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Veröffentlicht am 25.07.2017

Wenn auf Reisen die große Liebe wartet

Liebe findet uns
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Das Cover ruft es, der Titel schreit es, der Klappentext tönt es – mal wieder ein Liebesbuch. Direkt so gestaltet, dass alle es erkennen können und es neben den Werken von Cecilia Ahern, Mhairi McFarlane ...

Das Cover ruft es, der Titel schreit es, der Klappentext tönt es – mal wieder ein Liebesbuch. Direkt so gestaltet, dass alle es erkennen können und es neben den Werken von Cecilia Ahern, Mhairi McFarlane und Co nicht untergehen muss, sondern sich so einreiht, dass es all die Liebhaber es scharenweise zur Kasse treiben wird. Wir kennen das – so ein Buch kommt jeden Monat raus und ist DER Liebesroman des Jahres. Normalerweise erwartet uns eine durchschnittliche gute Geschichte, die, wenn wir ein paar Namen und ein paar Orte austauschen, schon so oft erzählt wurde, dass wir gähnend weiterlesen können ohne dabei die Zeilen im Auge zu haben.
Was ist also anders bei „Liebe findet uns“? Nicht viel, aber genau das Richtige. Das Cover ist schön, weil es schön sein muss und der Titel ist im Englischen wie immer tiefgründiger und schöner als es den deutschen Übersetzern hätte einfallen können („the map that leads to you“). Also alles wie immer, trotzdem kein typischer 3-Sterne-Buch, sondern mehr wert. Wieso? Weil es doch anders ist. Wir erleben die Liebesgeschichte von Heather und Jack, die sich im Zug nach Amsterdam treffen. Heather reist mit ihren Freundinnen nach dem College durch Europa, während Jack auf den Spuren seines Großvaters ist. Dieser hat nach dem Krieg nicht direkt die Heimreise nach Amerika angetreten, sondern ist durch Europa gereist und hat seine Erlebnisse in einem Tagebuch festgehalten. Dieses hat Jack im Gepäck und versucht seinem Großvater dabei näher zu kommen, wenn da nicht die Ablenkung in Form von Heather auf den Plan treten würde. Denn mit diesem Wendepunkt der Reise haben die beiden nicht gerechnet.
Und weil sowohl Heather als auch Jack nicht so recht mit ihrem Glück rechnen wollen und weil sie auch zeitgleich immer noch in ihre Reise vertieft sind, ist das Buch ganz anders geworden als ich es mir vorgestellt hatte. Der Leser reist mit den Beiden durch Europa, von Amsterdam nach Italien, nach Polen, nach Paris – überallhin, wo auch Jacks Großvater war und es wo es die Beiden hinzieht. Ihre Geschichte ist alles andere als normal und an einigen Stellen ging es mir viel zu schnell, so dass manche Entscheidungen nicht nachvollziehbar waren. Trotzdem verliert J. P. Monninger niemals den Faden während ihrer Erzählung, auch nicht als die Reise vorbei ist und der Rückflug nach Amerika auf dem Plan liegt. Meine größte Sorge war, dass die Dynamik der Geschichte durch den Wechsel des Schauplatzes schlagartig einen Bruch erleiden würde, doch es war nicht der Fall. Viel mehr hat es sich sogar positiv ausgewirkt, denn auf Reisen erleben wir viel intensiver und anders. Daher Heather in New York über Zukunft, Liebe und Sorgen nachdenken zu sehen, hat das Buch wieder ein Stück in die Wirklichkeit geholt.
Heather und Jack sind wunderbare Protagonisten, die perfekt in ihre Geschichte passen. Sie sind mit genügend Informationen ausgeschmückt und passen perfekt zueinander. Leider fehlte mir bei den restlichen Charakteren die Tiefe. Zu blass und stereotypisch wirkten für mich die Freundinnen, die Liebesgeschichte von Constance und Raef, aber auch Heathers Eltern. Es wirkte alles zu konstruiert um die perfekten Hauptakteure in die richtigen Bahnen zu lenken.
Doch trotz kleiner Schwächen konnte „Liebe findet uns“ überzeugen und zwischen all den anderen Liebesromane herausstechen. Ein liebenswerter, traurig schöner Roman, für alle die, die gerne reisen, Abenteuer erleben wollen und die Augenblicke genießen möchten.

