Vampire sind eigentlich nicht mein Steckenpferd. Twilight habe ich nie gelesen, maximal den Film geschaut und empfand die glitzernden Wesen als ziemlich lächerlich. Abgesehen davon haben sie in der Adult Fantasy und den Jugendbüchern, die ich meistens lese, nie eine große Rolle gespielt. Umso gespannter war ich dann auf Madeleines Umsetzung der Vampirthematik, der ich anfangs noch skeptisch gegenüberstand. Das legte sich aber nach wenigen Kapiteln und ich war schneller drin in ihrer Geschichte, als ich „Blutsauger“ sagen konnte.
Die Geschichte rund um Sina wird aus vier verschiedenen Perspektiven erzählt, was für ordentlich Abwechslung und spannende Einblicke in Handlungen und Gedanken sorgt, die einem in einer „einfachen“ Ich-Perspektive der Protagonistin verborgen geblieben wären. Die vier Personen, die im Fokus stehen, könnten unterschiedlicher kaum sein und gerade deshalb fand ich es perfekt gewählt, sich nicht nur auf die Hauptfigur zu konzentrieren.
Sina ist eine starke, mutige Frau, so wie man sie sich wünscht. Sie lässt sich von anderen nichts sagen, wirkt aber dennoch nicht zu stur und verbohrt und kann sich auch Fehler eingestehen. Mir gefällt ihre entschlossene und hilfsbereite Art unheimlich gut, letztere ist nicht zuletzt vielleicht auch ihrer Karriere-Laufbahn als Medizinstudentin geschuldet. Sie verliert nie ihre Menschlichkeit, ihre Moral, ihren Anstand, und das rechne ich ihr unter den Umständen, denen sie während des Buches ausgesetzt ist, wirklich sehr hoch an.
Die Vampire in diesem Buch sind keineswegs mit den bekannten glitzernden Schönlingen gleichzusetzen. Schön ja, aber nicht annähernd so auffällig, es sei denn, sie legen es drauf an. Und wer würde das mit Jägern im Nacken schon freiwillig tun?
Ich mochte es, wie die Wesen hier dargestellt wurden, es kristallisierte sich schnell heraus, dass man als Leserin auch bei Vampiren zwischen gut und böse unterscheiden kann, selbst wenn die Grenze manchmal fließend scheint. Alle der spitzzahnigen Kolleginnen haben es im Laufe des Buches geschafft, mich zu überraschen, etwas das ich sehr schätze, denn niemand mag langweilige, vorhersehbare Charaktere.
Durch die interessanten Figuren und für mich oft unvorhersehbaren Twists war das Buch durchgehend spannend und auch in den ruhigeren Passagen wusste ich, ich sollte mich besser nicht in Sicherheit wiegen. Eine knisternde Grundaufregung begleitete mich Seite für Seite, und ich wurde durch den flüssigen Schreibstil der Autorin so an das Buch gefesselt, dass ich mich meinem Vorhaben, beim Lesen langsam zu machen, leider entziehen und das Buch in wenigen Tagen verschlingen musste.
Das Setting Hamburg war für mich als dort ansässige Studentin natürlich ein Traum. Manche Gebiete wie die Reeperbahn oder Hamburger Nachtclubs, die vermehrt vorkommen, habe ich noch nicht so intensiv erkundet, dass ich hier mitreden könnte, aber das ganze Drumherum fand ich super gestaltet, nachvollziehbar und authentisch, detailliert und es ergab sich ein wunderbares Kopfkino, was vor allem dem bereits gelobten Stil der Autorin zu verdanken ist.
Was mich ebenfalls sehr gefreut hat, ist das halb offene Ende. Man kann mit dem Schluss auf jeden Fall leben, wenn man es denn muss. Aber das Potenzial für eine Fortsetzung steht so groß im Raum, dass ich den Verlag nur beknien kann, Madeleines Geschichte die Möglichkeit für einen weiteren Teil zu geben.
Mein Fazit:
Ich hatte fantastische Lesestunden mit diesem Buch. Unerwartete Wendungen paaren sich hier mit Spannung, gutaussehenden Vampiren (sogar mit Hirn oder Herz, manchmal auch beidem zugleich), jeder Menge Gefahr, Blut und einer taffen Protagonistin. Für mich ein Volltreffer und ich würde mich sehr über eine Fortsetzung freuen!