seichte, schöne Fortsetzung
Everything We Lost (Love and Trust 2)„Ich würde dich niemals fallen lassen, Hope.“
(Yeonjun zu Hope in Everything we lost)
Worum geht’s?
Selbstbewusst, stark, immer ein Lächeln auf den Lippen – so wirkt die Studentin Hope. Denn sie hat ...
„Ich würde dich niemals fallen lassen, Hope.“
(Yeonjun zu Hope in Everything we lost)
Worum geht’s?
Selbstbewusst, stark, immer ein Lächeln auf den Lippen – so wirkt die Studentin Hope. Denn sie hat es perfektioniert, nach außen den Schein zu wahren. Um lästigen Fragen über ihr Familienleben aus dem Weg zu gehen, die sie mit Lügen beantworten müsste, hält sie andere Menschen auf Abstand. Während ihrer Arbeit im Café in London lernt Hope den lebensfrohen Yeonjun kennen, und die beiden freunden sich an. Mehr als das würde sie sich nie erlauben. Sie wagt es nicht, ihn näher an sich heranzulassen, obwohl sie starke Gefühle für ihn hegt und Yeonjun ihr Halt gibt. Zu groß ist die Angst, er könnte ihr Geheimnis aufdecken. Dabei ahnt Hope nicht, dass auch er mit einem Schicksal hadert, das sie beide für immer verändern könnte...
Everything we lost ist Band 2 der Love and Trust-Reihe und in sich geschlossen. Vorkenntnisse von Everything we had sind nicht zwingend erforderlich.
Inhaltliche Hinweise
Die Geschichte wird wechselnd durch Hope und Yeonjun in der Ich-Perspektive erzählt. Die Geschichte verläuft linear. Der Schreibstil ist locker, angenehm lesbar, berührend und kann einen mitreißen. Das Buch beinhaltet potenziell triggernde Inhalte (häusliche Gewalt, Trauer).
Meine Meinung
Nachdem mich Everything we had komplett überraschend vom Hocker gehauen und zutiefst berührt hat, war für mich absolut klar, dass ich auch Band 2 lesen möchte. Mit entsprechend hoher Erwartung ging ich an dieses Buch heran und ich muss sagen: Viel wurde gehalten, aber an Band 1 kommt Everything we lost leider nicht heran.
Etwas holprig startete für mich die Geschichte um Yeonjun und Hope. Hope arbeitet im bekannten Cosy Corner Cafe und Yeonjun ist regelmäßig vor Ort. Irgendwie entscheiden die beiden, dass es wohl cool wäre, wenn sie sich anfreunden. Nur anfreunden natürlich, nicht daten oder so! Obwohl ich den Vorband kannte, fühlt sich das irgendwie etwas random an, aber egal, denn es hat funktioniert. Hope und Yeonjun fangen langsam an, sich kennenzulernen. Sie unternehmen unglaublich viel miteinander, entführen einander in ihre jeweilige Welt. Bei Hope geht es viel um Musik, Yeonjun ist künstlerisch tätig. Doch hinter den Kulissen ist einiges los, vor allem bei Hope. Nach dem Verlust ihrer Schwester durch einen tragischen Unfall leidet die ganze Familie und zerbricht. Insbesondere Hopes Mutter verfällt dem Alkohol, es gibt viel Streit und so findet auch die Thematik häusliche Gewalt Einzug in diesem Buch. Yeonjun hingegen lebt allein in London, seine Familie in Busan in Südkorea. Gelegentlich erfährt man von ihnen, wenn sie telefonieren oder Yeonjun sie besucht. Auch hier ist das Thema Verlust präsent, denn Yeonjuns Vater ist krankheitsbedingt verstorben. Beide Charaktere halten ihre Geschichten jedoch sehr zurück und gewähren dem Gegenüber (und auch dem Leser) erst nach und nach Einblicke. Im Fokus steht die Freundschaft der beiden, die – erwartungsgemäß – zu mehr wird.
