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Veröffentlicht am 14.09.2022

20er Jahre-Flair auf dem (Alb-)Traumschiff

Die Passage nach Maskat
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Bis jetzt kannte ich nur die Südfrankreichkrimis von Cay Rademacher, die mir immer sehr gefallen haben. Nun also ein historischer Krimi vor der Kulisse einer abenteurlichen, romantischen Reise von Marseille ...

Bis jetzt kannte ich nur die Südfrankreichkrimis von Cay Rademacher, die mir immer sehr gefallen haben. Nun also ein historischer Krimi vor der Kulisse einer abenteurlichen, romantischen Reise von Marseille nach Maskat auf einem Luxusliner. Ein Hauch von Agatha Christie, ein wenig Babylon Berlin, so wirkt die Atmosphäre.
Es ist das Jahr 1929 und auf dem Schiff ist ein elegantes internationales Publikum versammelt. Jedenfalls in der Ersten Klasse ... In der Dritten sieht das alles schon etwas anders aus, weit weniger romantisch.
An Bord ist als Hauptfigur der Kriegsveteran und Fotograf Theodor Jung. Er begleitet seine Frau Dora und deren Gewürzhändlerfamilie, die aus geschäftlichen Gründen nach Maskat wollen. Jung selbst konnte seinen Chefredakteur bei der Berliner Illustrierten dazu bringen, ihn mit einer Fotoreportage über diese Reise zu beauftragen.
Jungs Ehe läuft nicht so gut, sie wird u.a. durch seine Posttraumatische Belastungsstörung beeinträchtigt, die auf seine Erlebnisse als Mitglied einer U-Bootbesatzung im ersten Weltkrieg zurückgeht. Er hofft, dass diese Reise zu einer Annäherung zwischen ihm und seiner Frau führt. Doch dann verschwindet seine Frau plötzlich und alle anderen Passagiere - inklusive ihrer Familie - behaupten, sie sei nie an Bord gewesen. Jung zweifelt vorübergehend an seinem Verstand und beginnt sie zu suchen. Die Stewardess Fanny hilft ihm bei seiner Suche.
Der Autor versteht es, eine authentische Atmosphäre zu schaffen und beschreibt anschaulich diese Reise und ihre Schauplätze, z.B. die Fahrt durch den Suezkanal.
Bei der Beschreibung der anderen Passagiere geht es vielleicht etwas klischeehaft zu, aber dennoch stimmig. Rademacher baut auch ein paar reale Personen ein, wie z.B. die Burlesque -Tänzerin Anita Berber.
Zu Beginn lässt der Autor sich viel Zeit für die Vorgeschichte und die Skizzierung der handelnden Personen, erst relativ spät setzt die Spannung ein, die sich dann zum Ende hin immer mehr steigert.
Ich bin gerne in diese Welt eingetaucht, habe die Reisebeschreibungen genossen und kann diesen gelungenen Krimi sehr empfehlen.

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Veröffentlicht am 09.07.2022

Netter Cosy-Regionalkrimi aus dem idyllischen Tessin

Mord in Montagnola
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Moira Rusconi kehrt in ihre Kindheitsheimat nach Montagnola im Tessin zurück, nachdem ihr Vater einen leichten Schlaganfall hatte. Sie lebt und arbeitet als Übersetzerin von technischen Gebrauchsanweisungen ...

