüffelgold“ lesen.

Die Charaktere wirken authentisch, nicht nur die liebenswerten rund um Marie, auch die schwierige, eigenbrötlerische Familie Barthes, Maries Kollegen und die Dorfbewohner wirken lebendig, es kristallisieren sich immer mehr Eigenheiten und Wesenszüge heraus.

Angenehm unblutig, aber nichtsdestotrotz spannend entwickelt sich die Handlung, zahlreiche Verdächtige regen die Fantasie des Lesers an, so manche Spur führt in die Irre. Man hat reichlich Möglichkeit mit zu rätseln, ahnt zwar manches und wird dennoch letzten Endes völlig überrascht.

„Kalte Blüten“ hat mir ausgezeichnet gefallen, und zwar nicht nur der Kriminalfall an sich. Die französische Atmosphäre, die Lust auf eine Reise macht, die sympathischen Protagonisten, Maries harmonisches Familienleben und so manch humorvolle Szene vervollständigten den Lesegenuss und machten Lust auf weitere Fälle mit Marie Mercier.

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Dunkle Familiengeheimnisse

Rachsüchtig
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„Rachsüchtig“ von Katharina Durrani ist der dritte Band mit Simone Jaan in der Ermittlerrolle und für mich das zweite Buch dieser Autorin.
Worum geht es?
Simone Jaan stolpert im wahrsten Sinne des Wortes ...

„Rachsüchtig“ von Katharina Durrani ist der dritte Band mit Simone Jaan in der Ermittlerrolle und für mich das zweite Buch dieser Autorin.
Worum geht es?
Simone Jaan stolpert im wahrsten Sinne des Wortes wieder einmal über eine Leiche, nicht ahnend, dass dies der Auftakt für Turbulenzen und Tragödien ist bzw. welche dramatischen Auswirkungen auf die eigene Familie dieser Mord nach sich ziehen wird.
Den ersten Eindruck eines Buches vermittelt das Cover, das durch den religiösen Touch und die andächtig betende Mariendarstellung so gar keine Assoziationen auf Morde oder andere Verbrechen aufkommen lässt. Von dieser für einen Krimi ungewöhnlichen Aufmachung sollte man sich aber nicht täuschen lassen – es ist ein zwar eher unblutiger, aber dennoch fesselnder Krimi mit gefährlichen Situationen, rätselhaften Ereignissen und überraschenden Wendungen.
Das Buch erschien 2021; auch die Handlung spielt im Frühjahr 2021. Realitätsbezogen bleibt Corona nicht unerwähnt, sehr dezent, so nebenbei. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel angenehm kurz, mit Orts- und Zeitangaben, was ich persönlich immer sehr schätze.
Obwohl es doch schon einige Zeit her war, dass ich den Vorgängerband gelesen hatte, erinnerte ich mich bereits nach wenigen Seiten an alle aus Simones Verwandtenkreis. Für Quereinsteiger wäre vielleicht eine Personenliste zu Beginn des Buches hilfreich. Grundsätzlich steht der Fall für sich, der rote Faden der Reihe ist nicht von Belang, Wesentliches wird kurz erklärend erwähnt.
Nach dem unheimlichen und mysteriösen Beginn hält sich die Spannung bis zum dramatischen Showdown auf hohem Niveau. Je mehr Simone mit Hilfe ihrer Freunde und Verwandtschaft recherchiert, desto verwirrender wird es – man kann ausgezeichnet miträtseln. Tragische Ereignisse pflastern Simones Weg, bis sich letztlich alles ziemlich unerwartet klärt.
Die Charaktere, sowohl der Guten als auch der Bösen, ob Haupt- oder Nebenperson, fand ich anschaulich und authentisch, deren Handlungen waren nachvollziehbar, warum sie zögerten, Risken eingingen, Dinge verschwiegen oder falsche Schlüsse zogen.
In gewissem Sinne ist „Rachsüchtig“ auch ein Regionalkrimi. Unaufdringlich, aber doch Neugierde erweckend, beschreibt die Autorin sehenswerte Plätze in und um Wiener Neustadt bzw. diverse lohnende niederösterreichische Ausflugsziele, wie Stift Admont oder die Burg Seebenstein. Man spürt ihre Liebe und Begeisterung für ihre Heimat und bekommt Lust, all diese Orte selbst zu besuchen.
Ich habe das Buch innerhalb von zwei Tagen ausgelesen, konnte es kaum noch aus der Hand legen, so fesselnd fand ich es. Eine klare Leseempfehlung meinerseits. Es versteht sich von selbst, dass ich mich schon auf die Fortsetzung freue.

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Veröffentlicht am 03.05.2022

Mächtig, ewig jung und unsterblich !?

Imago Dei
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„Imago Dei“ von Rüdiger Marmulla ist ein in der Zukunft spielender Thriller, mit dem der Autor beweist, dass dieses Genre auch ohne bluttriefende Grausamkeiten fesseln kann.

Worum geht es?
Nordamerika ...

„Imago Dei“ von Rüdiger Marmulla ist ein in der Zukunft spielender Thriller, mit dem der Autor beweist, dass dieses Genre auch ohne bluttriefende Grausamkeiten fesseln kann.

Worum geht es?
Nordamerika anno 2045. Pastor Tim erhält einen Hinweis, dass Menschen, die der Sekte Imago Dei angehören, manipuliert werden. Es werden Forschungen betrieben, die ewige Jugend und Unsterblichkeit verheißen, wobei Menschen für gefährliche Experimente missbraucht werden.

„Imago Dei“ war nicht mein erstes Buch von Rüdiger Marmulla. Ich kannte bislang nur die romantische Regensburg-Trilogie und war sehr neugierig auf einen Thriller aus seiner Feder. Und ich wurde nicht enttäuscht, im Gegenteil.

