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Veröffentlicht am 26.08.2022

Auf dem Weg nach Oman - Spannungsgeladener Roman

Die Passage nach Maskat
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Marseille, das Gespräch zwischen Jung und einem anderen Passagier - die Narbe am Handgelenk (von einem Suicid-Versuch?), jedenfalls meint das der 'nette' Gesprächspartner: Nochmals versuchen, Problem weniger... ...

Marseille, das Gespräch zwischen Jung und einem anderen Passagier - die Narbe am Handgelenk (von einem Suicid-Versuch?), jedenfalls meint das der 'nette' Gesprächspartner: Nochmals versuchen, Problem weniger...

Und das ist der Einstieg, also weiß ich als lesende Mitfahrerin gleich woran ich bin - es sind eben nicht nur nette, gut aussehende und charmante Passagiere an Bord, sondern auch das genaue Gegenteil.

Die Passage nach Maskat: 1929 - die Champollion, die in Marseille in See sticht und in den Orient fährt. An Bord: Anita Berger, Nackttänzerin und Skandalnudel aus Berlin (eine echte Person mit Gedenktafel, Parkbenennung und x- Büchern, sogar Gemälde von Dix), ein angeblicher Anwalt aus Rom, eine englische Lady mit Gesellschaftsdame, ein Amerikaner, der sagt er sei Ingenieur, ... und und und..., und das schwerreiche Kaufmannsehepaar Rosterg, das mit seinem Prokuristen Berthold Lüttgen, mit dem Sohn, der Tochter Dora und deren Ehemann Theodor Jung Richtung Maskat unterwegs sind, um Gewürze einzukaufen. Nichts ist jedoch so wie gesagt. Der Illusionendampfer!

Theodor Jung, traumatisiert vom ersten Weltkrieg und dem Untergang seines U-Bootes, hat Probleme, vor allem auf dem Meer und im Schiff unterhalb der Wasserlinie (verständlich); er ist Fotograf der Berliner Illustrierten und soll großartige Fotos unterwegs machen.
Die Schwiegereltern wie der Schwager mögen Jung nicht, und auch nicht der sich von Anfang an als sehr unsympathisch darstellende Prokurist. Also ist Jung auf einem Schiff gefangen, inmitten von lauter Menschen, die ihn nicht mögen. Nur seine Ehefrau Dora an seiner Seite, aber um ihre Ehe sieht es auch nicht bestens aus. Allerbeste Voraussetzungen also für eine gelungene Schifffahrt.

Kurz nach der Abfahrt von Marseille verschwindet Dora plötzlich und alles, was mit ihr zu tun hat, verschwindet ebenfalls (wirklich alles?) und keiner kennt sie (wirklich nicht?). An Bord wird das luxuriöse Leben gelebt wie auf der Titanic. Die Speisekarte ist exquisit, die Gäste weniger.

Dora verzweifelt gesucht von Theo, der sich am Rande des Wahnsinns bewegt: Wer ist für das Verschwinden von Dora verantwortlich und warum? Geheimnisse offenbaren sich und Jung lebt in einem nicht enden wollenden Alptraum.

Doch es gibt nicht nur Böse an Bord (die so eindeutig böse sind, der lesende Mensch weiß daher schnell, dass die Bösen in das Böse verwickelt sind). Etwas mehr Raum für die Fantasie und Forscherwillen des lesenden Publikums zu lassen wäre nicht schlecht. Vor allem, da selbst die bösesten Menschen nicht immer böse sind, sondern im Gegenteil auch sehr liebenswerte Züge zeigen können, um dann in ihrer Falschheit zuzuschlagen. Also zu sehr schwarzweiß. Daher auch – trotz der spannenden Geschichte – Punktabzug.
Und dann sind auch einige logische Fehler im Roman: Selbst eine englische Lady weiß, wie ein Ehering an der Hand eines Mannes aussieht (S. 106, 'ich wusste nicht einmal, dass Sie verheiratet sind').

