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Veröffentlicht am 15.09.2022

Traumatische Geschichte, die in recht sperrigem Schreibstil wiedergegeben wird

Corregidora
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Corregidora hieß der portugiesische Sklavenhalter, der bereits Ursas Urgroßmutter zur Prostitution zwang. Er zeugte sowohl ihre Großmutter als auch ihre Mutter, nach Abschaffung der Sklaverei werden Unterlagen ...

Corregidora hieß der portugiesische Sklavenhalter, der bereits Ursas Urgroßmutter zur Prostitution zwang. Er zeugte sowohl ihre Großmutter als auch ihre Mutter, nach Abschaffung der Sklaverei werden Unterlagen vernichtet, um die brutalen Methoden zu vertuschen, doch die traumatische Vergangenheit wird innerhalb der Familie weiter vererbt, Ursa soll "Generationen machen", damit die Geschichte nicht in Vergessenheit gerät - doch sie kann keine Kinder bekommen und äußert ihre Emotionen in dem Blues, den sie jeden Abend im Happy´s Café singt.

"Corregidora" von Gayl Jones ist ein Buch, mit dem ich trotz des wichtigen Themas ziemlich zu kämpfen hatte, der sperrige Schreibstil und die Sprünge zwischen den Szenen haben es mir nicht leicht gemacht, einen emotionalen Zugang zu Ursa und ihrer Geschichte zu finden. Es sind recht kleine Abschnitte, die die Verletzungen der einst versklavten Frauen durch Corregidora zum Ausdruck bringen, doch zwischen aktuellen Passagen aus Ursas Leben, wiederholen sich ständig die Erinnerungen an den verhassten Sklavenhalter, dessen Namen Ursa weiterhin trägt, auch als sie heiratet behält sie den portugiesischen Familiennamen bei.

Zwischenzeitlich verschwimmen die Grenzen zwischen den vier Generationen der Frauen, es scheint, als ob Corregidoras Opfer eine Art kollektives Gedächtnis entwickeln, um für seine Taten Zeugnis abzulegen.

Zweifelsohne hat die Autorin ein wichtiges Zeitdokument geschaffen, das in teilweise brutaler Ausdrucksweise eine Vergangenheit ans Licht zerrt, die das Trauma ganzer Generationen ehemaliger Sklaven widerspiegelt. Wer den Blues im Blut hat, mag dieses Buch intuitiv verstehen und entsprechend wertschätzen, mir hat sich die eigenwillige Erzählweise, die von Wiederholungen und zeitlichen Sprüngen geprägt war, während des Lesens nicht wirklich erschlossen. Erst das Nachwort des Übersetzers, der den Schreibstil mit der musikalischen Darstellung des Blues vergleicht, konnte mein Verständnis für die zäh empfundene Lektüre etwas verbessern.

Fazit: Der sperrige und sprunghafte Schreibstil hat es für mich schwierig gestaltet, emotional in die Geschichte einzutauchen, dennoch betrachte ich dieses Buch als wichtiges Zeugnis einer Vergangenheit, die Generationen ehemalige Sklaven traumatisiert hat.

Veröffentlicht am 12.08.2022

Nette, etwas oberflächliche Urlaubslektüre

Fischbrötchen und Schokoküsse
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Kurz nachdem Marinas Eltern sie gebeten haben, zu Hause auszuziehen, verliert die Fünfundzwanzigjährige auch noch ihren Job. Obwohl sie Veränderungen normalerweise scheut, springt Marina über ihren Schatten ...

Kurz nachdem Marinas Eltern sie gebeten haben, zu Hause auszuziehen, verliert die Fünfundzwanzigjährige auch noch ihren Job. Obwohl sie Veränderungen normalerweise scheut, springt Marina über ihren Schatten und nimmt ein Stellenangebot an, das sie nach Eckernförde an die Ostsee führt. Die Buchhaltung, um die sie sich kümmern soll, ist ein einziges Chaos und da ihr neuer Arbeitsplatz außerhalb des Orts liegt, ist sie auf die Fahrdienste des mürrischen Tim-Ove angewiesen, dem Neffen ihrer neuen Chefin. Dennoch kann Marina nicht verhindern, dass immer wenn sie ihn trifft in ihrem Bauch Schmetterlinge flattern....