Veröffentlicht am 19.06.2017

Wenn Lügen kurze Beine haben

Kleine Lügen erhalten die Familie
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Wer erzählt schon seinen Kindern, was er in seiner Jugend angestellt hat? Und wer hat seinen Eltern erzählt, warum er wirklich die Tür zu seinem Zimmer verschlossen hatte? Geheimnisse gehören eben zu einer ...

Wer erzählt schon seinen Kindern, was er in seiner Jugend angestellt hat? Und wer hat seinen Eltern erzählt, warum er wirklich die Tür zu seinem Zimmer verschlossen hatte? Geheimnisse gehören eben zu einer Familie dazu. Manche sind größer, manche sind kleiner.

Die Familie von Franzi hat nicht nur ein paar, sondern eine ganze Masse und sie schillern in den schönsten Farben. Große, kleine, wichtige, nebensächliche und einige, die besser im Verborgenen bleiben sollten. Katia Weber erzählt mit viel Witz und Ideenreichtum zeitgleich die Geschichte einer Familie und die eines einst verschollen Gemäldes. Mit viel Kreativität schreibt sie aus mehr als zehn verschiedenen Perspektiven, alle kriegen Gehör. Die kleine Tochter, die Stiefschwester, der Noch-Ehemann, denn eins haben sie alle gemeinsam: Geheimnisse und die Lügen ,die sie erzählen.

Die Geschichte ist wahrlich verworren und der Anfang ist sicherlich schwer. Unbewusst griff ich zu Stift und Papier und malte einen Stammbaum um den Überblick zu behalten. Maria, Franzi, Judith, Adelheid - so viele Namen, so viele Geschichten und so viel Erlebtes. Da muss man erstmal mitkommen. Wenn man dann aber den Flow gefunden hat, dann wird es eine richtig gute und unterhaltsame Geschichte.

An manchen Stellen wird es abstrus, an manchen lustig, an manchen sentimental. Leider ist sie durch die Komplexität nicht ganz rund geworden. Viele Charaktere brauchen auch viel Platz und da kamen manche leider zu kurz. Beispielsweise die Tochter Maria, die zum Schluss wie ein fades Abziehbild wirkte, weil sie einfach kein Gehör fand, aber trotzdem immer wieder - wie bei einer Stippvisite - auftauchte.Manchmal ist weniger auch mehr und vielleicht hätten weniger Personen, aber dafür komplexere Erzählungen gut getan.

Doch auch mit kleinen Hindernissen ist es ein wahrlich unterhaltendes Buch geworden. Perfekt für eine kleine Unterhaltung zwischendurch

Veröffentlicht am 09.06.2017

Ein geglücktes Debüt mit Lust auf Mehr!

Ragdoll - Dein letzter Tag (Ein New-Scotland-Yard-Thriller 1)
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Simon Beckett, Cody McFadyen, Tess Gerritsen, Karin Slaughter – die Fußstapfen sind groß sobald ein neuer Krimi auf meinem Tisch liegt und der Blick auf die schon geliebten und gelesenen Reihen fällt. ...

Simon Beckett, Cody McFadyen, Tess Gerritsen, Karin Slaughter – die Fußstapfen sind groß sobald ein neuer Krimi auf meinem Tisch liegt und der Blick auf die schon geliebten und gelesenen Reihen fällt. Dabei ist der Wunsch nach einem neuen, guten Autor wirklich groß, die Vergleichsmöglichkeiten leider auch. Deswegen fallen gerade Autoren aus diesem Genre bei mir oft durch. Vieles war schon da und nirgends ist der Schreibstil wichtiger als im Krimibereich. Denn seien wir ehrlich: nirgends muss man soviel unterhalten werden. Bei einem Krimi geht es um Spannung, um Rätsel, um Nervenkitzel – hier sollte alles stimmen. Denn was gibt es Schlimmeres als schon vorher den Täter, die Intention oder alle Geheimnisse zu kennen? Dann fliegt das Buch sofort weg.

