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Veröffentlicht am 30.08.2022

Man kann den Duft der Orangen förmlich riechen

Terra di Sicilia. Die Rückkehr des Patriarchen
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'‘Mein Urgrossvater Barnaba Carbonaro, Sohn eines Priesters und einer Wundheilerin, hat vierundzwanzig Kinder gezeugt, einen Menschen getötet und ein Mandarinenimperium gegründet. Ein kleiner Mann mit ...

'‘Mein Urgrossvater Barnaba Carbonaro, Sohn eines Priesters und einer Wundheilerin, hat vierundzwanzig Kinder gezeugt, einen Menschen getötet und ein Mandarinenimperium gegründet. Ein kleiner Mann mit rastlosen Augen, Analphabet, aber mit einem exzellenten Gedächtnis für Zahlen und ausstehenden Gefälligkeiten. Ein Mann mit einer Glückshaut…’’ (S.9)

Terra Di Sicilia - Die Rückkehr des Patriarchen
Mario Giordano

München 1960: Der 80-Jährige Patriarch Barnaba kommt nach München. Das erste Mal war er vor über 60 Jahren hier und hat sich dort sein grosses Imperium aufgebaut. Er ist zurück, jedoch pleite, ohne einen einzigen Lira in der Tasche. Angeblich will er nur seine Familie besuchen und ein Familienfoto machen lassen, doch ist das wirklich alles? Er erzählt Maria, seiner Enkelin, seine Lebensgeschichte mit all seinen Träumen, Begierden und Wünschen, die er als 19-Jähriger hatte.

Sizilien 1890: Der junge, 144 cm große Barnaba, Sohn eines ehemaligen Priesters (dieser Priester konnte nie die Finger von den Frauen lassen und deshalb musste er die von ihm geschwängerte Tochter des Schneiders heiraten) träumt davon, einmal reich zu sein.
Die Realität sieht jedoch ganz anders aus: Für einen Hungerlohn arbeitet er täglich von früh bis spät auf den Obstplantagen der reichen Obstbauern. Hier wird er von den Vorarbeitern geschlagen und hat am Ende des Tages kaum genug zu essen. Des Lesens und Schreibens ist er nicht mächtig, dafür kann er, wie kaum ein anderer, mit Zahlen jonglieren, doch seine Verbesserungsvorschläge werden abgetan und belächelt.
Er versucht sich ein eigenes Geschäft aufzubauen, aber Immer wieder scheitert er mit seinen Bemühungen. Barnaba ist ein wütender und stolzer Mann. Die Einzige, die an ihn glaubt ist Pina, Tochter des reichen Plantagenbesitzers Dottore Passalacqua. Durch einen Vorfall kommt es dazu, dass er nach München fliehen muss. Hier gestaltet sich sein Leben besser, doch dann steht der erste Weltkrieg vor der Tür...

Mario Giordano hat hier, abwechselnd, in zwei Erzählsträngen, die Geschichte seines Urgrossvaters aufgeschrieben. Er hat es perfekt verstanden seine Erzählungen mit Fiktion und historischen Personen auszuschmücken.
Auch wenn der Ton mal derber wurde, gefiel mir sein Schreibstil sehr. Er ist lebendig und fast zum Anfassen nah, seine Orangen konnte ich förmlich schmecken. Die Beschreibungen von den Dörfern in Sizilien, den Plantagen und Menschen sind unübertroffen.
Dennoch blieb der Roman leicht hinter meinen Erwartungen zurück: Obwohl es einen Familienstammbaum auf der ersten Seite gibt, war der Beginn ein wenig holprig und zwischendurch gab es einige Längen. Der Hauptprotagonist Barnaba, war mir schlicht unsympathisch. Wo blieb der italienische Charme? Ein kleiner Angeber, der es immer nur aufs Geld abgesehen hat und sein Glück nicht genießen konnte. Zum Ende jedoch, zog die Geschichte noch einmal richtig an und machte vieles wett.

Fazit:
Zusammengefasst ein guter Familienroman, mit kleinen Längen und eine Leseempfehlung, nicht nur für Sizilienfans, von mir.
4/ 5

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Veröffentlicht am 27.08.2022

Abtauchen ins vorherige Jahrhundert

Sternstunde
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Corina Bomann
Sternstunde: Die Schwestern vom Waldfriede

1919: Die junge Adventistin, Schwester Hanna, verliert zum Ende des ersten Weltkrieges ihren Verlobten Martin. Schwer verletzt und blutend, je ...

