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Veröffentlicht am 06.06.2022

Die Campingclique

Ein unendlich kurzer Sommer
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Lale muss einfach mal raus. Ohne jemanden zu benachrichtigen, setzt sie sich in den Zug und fährt. So landet sie bei Gustav und seinem in die Jahre gekommenen Campingplatz. Gustav ist ein mürrischer alter ...

Lale muss einfach mal raus. Ohne jemanden zu benachrichtigen, setzt sie sich in den Zug und fährt. So landet sie bei Gustav und seinem in die Jahre gekommenen Campingplatz. Gustav ist ein mürrischer alter Knochen, doch irgendwie gibt er Lale genau die richtige Ansprache und sie beginnt bei der Renovierung des Platzes zu helfen. Bald taucht der Nachbarsjunge Flo immer häufiger auf. Zu dem Grüppchen stößt Christophe, der auf den Spuren seiner jüngst verstorbenen Mutter wandelt. Den schmeißt Gustav aber erstmal raus, bis er feststellt, dass er den ersten Touristen im Dorf wohl doch beherbergen sollte.

Ein paar Sommerwochen auf einem heruntergekommenen Campingplatz am See. Eigentlich nichts Besonderes, außer wenn die Menschen etwas daraus machen. Auf ihre Art haben sie alle ihre Geheimnisse, ihre Verletzungen, die sie mit sich herumtragen. Und doch wird dieser Sommer so als würden sie aus der Zeit heraustreten, in eine Welt, in der sich die Stunden gleichzeitig ewig und endlich anfühlen. Mit den Tagen wird Gustav umgänglicher, Lale gesprächiger, Flo erwachsener und in Chris wächst der Wunsch, von seiner Mutter zu erzählen und dem Brief. So ein Sommer darf eigentlich nie zu Ende gehen. Doch irgendwann ist er vorbei und das Leben hat sich verändert.

Man glaubt der Autorin gerne, dass sie so manche Tage auf verschiedenen Campingplätzen zugebracht hat. Sehr gut ist die Stimmung eingefangen, die dort herrscht. Wie in einem kleinen Mikrokosmos interagieren die handelnden Personen jeder auf seine spezielle Art. Schnell werden sie einem sympathisch. Auch wenn bald schon klar wird, dass es nicht nur um neue Ufer geht, sondern dass es auch gilt, sich zu stellen, so freut man sich doch, an diesem Sommer teilzuhaben, der die Campingclique für immer verändert. Ein sehr berührender Roman, der viel mehr bietet als das zugegebenermaßen schöne, auffällige und doch entspannende Cover.

Veröffentlicht am 03.06.2022

Der rote Faden

So tun, als ob es regnet
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Während des ersten Weltkriegs muss Jacob den Krieg bestehen. Eigentlich dachten er und seine Kameraden, es ginge nach Budapest, doch sie landen in der Einöde. Dennoch ist das Leben durch die Kämpfe immer ...

Während des ersten Weltkriegs muss Jacob den Krieg bestehen. Eigentlich dachten er und seine Kameraden, es ginge nach Budapest, doch sie landen in der Einöde. Dennoch ist das Leben durch die Kämpfe immer bedroht. Jacob hinterfragt den Sinn, findet jedoch keine Antwort. Eine Erleichterung ist daher die zeitweilige Unterbringung auf einem Hof. Einige Jahre später erlebt Henriette, die sich durch ein außergewöhnliches Wesen und eine besondere Schönheit auszeichnet, eine ruhige Zeit zwischen den Kriegen. Im Jahr 1968 entkommt Vicco nur knapp dem Tod. In Rumänien hat er sich seine eigenen kleinen Freiheiten genommen. Über vierzig Jahre später, überlegt Hedda, ob sie heimkehrt.

Vier Geschichten, vier Menschen, die auf ihre Art einsam sind. Vier Lebensabschnitte, die sich auf besondere Art ergänzen. Der Soldat Jacob möchte eigentlich keine Soldat sein. Er zeichnet sich durch Menschlichkeit aus. Henriette hat ein unabhängiges und ruheloses Wesen. Sie wirkt aufgeschlossen und manchmal träumt sie. Vicco braust mit dem Trabi schon mal sechshundert Kilometer ans Meer, doch er versucht, sich mit den Einschränkungen einen kommunistischen Landes abzufinden. Hedda hat es auf eine Insel gezogen, sie ist der Stadt entflohen und doch zieht es sie zurück.