Die Reisebeschreibungen sind sehr schön (vermutlich ist der Autor die Strecke mit einem Kreuzfahrschiff gefahren und dabei fiel ihm die Idee zu diesem Roman ein). Einiges wurde von mir nachgeschlagen, Suezkanal z.B., mit dem Wunsch diese Route auch mal zu befahren.

Der Autor Cay Rademacher liebt niederschmetternde Beschreibungen von höchst unsympathischen Figuren. Rademacher hat schon einige erfolgreiche Romane geschrieben. (Bin ich froh, dass ich selten so bösartige Menschen treffen muss, wie er sie beschreibt)

Titelbild - passend, eine Schiffstreppe, mit zwei Passagieren (Theo und Dora?)

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Veröffentlicht am 12.06.2022

Martha, Clara, Betty und der Müggelsee (damals zu DDR Zeiten)

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1)
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Die Freundinnen vom Strandbad – Wellen des Schicksals: Im Westen der Wannsee, im Osten der Müggelsee. Badespaß, Schwimmen, Wasser, Bootsfahrten, Bratwurst und Eis vom Kiosk, dazu Musik wie es damals – ...

Die Freundinnen vom Strandbad – Wellen des Schicksals: Im Westen der Wannsee, im Osten der Müggelsee. Badespaß, Schwimmen, Wasser, Bootsfahrten, Bratwurst und Eis vom Kiosk, dazu Musik wie es damals – kontrolliert – im Osten üblich war; das alles in der 'alten DDR' mit ihren Einschränkungen.
Ostberlin, 1956: Martha, Clara, Betty - die drei Lebensretterinnen vom Müggelsee (sie haben Horst aus dem Wasser gerettet); der Beginn einer außergewöhnlichen Freundschaft. Und – die DDR mit allem, was dazu gehörte.

Wie entwickelt sich das Leben dieser drei völlig unterschiedlichen jungen Frauen, in der DDR, mit dem Mauerbau und ihren massiven Einschränkungen. Der Roman begleitet ihr 'coming of age' in einer Republik, die zwar auf die Jugend baut, aber nur wenn sie angepasst lebt.

Das Ende macht natürlich neugierig: Hat es die Dritte geschafft? (Ohne zu spoilern...). Wie geht es weiter?

Manches Mal ein schweres Schlucken..., denn ja, jede:r von uns kennt ja jemand, der/die drüben aufgewachsen ist und es mitgemacht hatte.

Umschlagbild - mittelprächtig, aber eben passend zum Titel: Auf dem Umschlagbild sind zwei der drei Freundinnen, im Badeanzug am See. Schön geschrieben, flüssig und angenehm zu lesen.

Seit einiger Zeit scheint es üblich zu sein am Ende eines Romans Rezepte (passend zur Geschichte, in diesem Fall ostdeutsche, bzw. russische Rezepte) beizugeben, vielleicht keine schlechte Idee, aber ich koche wirklich nicht nach einem Roman. Das eine Gericht wird laut Internet Skubanki(y) genannt, nicht wie im Buch Skuwanki (ein böhmisches Gericht).

Die Autorin recherchierte gründlich und hat wohl Informationen von Zeitzeugen benützt. Sie selbst ist in der Münchener Gegend aufgewachsen, vielleicht hat(te) sie Verwandte im Osten. Auf jeden Fall ist das ein konstruierter Roman und nicht die Wiedergabe tatsächlicher Fälle. Ein Fortsetzungsband von 'Die Freundinnen vom Strandbad'; Wogen der Freiheit, erscheint ebenfalls 2022. Die Autorin schreibt unter diversen Namen unterschiedliche Bücher, dabei auch gerne Herz-Schmerz Werke.

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Veröffentlicht am 04.06.2022

Schulkenntnisse aufwärmen, Neues lernen

Das rätselhafte Universum
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Rolf-Dieter Heuer, einst Generaldirektor von CERN in Genf (diese Institution habe ich schon besichtigt und war sehr angetan von ihren Forschungen, ich kenne auch CERN Mitarbeitende) berichtet davon, wie ...

