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Veröffentlicht am 08.07.2022

Bewegende Geschichte

Tamons Geschichte
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Ein halbes Jahr ist seit dem Tohoku-Erdbeben und dem verheerenden Tsunami im Norden Japans vergangen. Damals haben viele Menschen ihr Leben und ihre Existenzen verloren; viele Haustiere ihr Zuhause. Ein ...

Ein halbes Jahr ist seit dem Tohoku-Erdbeben und dem verheerenden Tsunami im Norden Japans vergangen. Damals haben viele Menschen ihr Leben und ihre Existenzen verloren; viele Haustiere ihr Zuhause. Ein herrenloser Schäferhund vor einem Kaufladen sitzend, ist daher in der Zeit keine Besonderheit. Kazumasa Nagasaki füttert den ausgehungerten Hund, und der weicht ihm nicht mehr von der Seite. Kazumasa nimmt ihn mit und ahnt nicht, wie diese Entscheidung sein Leben verändern wird. Er findet heraus, dass der Hund nach dem buddhistischen Schutzgott Tamonten --Tamon genannt wurde. Tamon erweckt Kazumasas demenzkranke Mutter zum Leben, zaubert ein Lächeln auf ihrem Gesicht.

Noch ahnt es keiner, dass Tamon – ständig Richtung Süden blickend – auf einer Durchreise ist und bald weiterziehen wird. Auf seiner Reise begegnet der kluge Beschützer diversen Menschen, denen er in jeder Situation treu beiseite steht. Die Begegnungen mit Tamon beeinflussen das Leben der betroffenen Menschen und bringen ihnen nicht immer das Glück; manche Begebenheiten scheinen sogar mystisch angehaucht zu sein. Das Rätsel um diese ungewöhnliche Reise wurde zum Schluss aufgelöst, nachdem Tamon sein Ziel im Süden Japans erreicht.

In sechs kurzen Geschichten erzählt Seishu Hase über Tamons abenteuerliche Reise durch Japan. Jede von ihnen könnte eine gesonderte Kurzgeschichte bilden, die man gerne über einen klugen treuen Hund erzählen würde. Aber erst die letzte Geschichte, die das Ziel der ungewöhnlichen Reise erläutert, rundet das Ganze perfekt ab. Der Roman wurde somit zu einer bewegenden Story über dramatische Menschenschicksale und die unschätzbare Hundetreue, über das Zusammenleben von Mensch und Tier in jeder Lebenslage.
Der kluge, loyale Tamon erobert im Nu die Herzen aller Menschen, die ihn auf seiner Reise unterstützen und ihm Zuflucht gewähren.

Mit großem Interesse habe ich den mit dem Naoki-Preis ausgezeichnetem Roman gelesen. Nicht nur für Tierliebhaber ist Tamon eine faszinierende Hauptfigur dieser Geschichte. Ich habe diese Japanreise mit dem treuen, intelligenten Begleiter sehr genossen!
Der Roman bekommt meine wärmste Empfehlung!

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Veröffentlicht am 04.07.2022

Eindrucksvolle Einblicke in das dunkle Herz Indiens

Bekenntnisse eines Betrügers
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Das Leben des aufgeweckten Jungen Ramesh, der in der untersten Kasten Indiens zur Welt kam und ohne Mutter aufwuchs, schien vorprogrammiert zu sein. Ein gewalttätiger Vater, der ihn zur täglicher Arbeit ...

Das Leben des aufgeweckten Jungen Ramesh, der in der untersten Kasten Indiens zur Welt kam und ohne Mutter aufwuchs, schien vorprogrammiert zu sein. Ein gewalttätiger Vater, der ihn zur täglicher Arbeit in seinem miserablen Teegeschäft zwang, seltener Schulbesuch, armselige Lebensumstände – all das ließ keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Ramesh zu.
Bis eines Tages die Nonne Claire den Teeverkaufsstand besuchte und den Jungen unter ihre Fittiche nahm. Dank Claire konnte Ramesh die beste Ausbildung absolvieren. Nachdem er seine Förderin durch tragische Umstände verloren hat, wurde er zu einem „Bildungsberater“, der für die reichen Kinder illegal die Uni-Aufnahmeprüfungen ablegte.
Erst die erfolgreich bestandene Prüfung für den 18-jährigen Rudi unterbrach alles; sie veränderte das Leben der beiden jungen Männer komplett und löste eine Lawine unvorhersehbaren Ereignisse aus.