In vier Erzählungen lernen die Leser und Leserinnen vier besondere Menschen kennen, über vier Generationen sind sie doch lose verbunden. Auf welche Art gilt es zu entdecken. Mit zarten Worten erzählt die Autorin von ihren Protagonisten, die alle auf ihre jeweilige Art besonders sind. Vor dem Hintergrund der zeitgeschichtlichen Ereignisse machen die Vier emotional aufwühlende Zeiten durch. Sie werden geprägt von der Zeit, in der sie leben und auch von ihren Familien. Über Generationen spüren sie die Auswirkungen vergangener Jahre. Obwohl nicht sehr umfangreich, sind die Erzählungen doch sehr präzise und inhaltsreich. Vielleicht kann nicht jeder rätselhafte Satz entschlüsselt werden, doch mit mit ihren prägnanten Beschreibungen schafft die Autorin stimmungsvolle Beschreibungen, die ihre handelnden Personen sehr lebendig werden lassen.

Veröffentlicht am 29.05.2022

Mordsspannend

Leichenblume
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Vor einigen Jahren wurde der Anwalt Christoffer Mossing getötet. Die mutmaßliche Täterin ist seitdem verschwunden. Doch nun hat die Journalistin Heloise Kalden, die gerade um ihre Karriere bangen muss, ...

Vor einigen Jahren wurde der Anwalt Christoffer Mossing getötet. Die mutmaßliche Täterin ist seitdem verschwunden. Doch nun hat die Journalistin Heloise Kalden, die gerade um ihre Karriere bangen muss, einen Brief erhalten. Einen Brief von einer Mörderin? Wie kommt die dazu, sich zu melden und ausgerechnet bei Heloise? Nach einigen Überlegungen meldet Heloise sich bei Kommissar Erik Schäfer, der den Fall damals bearbeitete. Überraschend für ihn, dass damit schon ein zweiter Hinweis auf die vermeintliche Mörderin auftaucht. Eine Touristin will sie in Frankreich gesehen haben und die Person auf dem Foto sieht der Gesuchten doch sehr ähnlich.

Bei diesem Kriminalroman handelt es sich um den ersten Teil einer Reihe um Kommissar Schäfer und die Journalistin Kaldan. Obwohl sie sich hier zum ersten Mal begegnen, sind sich der etwas ältere Polizist und die Mittdreißigerin gleich sympathisch. Nein, nein, nicht so. Auf beruflicher Ebene eben. Aber dennoch können sie nicht völlig offen sein, das bringen die Jobs so mit sich. Erik Schäfer will die Täterin fassen und er möchte ihre Motive ergründen. Sollte sie wirklich so gestört sein, wie sie beschrieben wird? Heloise dagegen braucht eine Story, mit der sie eine Scharte wieder auswetzen kann. Und wie es manchmal so ist, die Journalistin hat mitunter die Nase vorn.

Aus dem Rätsel um die Motivation der Verdächtigen entwickelt sich ein Fall, der es in sich hat. Vergangenheit und Gegenwart, Täter, Opfer, Beteiligte - alles hängt irgendwie zusammen. Sehr geschickt zusammengefügt und damit nicht so schnell durchschaubar. So wie man es sich von einem Krimi wünscht. Mit Schäfer und Kaldan hat man zudem ein sympathisches Team, das eigentlich kein Team sein kann. Die Berufe sind einfach zu unterschiedlich. Trotzdem oder gerade deswegen funktioniert die Story, man ist gefesselt. Hinzu kommt noch die direkte Sprache, der neben aller Dramatik und Ernsthaftigkeit auch ein gewisser Humor innewohnt.

Veröffentlicht am 26.05.2022

Tod auf dem Campus

Die Gelehrte
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Auf dem Gelände einer einer Universität in Galway wird eine junge Frau überfahren. Die Lebensgefährtin von Inspector Cormac Reilly findet die Tote. Nach einem traumatischen Erlebnis, das sie in der Vergangenheit ...

Auf dem Gelände einer einer Universität in Galway wird eine junge Frau überfahren. Die Lebensgefährtin von Inspector Cormac Reilly findet die Tote. Nach einem traumatischen Erlebnis, das sie in der Vergangenheit durchmachen musste, ist sie von der neuerlichen Begegnung mit dem Tod völlig aufgelöst. Sie ruft Reilly zur Hilfe, der sofort erkennt, dass es sich nicht um einen Unfall handelt. Bei der Toten wird eine ID-Karte gefunden, die auf den Namen Carline Darcy lautet. Die Enkelin des Besitzers einer großen Pharmafirma, die ein Labor an der Uni betreibt. Unter diesen Umständen ist der Fall mit äußerster Vorsicht zu behandeln.

