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Veröffentlicht am 18.06.2022

Island auf dem Weg in die Moderne

60 Kilo Sonnenschein
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60 Kilo Sonnenschein – Hallgrimur Helgason
Island um 1900. Erzählt wird die Geschichte des Jungen Gestur, eines armen Bauernjungen, dem das Schicksal übel mitspielt. Während er heranwächst und sich immer ...

60 Kilo Sonnenschein – Hallgrimur Helgason
Island um 1900. Erzählt wird die Geschichte des Jungen Gestur, eines armen Bauernjungen, dem das Schicksal übel mitspielt. Während er heranwächst und sich immer wieder an einen neuen Ziehvater gewöhnen muss, verändert sich langsam, sehr langsam, das rückständige und abgeschiedene Island auf dem Weg in eine fortschrittlichere Zukunft. Doch dieser Weg ist lang und steinig.
Es ist eine eindrucksvolle und opulente Saga, die der Autor hier geschaffen hat. Den Jungen Gestur begleitet der Roman durchgehend. Darüber hinaus aber auch noch unzählige andere hochinteressante, genial gezeichnete Figuren. Im Vordergrund stehen Land und Leute Islands. Das harte abgeschiedene Leben dieser armen Bauern auf diesem isländischen Fjord zu jener Zeit ist es, was der Autor dem Leser nahebringen will. Und das tut er äußert eindrucksvoll. Auf knapp 600 Seiten ist genug Raum für jede Menge detaillierter Beschreibungen der Lebensumstände, Wohnsituationen, Eigenheiten der teils recht kauzigen Menschen. Das ist manchmal wirklich eklig, sehr oft erschreckend – langweilig wird das nie.
Das besondere an dieser vielschichtigen Geschichte ist der bissig schwarze Humor des Autors. Es ist wirklich köstlich, wie böse er die Rückständigkeit seines Volkes jener Zeiten auf die Schippe nimmt. Gerade an den Pfarrern und dem Glauben des Fjords lässt er lange Zeit kein gutes Haar. Allesamt sind es ungläubige, faule Säufer, die meist auch dadurch zu Tode kommen. Einer schafft es gar, bei einer Beerdigung sturzbetrunken in ein noch offenes Grab zu stürzen und dabei selbst das zeitliche zu segnen. Das ist bitterböse und ziemlich witzig. Auf der anderen Seite werden tragischste Begebenheiten lapidar mit einem Satz serviert.
Den Einstieg in dieses monumentale Werk fand ich gar nicht so einfach. Trotz allem Unterhaltungswert ist es ein recht literarischer Schreibstil, den der Autor pflegt. All die isländischen Namen, Orte und Sitten sind zusätzlich gewöhnungsbedürftig. Doch nach ein paar Seiten hatte mich die Geschichte und ich war begeistert von der Sprache, dem Setting und der Tiefgründigkeit. Ein Werk, dem man die Zeit geben muss, damit es einen einfangen kann. Dann eröffnet sich einem eine komplett neue, faszinierende Welt.
Der Leser durfte den Jungen Gestur dreizehn Jahre lang begleiten – und eine Gegend, die sich langsam dem Fortschritt öffnet. Hier wie dort gäbe es noch viel zu erzählen. Sehr gut könnte ich mir hier eine Fortsetzung vorstellen. Auf jeden Fall bin ich von dem Gelesenen beeindruckt und begeistert. 5 Sterne und eine große Leseempfehlung von mir!

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Veröffentlicht am 26.05.2022

Schwesternglocken II

Ein Rätsel auf blauschwarzem Grund
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Ein Rätsel auf blauschwarzem Grund – Lars Mytting
Achtung – dies ist der zweite Teil der Schwesternglocken-Trilogie und es sollte wirklich der erste Band zuerst gelesen werden!
Ein abgeschiedenes Tal in ...

