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Veröffentlicht am 26.06.2022

Multikulti

Liebesheirat
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„Liebesheirat“ ist eine wunderbare sehr vergnügliche multikulturelle Familiengeschichte, die sich aber ganz anders entwickelt als man zunächst denkt und sich mit einer Vielzahl interessanter Themen auseinandersetzt.

Yasmin ...

„Liebesheirat“ ist eine wunderbare sehr vergnügliche multikulturelle Familiengeschichte, die sich aber ganz anders entwickelt als man zunächst denkt und sich mit einer Vielzahl interessanter Themen auseinandersetzt.

Yasmin Ghorami, Tochter indischer Einwanderer und Joe Sangster , haben sich im Medizinstudium kennengelernt und wollen heiraten. Bevor die Hochzeitsvorbereitungen konkret werden, sollen sich die beiden sehr unterschiedlichen Familien erst einmal kennenlernen. Während im Hause Ghorami das Thema Sex z.B ein großes Tabu ist, ist Joe‘s Mutter Harriet eine überzeugte Feministin und sehr freizügig eingestellt. Entsprechend unwohl fühlt sich Yasmin vor dem Zusammentreffen der Familien.

Natürlich erwartet man als Leser einen Culture Clush , aber weit gefehlt. Die Autorin Monica Ali verarbeitet ganz andere Themen in ihrem Roman wie z.B. dysfunktionale Familien, Alltagsrassismus, Familienstrukturen, Frauenfeindlichkeit und Vieles mehr.

Die anfängliche Sorge, dass die beiden Familien sich vielleicht nicht verstehen könnten ist letztendlich Yasmin‘s kleinstes Problem und zudem völlig unbegründet.

Monica Ali hat für ihre mitreißende Familiengeschichte spannende Charaktere erschaffen, die viele Facetten haben, durch positive aber auch negative Eigenschaften sehr lebensecht wirken. Yasmin‘s Vater z.B ist ein stolzer Mann aus einfachen Verhältnissen , der es trotzdem zum Mediziner gebracht hat. Er diskutiert mit Yasmin, die zu seiner größten Freude auch Ärztin geworden ist, immer wieder erdachte Fallstudien, damit er und seine Tochter mehr Diagnosesicherheit erlangen. Auf der anderen Seite lässt er an seinem Sohn kein gutes Haar. Ihn hält er für faul und antriebslos und wirft ihm vor, dass er in dessen Alter schon eine Familie ernährt hat.

Die Autorin schreibt flüssig und einfühlsam und mit viel Situationskomik auch eine Gesellschaftsstudie des multikulturellen Großbritannien. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten und werde auf jeden Fall auch wieder zu Büchern der Autorin greifen.

Große Empfehlung!

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Veröffentlicht am 19.06.2022

Karrierefrau in den 60erJahren

Eine Frage der Chemie
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Elisabeth Zott ist Chemikerin und dass, in den spießigen 60erJahren, einer Zeit, in der man für Frauen nur die drei Ks (Küche, Kirche und Kinder) vorgesehen hatte. Elisabeth ist nicht nur clever, sie ...

Elisabeth Zott ist Chemikerin und dass, in den spießigen 60erJahren, einer Zeit, in der man für Frauen nur die drei Ks (Küche, Kirche und Kinder) vorgesehen hatte. Elisabeth ist nicht nur clever, sie weiß auch, dass sie gut ist in ihrem Job als Wissenschaftlerin und so manchen Chemikerkollegen locker in die Tasche stecken kann. Sie ist auch eine Einzelgängerin, denn selbst ihren Geschlechtsgenossinnen ist sie suspekt. In dem über das Institut hinaus bekannten, hochbegabten Chemikerkollegen Calvin Events erkennt Elisabeth einen Seelenverwandten, als sie in sein Labor stolpert. Die Liebesgeschichte, die sich zwischen den beiden Außenseitern entwickelt wird ihnen im Kollegenkreis zutiefst mißgönnt. Unter den Augen ihrer empörten Umgebung führen die beiden eine sehr moderne und gleichberechtigte Beziehung, in der sie auch über wissenschaftliche Fragestellungen diskutieren, sich gemeinsam dem Herrensport Rudern widmen und gar nicht daran denken den Bund der Ehe einzugehen.

