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Veröffentlicht am 17.07.2017

Eine Frau zwischen zwei Welten

Die Tochter des Seidenhändlers
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Dinah Jeffries Roman „Die Tochter des Seidenhändlers“ spielt zwischen 1952 und 1955 in Vietnam. Noch bestimmen die Franzosen im Land, aber der Widerstand gegen die Kolonialherren wächst.
Der Seidenhändler ...

Dinah Jeffries Roman „Die Tochter des Seidenhändlers“ spielt zwischen 1952 und 1955 in Vietnam. Noch bestimmen die Franzosen im Land, aber der Widerstand gegen die Kolonialherren wächst.
Der Seidenhändler Francois Duval hat aus der Ehe mit einer Vietnamesin zwei Töchter, Sylvie und Nicole, die unterschiedlicher nicht sein können.

Sylvie ist eine elegante französische Schönheit, während ihre jüngere Schwester Nicole mehr der hübschen vietnamesischen Mutter ähnelt. Sie repräsentiert beide Seiten ihrer vietnamesischen Heimat. Durch diesen Kunstgriff gelingt es der Autorin perfekt den Leser in die vietnamesische Welt einzuführen und das Verständnis für die Menschen und ihr Land zu wecken.

Da der Vater einen Posten bei der Kolonialregierung angenommen hat, teilt er das Familien-unternehmen auf. Sylvie ist für alle geschäftlichen und unternehmerischen Angelegenheiten zuständig und Nicole, die gerade 18 Jahre alt geworden ist, bekommt den alten Seidenladen in Hanoi.

Trotz der ungerechten Verteilung nimmt sich Nicole begeistert der neuen Aufgabe an. Sie steckt in ganze Kraft in ihr erstes eigenes Projekt und wird bald zu einer gesuchten Adresse für Seide. Dabei entdeckt sie mehr und mehr ihre vietnamesische Seite und macht auch die Bekanntschaft von O-Lan, einer starken und liebenswerten Frau und ihrem Cousin Tran. Sie lernt zu verstehen, warum die Vietnamesen die französische Unterdrückung bekämpfen.

Als sogenannte Métisse, Mischling, ist sie weder bei den Franzosen noch bei den Vietnamesen beliebt. Sie steht zwischen beiden Welten, die doch beide Heimat für sie verkörpern.

In der Geschichte, die Dinah Jeffries farbenprächtig und flüssig erzählt, muss sich Nicole aber auch zwischen zwei Männern entscheiden. Da ist der den Vietminh zugehörige Tran, dem sie eine bestimmte Zeit als Schauspielerin durch Vietnam folgt und der gut aussehenden Amerikaner Mark, in den sie sich sofort verliebt hat.

Beide Männer umwerben Nicole, jedoch ist Mark durch seine Tätigkeit bei einem Geheimdienst oft unterwegs.
Dadurch gelingt es der Autorin auch Einiges über die politischen Zustände im Land zu zeigen. Nicole ist unvoreingenommen und ihre Sympathie für die Vietminh nachvollziehbar. Jedoch wird ein differenziertes Bild vermittelt, denn Nicole sieht nicht nur die Schönheit des Landes, sie erlebt auch Ungerechtigkeiten der neuen Kräfte und sieht, wie die Gegner in Lagern festhalten werden. Nur mit Trans Hilfe gelingt ihr die Flucht, denn auch sie ist den neuen Kräften durch ihre französische Herkunft verdächtig.

Die Geschichte, die Dinah Jeffries erzählt verläuft nicht geradlinig, manchmal irrt der Leser genau wie Nicole durch schwere Zeiten, denn die Tage der Kolonialherrschaft sind gezählt. Das Verhältnis der beiden Schwestern, deren Wege sich auch immer wieder kreuzen, ist kompliziert. Sylvie hat einen schwierigen Charakter, ist nicht so aufrichtig und ehrlich wie ihre Schwester. Manchmal erscheint Nicole auch etwas naiv, dann entwickelt sie wieder ungeahnte Kräfte.

Der Autorin sind interessante und nachdenkenswerte Charaktere gelungen, deren Handlungen nachvollziehbar sind. Nicht nur die Protagonisten sind ausgewogen charakterisiert, auch die Personen im Umfeld von Nicole werden von der Autorin sehr differenziert beschrieben.