Moira Rusconi kehrt in ihre Kindheitsheimat nach Montagnola im Tessin zurück, nachdem ihr Vater einen leichten Schlaganfall hatte. Sie lebt und arbeitet als Übersetzerin von technischen Gebrauchsanweisungen in Frankfurt und ist ganz froh über diese Möglichkeit eines Tapetenwechsels, denn ihr Mann hatte sich nach langjähriger Ehe von ihr getrennt und von diesem Schock hat sie sich noch nicht ganz erholt. Sie trifft ihre Jugendliebe Luca wieder, der inzwischen Gerichtsmediziner ist und sie gleich mit zum Kommissariat schleppt, als es den nächsten Mord gibt. Sie wird gebeten, sich als Dolmetscherin zu betätigen, da in diesem italienischsprachigen Teil der Schweiz auch viele Deutschschweizer unterwegs sind und es immer wieder Verständigungsschwierigkeiten gibt.
So gerät Moira direkt in die Mordermittlungen hinein und mutiert selbst zur Detektivin. Hier muss der Leser einiges an "Suspension of Disbelief" aufbringen, denn sehr realistisch dürfte diese Situation einer in die Mordermittlungen eingebundenen Außenstehenden wohl nicht gerade sein. Aber was soll's, mich hat es nicht weiter gestört, wenn's denn dem Fortgang der Geschichte dient ...
Der Schreibstil ist flüssig und gut lesbar, mit Ausnahme einiger weniger Stilblüten von unfreiwilliger Komik ("Moira hatte das Gefühl, ihre Augen würden gleich vor ihr ins Gras kullern.“ ).
Viele Dorfbewohner spielen eine Rolle, es gibt also ausreichend Verdächtige, die Ermittlungen gehen langsam voran und der örtliche Polizeichef ist immer wieder geneigt, jede erstbeste Lösung des Falles zu akzeptieren. Es ist immer wieder Moira, die Zweifel bezüglich des jeweils aktuellen Verdächtigen aufwirft. Die Ermittlungen verlaufen recht beschaulich in dieser beschaulichen Gegend, erst im letzten Drittel steigert sich das Tempo und es wird richtig spannend. Es gibt Ortsbeschreibungen und viel Lokalkolorit, gutes Essen, guten Wein, urige Typen, einen Hauch einer Liebesgeschichte und etwas Humor. Ich fühlte mich gut unterhalten von dieser Mischung. Wenn es weitere Fälle für Moira geben sollte, bin ich wieder dabei. Für Freundes des gepflegten Cosy-Krimis mit Lokalkolorit definitiv eine Empfehlung!

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Veröffentlicht am 07.06.2022

Sympathisches dänisch-deutsches Detektiv-Duo

Gezeitenmord
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Ein Toter im Watt - genau auf der dänisch-deutschen Grenzlinie, dies kann nicht der örtlichen Polizei überlassen werden: und so reisen Rudi Lehmann aus Flensburg und Lykke Teit aus Kopenhagen an, um den ...

Ein Toter im Watt - genau auf der dänisch-deutschen Grenzlinie, dies kann nicht der örtlichen Polizei überlassen werden: und so reisen Rudi Lehmann aus Flensburg und Lykke Teit aus Kopenhagen an, um den Fall in grenzüberschreitender Zusammenarbeit zu lösen. Die Dörfler sind zuerst nicht begeistert und versuchen, den Auswärtigen das Leben schwer zu machen, später klappt die Zusammenarbeit dann aber doch ganz gut.
Der Fall erweist sich als ziemlich verworren und es gibt Verbindungen zu früheren Morden, das dänisch-deutsche Duo muss immer wieder mögliche Szenarien verwerfen. Trotz des großen Altersunterschiedes verstehen und ergänzen sich die beiden wunderbar. Beide sind interessante Charaktere, die wir im Verlauf des Krimis immer besser kennenlernen.
Ich freue mich immer, wenn ich auf vergleichsweise unblutige skandinavische Krimis treffe. Diese neue Krimireihe unterhält bestens, die Dialoge sind witzig und schlagfertig, die Krimihandlung ist spannend und wird überzeugend gelöst. Falls Lehmann und Teit in Zukunft noch weitere gemeinsame Fälle übernehmen, freue ich mich darauf, ihnen wieder beim Ermitteln über die Schulter zu schauen.
Ein unterhaltsamer und spannender Krimi ohne Gewaltexzesse!

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Veröffentlicht am 28.05.2022

Netter Regionalkrimi

In einer stillen Bucht
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Die ersten zwei Bände dieser Krimireihe kenne ich noch nicht, kam aber dennoch problemlos in die Geschichte hinein. Capri und Neapel, also mal eine Region, aus der ich bisher noch keinen Krimi gelesen ...