Bonnie Garmus hat mit ihrer Protagonistin Elisabeth Zott eine Figur geschaffen, die in die falsche Zeit geboren wurde und die man als Leser einfach ins Herz schließen muss, denn sie ist zwar einerseits knochentrocken aber auch absolut ehrlich. Falschheit ist ihr völlig fremd und sie hat die erfrischende Eigenschaft deutlich zu sagen, was sie denkt, ohne sich um mögliche Konsequenzen zu scheren. Calvin Events ist genauso und deshalb passt dieses nerdige Paar auch wirklich perfekt zusammen, bis das Schicksal zuschlägt und Elisabeth als alleinerziehende Mutter alleine weitermachen muss. Sie wird ausgerechnet fürs Fernsehen entdeckt und soll die Kochshow „Essen um 6“ moderieren , die sie kurzentschlossen in eine Chemiestunde umwandelt. Herrlich! „Eine Frage der Chemie“ ist eine witzige aber nie seichte oder alberne sehr unterhaltsame Lektüre zum Thema Emanzipation. Das Hörbuch, gelesen von Luise Helm ist wirklich wunderbar und ein wahrer Hörgenuss. Der Schreibstil ist locker und spritzig und das Buch hat wirklich das Potential zu einem der Top Lieblingsbücher in diesem Jahr für mich zu werden..

Große Empfehlung!

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Veröffentlicht am 15.06.2022

Tückische Erinnerungslücken

Aquila
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Aquila ist wieder ein typischer Poznanski Jugendthriller, rasant, unterhaltsam, und man tappt bis zum Schluss mit Protagonistin Nika im Dunkeln.

Ihr fehlen nämlich zwei volle Tage in ihrem Leben, an die ...

Aquila ist wieder ein typischer Poznanski Jugendthriller, rasant, unterhaltsam, und man tappt bis zum Schluss mit Protagonistin Nika im Dunkeln.

Ihr fehlen nämlich zwei volle Tage in ihrem Leben, an die sie einfach null Erinnerungen hat. Das ist besonders schlimm, weil ihre Mitbewohnerin Jenny in diesem Zeitfenster ums Leben gekommen ist und sie, Nika, für die Polizei schnell zur Hauptverdächtigen wird.

Das Buch, dass ich als Hörbuch vorliegen hatte, hat mir großen Spaß gemacht und mir meinen Alltag versüßt. Das Setting Siena ist wirklich ein Traum. Man erkundet mit der Protagonistin diese wunderschöne Stadt und erfährt ganz nebenbei noch die ein oder andere städtebauliche Besonderheit. Die junge Austauschstudentin Nika ist eine clevere Frau, die sich so schnell nicht unterkriegen lässt. Auch die anderen Figuren, waren durchaus authentisch und mal mehr oder weniger sympathisch.

Ich empfehle dieses kurzweilige Hörbuch, eingesprochen von Laura Maire, die eine sehr passende jugendliche Stimme mitbringt gerne weiter für junge Leser ab 12 Jahren, aber auch für Erwachsene.

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Veröffentlicht am 29.05.2022

Weckt Erinnerungen an die eigene Kindheit

Urmel aus dem Eis
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Zum 100. Geburtstag von Max Kruse ist sein allseits bekanntes und beliebtes, von der Augsburger Puppenkiste aufgegriffenes Kinderbuch „Urmel aus dem Eis“ vom Thienemann-Esslinger Verlag neu aufgelegt worden. ...

Zum 100. Geburtstag von Max Kruse ist sein allseits bekanntes und beliebtes, von der Augsburger Puppenkiste aufgegriffenes Kinderbuch „Urmel aus dem Eis“ vom Thienemann-Esslinger Verlag neu aufgelegt worden. Günther Jacobs hat die farbigen und bezaubernden Illustrationen beigesteuert, so dass eine sehr ansprechende Neuauflage entstanden ist.

Zum Inhalt:
Auf der kleinen Insel Titiwu lebt Professor Habakuk Tibatong mit dem Waisenjungen Tim Tintenkleks, den er einst aufgenommen hat und seinen Tieren, denen er erfolgreich das Sprechen beigebracht hat. Eines Tages wird ein Eisblock mit einem eingeschlossenen Ei vor der Insel angeschwemmt. Man beschließt gemeinsam das Ei auszubrüten, und siehe da, ein Urmel erblickt das Licht der Welt. Der Professor hatte schon immer die Theorie, dass es Urmel gegeben haben muss und kann das jetzt endlich beweisen. Leider hat er nicht bedacht, dass der König ein großer Jäger ist, der das Urmel tot oder lebendig nach Pumpolonien bringen will. Ein aufregendes Abenteuer beginnt.