Die Darstellung vom Leben in Hanoi gehört zu den ganz starken Seiten der Erzählung. Man taucht in die farbenprächtige und lebendige Welt Vietnams ein und die Sehnsucht nach diesem Land ist geweckt. Die Beschreibung der Pflanzenwelt und des Treibens in der Altstadt von Hanoi faszinierend.

Fazit:
Diese berührende Lebensgeschichte von Nicole ist allen zu empfehlen, die mehr über ein fremdes Land und eine starke Frau, die Nichts entmutigen kann, erfahren möchten. Es ist eine Reise, die einen Vietnam mit anderen Augen sehen lässt und neugierig darauf macht. Dank des flüssigen Schreibstils, lässt sich das Buch sehr gut lesen, auch wenn nicht alle Handlungsstränge zu einem Ende geführt werden. Wer mehr über das Leben einer starken Frau in einer fremden Zeit und einem fremden Land erfahren möchte, dem ist das Buch zu empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Dramaturgie
  • Figuren
  • Gefühl
Veröffentlicht am 08.06.2017

Spurensuche in Kapstadt

Swartland
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Mit „Swartland“ erzählt Uli van Odijk eine ungewöhnliche Geschichte. Ausgangspunkt ist ein tödlicher Autounfall. Am Steuer saß der Architekt Max de Groot und neben ihm Tosca Farini. Die Ehefrau Luise, ...

Mit „Swartland“ erzählt Uli van Odijk eine ungewöhnliche Geschichte. Ausgangspunkt ist ein tödlicher Autounfall. Am Steuer saß der Architekt Max de Groot und neben ihm Tosca Farini. Die Ehefrau Luise, eine Gemälderestauratorin, stellt sich viele Fragen. Wer war diese Frau, warum war sie mit Max unterwegs, woher kannten sie sich?

Ihre ersten Recherchen in Deutschland ergeben, dass Tosca hier zu Besuch bei einer Tante war. Ihr eigentlicher Wohnort ist Kapstadt. In Südafrika hoffte Luise mehr über Tosca und ihr Leben zu erfahren und begibt sich auf die Spuren dieser Frau.

Sie lernt Südafrika in all seiner Vielfalt mit unterschiedlichen Facetten durch die Menschen kennen, denen sie hier begegnet. So gelingt es der Autorin ein subjektives, aber sehr differenziertes Bild zu zeichnen. Dabei werden Widersprüche nicht ausgespart. Der Leser hat die Möglichkeit seine eigenen Kenntnisse mit Luises Erfahrungen zu vergleichen. Sie stellt fest, dass das Ende der Apartheid nicht automatische eine bessere Zeit für Südafrika und seine Bewohner gebracht hat. Auch entstehen berechtigte Zweifel, ob wirklich schon überall die alten Zeiten überwunden sind.

Man wird nachdenklich, wenn man mit Luise die Welt der Townships erkundet und sieht unter welchen Bedingungen Menschen dort leben. Man bewundert die Stärke der afrikanischen Frauen. Luise erfährt auch mehr über die Tragik und die Ausmaße des Unglücks, wenn Menschen mit Aids infiziert sind. Die soziale Ausgrenzung ist fast schlimmer als das körperliche Leiden.

Luise ist offen für Fremdes und geht auf Menschen zu. So lernt sie das Land aus ganz unterschiedlichen Perspektiven kennen. Sie trifft auf Einwohner verschiedener Herkunft und Hautfarbe. Jeder vermittelt ihr seine individuelle Sicht auf die südafrikanische Gesellschaft. Von einer einheitlichen Nation ist das Land noch weit entfernt und die „Regenbogennation“ ist eine wunderschöne Vision, die nur mit großen Anstrengungen von jeder Seite verwirklicht werden kann.

Uli van Odijk ist eine sehr gute Erzählerin, die die Gefühle von Luise bei ihrer Suche nach Toscas Leben sehr anschaulich schildert.
Im Verlauf der Erzählung stößt sie auf ein Familiengeheimnis, das auch für Luise neue Fragen beinhaltet.