In seinem Debütroman „Bekenntnisse eines Betrügers“ erzählt Rahul Raina die Geschichte eines hochintelligenten Jungen, der den Absprung von der untersten Kasten Indiens in die Welt der Reichen und Schönen geschafft hat. Der durchaus sympathische Protagonist erreicht seine Ziele hauptsächlich durch Betrug, aber auch Mut und harte Arbeit sind dem klugen „Bildungsberater“, wie er sich selbst nannte, nicht fremd.


Wie ein spannender Krimi lässt sich der Roman lesen, in einer temporeichen, bildhaften Sprache erzählt. Mit kritischen Augen betrachtet der Autor die indische Gesellschaft: das ungerechte Kastensystem, Korruption, Gewalt und Skrupellosigkeit im Alltag. Witzig, schlagfertig und eindrucksvoll sind diese tiefen Einblicke in „das dunkle Herz Indiens“ (303).


Es fehlt in dem Roman an emotionalen Ereignissen nicht. Berührend ist die tragische Geschichte der Nonne Claire, die ihre Heimat verlassen hat und in Indien ihre Berufung fand. Auch die armselige Kindheit von Ramesh bewegt, genauso wie seine Sehnsucht nach Anerkennung, Liebe und Zuneigung.


Die ganze Geschichte und die bewegende Schicksale vielen ihrer Protagonisten stimmen nachdenklich. Der Roman bietet erstklassige Unterhaltung und ist wärmstens zu empfehlen!

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Veröffentlicht am 30.05.2022

Über mutige Frauen

Das Haus der Frauen
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Der Roman „Das Haus der Frauen“ erzählt die Geschichte des „Palastes der Frau“, der im Jahre 1926 in Paris eingeweiht wurde. Das Haus für Frauen, als Zufluchtsort für die obdachlosen, geflüchteten und ...

Der Roman „Das Haus der Frauen“ erzählt die Geschichte des „Palastes der Frau“, der im Jahre 1926 in Paris eingeweiht wurde. Das Haus für Frauen, als Zufluchtsort für die obdachlosen, geflüchteten und von der Gesellschaft verstoßenen Frauen gedacht, entstand aus der Initiative der Heilsarmee-Kämpferin Blanche Peyron.

Auch in der heutigen Zeit bietet das Haus den bedürftigen Frauen Unterkunft und die Chance auf ein geregeltes Leben. Gerade dort soll die psychisch angeschlagene Soléne die ehrenamtliche Stelle als Schreiberin antreten. Die bis vor Kurzem eine erfolgreiche Rechtsanwältin erlitt einen Zusammenbruch, der ihr Leben total verändert hat.

Soléne, die am Anfang von den Bewohnerinnen missachtet wurde, gewinnt schnell das Vertrauen der Frauen und schreibt für sie Briefe, die nicht ungewöhnlicher sein könnten. Es sind nicht nur Briefe an Behörden. Auch ein Sohn, den die geflüchtete Mutter nicht mitnehmen konnte, bekommt ein Brief, wie auch ein Geliebter oder der Königspalast.

Es sind die bewegende Frauenschicksale, die diesen Roman auszeichnen. Ihre Geschichten gehen zu Herzen, genauso wie der beschwerliche Neuanfang in Solénes Leben. Ebenso die gut recherchierte Lebensgeschichte von Blanche Peyron, einer beharrlichen Kämpferin für Gleichberechtigung und Frauenrechte, ist sehr interessant. Soléne beschließt über die in Vergessenheit geratene Gründerin des Frauenpalastes ein Buch zu schreiben.

„Das Haus der Frauen“, ein zweiter bewegender Roman von Laetitia Colombani über mutige Frauen ist eine durchaus empfehlenswerte Lektüre.

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Veröffentlicht am 21.05.2022

Bewegende Geschichte unserer Zeit

Kangal
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Dilek und Tekin können die Nacht des Putsches im Juli 2016 nicht vergessen. Trotz der Niederlage wollen sie Widerstand leisten und weiterkämpfen. Aber seitdem leben sie in Angst und Unsicherheit. Bis Dilek ...

Dilek und Tekin können die Nacht des Putsches im Juli 2016 nicht vergessen. Trotz der Niederlage wollen sie Widerstand leisten und weiterkämpfen. Aber seitdem leben sie in Angst und Unsicherheit. Bis Dilek heimlich nach Deutschland fliegt, und sogar ihr Freund Tekin sie nicht mehr erreichen kann. Auch Kangal1210, die vor dem Putsch in einer online Frauenaktion dem Staatspräsidenten den Rücken gezeigt hat, ist plötzlich verstummt. Man findet online keine Infos mehr über sie.

