Sehr gelungene, objektive Analyse des Ukraine-Kriegs und der Frage, wie Europa in diese Situation geraten konnte
Zeitenwende„Zeitenwende - Putins Krieg und die Folgen“ von Rüdiger von Fritsch ist ein großartiges Buch über die Ursachen, die Entstehung und den bisherigen Verlauf des Ukraine-Kriegs und gibt darüber hinaus sogar ...
„Zeitenwende - Putins Krieg und die Folgen“ von Rüdiger von Fritsch ist ein großartiges Buch über die Ursachen, die Entstehung und den bisherigen Verlauf des Ukraine-Kriegs und gibt darüber hinaus sogar noch einen Ausblick wohin das Ganze in Europa und weltpolitisch führen könnte.
Der Autor ist vom Fach und als ehemaliger Botschafter in Moskau und Warschau einer der ganz wenigen echten Experten, wenn es um den Kreml, Russland und insbesondere um eine realistische Einschätzung zu Putin und seinen Plänen geht. Rüdiger von Fritsch gibt sich dabei nicht damit zufrieden, nur die Wochen vor dem Krieg zu beschreiben. Vielmehr analysiert er sehr präzise, wie Russland aus seiner Historie heraus in einer Schwächephase die ehemaligen Kolonien verloren hat und Putin diese nun wieder erobern möchte. Vieles davon geht dabei bis zu den Ursprüngen der Rus zurück und „der kleine Bruder“ Ukraine gehört nach Putins Lesart einfach zu Russland dazu. Der Autor erklärt ferner sehr detailliert, wie sich bereits 2014 die Bedingungen im Krim-Krieg und im Donbass zugespitzt und eskaliert haben bzw. von russischer Seite ganz bewusst eskaliert wurden. Auch weist von Fritsch mehrfach darauf hin, dass es in der westlichen Welt einen großen Unterschied macht, ob sich die NATO den ehemaligen GUS-Staaten anbietet, oder ob diese Staaten bei der NATO um Schutz vor Russland bitten. Darüber hinaus wird mit Mythen aufgeräut, wie beispielsweise, dass die NATO versprochen habe, sich niemals nach Osten hin erweitern zu wollen. Ganz offensichtlich hat Russland lange Zeit kein Problem dabei im Falle von u.a. Polen, Tschechien, Ungarn oder der baltischen Staaten gesehen, fühlt sich nun aber bei der Frage, ob die Ukraine bei der NATO aufgenommen werden könnte, bedroht. Rückwirkend und völlig ohne erhobenen Zeigefinger legt Rüdiger von Fritsch offen, wie Europa die Zeichen, die eindeutig auf Krieg hindeuteten, hätte erkennen können – obgleich jeder, inklusive des Autors selbst, diese nicht wirklich auf dem Schirm hatte, sie ignoriert hat oder sie ignorieren wollte. Da auch dem Autor der Ausgang des Krieges nicht bekannt ist, diskutiert er verschiedene Szenarien und erläutert die Konsequenzen des jeweiligen Ausgangs.
Fazit: Mit „Zeitenwende“ hat Rüdiger von Fritsch in sehr kurzer Zeit (das Manuskript hatte bereits im April vorgelegen) ein großartiges Buch über Ursachen und Auswirkungen des Ukraine-Kriegs verfasst. Er geht dabei auf viele Details ein und bespricht auch Lösungswege, wie – je nach unterschiedlichem Ausgang - nach dem Krieg vorgegangen werden könnte. Zusätzlich zur historischen Komponente geht er auch sehr deutlich darauf ein, wie wirksam Sanktionen gegen Russland sich auswirken können. Mir persönlich hat das Buch sehr gut gefallen und ich kann es jedem politisch Interessierten nur wärmstens empfehlen, um sich eine eigene Meinung bilden oder aktiv bei Diskussionen mitsprechen zu können. Auch wer glauben sollte, sich bei dieser Thematik bereits recht gut auszukennen, wird eines besseren belehrt und eine enorme Erweiterung seines Wissenshorizonts zu aktuellen und geschichtlichen Fragen in Bezug auf Russland und Putin verspüren: Ein großartiges Buch, welches unbedingt gelesen werden sollte.