"Fischbrötchen und Schokoküsse" von Jane Hell ist der vierte Teil ihrer "Förderliebe"-Reihe, da aber in jedem Buch ein anderes Paar im Mittelpunkt steht, kann die Geschichte auch gut ohne Kenntnis der Vorgängerbände gelesen werden. Für mich war es der erste Roman der Autorin und ich habe mich problemlos in die Handlung eingefunden. Den Schreibstil kann ich dabei als eingängig und angenehm bezeichnen, die leichte Lektüre war schnell weg gelesen und das Ostseefeeling im Hintergrund hat mich dabei in Urlaubsstimmung versetzt.

Die Protagonistin fand ich zwar ganz nett, doch so richtig warm konnte ich mit ihr nicht werden - das gilt auch für die anderen Figuren in ihrem Umfeld. Besonders Tim-Ove war für meinen Geschmack zu widersprüchlich dargestellt, sein Verhalten passte anfangs wenig zu den Gefühlen, die für mich recht plötzlich vom Himmel gefallen schienen. Auch Marina selbst hat sich meiner Meinung nach stellenweise ziemlich unrealistisch verhalten, einerseits ist sie über behütet aufgewachsen und hegt trotz ihrer beruflichen Selbstsicherheit Unmengen von Ängsten. Andererseits geht sie unüberlegt Risiken ein, die so gar nicht zu ihrem vorher beschriebenen, vorsichtigen Wesen passen. Wer sich an solchen Unglaubwürdigkeiten nicht stört, den erwartet eine locker-leichte Romanze mit Urlaubsfeeling, die ein durchaus angenehmes Leseerlebnis verspricht.

Fazit: Für mich waren die Figuren einfach zu unlogisch in ihrem Verhalten, wem das nichts ausmacht, der findet in diesem Roman eine unkomplizierte, romantische Urlaubslektüre.

Veröffentlicht am 26.07.2022

Oberflächliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

Die karierten Mädchen
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Als Klara wärend der Weltwirtschaftskrise ihre Arbeit verliert, ist es ein Glücksfall für sie, die Stelle als Haushaltslehrerin in einem Erholungsheim für kranke Kinder zu bekommen. Schon bald fühlt sie ...

Als Klara wärend der Weltwirtschaftskrise ihre Arbeit verliert, ist es ein Glücksfall für sie, die Stelle als Haushaltslehrerin in einem Erholungsheim für kranke Kinder zu bekommen. Schon bald fühlt sie sich in Oranienbaum zu Hause, besonders die kleine Waise Tolla ist Klara ans Herz gewachsen. Da der Staat keine Zuschüsse für Tolla zahlt, trägt Klara die Kosten für deren Unterbringung aus eigener Tasche und gibt das jüdische Mädchen als ihre Tochter aus. Um das Heim zu erhalten, das Klara inzwischen leitet, sieht sie keinen Ausweg, als die neuen Nazi-Machthaber um Übernahme zu bitten, obwohl Tolla dadurch in große Gefahr gerät. Siebzig Jahre später spricht die inzwischen erblindete Klara ihre Lebensgeschichte auf Band und taucht damit tief in ihre Erinnerungen ein.
"Die karierten Mädchen" von Alexandra Hennig von Lange ist der erste Teil einer geplanten Trilogie, der mich nicht so ganz glücklich zurück gelassen hat. Die Protagonistin Klara habe ich als sehr widersprüchlich empfunden, einerseits wird sie von wacher Intelligenz getrieben und legt Wert darauf, ihre Schülerinnen zu selbstbewussten Frauen zu erziehen, die den Männern gleichberechtigt gegenüber treten können. Allgemeinbildung und Belesenheit sind ihr sehr wichtig, andererseits will sie von Politik nichts wissen und steckt regelrecht den Kopf in den Sand, wenn Freunde zu ihr über die Gefährlichkeit der nationalsozialistischen Verwaltung sprechen.Damit befindet sie sich zwar in guter Gesellschaft, schließlich gab es jede Menge Menschen, die angeblich nichts von den sich verschlimmernden Zuständen bemerkt haben wollten - als literarische Figur war sie für mich allerdings völlig uninteressant.
Der Schreibstil gehört meiner Meinung nach zu den wirklich positiven Aspekten der Geschichte, ich mochte das Buch zwischenzeitlich kaum aus der Hand legen. Die Autorin schrieb in ihrm Nachwort, dass sie von Kassettenaufnahmen ihrer Großmutter zu dem Roman inspiriert wurde, betont aber, dass diese nicht mit Klara übereinstmmt. Somit ist diese Geschichte für mich nicht Fisch und nicht Fleisch, zu fiktiv für eine familiäre Chronik und zu oberflächlich für einen bewegenden Roman. Außerdem muss ich zugeben, dass ich mir am Schluss ein frustriertes Aufstöhnen nicht verkneifen konnte, in meinen Augen bietet die Vorlage nicht genügend Stoff für zwei Fortsetzungen - ich denke, mit einigen Seiten zusätzlich hätte die Handlung zu einem zufrieden stellenden Ende geführt werden können und das Buch hätte mich als Einzelband eher überzeugt.
Fazit: Trotz des durchaus fesselnden Schreibstils bin ich mit der Geschichte nicht wirklich warm geworden, dass dieser Roman den Anfang einer Trilogie bildet, empfinde ich als übermäßiges Langziehen des Handlungsmittelpunktes.