In ihrem Debüt-Roman schreibt Anna Yeliz Schentke über jungen Menschen türkischer Abstammung, die in verschiedenen Welten leben. Je nachdem ob sie in der Türkei oder in Deutschland wohnen, vertreten sie unterschiedliche politischen und kulturellen Ansichten.

Während die Clique um Dilek und Tekin in Istanbul ständig wachsam bleiben muss, genießt Ayla, Dileks Cousine, ihr Leben mit ihren Eltern in Frankfurt. Sie erlaubt sich sogar die Verlobung mit ihrem türkischen Freund aufzulösen und geht unbeschwert mit ihrer Freundin in die Disco.

Ayla weiß nicht wem sie glauben sollte. Ist es wahr, was ihre Cousine Dilek erzählt oder hat ihre Freundin Melek recht? Es gibt Misstrauen auf beiden Seiten, denn auch Dilek fühlt sich bei ihrer Cousine unsicher. Wem kann sie trauen? Wer sagt die Wahrheit? Und Tekin, Dileks Freund sagt: „Die Luft, die wir atmen, ist schwer vom Misstrauen, das sich über die Jahre in ihr festgesetzt hat.“ (20)

Zugehörigkeit, Freundschaft, Sicherheit und Vertrauen sind wichtige Themen dieses Romans. In einem schnörkellosen, neutralen Stil erzählt die Autorin diese aktuelle Geschichte, die berührt und zum Nachdenken bewegt.
Es ist eine Geschichte, die man unbedingt lesen muss!

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Veröffentlicht am 18.05.2022

Interessanter Krimi - lesenswert!

Der Tote aus Zimmer 12
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Eigentlich wäre Susan Reynold, die ein kleines Hotel auf Kreta betreibt, um den idyllischen Neuanfang in Griechenland zu beneiden. Doch der stressige Alltag in ihrem neuen „Job“, der einen Schatten auf ...

Eigentlich wäre Susan Reynold, die ein kleines Hotel auf Kreta betreibt, um den idyllischen Neuanfang in Griechenland zu beneiden. Doch der stressige Alltag in ihrem neuen „Job“, der einen Schatten auf ihre Beziehung mit Andreas wirft, macht ihr zu schaffen.
Deswegen zögert sie nicht lange, als sie einen Auftrag vom Ehepaar Treherne erhält, die ein Hotel in Branlow Hall in England besitzen. Sie berichten ihr über einen alten Mordfall in Branlow Hall und den Verbindungen zum Roman, den sie seinerzeit in London lektoriert hat. Cecily Treherne, ihre Tochter, ist nach der Entdeckung der Hinweise auf den wahren Täter von damals, spurlos verschwunden. Susan sollte bei der Suche nach Cecily helfen. Die Auszeit vom Stress auf Kreta und die gute Bezahlung sind für Susan der Anreiz genug. Sie ahnt jedoch nicht, in welcher Gefahr sie sich bald befinden wird.

Sehr spannend ist die Handlung dieses Krimis. Die angekündigte Suche nach der verschwundenen Cecily und die rätselhaften Verbindungen zu dem Roman, den sie gelesen hat, haben sofort meine Neugier geweckt. Hat der Autor des besagten Romans wirklich mehr über den Mordfall gewusst? Kannte er den wahren Täter? Warum hat er die Informationen für sich behalten? Es kommen immer mehr Fragen und die Spannung wächst.
Der britisch angehauchte Krimi ist in einem guten, flüssigen Schreibstil verfasst. Sehr interessant sind die Romanfiguren; lebendig dargestellt, erwecken alle den Eindruck, dass sie irgendwas zu verbergen haben. Susan Reynold erzählt ihre Geschichte selbst. Ihre Ermittlungsmethoden ähneln sehr denen von Hercule Poirot oder Sherlock Holmes.
Der Roman mit wichtigen Hinweisen auf den Täter darf mitgelesen werden, denn er wurde in die aktuelle Handlung eingebaut. Das Miträtseln wurde jedoch dadurch etwas schwieriger; die vielen zusätzlichen Figuren sorgen für ein bisschen Verwirrung.
Das überraschende fulminante Ende entschädigt für einige Längen in dem umfangreichen Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.

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