Als Daniel Coles „Ragdoll“ bei mir landete, hatte ich statt der niedrigen Erwartungen doch schon hohe, denn die begeisterten Stimmen schrien schon wieder laut und jauchzend, dass ein richtiger Hit vor mir lag. Und was soll ich sagen? Definitiv.
Seit langer Zeit kann ich sagen, dass ich ein Erstlingswerk wirklich verschlungen habe und hoffe, dass ich noch mehr von Detective Fawkes lesen kann. Bei Ragdoll stimmte einfach das große Ganze. Der Plot ist ausgefeilt und durchdacht ohne dabei gewollt zu wirken. Die Idee der Ragdoll ist zwar nicht neu, aber dafür gut umgesetzt. Denn bei der Szene eines Tatorts mit einer zusammgeflickten Puppe aus sechs einzelnen, von verschiedenen Opfern stammenden Körperteilen lief es einem eiskalt den Rücken runter.
Fawkes ist ein guter Protagonist, der eine verdammt gute Mischung aus gescheitertem, unsympathischen, aber doch nach Gerechtigkeit strebenden Cop abgibt. Die Story macht Irrungen und Wirrungen durch, die man nicht direkt erwartet und die Nebendarsteller Baxter und Edmunds wachsen einem je Seite ans Herz. Cole steigert je Kapitel und je voranschreitender Zeit das Erzähltempo, was durch eine gewisse „Todesliste“ gut machbar ist. Das fördert die Spannung und auch das Verlangen „nur noch ein paar Seiten“ weiterzulesen.

Einzig und allein das Ende hatte gewisse Elemente, die mich störten. Einige Entscheidungen Wolfs konnte und wollte ich nicht nachvollziehen, trotzdem seien diese Momente vollkommen verziehen. Denn bei dem was Daniel Cole als erstes Werk abgeliefert hat, steht die Hoffnung auf die nächsten Teile definitiv!

Veröffentlicht am 09.06.2017

Zwischen Intrigen und Psychosen

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
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Wer würde seiner besten Freundin einen Gefallen abschlagen? Stephanie kann das auch nicht als Emily sie fragte, ob sie auf ihren Sohn aufpassen könnte. Da konnte sie ja noch nicht ahnen, dass ihre Freundin ...

Wer würde seiner besten Freundin einen Gefallen abschlagen? Stephanie kann das auch nicht als Emily sie fragte, ob sie auf ihren Sohn aufpassen könnte. Da konnte sie ja noch nicht ahnen, dass ihre Freundin daraufhin verschwindet. Sie ist fast panisch vor Sorge, doch als sie sich nach einiger Zeit nicht nur um Emilys Sohn kümmert, sondern auch um deren Mann, merkt Stephanie, dass das Verschwinden ihrer Freundin vielleicht gar nicht so schlimm ist. Plötzlich nimmt sie immer und immer mehr Emilys Position ein…

Die Geschichte einer leicht psychotischen Mom in einer Midlifecrysis, nachdem sie viel zu früh Witwe wurde und ihren Sohn alleine groß zog, so klang es für mich. Was dann kam? Inzucht, Eifersucht, Psychosen, Mord und vieles mehr. Der Beginn von „Nur ein kleiner Gefallen“ ist recht gewöhnungsbedürftig. Darcey Bell switcht elegant zwischen Stephanies Erzählweise und deren Blogeinträgen und zeigt damit auf eine erstaunlich subtile Art und Weise, dass online die Grenze zwischen Schein und Sein sehr klein ist. Denn die Differenz zwischen dem was Stephanie ihren Followern erzählt und was sie still und heimlich zuhause tut ist riesig. Natürlich ist sie diese Supermom, die sie präsentiert und natürlich kommt sie fast um vor Sorge, doch der Mann ihrer Freundin ist eben auch interessant. Plötzlich überwiegen dann doch die eigene Gier, die eigene Lust und das eigene Wohlbefinden als der Gedanke „Was würden die anderen wohl sagen“. Doch leider neigt Stephanies Geschichte nach den ersten hundert Seiten die Schwelle zu irrsinnig und viel zu viel zu übertreten. Es gab zwischenzeitlich Passagen wo ich das Buch bei Seite schob und mich fragte, was ich da gerade gelesen hatte. Kopfschüttelnd und teilweise zutiefst schockiert las ich Zeilen über eine verbotene Liebe, verquere Erotik und einer gestörten Verhaltensweise. Bitte wer onaniert im Brautkleid seiner besten Freundin auf dem Bett des Witwers?
Der zweite Teil des Buches war die Rettung, denn es brachte Emilys Sichtweise hinzu und es änderte alles. Plötzlich wurde es spannend und „Nur ein kleiner Gefallen“ verwandelte sich von „ganz okay“ zu einem richtigen Pageturner. Während ich Stephanies Erzählparts eher der Irritation und Absurdität gelesen habe, wurde es nun wirklich spannend. Denn auch hier bewies Darcey Bell wieder: Glaube nie den ersten Eindruck. Emily brachte neue Aspekte der Geschichte auf und plötzlich war es nicht mehr einseitig, sondern man verstand kleine Hinweise der ersten Seiten ganz neu zu verstehen. Der dritte Teil fügte noch die Sicht von Sean, dem Ehemann hinzu, so dass man über die Kapitel verteilt alle drei Perspektiven dargestellt bakm. Das sorgt für genug Spannung und reichlich Abwechslung, was für diese abstruse, aber auch sehr gute Geschichte von Nöten war.