Veröffentlicht am 14.06.2022

Schöne Aufmachung mit Filmbildern, zu viel Klamauk in der Handlung

Alfons Zitterbacke
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Auch im Teenageralter bleibt Alfons Zitterbacke ein notorischer Pechvogel, dabei hat er doch nie etwas Schlechtes im Sinn. Selbst während der Klassenfahrt geht alles schief, was nur schief gehen kann - ...

Auch im Teenageralter bleibt Alfons Zitterbacke ein notorischer Pechvogel, dabei hat er doch nie etwas Schlechtes im Sinn. Selbst während der Klassenfahrt geht alles schief, was nur schief gehen kann - zuerst verpasst Alfons beinahe den Bus, weil er verschlafen hat, unterwegs bemerkt er, dass er noch seine Schlafanzughose trägt und natürlich ist sein Koffer vertauscht, so dass er nichts anderes zum Anziehen dabei hat. Eigentlich wollte er ja Leonie beeindrucken, doch natürlich klappt das nicht so, wie Alfons es sich erträumt hatte......

"Alfons Zitterbacke" von Tina Gerstung ist das Buch zum Film und ich finde, das merkt man der Geschichte auch an. Für mich las sich die Handlung wie eine Aneinanderreihung verschiedener Drehbuch-Szenen, dabei hätte ich mir etwas mehr Hintergrundinformationen gewünscht. Alle Figuren, selbst Alfons und seinen besten Freund Benni, fand ich sehr oberflächlich dargestellt, es gab kaum eine charakterliche Beschreibung, die über das absolut Notwendigste hinaus ging.

Der Schreibstil war locker-leicht, passend zum Alter der jugendlichen Zielgruppe und die Kapitel waren kurz genug gehalten, um auch Lesemuffel nicht zu demotivieren. Der Handlungsverlauf ist für meinen Geschmack zu sehr in Richtung Klamauk abgedriftet und wenn ich bedenke, dass nicht nur die Figur Alfons, sondern auch seine Leser etwas älter geworden sind, als es bei den früheren Büchern der Fall war, finde ich die Geschichte beinahe zu schlicht erzählt. Positiv aufgefallen ist mir die Aufmachung des Buches, es gab zweimal einige eingefügte Seiten mit Fotos aus dem Film, so dass sich jeder Leser ein Bild der Personen machen kann. Wer sich - wie ich - wehmütig an die alten Alfons-Zitterbacke-Bücher erinnert, wird hier nicht so ganz auf seine Kosten kommen, für Freunde des gleichnamigen Films ist dieses Buch aber sicherlich eine passende Ergänzung.

Fazit: Es handelt sich hier um ein (Kinder-)Buch zum Film, deshalb ist die Handlung meiner Meinung nach etwas schlicht gehalten, auch der Humor konnte mich nicht wirklich überzeugen. Wer aber den gleichnamigen Film mag, wird an diesem Buch sicher ebenfalls seine Freude finden.