Diese Vorlesegeschichte für Kinder ab 5 Jahren macht viel Freude, da jedes der Tiere einen anderen Sprachfehler hat, was den/die Vorleser*in vor Herausforderungen stellt und den Kindern einen Heidenspaß macht. Schusch, der Schnuhschnabel hat z.B Schwierigkeiten mit dem I. Das hört sich dann so an : „Äch fläge, du flägst, er flägt.“ Der Pinguin, der Seeelefant und Waran Wawa kämpfen mit anderen Schwierigkeiten der Sprache. Am besten versteht man das Schwein Wutz, dass immer ein Öff Öff an seine Sätze hängt. Die liebevollen Charaktere werden von Groß und Klein jedenfalls ganz schnell ins Herz geschlossen und auch die Bösewichte sind am Ende natürlich eines Besseren zu belehren.

Bei mir hat das Buch jedenfalls schöne Kindheitserinnerungen geweckt und die tollen Illustrationen haben die Geschichte wunderbar untermalt.
Ich hoffe dieses tolle und zeitlose Kinderbuch wird auch in dieser wunderschönen Neuauflage noch viele Kinder und Erwachsene begeistern. Ich empfehle es gerne.

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Veröffentlicht am 28.05.2022

Für Feminismus ist es nie zu spät

Die Wut, die bleibt
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Die Familie sitzt scheinbar friedlich am Esstisch, als Helene plötzlich aufsteht, den Raum verlässt und sich vom Balkon in den Tod stürzt.

Keiner hat es kommen sehen. Die Restfamilie befindet sich im ...

Die Familie sitzt scheinbar friedlich am Esstisch, als Helene plötzlich aufsteht, den Raum verlässt und sich vom Balkon in den Tod stürzt.

Keiner hat es kommen sehen. Die Restfamilie befindet sich im Schockzustand.

Und während Sarah, Helene‘s beste Freundin sich mit Schuldgefühlen quält und dem überforderten Vater ihre Hilfe anbietet, hat die Teenager- Tochter der Familie, Lola, nur ein vorherrschendes Gefühl: Wut.

Wir befinden uns in der Jetztzeit, wo tatsächlich die Mütter die Hauptlast in der Pandemie tragen. Während die Männer im Homeoffice die Tür zumachen, stemmen die Frauen neben dem eigenen Job noch den Großteil der Hausarbeit und können schauen, wie sie die Kinderbetreuung im Lockdown organisiert bekommen.

Mareike Fallwickl erinnert in ihrem Buch daran, dass wir auch in der heutigen Zeit immer noch eine durch und durch patriarchalische Gesellschaft sind.

Den Löwenanteil der kostenlosen Carearbeit tragen die Frauen. Sie verdienen schlechter. Kochen und Putzen ist immer noch Frauensache, genauso wie Kinder hüten oder Großeltern im Alter pflegen. Frauen müssen sich Sorgen machen, wenn sie nachts alleine durch den Park laufen, und wenn ihnen ein Mann Gewalt antut, wird ihnen unterstellt, dass sie die Tat durch ihre offenherzige Kleidung womöglich selbst provoziert haben.

Natürlich traut Sarah Helene’s Mann die Betreuung von zwei Kleinkindern und einer pubertierenden Tochter zunächst nicht zu. So ist ihr erlerntes Rollenbild und das alleine regt Lola schon auf, die immer radikaler mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern fordert. Fallwickl ist eine Meisterin im Beschreiben von Zwischenmenschlichem und schafft es, dass sich Lola‘s Wut auf den Leser überträgt, man ihren Argumenten einfach rechtgeben muss.

Die Veränderung von Lola ist wirklich krass, von dem traurigen, fast magersüchtigen jungen Mädchen, dass sie nach dem Tod der Mutter ist, ist am Ende des Buches nichts mehr übrig. Nicht zuletzt durch einen starken Freundeskreis und Sarah‘s Liebe, hat sie sich in eine selbstbewusste , kämpferische junge Frau verwandelt, die zwar findet dass Sarah noch viel zu wenig feministisch ist, die aber einsieht, dass die Freundin ihrer Mutter einer anderen Generation angehört. Und schließlich ist es für Feminismus nie zu spät.

Mir hat dieses kämpferische Buch von Mareike Fallwickl sehr gefallen und auch wenn ich Gewalt nie für eine gute Lösung von Problemen halte, waren die beschriebenen Racheakte doch erschreckend befriedigend.

Es war ein Buch über nachvollziehbare Wut, über Solidarität unter Frauen. Es wirbt für mehr Verständnis und deshalb darf es auch mal gerne bei den Männern auf dem Nachttisch landen.

Eine bessere Vertonung als diese von Marie-Isabel Walke und Ulrike Kapfer hätte ich mir auch gar nicht vorstellen können. Als Hörbuch ist dieser Roman absolut empfehlenswert.

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