Rolf-Dieter Heuer, einst Generaldirektor von CERN in Genf (diese Institution habe ich schon besichtigt und war sehr angetan von ihren Forschungen, ich kenne auch CERN Mitarbeitende) berichtet davon, wie er die Neuigkeit zum Durchbruch des Higgs – Teilchen einem gespannten Publikum mitteilte. Ich war richtig gerührt, mit welchen Worten er die gespannte Atmosphäre beschrieb. Das zeugt davon wie engagierte Naturwissenschaftler:innen sich mit Forschung beschäftigen.

Es ist schön, dass Thomas Naumann und Ilja Bohnet dies auch einer geneigten Leserschaft mitteilen wollen. Die Themen sind nicht einfach, weil die Materie nicht einfach ist. Physik ist in der Oberstufe nicht gerade ein gemochtes Fach, weil es schwierig ist, man viele Formeln auswendig lernen muss und die Tabellen griffbereit haben muss. Und manch ein Mensch fragt sich für was, was hat das mit meinem Alltag zu tun. Aha, und genau das ist der springende Punkt, das Autorenteam versucht das eben mitzuteilen.

Ungelöste Fragen an die Wissenschaft. Neueste Erkenntnisse. Der Sprung in die Schwarzen Löcher. Neue Bücher zu aktuellen Erkenntnissen - „Das Rätselhafte Universum“ gehört dazu.

Das Umschlagsbild ist ein wunderschönes, sehr buntes Bild, was mich an irgendetwas erinnert. Explosion eines Sterns? Die Expansion eines atomaren Teilchen? Es zeigt gleich, dass das Buch etwas Wissenschaftliches behandelt und deswegen passt es zum Thema. Doch ich würde gerne wissen, was dargestellt ist.

Der Klappentext sagt, dass spannende Fragen und Erkenntnisse der Wissenschaft allgemein verständlich dargestellt werden. Dieser Meinung bin ich nicht - es gehört intensives Nachdenken dazu und ich schlage auch öfters anderenorts nach. Spannend auf jeden Fall.

Ein Plus ist der Anhang: Personen- und Sachregister, aber auch die Liste der Abkürzungen und Formeln. Ich blättere gerne darin und lese dies und jenes, das Buch wird mich begleiten, aber es ist kein Buch zum schnell durchlesen.

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Veröffentlicht am 04.06.2022

so unglaublich skurril, fremdartig und doch irgendwie bekannt

Die dunklen Geheimnisse von Heap House
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„Ich liebte es, durch die verschiedenen Einzelteile von London zu streifen, es musste demnach viele Lücken in der Stadt geben. Vielleicht ganz ähnlich, wie wenn jemand einen Zahn verliert, dachte ich oft, ...

„Ich liebte es, durch die verschiedenen Einzelteile von London zu streifen, es musste demnach viele Lücken in der Stadt geben. Vielleicht ganz ähnlich, wie wenn jemand einen Zahn verliert, dachte ich oft, nur dass London so unglaublich viele Zähne haben muss, dass man vielleicht gar nicht alle kennt.“
(So wie ich dieses Zitat nicht so richtig verstehe, denn Clod war, außer in Heap House auf dem Müllberg, noch nie in London, so wenig versteht man viele Zeilen in diesem Buch. Und doch ist es unglaublich faszinierend das Buch zu lesen!)

Das ist das skurrilste Buch, was ich je gelesen habe: Clod oder Clodius Iremonger gehört zu dem reichen Klan der Iremonger, die alles beherrschen. Die Müllberge von London, hier wird der ganze Müll von London abgeladen, auch Menschen werden abgeladen (die angeblich auch alle Iremongers sind, aber zu den Unteren gehören und die mit den Oberen keinen Kontakt haben dürfen). Da gibt es dieses Mädchen, Lucy Pennant, Vollwaise, weil ihre Eltern an der Krankheit erstarrten.
Ich vermute, dass dieses sonderbare, aber doch auf seine Art und Weise faszinierende Buch uns etwas zu dem Müll sagen will, dass die Welt produziert, jede:r Einzelne von uns. Es ist eine seltsame Welt, vollkommen hierarchisch durchstrukturiert, auf Furcht und Gesetzen basierend. Voller bösartiger Menschen.