Corina Bomann
Sternstunde: Die Schwestern vom Waldfriede

1919: Die junge Adventistin, Schwester Hanna, verliert zum Ende des ersten Weltkrieges ihren Verlobten Martin. Schwer verletzt und blutend, je ein Arm und Bein amputiert, lag er vor ihr, seitdem hat sie ein Trauma und kann keine Kriegsverletzten mehr behandeln.
Dankbar nimmt sie nach Kriegsende das Angebot an, die Stelle der Sprechstundenhilfe und Röntgenschwester von Dr. Conradi im Krankenhaus Waldfriede bei Berlin, zu werden. Doch auch nach Kriegsende leidet ganz Deutschland unter den hohen Reparationszahlungen an die Alliierten. Hunger, mangelnde Baumaterialien und die hohe Inflation lassen die Bevölkerung weiter leiden und hungern. Doch auch im Krankenhaus Waldfriede läuft es nicht besser: Intrigen, Hindernisse und Schicksalsschläge behindern den Neuanfang der Schwester Hanna.
Abwechselnd, in zwei Erzählsträngen, werden die Geschichten von Schwester Hanna und Dr. Conradi erzählt.

Corina Bormann hat einen ganz speziellen und flüssigen Schreibstil. Auch wenn der Roman zum Ende kleine Längen hat, lässt sie mich tief ins Buch eintauchen, man vergisst alles um sich herum und sie schafft es, dass ich gar nicht mehr ins Jahr 2022 zurückfinde. Ihre Beschreibungen sind wunderschön, detailliert und nicht überzogen.
Seitdem ich durch einen Zufall das Buch '‘Und morgen am Meer’’ von ihr gelesen habe, liebe ich ihre Bücher. Man darf sich von diesen etwas kitschigen Covern (Entschuldigung lieber Penguin Verlag) einfach nicht abschrecken lassen.
Dieses Buch ist der erste Teil von Vieren. Ich kann es kaum erwarten, wie die Geschichte von Hanna weiter geht.

Leseempfehlung für alle, die grosse Sagas lieben.
4 /5

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Veröffentlicht am 23.08.2022

Wunderbares Buch

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1)
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Die Freundinnen vom Strandbad (Band 1) - Wellen des Schicksals
Julie Heiland

Drei junge Teenager lernen sich in der Deutschen Demokratischen Republik, am Strandbad Müggelsee, Berlin kennen. Sie retten ...

Die Freundinnen vom Strandbad (Band 1) - Wellen des Schicksals
Julie Heiland

Drei junge Teenager lernen sich in der Deutschen Demokratischen Republik, am Strandbad Müggelsee, Berlin kennen. Sie retten einem Mann gemeinsam vor dem Ertrinken und obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, sind sie seit diesem Tag unzertrennlich.

- Betty wohnt in einem Plattenbau, ihre Mutter ist Alkoholikerin und ihr Vater seltenst Daheim. Ihr großer Traum ist es, eine berühmte Schauspielerin zu werden. Für diesen Traum würde sie alles machen ...
- Clara und ihre Familie sind '‘Unangepasste'' und nicht Mitglied der Partei. Diese Familie ist der DDR ein Dorn im Auge. Ihrem Vater ist es verboten als Pfarrer zu praktizieren und Clara darf nicht, obwohl sie Klassenbeste ist, studieren. Sie träumt davon Kosmonautin zu werden. Doch für diesen Traum müsste sie Mitglied der Staatssicherheit werden und ihre Eltern verraten oder über die Grenze gehen.
- Martha wohnt mit ihren linientreuen Eltern und Bruder in einem freistehenden Haus. Obwohl der Vater ‚nur‘ ein Postbeamter ist, besitzen sie ein Auto. Martha leidet darunter, dass ihre beiden Freundinnen so wunderschön sind und sie ''eher durchschnittlich'' aussieht. Des Weiteren ist sie intelligent und wegen ihrer angepassten Art, stehen ihr in der DDR alle Möglichkeiten einer Karriere offen. Doch ihre Familie scheint ein Geheimnis zu haben oder warum darf sie nicht in das Arbeitszimmer ihres Vaters? Und haben ihre Freunde recht? Arbeitet ihr Vater für die Stasi?

Abwechselnd, in drei Erzählsträngen, begleiten wir die drei Protagonistinnen in den 50er und 60er Jahren der DDR.
Besonders ergreifend fand ich die Beschreibungen am Tage des Mauerbaus. '‘Die mauern uns bei lebendigem Leib ein’’, schrie eine Frau weiter vorn. (S.569)

Julie Heiland hat es wunderbar verstanden, Geschichte und Fiktion zu verbinden. Auch wenn es kleinere Längen gab, möchte ich hier, einem weiteren Stück Zeitgeschichte, meine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen.
4 / 5 Sterne und ich freue mich auf den 2. Teil, der auch bereits im Ullstein Buchverlage erschienen ist.