Das Ende hatte ich mir etwas anders vorgestellt und war deshalb ein wenig enttäuscht. Trotzdem ist das Buch eine Leseempfehlung an alle, die mehr über Südafrika erfahren möchten. Der Schreibstil ist flüssig und es macht Freude das Buch zu lesen. Die Informationen zu Geschichte, Natur und Kultur sind fundiert und kritisch. Sie fordern das Mitdenken und die Meinungsbildung des Lesers. Es ist eine gelungene Erzählung mit einer nicht alltäglichen Geschichte und Südafrika als interessanter Hintergrund weckt die Sehnsucht nach diesem widersprüchlichen und faszinierenden Land am Kap der guten Hoffnung.

Veröffentlicht am 26.09.2016

Milanna - eine Geschichte aus dem alten Venedig

Milanna - Im Schatten der Vergangenheit
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Den ersten Teil von Milannas Geschichte habe ich nicht gelesen, aber durch die vielen Rückblenden erfährt der Leser viel aus ihrer Vergangenheit. Manchmal waren diese Erinnerungen auch etwas zu ausführlich ...

Den ersten Teil von Milannas Geschichte habe ich nicht gelesen, aber durch die vielen Rückblenden erfährt der Leser viel aus ihrer Vergangenheit. Manchmal waren diese Erinnerungen auch etwas zu ausführlich und es fehlte an Handlung.

In den Kapiteln des Buches, wo die Fortsetzung von Milannas Leben erzählt wird, lesen sich die Kapitel gut und teilweise spannend.

Milanna, eine junge Frau, die mit einem Gatten verheiratet ist, der mehr ein guter Freund als Ehemann ist, erwartet ein Kind von Alexandro, einem sehr guten Freund des Ehepaares, der Milanna aber durch den Tod entrissen wurde.

Da die Mutterfreuden die junge Frau bald nicht mehr ausfüllen und Davide ihr kein richtiger Gatte aufgrund seiner Neigungen sein kann, wünscht sich Milanna einen neuen Liebhaber, der sie ablenkt Ihre Freundin, die Kurtisane Francesca, steht ihr bei diesem Vorhaben hilfreich zur Seite.

Plötzlich taucht man in das geheimnisvolle Venedig der Masken, Kaufleute und prächtigen Palazzi ein und ist gefesselt von heimlichen Ausflügen, Festen und Begegnungen. Familiengeheimnisse werden enthüllt und Milanna lernt neue und unbekannte Seiten ihres Cousins Andrea kennen. Davide ist durch Geschäfte, die seine persönliche Anwesenheit erfordern, gezwungen Venedig zu verlassen und in fremde Gefilde zu segeln.

Das Ende - ein Unfall, eine Entführung Milannas oder ein Schiffbruch in der Lagune? Wir erfahren es nicht und erwarten mit Spannung den dritten Teil der Geschichte.

Fazit:
Vor der Kulisse des prächtigen Venedigs wird Milannas Geschichte gut und relativ flüssig erzählt. Mit Familiengeheimnissen, Erotik, Kaufmannsalltag und Festen wird die Spannung aufrecht erhalten. Manchmal zieht sich die handlungslose Zeit ein wenig in die Länge. Trotzdem ist das Buch allen, die historische Liebesgeschichten mit einer Prise Abenteuer und Intrigen mögen, zu empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Tragödie im September 1972 in München

September
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September 1972 – ein junger britischer Journalist, der Erzähler im Buch, wird Augenzeuge des Terrors bei den Olympischen Spielen in München und erlebt die Schrecken hautnah mit.

Wir erkunden das Olympische ...

September 1972 – ein junger britischer Journalist, der Erzähler im Buch, wird Augenzeuge des Terrors bei den Olympischen Spielen in München und erlebt die Schrecken hautnah mit.

Wir erkunden das Olympische Dorf mit ihm, lernen andere Journalistenkollegen sowie Sportler kennen und erfahren einiges über das alltägliche journalistische Tagesgeschäft. Gleichzeitig entwickelt sich eine besondere Beziehung zu seinem amerikanischen Kollegen Sam, die für ihn etwas völlig Neues darstellt. Er ist offen dafür und findet den anderen Mann ebenfalls attraktiv. Die Beziehung schwankt zwischen Kälte und Verführung.

Mit der Geiselnahme der israelischen Sportler durch arabische Terroristen ändert sich alles. Acht Mitglieder der palästinensischen Terrorgruppe „Schwarzer September“ stürmen das Quartier der israelischen Mannschaft und nehmen Sportler und Trainer als Geiseln.