In seinem zweiten Fall muss sich Cormac Reilly fragen, ob er überhaupt der richtige Ermittler ist. Schließlich hat seine Freundin, die er unbedingt beschützen will, die Tote gefunden. Emma, die Forschungen für Darcy Therapeuticals betreibt, ist bei der ersten Einvernahme vor Ort sehr zurückhaltend. Etwas, das auch Cormacs Kollegin Carrie bemerkt. Doch nachdem er eine ganze Weile nur Cold Cases bearbeiten durfte, hat er nun endlich ein paar aktive Fälle zugeteilt bekommen. Und die Frage, warum die junge Frau so grausam umgebracht wurde, lässt ihm keine Ruhe. Und so verschließt Reilly die Augen vor dem möglichen Interessenkonflikt.

Vielleicht überlegt man selbst, ob Cormac Reilly nicht doch befangen ist, dennoch verfolgt man gespannt, wie er sich in die Nachforschungen stürzt. Und schon bald gibt es eine Überraschung, die den Todesfall in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. Und da ist der Moment einer Ahnung, die einen für eine Weile schlauer macht als die Polizei. Wie dann jedoch immer neue Verwicklungen aufgedeckt werden, durch die sich weitere Möglichkeiten auftun, das ist teilweise wahrlich mitreißend geschildert. Während er den Täter oder die Täterin jagt, gefährdet er seine unstabile Position unter den Kollegen. Nicht immer kann er einschätzen, wer ihm wohlgesinnt ist und wer weniger. Ein gelungener zweiter Fall, der Cormac Reilly an seine Grenzen bringt.

Veröffentlicht am 22.05.2022

Gänsehaut

Blutland
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Endlich können Martin Juncker und Signe Kristiansen wieder zusammenarbeiten. Signe ist nach ihrer Versetzung in den Streifendienst wieder zurück bei der Kriminalpolizei. Bei einem Aufeinanderprallen von ...

Endlich können Martin Juncker und Signe Kristiansen wieder zusammenarbeiten. Signe ist nach ihrer Versetzung in den Streifendienst wieder zurück bei der Kriminalpolizei. Bei einem Aufeinanderprallen von Rechtsradikalen mit Autonomen und Clans kommt einer der Rechten zu Tode. Signe hofft diesen Fall gemeinsam mit Juncker übernehmen zu können. Dieser jedoch wird an den Fundort einer Frauenleiche gerufen, die grausam umgebracht wurde. Umso erstaunter sind die Ermittler als der Verdacht für beide Taten auf den selben bereits polizeibekannten, aber noch nie verurteilten Mann fällt. Haben sie schon die Lösung gefunden? Der Verdächtige bestreitet vehement, etwas Unrechtes getan zu haben.

In ihrem dritten Fall können Signe und Martin endlich wieder ihre Kräfte bündeln. Doch Signe ist innerlich immer noch mit einer Sache beschäftigt, die sie nicht überwinden kann. Sie bemüht sich allerdings, dass ihre Arbeit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Auch Martin erzählt seiner Kollegin nicht alles. Dass seine anstehende Scheidung ihn belastet, ist allerdings kein Geheimnis. Dennoch suchen Juncker und seine Kollegen fieberhaft nach Beweisen. Die Familie des Verdächtigen verweigert sich, soweit sie kann. Müssen die Beamten vielleicht umdenken und einen anderen Ansatz finden?

Das Autorenduo nimmt sich beim dritten Auftritt von Juncker und Kristiansen ein brisantes Thema vor. Es geht um Missbrauch, Vergewaltigung und eigenartige sexuelle Vorlieben. Manchmal ist dann die Lektüre nicht leicht zu ertragen. Spannend wie Signe und Martin es schaffen, sich durch ihre Fälle zu wühlen. Auch wenn der eine Strang möglicherweise ein wenig vernachlässigt erscheint, so ist der andere doch sehr fesselnd und überraschend. Man stellt sich die Frage, wie es so kommen kann. Eine richtige Antwort kann auch die Profilerin nicht geben und so müssen die Ermittler in erster Linie den oder die Täter finden und ihrer gerechten Strafe zuführen. Gebannt verfolgt man sie auf ihrem Weg dorthin. Als möglicher Abschluss der Reihe macht dieser Thriller eine wirklich gute Figur.