Der Schreibstil Bells ist sicherlich gewöhnungsbedürftig. Die Passagen, die keine Blogeinträge waren, wirken weitaus runder und ausgereifter, während die Posts immer leicht konstruiert wirkten. Die Charaktere und deren Beweggründe sind verworren, schwierig, aber durchaus interessant. Daher war der Wechsel der Sichtweisen ein Geschenk des Himmels, da sich so viele menschliche Abgründe auftaten, dass es gut war alle Meinungen und Gedanken vorgestellt zu bekommen.

In seiner Intention erinnert mich „Nur ein kleiner Gefallen“ an ein verdrehtes, abgefucktes „Gone Girl“, was ich wirklich vollkommen positiv meine. Es ist sicher kein leichtes Buch, aber ein wirklich spannendes, welches die anfänglichen Stolpersteine rechtzeitig überwindet um zu wachsen und zu überzeugen. Spannung, Liebe, Mord und eine Portion Wahnsinn – Darcey Bell bietet alles in einem.

Veröffentlicht am 09.06.2017

Über das Leben und das Erwachsenwerden

Als wir unbesiegbar waren
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Wer kennt es nicht: Man ist jung, frei und unbesiegbar. Man musste sich noch nicht mit großen, ernsthaften Problemen befassen und hat noch das Gefühl, dass einem die Welt offen steht. Genauso geht es den ...

Wer kennt es nicht: Man ist jung, frei und unbesiegbar. Man musste sich noch nicht mit großen, ernsthaften Problemen befassen und hat noch das Gefühl, dass einem die Welt offen steht. Genauso geht es den vier Freunden in „Als wir unbesiegbar waren“ von Alice Adams.

Eva, Benedict, Sylvie und Lucien sind gerade mit der Uni fertig und noch steht ihnen die ganze Welt offen. Zumindest denken sie das. Doch schon bald werden sich die Wege der Vier trennen, obwohl sie sich zu keinem Zeitpunkt wirklich verlieren werden. Die Geschichte begleitet eine Freundschaft durch 15 Jahre, in den sie erwachsen werden und sich immer wieder der Realität stellen müssen. Da sind unerwiderte Liebe, gescheiterte Träume und enttäuschte Freunde – alles, was zum Erwachsenwerden gehört.
Alice Adams überzeugt mit ihrem Erstlingswerk „Als wir unbesiegbar waren“ auf voller Linie. Ein gefühlvolles, gutes Buch, das so wunderbar zwischen den vier unterschiedlichen Charakteren wechselt, dass man gar nicht merkt, wie die Seiten fliegen. Wahnsinnig talentiert mit einem guten Gefühl für Sprache und Erzählstruktur. Die Erzählweise ist zwar nichts Neues, macht aber aus einer einfachen Geschichte etwas Besonderes und fördert sowohl Spannung als auch die Liebe zu Charakteren. Diese sind wunderbar ausgefeilt und durch die verschiedenen Perspektiven kann man sehr gut sehen wie unterschiedlich verschiedene Situationen aufgenommen werden. Allein ein Streit zwischen Sylvie und Eva berührte mich sehr, weil mir durch die zwei verschiedenen Sichtweisen vor Augen geführt wurde, wie unterschiedlich zwei Personen ein gemeinsames Erlebnis wahrnehmen können.

Die Geschichte an sich ist in ihrer Fülle kurz zusammengefasst: Vier Jugendliche werden erwachsen, Leben ihre eigenen Leben und nehmen einige Rückschläge in Kauf, während sie ihr eigenes Leben aufbauen. Zwischen den Zeilen versteckt sich jedoch viel mehr. Man lernt über Verständnis, Treue, Hingabe und Hilfsbereitschaft alles, was man wissen muss. „Als wir unbesiegbar waren“ muss man also nicht wegen einer innovativen, reißerischen Story lesen, sondern wegen dem Gefühl dahinter.