Am Rand des menschlichen Abgrunds
Caro kann und will sich nicht mit der Tatsache abfinden, dass ausgerechnet ihr Verlobter Alex, ein echter Bergfex, in den Bergen tödlich verunglückt ist. Damit ihre wunde Seele heilen kann, reist sie an ...
Caro kann und will sich nicht mit der Tatsache abfinden, dass ausgerechnet ihr Verlobter Alex, ein echter Bergfex, in den Bergen tödlich verunglückt ist. Damit ihre wunde Seele heilen kann, reist sie an den Ort des Geschehens, um nachvollziehen zu können, was passiert ist. Als Samuel auf der Bildfläche erscheint, wirkt es so, als könne sie ihre Trauer besser verarbeiten. Denn Samuel ist nicht nur ein Beteiligter aus der Rettungseinheit, er kann Caro auch die Faszination des Kletterns näher bringen, damit sie besser versteht. Doch Caro ahnt nicht, dass sie nur eine Schachfigur in einem bösen Spiel ist...
Dieses Buch ist einfach nur der helle Wahnsinn wenn es darum geht, in menschliche Abgründe zu blicken, Narzissmus und Selbstgefälligkeit in Perfektion zu erleben. Michaela Kastel entführt ihre Leser:innen in die verschneite Bergwelt und lässt die Natur in ihrer gewaltigen Schönheit, jedoch auch mit allen Facetten der von ihr ausgehenden Gefahr aus den Seiten steigen.
Die Geschichte lebt von den unterschiedlichen Charakteren und den verschiedenen Perspektiven, aus denen die Handlung erzählt wird. Samuel verdient wirklich die Bezeichnung selbstgefälliges A......, denn er sonnt sich im Glanz seines Erfolges, kommandiert seine Mitmenschen in einem überheblichen Tonfall herum und zwingt ihnen mehr oder weniger seinen Willen auf.
Sein Bruder Oliver erträgt fast schon mit stoischer Gelassenheit die Launen seinen Bruders. Wenn er aber mal aus der Haut fährt, knallen zwei Sturköpfe aufeinander, die keinen Zentimeter von ihrem Standpunkt abrücken. Der dauerhaft schwelende Bruderzwist ist wie ein giftiger Stachel, der sich immer tiefer bohrt.
Caro wirkt wie eine Schachfigur in einem bitterbösen Spiel der verletzten Eitelkeiten- sie wird hin und her geschubst, mal vor diesen, mal vor jenen Karren gespannt und erkennt erst nach und nach, dass es hinter den mühsam errichteten Fassaden heftig brodelt. Denn je mehr die Masken fallen, desto herzloser werden die Menschen um sie herum. Es gibt Geheimnisse, die besser im Verborgenen geblieben wären.
Kastel schreibt eindringlich und scheut sich nicht, den Finger in die Wunde zu legen und beim Schaulaufen der Bornierten Öl ins Feuer zu gießen. Das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen, denn es zeigt was passiert, wenn aus Traurigkeit erst Wut, dann Arroganz und schließlich eiskalte Berechnung wird.
Für mich ein echtes Lesehighlight !