Durch die Kontakte von Sam können wir die furchtbaren Geschehnisse aus nächster Nähe, dem Quartier der kanadischen Sportler direkt verfolgen. Wir werden Zeuge der dilettantischen Verhandlungen, erleben unprofessionelle Polizeiarbeit und erfahren vom furchtbaren Ende in Fürstenfeldbruck.

Da der Erzähler Journalist ist, recherchiert er weiter und wir erleben die Tragödie auch aus der Sicht von Angehörigen der Opfer und eines deutschen Polizisten.

Fazit: Das Buch enthält umfangreich Fakten und schildert den Hergang der Tragödie minutiös und spiegelt alles aus der privaten Perspektive des Erzählers. Sehr flüssig geschrieben und lesenswert für alle die mehr über München 19972 erfahren wollen.

Veröffentlicht am 29.10.2019

Ein Serientäter im beschaulichen Ostfriesland?

Stille auf dem Fehn. Ostfrieslandkrimi
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„Stille auf dem Fehn“ von Jette Janssen ist der zweite Ostfriesland – Krimi in dessen Mittelpunkt der Psychologe Maxim Henndorf aus Leer steht. Diese Idee hat mir gut gefallen und immer wenn Maxim sich ...

„Stille auf dem Fehn“ von Jette Janssen ist der zweite Ostfriesland – Krimi in dessen Mittelpunkt der Psychologe Maxim Henndorf aus Leer steht. Diese Idee hat mir gut gefallen und immer wenn Maxim sich Gedanken macht, ist es sehr interessant seinen Überlegungen zu folgen. Ihn charakterisiert die Autorin in einem Interview wie folgt: „…, weil er oft schneller mögliche Motive eines Verbrechens erkennen kann und Täter aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten weiß“.

Worum geht es in diesem Fall? „ Am idyllischen Idasee in Ostfriesland wird eine Joggerin ermordet. Die Polizei sucht zunächst im Umfeld des Opfers nach dem Täter. Als aber in Idafehn eine weitere junge Frau getötet wird, ist es aus mit der friesischen Beschaulichkeit“ (aus der Inhaltsangabe des Klarant-Verlages).

Was nach einer sehr spannenden Geschichte klingt, fühlte sich während des Lesens der ca. 150 Seiten sehr zäh für mich an. Beim Versuch Lokalkolorit und ostfriesisches Setting zu vermitteln tummeln sich im Buch sehr viele Personen, die ich zunächst einmal sortieren und einordnen musste. Vielleicht lag es auch daran, dass ich den Vorgänger-Band nicht kannte. Die Nebenhandlungen werden sehr ausführlich geschildert und lenken die Aufmerksamkeit des Lesers vom eigentlichen Fall ab. Der Schreibstil selbst ist flüssig und das Buch in übersichtliche 27 Kapitel gegliedert.

Glücklicherweise wird Maxim Henndorf bald hinzugezogen und das Interesse auf die Mordfälle gelenkt. Bei der Suche nach Motiv und Täter tappt die Polizei lange im Dunkeln. Der Leser weiß bald mehr, da die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven, auch aus der Sicht des Täters, erzählt wird.

Jetzt kommt tatsächlich, nachdem ich mehr als die Hälfte gelesen hatte, Spannung auf. Mit Maxim ist der Autorin eine sehr sympathische Person gelungen. Er kann zu hören und sich in andere hinein versetzen, obwohl er den Tod seiner Frau noch nicht verwunden hat. Seine Überlegungen hinsichtlich des Täters sind logisch und scharfsinnig. Dennoch konnte auch er nicht ahnen, was im hochdramatischen Finale passiert.
Obwohl die Lösung des Falls in sich schlüssig und stimmig war, blieb ich etwas ratlos zurück.

Da aber hier nur mein subjektiver Eindruck geschildert wird, empfehle ich diese Geschichte alles Freunden von Ostfrieslands-Krimis, die gern Ermittlungen aus einer anderen Sicht verfolgen möchten und vergebe 3 Sterne.

Mein Dank gehrt an den Klarant-Verlag, der mir kostenlos ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. Meine ehrliche Lesermeinung wurde dadurch nicht beeinflusst.