Durch Bücher bin ich bereits so manches Mal mit meiner 4-Jährigen über Themen ins Gespräch gekommen, die ich sonst von mir aus eher verkrampft angesprochen hätte - einfach, weil ich keinen Anfang finde ...
Bücher haben mir aber auch schon so einige Male gezeigt, was mein Kind wirklich beschäftigt. Denn wenn sie über etwas nachdenkt, etwas entdeckt hat oder ihr einfach nur eine Idee gekommen ist, kommt es oft vor, dass sie sich ein entsprechendes Buch darüber aus ihrem Regal nimmt. Und entweder lesen wir es gemeinsam oder sie setzt sich mit ihren Hasi hin und "liest" ihm vor.
Bücher sind daher für mich der absolute Gamechanger, wenn es darum geht, mit jemanden ins Gespräch zu kommen - und zwar nicht nur mit Kindern!
In "Der Riese am Horizont" geht es vorrangig um Ängste und wie verschiedene Menschen ihnen begegnen.
Ängste kennt (wahrscheinlich) jeder von uns. Mal stellen wir uns ihnen. Mal weichen wir ihnen aus. Mal ignorieren wir sie. Es gibt ganz viele Methoden, wie wir ihnen begegnen können.
Das Bilderbuch zeigt genau das auf: verschiedene Personen begegnen Unbekanntem auf verschiedenen Wegen: Die einen wollen es loswerden, andere wollen es ignorieren, manch einer möchte es höflich bitten, zu gehen. Und dann ist da jemand, der sich den Ängsten der anderen stellt.
Der Verlag vergibt eine Altersempfehlung ab 4 Jahren. Für meine 4-Jährige war die Geschichte ein wenig zu komplex. Einfach, weil sie so viel Interpretationsspielraum bietet.
Mein Kind hat beim reinen Lesen zum Beispiel nicht verstanden, dass die Menschen Angst vor dem Riesen haben. Es wird ja auch nirgends im Text explizit erwähnt. Lediglich der Klappentext weist darauf hin. Es werden jedoch auch Themen wie Mobbing oder Ausgrenzung dargestellt. Das sind alles Probleme, mit denen 4-Jährige sicher konfrontiert werden, doch sie sind ihnen nicht in diesem Ausmaße bewusst.
Die Illustrationen, die mir übrigens richtig gut gefallen, geben trotz ihrer Kuriositäten ein klares Bild ab: Von unterschiedlichen Menschen und ihren unterschiedlichen Reaktionen.
Das Werk finde ich wichtig und richtig. Die Zeichnungen sind ein Traum. Der Kern der Geschichte wird durch Wort und Schrift wunderbar dargestellt. Sie bietet so viel Gesprächsstoff, dass uns die Lektüre sicher noch eine ganze Weile begleiten wird - eben auch, weil sie momentan noch nicht so richtig zu uns passt, weil sie sehr komplex ist. Doch die Botschaft, die ich bereits jetzt meinem Kind mit auf den Weg gegeben habe, besagt, dass sie immer zu mir kommen kann, wenn sie Angst hat. Dann schauen wir gemeinsam, wie wir der Angst begegnen können. Meist ist es besser, sich ihr zu stellen bzw. offen auf sie zuzugehen - dann verschwindet sie oft ganz von selbst.
Ich vergebe daher eine (Vor)Leseempfehlung ab 5 oder eher 6 Jahren.
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