Die ersten zwei Bände dieser Krimireihe kenne ich noch nicht, kam aber dennoch problemlos in die Geschichte hinein. Capri und Neapel, also mal eine Region, aus der ich bisher noch keinen Krimi gelesen habe. Der Autor sorgt für reichlich süditalienisches Lokalkolorit. Zwei sympathische Ermittler - der einheimische Enrico Rizzi und die zugezogene, anscheinend strafversetzte Antonia Cirillo - werden zu einer an einem abgelegenen Strand gefundenen Leiche gerufen. Da es sich bei der Toten um die Leiterin des Konservatoriums in Neapel handelt, ist dann aber die neapolitanische Polizei für den Fall zuständig. Das schmeckt den beiden Inselpolizisten nicht, die auch ihre Berechtigung zu weiteren Ermittlungen einfordern. Und, wie sollte es auch anders sein bei einem Caprikrimi, sind sie es schließlich, die den Fall lösen.
Den Schreibstil fand ich angenehm und gut lesbar, man erfährt einiges aus dem Privatleben der Polizisten, anderes wurde wohl noch für weitere Bände aufgespart. Rizzi ist offensichtlich ein moderner Mann, der sich auch an der Hausarbeit beteiligt und z.B. Tomaten einweckt, bei Cirillo tappt man noch etwas im Dunklen. Man lernt auch diverse einheimische Originale kennen, die das Capri-Flair verstärken. Die Geschichte ist gut konstruiert und glaubwürdig, aber die Ermittlungen laufen lange Zeit ins Leere, worunter der Spannungsbogen etwas leidet. Die finale Auflösung ist jedoch überzeugend und insgesamt habe ich mich gut unterhalten gefühlt und werde die Lektüre der ersten Bände schleunigst nachholen. Speziell auf einer Italienreise sicher ein passendes Buch, aber auch für "Arm Chair Traveller" ein Lesevergnügen.

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Veröffentlicht am 11.05.2022

Endlich mal ein nicht so düsterer Schwedenkrimi, ganz im Gegenteil!

Der Tod macht Urlaub in Schweden
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Irgendwann habe ich aufgehört, schwedische Krimis und Thriller zu lesen - das war mir alles zu trübe und deprimierend, zu abartig und brutal. Da kam jetzt dieser schwedische Versuch eines Cosy-Krimis wie ...

Irgendwann habe ich aufgehört, schwedische Krimis und Thriller zu lesen - das war mir alles zu trübe und deprimierend, zu abartig und brutal. Da kam jetzt dieser schwedische Versuch eines Cosy-Krimis wie gerufen!
Peter Vinston, ein etwas überpenibler Kommissar aus Stockholm macht einen vom Arzt verordneten Zwangsurlaub in Österlen im südschwedischen Schonen. Dort wohnt auch seine Exfrau mit ihrer gemeinsamen Tochter und ihrem neuen Ehemann.
Für einen malerischen Strand hatte es eine Baugenehmigung (Korruption?) für Luxushäuser gegeben. Der örtliche Kulturverein protestierte heftig dagegen, besonders gegen die Immobilienmaklerin, die arrogante und völlig rücksichtslose Jessie Anderson.
Und dann wird diese Jessie ermordet aufgefunden. Peter Vinston mischt sich wider besseres Wissen in die Ermittlungen ein, bekommt sogar ein offizielles Okay für seine Beratertätigkeit, und vergisst, dass er eigentlich zur Erholung hier ist und auch, um den Kontakt zu seiner Tochter zu pflegen. Er hilft der örtlichen Ermittlerin Tove Esping bei ihren Ermittlungen und wie im Genre häufig üblich, müssen sich die beiden Partner erst zusammenraufen.
Es wimmelt von Verdächtigen und als Leser kann man schön mitraten, wenn allmählich immer mehr Infos gesammelt werden. Aber die beiden bleiben häufig stecken und müssen immer wieder die Richtung ihrer Ermittlungen wechseln. Es treten viele originelle Personen auf, nicht zuletzt der pingelige Kommissar selbst, der immer eine Fusselbürste bei sich trägt, um jedes (Tier)Haar von seinen eleganten Anzügen zu bürsten. Tove Esping ist lesbisch und lebt mit ihrer Lebensgefährtin zusammen, unter den Dörflern gibt es ein schwules Ehepaar, und diese LGBT-Beziehungen werden erfrischend selbstverständlich erwähnt. Die Handlung ist sowohl spannend als auch entspannend, eine leichte und unterhaltsame Lektüre, die aber nicht seicht ist. Der locker-flockige Schreibstil liest sich sehr angenehm und das Finale hat eine unerwartete Wendung zu bieten. Insgesamt also eine lohnende Lektüre für Freunde des gepflegten, humorvollen Wohlfühlkrimis, eine gelungene schwedische Variante dieses Genres, auch wenn ich letzten Endes die britischen Vorbilder vorziehe. Aber die Schweden sind da auf einem guten Weg. Für knallharte Anhänger der blutigen schwedischen Thriller allerdings eher nicht geeignet.

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