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Veröffentlicht am 30.06.2022

Kyōto und Posie

Eine Rose allein
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Hier kommt ein kleines, feines und poetisches Buch:

Eine Rose allein
Muriel Barbery

Rose reist zur Testamentseröffnung ihres Vaters von Paris nach Kyōto.
Ihren Vater hatte sie zu Lebzeiten nie kennengelernt. ...

Hier kommt ein kleines, feines und poetisches Buch:

Eine Rose allein
Muriel Barbery

Rose reist zur Testamentseröffnung ihres Vaters von Paris nach Kyōto.
Ihren Vater hatte sie zu Lebzeiten nie kennengelernt. Einst hatte ihre französische Mutter in Kyōto eine Liebesaffäre mit einem Japaner und kehrte mit einem Baby unter dem Herzen zurück nach Frankreich.

Rose ist Botanikerin, aber sie sieht schon lange keine Blumen mehr. Das Leben hat sie hart gemacht, sie ist wütend und jetzt, mit 40 Jahren, hat sie das Gefühl noch nie gelebt zu haben.

Paul, der belgische Assistent ihres Vaters, nimmt sie freundlich in Empfang und zeigt ihr das wunderschöne Kyōto.
Ganz langsam kommen sich Rose und Paul näher …

Barbery lässt uns in das wunderschöne Kyōto eintauchen. Sie beschreibt die Tempel, Flora und Fauna in einer poetischen Sprache und lässt uns an der kleinen, zarten Liebesgeschichte teilhaben.

„Ich dachte, es gehe nur darum zu überleben, aber vielleicht muss man sterben, um wiedergeboren zu werden“ (S.184)

Meine Meinung:
Mir hat das kleine Buch sehr gut gefallen, aber ich muss dazu sagen, dass ich bereits in Kyōto war. Da der jeweilige Name des Tempels und Zen-Gartens genannt wurde, wusste ich immer sofort, wo die Protagonistin sich befindet und so konnte ich ein weiters Mal durch die Zen-Gärten wandern und träumen.

Fazit:
Grosse Leseempfehlung für alle, die Poesie lieben und für diejenigen, die schon immer nach Kyōto wollten oder es bereits waren.
4 Sterne

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Veröffentlicht am 06.06.2022

Sehr gute Hörunterhaltung

Barbara stirbt nicht
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Barbara stirbt nicht
Alina Bronsky,
gelesen von Thomas Anzenhofer


Walter Schmidt ist empathielos, ein Stiesel, ein Muffel, ein Patriarchat, intolerant und ein Rassist. Eines Morgens wacht er auf und ...

Barbara stirbt nicht
Alina Bronsky,
gelesen von Thomas Anzenhofer


Walter Schmidt ist empathielos, ein Stiesel, ein Muffel, ein Patriarchat, intolerant und ein Rassist. Eines Morgens wacht er auf und sein erster Gedanke ist, dass es nicht wie gewohnt nach Kaffee richt, wie es sollte. Stattdessen findet er Barbara im Bad, wo sie auf dem Boden liegt. Er macht ihr ein paar Vorwürfe, wischt ihr das Blut von der klaffenden Kopfwunde und bringt die völlig unterkühlte Barbara wieder ins Bett.
Da Barbara auch die nächsten Tage keine Anstalten macht aufzustehen, muss er wiederstrebend und fluchend lernen wie man Kaffee kocht. Für den Haushalt war immer Barbara verantwortlich. Die Küche hat er nie betreten, überhaupt, für Frauensachen ist er nicht zuständig!
Irgendwann taucht sein Sohn auf, der sich Sorgen um seine Mutter macht und sie ins Krankenhaus bringen will, aber Walter weist ihn zurück, denn Barbara war nie krank.
Die Wochen vergehen ohne das Barbaras Gesundheitszustand sich verbessert. Ganz langsam beginnt Walter, mit Hilfe eines YouTube-Kochvideos kochen zu lernen und findet sogar Gefallen daran. Ob er sich zum Ende des Buches verändert hat, müsst ihr selber herausfinden.


Ein Buch, dass mich (Nähkästchen auf) an meine eigene Kindheit erinnert. Noch heute isst mein Vater nicht, wenn ihm keiner den Teller auffüllt (Nähkästchen wieder zu).
Mich hat das Buch zwischendurch wirklich aufgeregt: Walter, der seit 54 Jahren verheiratet ist und immer erklärt, dass Barbara ja nicht seine erste Wahl war und er sie nur geheiratet hat, weil sie damals schwanger war. Das keiner der Kinder gerne kommt, merkt er gar nicht. Diese mangelnde Selbstreflexion … grrr .. hat mich ganz wahnsinnig gemacht.
Aber genau das wollte die Autorin bewirken und ich habe dem Sprecher des Hörbuchs, deren Stimme perfekt passt, wirklich gerne zugehört.
Ein gutes Buch, auch wenn der Protagonist ein wahrer Unsympath war.
4 Sterne

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