Auch ohne den ersten Band zu kennen, kam ich problemlos in die Geschichte hinein und überblickte rasch den überschaubaren Personenkreis. Ich hatte nie den Eindruck, mir würden Informationen aus dem Vorgängerband fehlen. Das Buch ist problemlos eigenständig lesbar und verständlich.

Der Schreibstil ist einfach, schnörkellos, die kurzen, oft nur eine Seite langen Kapitel lesen sich flott und flüssig. Da fliegen die Seiten nur so dahin. Der Autor verzichtet auf detaillierte Beschreibungen des Umfelds, Stimmungsbilder und Darstellung starker Emotionen. Der Text ist im Präsens und vorwiegend im Dialog verfasst, wodurch es sich sehr lebendig anfühlt und man sich mitten im Geschehen wähnt.

Der Spannungsbogen zieht sich durch das gesamte Buch. Bereits der Prolog vermittelt ein ungutes Gefühl und je mehr man als Leser von Imago Dei und deren Machenschaften erfährt, desto mulmiger wird einem, man bangt um die Menschen, es wird umso spannender. Sehr eindrucksvoll und vorstellbar schildert der Autor die zukünftigen technischen bzw. medizinischen Möglichkeiten und Finessen – es sind nicht nur erstrebenswerte Zukunftsvisionen.

Die Handlung gestaltet sich durch Orts- und Szenenwechsel abwechslungsreich. Besonders beindruckend fand ich die Verflechtung der Handlung von Richard Wagners Oper „Der Ring der Nibelungen“ mit den wahnwitzigen Ideen des Sektenführers. Zudem steckt einiges technisches Knowhow und wissenschaftliche Recherche in dem Buch.

Die Charaktere sind anschaulich, wenn auch nicht tiefgründig dargestellt. Pastor Tim und sein Umfeld wirken durch ihre Hilfsbereitschaft, ihr geradliniges Wesen und Gläubigkeit authentisch, ebenso sind auch die machthungrigen Sektenführer überzeugend gezeichnet.

„Imago Dei“ ist ein fesselnder, aber wohltuend unblutiger Thriller, der mir spannende Lesestunden beschert und Lust auf weitere Abenteuer von Pastor Tim gemacht hat.

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Wo das Grauen lauert

DAS EULENTOR
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Der Name Andreas Gruber hat mich dazu animiert, mich an meinen ersten Mystery-Thriller zu wagen – „Das Eulentor“ hat mich dann gepackt wie noch kein Buch zuvor.

Das Buch erschien bereits 2008, allerdings ...

Der Name Andreas Gruber hat mich dazu animiert, mich an meinen ersten Mystery-Thriller zu wagen – „Das Eulentor“ hat mich dann gepackt wie noch kein Buch zuvor.

Das Buch erschien bereits 2008, allerdings nur mit der Kernhandlung, den Expeditionsjahren 1911 bis 1914, und wurde nunmehr vom Autor überarbeitet und u.a. um eine in der Gegenwart angesiedelte Rahmenhandlung ergänzt.

Worum geht es?
1911 bricht eine Expedition auf, um Spitzbergen kartographisch zu erkunden. Nicht nur Kälte und widrige Wetterverhältnisse setzen dem Team unter der Leitung von Alexander Berger zu. Sie entdecken einen weit in die Tiefe führenden, mysterlösen Schacht …

Über 100 Jahre später macht sich eine junge Frau, Neele Tujunen, zur Forschungsstation auf Spitzberger auf, sie will mehr über Alexander Bergers seinerzeitige Expedition in Erfahrung bringen.

Die Handlung fesselt ab der ersten Seite. Man befindet sich sofort mitten im Geschehen. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, die Kapitel kurz. Das Buch gliedert sich in 12 Abschnitte, wobei sich die in der Gegenwart spielenden mit jenen aus der Vergangenheit abwechseln.

Neeles Erlebnisse werden in Erzählform geschildert, Alexander Berger berichtet in Ich-Form, wodurch man die Ereignisse, seine Eindrücke und Emotionen besonders lebendig und mitreißend empfindet. Das unfassbare Grauen, das all jene erfasst, die das Geheimnis des Schachtes ergründen wollen, kriecht regelrecht zwischen den Zeilen hervor und verursacht Gänsehaut. Die düstere Atmosphäre, aber auch die Widrigkeiten der Eis- und Schneehölle sind so anschaulich beschrieben, dass man sich mitten unter den Expeditionsteilnehmern oder tief unten im Schacht wähnt. Faszinierend und sehr interessant fand ich auch all die detaillierten technischen und physikalischen Erklärungen, deren Plausibilität ich zwar nicht nachvollziehen konnte, die mir jedoch durchaus glaubhaft erschienen.

Die Spannung ließ nie nach. Kaum atmete man auf, passierte wieder etwas Unerwartetes, etwas Erschreckendes, etwas Grauenhaftes. Das Tempo der Handlung steigerte sich gegen Ende des Buches in Form verkürzter Kapitel. Fiese Cliffhanger ließen einen das Buch überhaupt nicht mehr aus der Hand legen.

Die verschiedenen Charaktere sind ausgezeichnet dargestellt, zeigen Stärken und Schwächen. Insbesondere Alexander Berger entwickelt sich vom jungen Abenteurer zu einem verantwortungsbewussten Forschungsleiter.

„Das Eulentor“ war mein erstes Buch von Andreas Gruber und hat mich schwer begeistert. Nun muss ich endlich auch beginnen, seine Thriller-Reihen zu lesen.
Dieses Buch empfehle ich gerne weiter – wenn auch nicht unbedingt als Einschlaflektüre.

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