Ein Rätsel auf blauschwarzem Grund – Lars Mytting
Achtung – dies ist der zweite Teil der Schwesternglocken-Trilogie und es sollte wirklich der erste Band zuerst gelesen werden!
Ein abgeschiedenes Tal in Norwegen, Butangen, in den Jahren 1903 – 1919. Der Dorfpfarrer Kai Schwaigaard trauert noch immer um Astrid, die vor zwanzig Jahren im Kindbett gestorben ist. Einer ihrer Söhne, Jehans, lebt immer noch hier. Er ist in diesem Teil eine der Hauptfiguren. Sein Zwillingsbruder ist angeblich damals kurz nach der Geburt verstorben. Es ist ein hartes, entbehrungsreiches Leben, das Jehans da als Jäger und Bauer führt. Eines Tages begegnet ihm in den Bergen ein Gleichaltriger aus England, der ihm nicht mehr aus dem Kopf geht.
Und dann ist dann noch diese Geschichte mit den Schwesterglocken. Kai Schwaigaard hat seiner Astrid vor vielen Jahren versprochen, sie wieder zusammenzuführen. Doch das ist wohl nur mit der Hilfe von zwei sogenannten Folgebrüdern möglich.
Es ist eine epische Geschichte, die Lars Mytting da geschrieben hat. In diesem Teil der Trilogie befreit sich Butangen ein kleines bisschen aus seiner extremen Abgeschiedenheit. Die Elektrizität hält Einzug und erhellt die langen dunklen Nächte. Allerdings müssen die Bewohner auch mit den Auswirkungen des Krieges und der Spanischen Grippe kämpfen.
Der Autor Lars Mytting hat ein unglaubliches Erzähltalent. Ich bin vollkommen begeistert von seinem Werk! Er schildert Lebensumstände, Sorgen und Nöte dieser einfachen Leute so eindringlich und dabei so literarisch brillant. Dabei hält er immer eine gewisse Distanz zu seinen Figuren und wird niemals kitschig – eher im Gegenteil. Gerade der Dorfpfarrer ist eine zentrale Figur, die schon vom ersten Teil an durchgehend dabei ist und alles zusammenhält. Ein „Zugezogener“, der sich den Respekt seiner Schäfchen erst verdienen musste. Er hat einen ganz besonderen Blick auf alles, was so vor sich geht. So begleitet er das Dorf auf seinem Weg zwischen Traditionen und (Aber-)glaube und langsamen Fortschritt. Dann noch die Geschichte um die Schwesterglocken und den Wandteppich der Hekne-Schwestern macht diese Trilogie zu einem sehr dichten, tiefgründigen, geradezu monumentalen Werk. Fesselnd und berührend, einfach grandios!
Es bleibt mir also nichts anderes, als diesen zweiten Teil mit 5 Sternen zu bewerten und Ausschau nach dem dritten Teil und damit der Auflösung dieser spannenden Saga zu halten!

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Veröffentlicht am 22.05.2022

Skylar und Carter

Rise and Fall (Faith-Reihe 1)
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Skylar und Carter Dies ist ein ganz wunderbarer, sehr emotionaler und berührender Liebesroman, der mir sehr gut gefallen hat. Nach einer gemeinsamen Nacht mit ihrem besten Freund Carter flieht Skylar überstürzt ...

Skylar und Carter Dies ist ein ganz wunderbarer, sehr emotionaler und berührender Liebesroman, der mir sehr gut gefallen hat. Nach einer gemeinsamen Nacht mit ihrem besten Freund Carter flieht Skylar überstürzt aus dessen Wohnung und läuft vor einen Jeep - mit schlimmen Folgen. Um ihm nicht die Zukunft zu verbauen, verschweigt sie ihm den Unfall und ihre schwere Verletzung. Sechs Monate später kehrt Carter zurück und muss der Wahrheit ins Auge blicken. Sprachlich angenehm und mitreißend erzählt, behandelt die Autorin gleich mehrere schwere Themen. Dies macht sie sehr feinfühlig und authentisch. Es sind die ganz großen Gefühle, die hier hochkochen. Skylar und Carter sind dabei wirklich extrem liebenswerte Figuren, die man gerne noch weiter begleiten möchte. Ich habe dieses Buch sehr genossen und vergebe gerne 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 17.05.2022

Maggie und Thomas

Remember when Dreams were born
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Maggie und Thomas
Es geht hier um einen schweren Unfall und den Weg zurück ins Leben. Zuviel über den Inhalt möchte ich hier gar nicht verraten. Nur soviel: dieser Roman hat mich wirklich überrascht. Erwartet ...