Der Text ist so fremd und gleichzeitig kommt er einem so bekannt vor. Die Namen sind fremdartig – Odem (für Adam), Eeva (für Eva)….und doch bekannt. Clod ist etwas Besonderes und so ist das mit besonderen Menschen, sie werden für krank gehalten...und er trifft auf die entführte Lucy Pennant, Kaminputzerin, die sich nicht unterkriegen lassen will. Sie verlieben sich ineinander…

Aber das Buch beschreibt eigentlich in seiner bizarren Art die Welt so wie sie ist… Großartig, ich finde dass sich das Buch toll lesen lässt. Wie Jugendliche ab 12 Jahren das Buch sehen, muss ich noch eruieren … Die schwarzweiß Zeichnungen sind hervorragend gelungen und unterstützen dieses schwarz Humorige der Erzählung.

(Weil ich nicht alles verstehe, habe ich lediglich vier Sterne vergeben)

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Veröffentlicht am 15.04.2022

Nachkriegszeit, nach einer wahren Begebenheit

Ein Präsident verschwindet
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„Jeder Schurke ist in seiner eigenen Geschichte ein Held“ (S. 290)

Im Juli 1954 verschwindet Verfassungsschutzpräsident Otto John. Kurze Zeit darauf taucht er in Ost-Berlin auf und gibt eine Presserklärung ...

„Jeder Schurke ist in seiner eigenen Geschichte ein Held“ (S. 290)

Im Juli 1954 verschwindet Verfassungsschutzpräsident Otto John. Kurze Zeit darauf taucht er in Ost-Berlin auf und gibt eine Presserklärung ab. Ist er freiwillig dort? Oder wurde er von ostdeutschen Agenten entführt? Auf Wunsch von Bundeskanzler Konrad Adenauer übernimmt der BKA Polizist Philipp Gerber die Ermittlungen. Zeitgleich ist auch die Journalistin Eva H. verschwunden, zufälligerweise die Freundin von Gerber. Doch dann sieht man sie, zusammen mit John, in Ost-Berlin. Was für eine Sache läuft da? Gerber leidet darunter, dass seine Freundin, in die er sehr verliebt ist, in diese seltsame Angelegenheit verwickelt ist. Nun sollen BKA und die Organisation Gehlen zusammen arbeiten, was beiden Seiten nicht passt. Schlag auf Schlag passieren mehrere Morde...Selbst Eva soll einen Barbesitzer getötet haben.

Wieder ein gelungenes Buch von Ralf Langroth:
Allein schon das Umschlagsbild – in grünlichschwarz zwei Grenzer, ‚Achtung, Sie verlassen den Sektor West-Berlin‘, kontrollieren eine schwarze Limousine, die mit der Schnauze Richtung Osten steht. Diese beängstigende Situation, die viele erleben mussten, die zwischen Ost und West pendelten. Auf dem Umschlagsinnenbild – die Karte von Berlin mit den Sektorengrenzen. Der Roman, geschrieben nach einer wahren Begebenheit, dazu im Schlussteil ein informatives Nachwort des Autors.

Der Romanheld, Philipp Gerber, ein sympathischer und verliebter Polizeikommissar mit Vergangenheit, hält auf knapp 360 Seiten auf Trab. Es sind große Leistungen von Autor:innen, Wahres mit Fiktion zu verbinden und kleine Meisterwerke zu schaffen. Langroth ist das auch zum zweiten Mal (nach der ‚Akte Adenauer‘) gelungen.

Hier in seinem zweiten Buch in der Adenauer Zeit, „Ein Präsident verschwindet“, hat Langroth eine Geschichte ausgegraben, die in Vergessenheit geraten ist. Wie beim ersten Buch der Serie hat der Autor punktgenau recherchiert. Ein spannender Thriller, der an die grausame Historie der deutsch-deutschen Geschichte erinnert.

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