Veröffentlicht am 08.06.2022

Spannendes Thema, für die Figuren hätte ich mir mehr Tiefgang gewünscht

Detransition, Baby
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Für Ames ist es ein riesiger Schock, als Katrina, seine Chefin und Geliebte, ihm mitteilt, dass sie von ihm schwanger ist. War er doch wegen seiner Vergangenheit als Trans-Frau und den damit verbundenen ...

Für Ames ist es ein riesiger Schock, als Katrina, seine Chefin und Geliebte, ihm mitteilt, dass sie von ihm schwanger ist. War er doch wegen seiner Vergangenheit als Trans-Frau und den damit verbundenen Hormon-Gaben überzeugt, unfruchtbar zu sein. Auch jetzt nach seiner Detransition ist Ames unsicher bezüglich seiner geschlechtlichen Identität und weiß nicht, wie er die Vaterrolle für das Baby erfüllen kann. Deshalb will er Reese als dritten Elternteil mit ins Boot holen, mit der er früher als Amy in einer lesbischen Beziehung gelebt hat. Reese hegt schon viele Jahre den Wunsch nach einem Kind, durch Katrinas Schwangerschaft sieht die Trans-Frau ihren Traum in greifbare Nähe rücken.

"Detransition, Baby" von Torrey Peters ist eine Geschichte, deren Grundidee ich sehr spannend finde, die Art und Weise wie sie umgesetzt wurde, konnte mich dagegen nur bedingt überzeugen. Dass die sprachliche Darstellung stellenweise recht derb gefasst war, passte für mich zur manchmal ziemlich harten Realität der Figuren. Die Autorin zeichnet dabei ein sehr ernüchterndes Bild vom alltäglichen Leben amerikanischer Trans-Frauen. Die Protagonisten hätten für meinen Geschmack gern etwas tiefgründiger beschrieben sein dürfen, lediglich bei Amy/Ames hatte ich den Eindruck, den Menschen hinter der Fassade sehen zu können. Obwohl es durchaus auch Eindrücke von Katrinas und Reeses Vergangenheit und Gefühlen gab, waren die Beiden für mich nicht wirklich greifbar.

Besonders Reese fand ich sehr ambivalent, einerseits hält sie sich selbst für besonders mütterlich - am Anfang ihrer Beziehung hatte sie auch die frisch transitionierte Amy unter ihre Fittiche genommen - andererseits fühlt sie sich ihrer Partnerin beruflich unterlegen, da Amy studiert hat und in ihrem Job gut verdient, während Reese ihren Lebensunterhalt mehr schlecht als recht durch wechselnde Kellnerjobs bestreitet. Die Ansichten, die Reese zu Beginn des Buches sehen lässt, fand ich sehr zynisch und desillusionierend, z.B. glaubt sie, es wäre die ultimative Anerkennung ihrer Weiblichkeit, wenn sie körperliche Gewalt von einem Mann erfährt. Zu diesem Zeitpunkt könnte beim Leser der Eindruck entstehen, dass diese Denkweise bei allen Trans-Frauen verbreitet sei. Erst später im Handlungsverlauf wird thematisiert, dass einige der anderen Trans-Personen psychische Probleme bei Reese vermuten.

Immer wieder gibt es chronologische Sprünge, die Geschichte beginnt, nachdem Katrina von ihrer Schwangerschaft erfährt, danach wechseln sich Abschnitte, die die Vergangenheit der Protagonisten beleuchten, mit der gegenwärtigen Handlung ab, die zeitlichen Angaben in den Kapitelüberschriften beziehen sich dabei auf das Zeugungsdatum des Babys. Diese Wechsel haben sich für mich etwas ungeordnet angefühlt, durch die häufigen Unterbrechungen des Handlungsfadens fiel es mir schwer, die fragilen Beziehungen zwischen den Hauptfiguren emotional wahr zu nehmen. Deshalb reicht es bei mir - trotz des bedeutsamen Themas - nur für eine mittelmäßige Bewertung.

Fazit: Torrey Peters zeigt in oft recht derber Ausdrucksweise den teilweise harten Alltag und die Probleme mit der eigenen geschlechtlichen Identität, denen Trans-Frauen ausgesetzt sind. Doch ihre Figuren waren meiner Meinung nach wenig greifbar, das Potential der Geschichte wurde für mich nicht wirklich ausgeschöpft.