Maggie und Thomas
Es geht hier um einen schweren Unfall und den Weg zurück ins Leben. Zuviel über den Inhalt möchte ich hier gar nicht verraten. Nur soviel: dieser Roman hat mich wirklich überrascht. Erwartet hatte ich typisch leichte Frauenunterhaltung. Bekommen habe ich aber etwas völlig anderes, viel tiefgründigeres. Im ersten Drittel fiel es mir schwer, den ein oder anderen Beweggrund besonders von Tom nachzuvollziehen. Doch dann gibt es einen grandiosen Plottwist, der mich sprachlos machte. Von dem Moment an konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Es nahm einen ganz anderen Verlauf als erwartet. Viel besser.
Sehr interessant fand ich auch die psychologischen Aspekte, die hier gründlich beleuchtet werden.
Der Schreibstil ist angenehm und die Geschichte wird abwechselnd aus zwei Perspektiven erzählt. Das ist hier besonders spannend.
5 Sterne für einen Roman, der mich wirklich überrascht und gefesselt hat.

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Veröffentlicht am 06.05.2022

Erschreckend real

Die Wut, die bleibt
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Die Wut, die bleibt – Mareike Fallwickl
Eine dreifache Mutter, die plötzlich und augenscheinlich völlig unerwartet vom Tisch aufsteht und sich vom Balkon stürzt. Warum macht jemand so etwas? Diese Situation ...

Die Wut, die bleibt – Mareike Fallwickl
Eine dreifache Mutter, die plötzlich und augenscheinlich völlig unerwartet vom Tisch aufsteht und sich vom Balkon stürzt. Warum macht jemand so etwas? Diese Situation wird auf einer einzigen Seite, brillant erzählt. Das ist die Ausgangssituation. Zwei Frauen, Helenes beste Freundin Sarah und Helenes älteste Tochter Lola, versuchen nun mit dieser Situation umzugehen. Die Handlung Helenes zu verstehen und zu verarbeiten. Beide Frauen machen im Laufe des Romans eine unglaubliche Entwicklung durch -allerdings in komplett gegensätzliche Richtungen. Helene steht für viele überforderte, von den Ehemännern allein gelassene, Frauen, die verzweifelt versuchen, allem und jedem gerecht zu werden und sich dabei selbst aus den Augen verlieren. Der Roman spielt während der Corona-Pandemie, die diese Situation für viele noch verschärft hat. Sehr bald stellt sich Sarah, Lola und dem Leser die Frage, wer wollen wir sein als Frau, in welche Rollen lassen wir uns drängen und warum ist es so schwer, für sich selbst einzustehen?
Das ist ein sehr feministisches Buch, was mir zu Lesebeginn gar nicht so sehr bewusst war. Doch (leider) wurde ich von Helenes Geschichte, von ihren Beweggründen für ihre Verzweiflungstat, eiskalt erwischt. So viele Gedanken, Gefühle könnten meine sein. Es ist so wahr, was Fallwickl da schreibt. Sie legt den Finger in die Wunde und rüttelt auf. Das tut weh und ist schockierend real. Man fragt sich, wo genau ist es schiefgegangen…. Bei diesem Roman hatte ich ständig das Bedürfnis Parallelen zu ziehen, zwischen Geschichte und meiner Wirklichkeit. Gerade das zeigt, wie sehr es mich berührt und emotional mitgenommen hat.
Wie oben schon erwähnt machen Sarah und Lola ganz unterschiedliche Entwicklungen durch. Mit Sarah konnte ich mich wesentlich besser identifizieren, mag auch am ähnlichen Alter liegen. Lola ist ein Teenager, der der Trauer um die Mutter mit Rebellion begegnet. Sie wendet sich dem Feminismus zu, das allerdings in einer für mich zu extremen Art und Weise. Doch auch ihre Sichtweise ist berechtigt und verständlich.
Die Männer in diesem Buch kommen überhaupt nicht gut weg. Ich glaube, es gibt einen einzigen vernünftigen Mann in dieser Geschichte. Sie sind entweder abwesend, egoistisch und ignorant oder gleich gewalttätig. Der Fokus liegt eindeutig auf den Frauen, die lernen müssen, sich gegen diese Männer zur Wehr zu setzen.
Sprachlich fand ich dieses Buch genial. Ein selbstverständlicher, flüssiger Schreibstil, immer wieder gespickt mit österreichischen Ausdrücken. Ich fand das sehr sympathisch und authentisch. Beinahe wird man gezwungen, sich mit diesen Frauen zu identifizieren.
Auch wenn mir Lolas Entwicklung gegen Ende zu weit ging, bzw. ich damit nicht mehr viel anfangen konnte, hat mich dieser Roman gepackt und mitgerissen. Und mir vor allen Dingen Missstände aufgezeigt, über die ich mir bisher kaum Gedanken gemacht habe. Auf jeden Fall rüttelt diese Geschichte auf und regt zum Nachdenken auf. Deshalb von mir 5 Sterne.

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