Hope und Yeonjun haben für mich wunderbar funktioniert. Yeonjun ist – wie bereits Aiden im Vorband – eher Supporting Act, während der Schwerpunkt eindeutig auf Hope liegt. Bereits von Anfang an lässt sie den Leser an den verwirrenden Gefühlen rund um den Tod von Manon, ihrer Schwester, teilhaben. Sie gibt Einblicke in das nunmehr komplizierte, zerbrochene Familienleben und auch in ihre eigenen Schuldgefühle. Der Autorin ist es wunderbar und bewundernswert gelungen, die Emotionen einzufangen und wiederzugeben. Diese Stärke habe ich auch beim Vorband bereits sehr geschätzt. Die Szenen im familiären Kontext tun weh, berühren und bedrücken, insbesondere auch, wenn die achtjährige Schwester Daisy präsent ist. Mir hat hier auch gut gefallen, dass die Autorin die komplexen Vorgänge bei häuslicher Gewalt (Verdrängung, Hoffnung, Wut, Verzweiflung) eingefangen hat und die doch sehr stereotypischen Rollen umgekehrt hat, indem hier der Aggressor die Mutter ist. Yeonjungs Geschichte um seine Familie spielt eine eher untergeordnete Rolle und erst recht spät erfährt man, wieso er sich so vehement gegen eine Beziehung wehrt. Ich hätte zu dem Thema sehr gern mehr erfahren, mag aber den Weg, den die Autorin so gegangen ist, auch durchaus sehr, weil er mal etwas anderes ist.
Während mich die Entwicklung der Geschichte vor allem bei Hope und ihrer zunehmenden Stärke sehr bewegt hat, gibt es aber leider auch einiges, was ich nicht so mitreißend fand. Die Geschichte ist eher seichterer Natur, was ich durchaus wertschätze und angesichts der Thematik auch begrüße. Es ist, als würde man zwei guten Freunden dabei zuschauen, wie sie sich langsam ineinander verlieben und wie Hope mit Yeonjun als Stütze anfängt, gegen die inneren Dämonen zu kämpfen, bei ihm aber auch mal schwach sein kann. Von Anfang an habe ich beide sehr gemocht, ich mochte ihre Dates, ihre kreativen Unternehmungen, die Einblicke in die koreanische Kultur, die Thematik um die Musik. Das Problem? Irgendwann war es zu viel und zu wenig zugleich. Denn ganz lange passiert wirklich nichts außer besagter Momente. Beide unternehmen wahnsinnig viel, sie kommen viel rum, sie kommen immer auf neue Ideen. Zwischendurch gibt es kurze Momente hinsichtlich der Hintergrundgeschichten, dann aber wieder ganz lange ganz wenig. So kam es auch, dass ich die erste Hälfte vom Buch in einem Rutsch gelesen habe, dann aber die Lust verloren habe, weil ich das Gefühl hatte, man kommt nicht vorwärts. Mir fehlte das „Jetzt geht’s los“-Gefühl, was ich wahnsinnig schade fand, da mir Hope und Yeonjun ja sehr gefallen haben. Ich möchte nicht sagen, dass es langweilig war, denn das wäre nicht richtig, aber es war irgendwann sehr müßig. Im letzten Viertel wurde dies dann besser, da hier die Konflikte angegangen werden und beide auch sich mit ihren Gefühlen auseinandersetzen müssen. Aber der Weg dahin war teilweise schon etwas ermüdend und ausufernd. Hier hätte ich mir mehr Würze durch Kürze gewünscht, die Autorin hat sich aber eher für mehr Details durch detaillierte Beschreibungen entschieden.
Ansonsten überrascht Everything we lost nicht wirklich, was nicht schlimm ist. Hier gilt eindeutig, dass der Weg das Ziel ist. Es gibt keine kritischen Geheimnisse, keine misslungene Kommunikation und keine weltbewegenden Twists. Es geht mehr um Charakterentwicklung. Auch das Cosy Corner, was hier ja verbindendes Element der Reihe ist, kommt sehr selten vor, was ich schade fand, da mir der Charme in Vorband sehr gefallen hat. In meinen Augen hätte das Buch mithin auch als Standalone funktioniert.
Mein Fazit
Everything we lost ist eine gelungene Fortsetzung, die erneut sehr ruhig daherkommt. Hope und Yeonjun funktionieren gut zusammen, das Buch ist streckenweise aber etwas seicht und ausufernd, während man sich ein wenig Fortschritt wünscht. Die Thematiken um Hopes Familie wurden sehr gut aufgearbeitet und behutsam umgesetzt. Hier gibt es keine Überraschungen, aber zwei sympathische Charaktere, die sich langsam ineinander verlieben. Insoweit eine Leseempfehlung mit leichten Einschränkungen.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]